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Geske 08.05.2014 23:00

AW: Episoden und Geschichten
 
Zitat:

Zitat von HelmutL (Beitrag 1262237)

Bestimmte Tage haben heute für mich kaum noch eine Bedeutung. Ich weiß noch, dass im ersten Jahr der Gedanke oft schlimm war: heute war dies, gestern war jenes. Das tat weh. Danach verlor das Datum langsam seine Wichtigkeit. Heute müsste ich sogar in den Unterlagen nachsehen, wann ein bestimmtes Ereignis stattgefunden hat. Das hat nichts mit Vergessen zu tun.

Guten Abend allerseits,
durch den Verlust meines Partners hat der Tod auch für mich an Schärfe verloren, dann werden wir ja auch älter und können uns freuen überhaupt so alt geworden zu sein.

Sicher "geht es vielen ähnlich", aber hilft relativieren dann weiter, wenn man seinen Partner verloren hat? - ich denke nein, es tröstet nicht mal, dass andere auch betroffen sind.
Ich möchte die Vergangenheit nicht summarisch betrachten, für mich ist spezielles Gedenken wichtig und trostspendend; mein Mann war der Teil meiner Vergangenheit, den ich am wenigsten missen möchte, deshalb bleibt das Bewahren von Details auch wichtig für mich.
Gerade weil man weiß, dass der Verstorbene noch so gern weitergelebt hätte, wird das Herz schwerer.

Beste Grüße
Geske

schnaddi 24.07.2014 15:38

AW: Episoden und Geschichten
 
Ihr Lieben,

es ist erschütternd zu lesen, was einige hier erlebt haben. Ja, es ist schlimm, man ist der Maschinerie auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, weil man selbst eben kein Medizinstudium hat und somit keine Ahnung. Vieles weiß man leider erst hinterher besser.

Wir hatten in allem großes Glück. Und ich glaube fast, das Glück hatten wir, weil Mom außer bei der Diagnose nicht ein einziges Mal im Krankenhaus war. Ich glaube, es lag aber mehr an ihr. Ein paar Mal ging es ihr so schlecht, dass ich sie ins KH gebracht hätte, wenn sie es nicht abgelehnt hätte. Okay, wäre dann aber auch eher eine Palliativsituation gewesen, und da passiert ja eigentlich nichts Gravierendes mehr, zumindest nicht was die Behandlung betrifft.

Bin ja fast glücklich, dass es bei Mom nie auf der Kippe stand, ob sie operiert werden kann oder nicht. Es war von Anfang an klar, dass nicht mehr kurativ behandelt wird. Und ja. man fragt sich dann, war denn diese Operation nötig, für den Patienten nötig? Fürs Krankenhaus ist sowas ja immer gut. Aber hinterher möglichst schnell hinaus, man ist schließlich eine "Fallpauschale". Der Patient klammert sich natürlicherweise an Hoffnungen und stimmt zu. Das wissen die doch auch.

Ich traue unserem Medizinapparat kein Stück mehr. Ich muss mich demnächst einer Knieoperation unterziehen, werde sie aber wohl ambulant machen, weil ich echt Angst vorm Krankenhaus habe. Also insofern, dass ich mri da nen Keim einfangen könnte, oder überlasteten Ärzten und Schwestern auf die Nerven zu gehen.

Der einzige Ort, wo man heute noch gut gepflegt wird, ist das Hospiz. Ist ja aber auch kein Regelangebot unseres Gesundheitssystems. Ist ja eigentlich mehr eine Bürgerinitiative, die auf Spenden angewiesen ist, auch wenn die Kassen den größten Teil tragen. Vorraussetzung ist ja hier auch, dass es zuhause nicht geht, was so sicherlich nicht immer ganz stimmt, es ginge zuhause, nur die Bedingungen sind oft nicht so gut, weil Angehörige einfach mit den Dingen am Lebensende schnell überfordert sind. Ich wars zum Schluss. Und ja, auch ich bin den Pflegern und Schwestern unendlich dankbar, obwohl sie sie nur noch bis zum Tod pflegen konnten. Es sind zum Schluss einfach andere Dinge wichtig. Und jeder sollte diese Möglichkeit haben, am Ende im Hospiz gepflegt zu werden. Dennoch sind es z.B. in Berlin nur 1- 2 %. Kein Mensch sollte in einem überlasteten Krankenhaus sterben müssen. Die wo es gut läuft, sind eher die Ausnahme. Z.B. Mausis Mom, der eine Schwester nachts verweigert hat, den Toilettenstuhl zu benutzen. Da könnt ich echt weinen, wenn ich sowas höre. Und das auf einer Palliativstation? Wie kann das sein? Man darf doch einem Sterbenden keine Wünsche abschlagen. Und dann noch so grundelementare.......bin erschüttert, wenn ich sowas lese.

