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blindthoughts 25.07.2018 09:16

Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 


Hallo zusammen, mein Patenonkel ist im letzten Jahr an einem Hirntumor,genauer gesagt an einem Glioblastom erkrankt. Das war für uns alle ein riesiger Schock, da es solche Krebserkrankungen bis dato nicht in unserer Familie gab. Es riss uns alle aus dem Leben, ich denke, ihr wisst, was ich meine.

Es folgte eine Achterbahn der Gefühle, irgendwo zwischen Operationen, Bestrahlungen und Antikörpern gab es die Prognose von maximal 15 Monate Überlebenszeit. Und die Hoffnung, dass mein Onkel einer der Langzeitüberlebenden sein könnte, war (berechtigterweise) so groß. Er war eine Zeit lang komplett tumorfrei, alles schlug gut an. Und dann kam der erste Rezidiv, welches zurückging. Wieder tumorfrei. Und dann kam das zweite Rezidiv und auf einmal war alles anders, aufeinmal hieß es "inoperabel" und "austherapiert" mit 53.

Nach drei Wochen Palliativmedizin ist mein Patenonkel vor 2 Tagen verstorben und ich kann das nicht fassen. Wie kann eine Krankheit derart grausam sein? Ich fühle mich so leer und gleichzeitig tut mir alles weh. Er fehlt mir bereits jetzt so sehr, es ging alles so unfassbar schnell.. 16 Monate hatten wir noch nach der Diagnose und ich möchte nicht sagen, er hätte den Kampf verloren. Nein, er hat es einen Monat länger als prognostiziert, geschafft.

blindthoughts 25.07.2018 21:08

Ich erhoffe mir hier den ein oder anderen Austausch mit leider gleich gesinnten..

Herzlicher Gruß

Clea 25.07.2018 21:36

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Hallo,
zur Zeit ist hier nicht viel los. Das liegt vielleicht an der Hitze. Die Trauer wird vielleicht nicht weniger durch Hitze, aber die Gedanken werden träger.
Vielleicht sind auch alle zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
Es tut mir sehr leid, dass es deinen Patenonkel getroffen hat. Das zieht alle in Mitleidenschaft. Es ist so grausam, dass man kaum atmen kann. Und dann kommt diese Leere. Und sie geht nicht freiwillig.
Du bist noch in der Akutphase. Lass dir Zeit. Vor euch liegt noch die Beerdigung und der Familie die Rennerei zu den Behörden. Da ist noch gar keine Zeit für Leere.

Ich hoffe, dein Onkel musste nicht allzusehr leiden. Gegen ein Glioblastom kann man leider immer noch nicht viel ausrichten, auch wenn man viel versucht.
Wenn ihr noch Zeit miteinander verbringen konntet, hast du vielleicht noch Erinnerungen, die du nun wach halten kannst.
Ich wünsche dir viel Kraft.

Hertzhaus 26.07.2018 16:06

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Hallo,

ich kann sehr genau verstehen, was du beschreibst. Vor einigen Jahren habe ich Vergleichbares erlebt. Mein Schwager wurde von derselben Krankheit heimgesucht. Gerade war er aus einem harten, arbeitsreichen Berufsleben ausgeschieden und plante seinen Ruhestand, da hieß es "Diagnose: Glioblastom. Überlebensprognose: ohne Behandlung ca. 8 Wochen; mit OP und Bestrahlung etwa 10 Monate". Wir waren fassungslos. Wollten es nicht glauben. Wir haben geweint und gebetet, gefleht und gehofft, die Ärzte mögen sich täuschen. Wir haben Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um ihm zu helfen. Es hat nichts genützt. Nach zwei OPs und Bestrahlungen, sündhaft teuren, privat bezahlten Behandlungen zur Stärkung seines Immunsystems starb er qualvoll 10 Monate nach der Erstdiagnose....... An der Aussichtslosigkeit auf Heilung von dieser Krankheit scheint sich nichts geändert zu haben..... Das tut mir sehr leid.

Mir erging es vermutlich wie dir. Ich fiel in ein abgrundtiefes Loch der Verzweiflung, Trauer und Leere. Es hat lange gedauert, bis ich wieder auf die Beine kam. Heute - 13 Jahre später - habe ich Abstand zu dem Ereignis bekommen, aber es hat tiefe Narben hinterlassen. Als ich deinen Beitrag las, fühlte ich mich sofort mittendrin in dem damaligen Chaos der Gefühle.