Wenn ich mal von dieser Welt gehe, möchte ich so gehen wie meine Mama. Gut aufgehoben in medizinischer, psychischer und geistiger Hinsicht. Das können Angehörige so in dieser Form zuhause einfach nicht leisten. Und ein Krankehnaus kann das auch nicht. Ein Pflegeheim........naja lassen wir das.......

Unsere Regierung sollte sich schämen, dass sie unser Gesundheitssystem so hat verkommen lassen.........Das war früher mal richtig gut.....naja, Kapitalismus auf der ganzen Welt funktioniert halt einfach nicht. Geht auf Kosten des Menschen, und natürlich auf Kosten des Schwächeren, oder sollte man sagen, des Ärmeren.........ziemlich eklig ist das........

Aber lassen wir das, das regt nur auf.........

Grüße
Tanja

HelmutL 24.07.2014 15:49

AW: Episoden und Geschichten
 
Zitat:

Zitat von hermannJohann (Beitrag 1262514)
Auf ein paar Jahre mehr oder weniger kommt es da nicht mehr an.

Hallo Hermann,

da hast du sicherlich recht. Einen wirklichen Einfluss hat man eh nicht darauf. Irgendjemand hat den Spruch in der Signatur: "Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben." Nicht nur früher, auch heute. Das hat sich mir eingeprägt.

Was war richtig, was war falsch? Vielleicht hilft dir das hier

Liebe Geske,

meine Aussage "Es geht vielen so oder ähnlich." bezieht sich eindeutig auf Suizidgedanken, die ich im Satz davor umschrieben habe, und darauf, dass ich keine Angst mehr vor dem Tod habe. Es hat absolut nichts mit Relativierung zu tun in dem Sinne, der Tod meiner Frau Tod wäre dadurch für mich leichter zu ertragen.

Du hast recht. Der Tod unserer Lieben wird nicht erträglicher und es macht unsere Trauer auch nicht leichter, wie du sagst, dass auch andere ihre Lieben verloren haben oder an Krebs erkrankt sind. Es macht den Schmerz nicht kleiner, doch es hilft, ihn zu ertragen. Manchmal vielleicht sogar größer, wenn man das Leid der Kranken, der Angehörigen oder der Trauernden sieht und weiß oder ahnt, was passiert und passieren kann. Manchmal hilft es zu erfahren oder zu lesen, wie andere damit umgehen oder dass sie vielleicht sogar schon ihr persönliches Ziel erreicht haben.

Genau. Du allein kannst entscheiden und sollst wissen, was für dich richtig ist. Das ist notwendig und gut so. Für jeden.

Es ging doch ursprünglich darum, sich z.B. an den genauen Tag der niederschmetternden Diagnose zu erinnern bzw. zu trauern. Im ersten Jahr ging es mir doch genau so. Es gibt sehr, sehr viele Gelegenheiten, solche Tage trauernd zu erleben nach dieser schweren Krankheit. Ich überlege, reduzieren wir unsere Lieben an diesen Tagen auf den Schmerz, den sie erlitten? Ihr Leben bestand doch aus wesentlich mehr als das? In den mehr als 36 gemeinsamen Jahren gab es so viele gute Tage, die zu feiern ein ganzes Jahr nicht reicht? Oder ist es (auch) der Schmerz um uns?

Ich weiß, dass kurz vor Weihnachten 2005 alles begann. Ich weiß, dass im Juli 2006 der Horror begann, dass im Oktober 2006 endlich nach vielen Wirren eine Behandlung begann, Hoffnung aufkeimte, in welchem Monat die erste und die zweite OP, ich weiß, ab wann die Hoffnung im Sterben lag. Ich weiß, wann wir dazwischen gute Zeiten hatten und wie wertvoll unsere/ihre damaligen Freunde für sie waren.

Was ich nicht mehr mache ist, mich an einem Donnerstag oder z.B. genau am 20.12. zu erinnern, sondern zu jeder Zeit. Dann erinnere ich mich an meine Frau und nicht an das Verlorene, das Leid der letzten Jahre. Ich erinnere dann vom ersten Kennenlernen an bis zu ihrem Tod. Mit allem, was ihr und mein Leben in dieser Zeit ausmachte. Es hat einige Jahre gedauert, bis ich das erreicht hatte und ich kann heute auch mit lächelnden Augen in die Vergangenheit schauen. Sogar am 24. Februar. Ich glaubte, viel verloren zu haben doch heute weiß ich, ich habe vor langer Zeit für viele Jahre ein großes, wunderbares Geschenk erhalten. Es behalten zu dürfen, war mir leider nicht vergönnt. Was ich behalten darf ist die Erinnerung und das zählt für mich.

Die Trauer um das, was meine Frau verloren hat und sie in ihrer letzten Zeit erdulden musste, die bleibt. Diese Trauer ist für mich ebenso nicht an ein bestimmtes Datum geknüpft. Sie kommt nicht nur am 24.02. auf. Ich musste lange und hart für diese (meine) Überzeugung schuften sonst wäre nämlich genau das passiert, was ich Eingangs beschrieben habe.

Kann man das verstehen? Ich glaube, ja. Man muss es ja nicht übernehmen. Vielleicht später? Wenn nicht, auch gut. Drüber nachdenken? Warum nicht. Mache ich auch so. Jeder hat sein Jetzt selbst in der Hand und stellt damit Weichen für die Zukunft, von der niemand weiß, wo sie hinführt.


Liebe Grüße,

Helmut

HelmutL 27.07.2014 03:48

AW: Episoden und Geschichten
 
Hallo Hermann,

diese Macht- und Hilfslosigkeit ... man sieht, wie das Leben unter den Händen zerrinnt und kann nichts tun. Wut, Verzweiflung machen sich nicht nur breit, sie bleiben für lange Zeit. Es weiß kein Mittel dagegen außer irgendwann zu akzeptieren, dass es Dinge im Leben gibt, die man nicht beeinflussen kann.

Ich wünsche dir, dass du es schaffst, das irgendwann zu akzeptieren.


Eine gute Nacht,

Helmut

Zu dem Film. Ich bin weder Wissenschaftler noch Mediziner. Kann also nicht beweisen, dass die Befürworter des Screenings recht haben. Das Gegenteil jedoch auch nicht. Eines müsste allerdings jedem klar sein: so ein Screening kann keine Krebserkrankung verhindern. Wird meines Wissens auch nirgendwo behauptet. Mit dem Argument 'Geld scheffeln' lässt sich jedes medizinische Thema erschlagen. Das ist jedoch kein Grund, Wissenschaft und Medizin prinzipiell in Frage zu stellen. Dass nämlich von 1000 Frauen, ob mit oder ohne Screening, nur noch 21 an Brustkrebs (?) sterben ist genau der Verdienst dieser Wissenschaft. Der Mensch ist kein Auto.

Yogi 12 08.08.2014 08:05

AW: Episoden und Geschichten
 
Hallo alle Zusammen!
Ich möchte gerne mitschreiben da es mir dabei etwas besser geht.
Wenn ich Eure Geschichten lese, finde ich mich z.T. dort wieder, denn habe ähnliche Gedanken und Gefühle wie die meisten hier....

Mein Mann ist gestern Morgen nach schweren Atemnotschüben endlich von
seinen Qualen erlöst worden.
Er hat im Nov. 2013 die Diagnose Lungenkrebs mit vielen Metastasen in der
ganzen Lunge erhalten und ging meiner Meinung nach relativ gefasst mit dieser schlimmen Nachricht um.
Sein Lebenswille war sehr stark und trotz vieler Rückschläge haben wir die
Hoffnung auf Besserung und Lebensverlängerung nie aufgegeben.

Das haben uns die Ärzte so suggeriert und wir griffen nach jedem Strohhalm. Der Krebs ließ sich von der Therapie und den anfangs positiven Gedanken
nicht beeindrucken.
In den letzten drei Wochen ging es steil bergab. Mein Mann litt sehr unter der
schweren Atemnot trotz starker Medikamente und ständiger Sauerstoffzufuhr.

Bis zum Schluss hat er ein Krebsmedikament eingenommen welches den
Tumor und die Metastasen verkleinern sollte. Er wollte trotz des großen
Leides weiterleben.....
Ich bin nun froh, das er erlöst ist und gleichzeitig bin ich unendlich traurig ihn nach 22 Jahren Zweisamkeit für immer verloren zu haben.

Wie schlecht es mir jetzt geht brauch ich wohl nicht näher beschreiben, denn das kann ich hier im Forum auch von jedem einzelnen lesen und mit Euch teilen.
Ich möchte gerne mit anderen Hinterbliebenen in Kontakt bleiben und würde mich über einen Austausch sehr freuen.

Bis demnächst

Liebe Grüße

JUtta

Yogi 12 13.08.2014 22:14

AW: Episoden und Geschichten
 
Hallo hermannJohann,
Sehr ähnlich wie du das nahe Lebensende deiner Frau vor einem Jahr beschreibst ist es bei uns abgelaufen. Auch wir hatten das Gefühl, das die Ärzte die Situation falsch engeschätzt hatten, obwohl sie es mit Blick auf das katastrophale CT. Bild eigentlich hätten besser wissen müssen!
Mein Mann sollte kurz vor dem KH. Aufenthalt in Essen weiterbehandelt werden, ich frag mich nur wie, als liegend Kranker ohne jegliche Hoffnung auf Besserung? Sie wären ihn dann erst einmal losgewesen.....
Schon zu Beginn der Chemotherapie wurde ihm auf Nachfrage eine unrealistisch hohe Lebenserwartung von mehreren Jahren genannt.
Wir klammerten uns an diese Prognose und mein Mann wollte obwohl es ihm später schon sehr schlecht ging weiterleben. Er hat bis zuletzt das Krebsmedikament eingenommen.- Es konnte nicht mehr wirken.- Auch er fühlte sich von der ambulanten Onkologie abgeschoben, aufgegeben wie auch immer.
Er hat sich von der KH.- Station aus dort noch mal gemeldet, hat nachgefragt und keine Antwort mehr bekommen.

Es ist vorbei, und jedes wenn und aber nützt nichts mehr.Es beschäftigt mich dennoch sehr,wir hatten keine Zeit mehr uns auf das Ende vorzubereiten....

Vielen Dank fürs mitlesen oder Antworten.

PS: Kann mir vielleicht jemand beschreiben wie ich bestimmte Sätze aus einem Beitrag auf den ich antworten möchte zitieren kann?

Liebe Grüße

Jutta

Yogi 12 14.08.2014 21:37

AW: Episoden und Geschichten
 
Hallo Hermann!

Mein Mann war auch sehr erschrocken, als er nach der Diagnose als unheilbarer "Palliativpatient" galt.
Die Verzweiflung die in einem Betroffenen vorgeht wenn er als" Todeskandidat"weiterleben soll muss ziemlich groß sein.
Auch wir als Angehörige können uns nicht vorstellen wie es ist wenn die Sinnwelt und das Leben brüchig werden. Dieses kann sich erst ändern wenn durch die Therapie eine rezidivfreie Zeit eintritt und die Lebensbedrohung aus dem Bewusstsein tritt und langsam die Zuversicht wächst.

Mein Mann hatte keine Chance. Seine Welt löste sich in der letzten Zeit auf,er musste alles loslassen was ihm jemals lieb und wert gewesen war, zuletzt
seinen Körper, sein eigenes ich.

Erst hat er viel gegrübelt, nun tue ich es.

Morgen ist die Beerdigung, es wird ein schwerer Tag, der bewältigt werden muss.

Vielleicht kann ich aber danach ein wenig besser akzeptieren das er nie mehr wieder kommt.

Traurige Grüße

Jutta

Yogi 12 15.08.2014 22:25

AW: Episoden und Geschichten
 
Guten Abend Hermann!
Ja, es war ein trauriger und trotzdem wunderbar bewegender Tag und meine Angehörigen und Bekannten haben alles in ihrer Macht stehende getan , mich zu unterstützen.
Du schreibst das Tanja in der letzten Zeit ihre Krankheit akzeptieren konnte und ziemlich gefasst damit umging. Konntest du das auch?
Vielleicht habt ihr mehr Zeit in der letzten Lebensphase miteinander verbringen können.
Es beschäftigt dich nach einem Jahr immer noch sehr intensiv. Kann es sein, das du die belastenden Ereignisse von damals durch die Tagebucheintragungen
besser verarbeiten konntest?
Aus diesem Grund schreibe ich z.B. auch hier im Forum:

Bis demnächst

Liebe Grüße

Jutta

PS: In welchem Vorort habt ihr denn in Dortmund gewohnt?
Ich wohne in der Innenstadt Do-West.

Yogi 12 16.08.2014 12:08

AW: Episoden und Geschichten
 
Lieber Hermann!
Der Austausch tut gut, ich danke dir für die schnelle Antwort, will dich aber nicht unter Druck setzen, du musst nicht immer "sofort" antworten.

Heute, einen Tag nach der Beerdigung geht es mir ziemlich mies.
Ich mag gar nicht rausgehen, am liebsten würde ich mich unter der Bettdecke verkriechen und nur noch heulen.

Mein Mann und ich hatten weniger als neun Monate Zeit nach der Diagnose die er im- November 2013 erhielt- uns mit der Krankheit auseinanderzusetzen.
Es kann ja nicht dauernd verdrängt werden, aber zu einer richtigen Krankheitsbewältigung kam es nicht mehr.
Er sollte an dem Morgen an dem er allein gestorben ist auf eine Palliativstation verlegt werden, da hätte ich ihn -wie du weißt- Tag und Nacht besuchen können.
Außerdem haben wir gehofft, das er von dort auch nochmal nach hause ambulant von einem speziellen Pflegedienst versorgt werden kann. Es war alles vorbereitet
die Sauerstofflaschen für hier wären auch noch am selben Tag angekommen.

So wie du es mit deiner Frau erlebt hast wäre es für mich wahrscheinlich auch in Ordnung gewesen. Es kam leider nicht mehr dazu. Alles ist so präsent, noch nicht
lange her!

Meine Schwester kümmert sich sehr um mich. Sie hat vor siebzehn Jahren
auch ihren Mann verloren, und weiß wie schmerzhaft das ist.
Allerdings arbeitet sie im Gegensatz zu mir Vollzeit und ich möchte sie nicht all zu oft in Anspruch nehmen.
Dann wäre da noch die Familie meines Mannes an die ich mich wenden könnte. Sie sind auch betroffen von dem Verlust
des Bruders und Sohnes und ich kann mit ihnen telefonieren, denn sie wohnen in Hamm, der Heimat meines Mannes...
Trotzdem möchte ich mich so bald wie möglich mit dem Alleinsein auch hier in der Wohnung auseinandersetzen. Allerdings glaube ich das es schwierig ist und noch länger dauert, denn ich nehme jede Gelegenheit war, dem Alleinsein und dem grauen Alltag zu entfliehen.
Mit unserem Hund bin ich übrigens öfter mal im Huckarder/Rahmer Wald unterwegs.

Bis demnächst

Liebe Grüße

Jutta

hermannJohann 17.08.2014 08:57

AW: Episoden und Geschichten
 
Liebe Jutta,,
ich hoffe, dass Du auch weiterhin unterstützt wirst. Die Trauer braucht Zeit.Manchmal wollte ich so tun, als sei normaler Alltag.Da Tanja früher öfters bei der Familie im Ausland war, war ich auch öfters einige Wochen allein. Diese Versuche der Verleugnung sind sehr schnell gescheitert.Man kann sich ( zum Beispiel durch Arbeit) eine Weile ablenken.Immer wieder kommt die Trauer zurück. Wie gerne hätte sie Daria persönlich zu ihrem Studienplatz gratuliert.Statt dessen fand jetzt das Familientreffen ein Jahr nach ihrem Tod statt.Das Trauerjahr ist vorbei, die Trauer nicht. Für mich war das Trauerjahr richtig. Man kann seinen Gefühlen keine Befehle geben. Daher sind auch gut gemeinte Ratschläge sinnlos. Das hat damals schon meine Mutter nach dem Tod des Vaters erlebt. Einige Bekannte wollen nach einigen Monaten nichts mehr davon hören. Der Trauernde braucht Menschen, die ihn begleiten und aushalten. Das Trauerjahr gibt einem dann den Zeitrahmen zum Erleben. Aber bewältigt habe ich das Ereignis immer noch nicht. Ich glaube Tanja hat das 14 Tage vor ihrem Tod geschafft.Sie wurde ruhig, war nicht mehr verzweifelt, ängstlich oder wütend.
Liebe Grüße
Hermann

Yogi 12 17.08.2014 16:19

AW: Episoden und Geschichten
 
Hallo Hermann,

ich zitiere:
"Der Trauernde braucht Menschen die ihn aushalten." Das glaube ich auch und meine Zwillingsschwester ist so ein Mensch. Aus ihren eigenen Erfahrungen im
Umgang mit Krisen und auch durch ihre vierzigjährige Berufsausübung als Krankenschwester ist sie mir eine wertvolle Hilfe.

Du schreibst das Tanja sich in den letzten zwei Wochen mit dem Sterben abgefunden hat. Sie war nicht mehr verzweifelt, dafür aber ruhig und gefasst.

Bei meinem Mann war es dann in den letzten zwei Tagen vielleicht auch so ähnlich.Er hatte keine Kraft mehr, die letzten Reserven brauchte er für die schweren Atemnotschübe die nur durch häufige Morphium -Infusionen gelindert werden konnten.

Schade finde ich rückblickend auch, das wir nicht mal zusammen weinen konnten. Nicht nach der finsteren Diagnose und auch nicht in der letzten Woche im Krankenhaus .
Er hatte sich da immer unter Kontrolle jedenfalls wenn ich dabei war.
Dafür wein ich jetzt um so mehr, denn manchmal löst es den inneren Druck ein wenig auf.
Ich hoffe ich bin richtig in deinem "Thread". Wenn nicht scheu dich bitte nicht es mir zu sagen, denn es scheint ein Dialog zwischen uns zu sein. Die anderen
Nutzer halten sich zurück, was so vielleicht nicht gewollt ist.....

Liebe Grüße
Jutta

hermannJohann 17.08.2014 17:46

AW: Episoden und Geschichten
 
Hallo Jutta,
mach Dir keine Gedanken über die anderen Nutzer. Ich kann auch nicht auf jeden Beitrag antworten, auch wenn ich vieles verstehe. Manchmal ist ein Beitrag auch nur eine Klage, der man verständnisvoll zuhört ohne zu antworten. Wenn andere Nutzer nicht antworten, hat das nichts mir Dir zu tun. Manche lesen nur einfach mit. Ich habe die Trauer zweimal erlebt, einmal bei Tanja, dann bei mir. Fragen werden gestellt die man nicht beantworten kann. "Warum werden andere Frauen 80 Jahre, aber ich soll sterben?" Ich kann auch sagen: "Die meisten Ehefrauen werden über 80, aber ich habe meine so früh verloren" aber auch: "Warum hat man sie nicht noch ein paar Jahre leben lassen, obwohl sie dafür gebetet hat." Es gibt keine Antworten auf solche Fragen. Aber es sollte Zuhörer geben, die das aushalten und nicht vorschnell trösten wollen.
Liebe Grüße Hermann
ps: wir haben manchmal zusammen geweint. Tanja mochte eigentlich keine weinenden Männer, aber das hat sie akzeptiert.

Yogi 12 17.08.2014 20:38

AW: Episoden und Geschichten
 
Lieber Hermann!

Gut, das du so eine besonnene Art hast.

Dadurch konnte ich meine Selbstzweifel verwerfen und denke nicht weiter über die anderen nach.
Jeder steht an einer anderen Stelle und fühlt sich mal mehr oder weniger angesprochen von dem was hier gerade thematisiert wird.

Liebe Grüße
Jutta

HelmutL 18.08.2014 01:08

AW: Episoden und Geschichten
 
Zitat:

Zitat von hermannJohann (Beitrag 1280619)
... Aber es sollte Zuhörer geben, die das aushalten und nicht vorschnell trösten wollen. ...

Hallo Hermann, hallo Jutta,

das ist ein guter Satz.

Liebe Grüße,

Helmut

RudiHH 18.08.2014 06:09

AW: Episoden und Geschichten
 
Hallo Jutta
Es ist wie Hermann sagt.
Zitat:

Aber es sollte Zuhörer geben, die das aushalten und nicht vorschnell trösten wollen.
Ich sehe das auch bei mir.
Auch wenn Trost doch oft so gut tut.

Deshalb wollte ich mal kurz melden.

Lieben Gruß


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