Du wirst irgendwann deine Trauer überwinden, aber es wird dauern nach solchem Erlebnis. Wenn du kannst, lass deine Tränen laufen, schreie deine Wut laut heraus, balle deine Hände zu Fäusten und schlage sie in Kissen..... damit du nicht an der Verzweiflung zerbrichst. Ich wünsche dir viel Kraft und Menschen um dich, die dir helfen, die Last zu tragen.

Alles Gute,
Hertzhaus

blindthoughts 27.07.2018 11:48

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Danke für Eure lieben Antworten.

Wir hatten 16 Monate Zeit, die wir intensiv genutzt haben. Ich habe viele Gelgenheiten genutzt um ihn und uns eine schöne Zeit zu machen. Trotzdem waren es 16 Monate voller Angst. Alle 6 Wochen musste er zum MRT.. und die Angst, dass ein Rezidiv auftreten könnte, war der ständige Begleiter.

Meine Familie und ich haben alles zum Thema Glioblastom gelesen, Betroffene, besonders Langzeitüberlebende kontaktiert, Spezialisten kontaktiert, wir haben alles versucht. Aber diese Krankheit ist so grausam und von heute auf morgen war mein Onkel halbseitig gelähmt, sprach nicht mehr etc. Die letzten vier Wochen lag er nur noch Zuhause im Bett und schlief unter einer Höchstdosis Morphium. Einen Abschied gab es somit nicht mehr wirklich. Ich saß an seinem Bett, hielt seine Hand und streichelte seine Haut.. ich wollte einfach da sein. Aber reden konnten wir nicht mehr, er konnte mich nichtmal mehr ansehen.

Diese Krankheit ist, wie ihr ebenfalls schon geschrieben habt, so grausam, so unberrechenbar und so aussichtslos. Trotzdem möchte ich es irgendwie schaffen, die schöne Zeit mit ihm in den Fokus zu stellen und mich an den Erinnerungen erfreuen statt an diesem riesigen Verlust kaputt zu gehen.

Aber es ist so schwer, nicht nur mein Leid, was mich täglich weinend zusammenbrechen lässt. Besonders das meiner Mutter (seiner Schwester) und seinen Eltern (meinem Opa und meiner Oma). Sie leiden zu sehen tut unendlich weh.

Meine Freunde können schlecht damit umgehen.. es ist ja „nur“ der Onkel.. und man hätte ja so lange gewusst, das er krank sei.. sie verstehen es nicht ..

Deswegen bin ich hier und freue mich umso mehr über Eure Antworten!

Hertzhaus 27.07.2018 14:49

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Hallo blindthoughts,

und wieder habe ich ein Déjà-vu Erlebnis. Unglaublich, wie sich alles wiederholen kann...

Wie du, haben wir alles gelesen, recherchiert und probiert, was uns möglich war. Die Hoffnung stirbt ja bekanntermaßen immer zuletzt, zumal mein Schwager uns bis dahin kernig gesund zu sein schien, sportlich aktiv und athletisch war. Angesichts des rasanten Verfalls, der epileptischen Anfälle und neurologischen Ausfälle bei meinem Schwager wurden wir jedoch hilfloser und verzweifelten zunehmend. Die Zeit raste davon und ran wie Sand durch unsere Hände... der Tod war nicht aufzuhalten, aber WIR WOLLTEN IHN NICHT ZULASSEN!!! Das war bis dahin eine der schlimmsten Erfahrungen meines Lebens. Wie bei dir reagierten Freunde und Kollegen nach seinem Tod auf meine tiefe Trauer mit geringem Verständnis. " Mein Gott, es war doch NUR der Schwager"... Sowas kann nur sagen, wer niemals einen gesunden Menschen in kürzester Zeit an eine so grausame Krankheit verloren geben musste. Ich habe natürlich auch wegen meiner verzweifelten Zwillingsschwester, seiner Ehefrau, so gelitten.

Ganz wichtig scheint mir zu sein, was du anstrebst, nämlich für euch die gute Zeit, die ihr der Krankheit abtrotzen konntet, in positiver Erinnerung zu behalten. Es klingt profan, aber nur wer erleben musste, was wir erlebt haben, weiß den Wert einzelner schöner Momente am Lebensende wirklich zu schätzen. Und das gibt uns Trost. Mir bis heute.

Viele Grüße,
Hertzhaus

blindthoughts 02.08.2018 07:28

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Hallo,

ein einhalb Wochen ohne meinen Onkel liegen hinter mir. Gestern war die Beerdigung. Es war alles so traurig: ihn zu Grabe zu tragen, die Rede, die Beileidswünsche, das war alles so unwirklich. Das passt doch gar nicht zusammen. Der Tod und mein über alles geliebter Onkel.. das passt doch nicht..
Gestern fühlte ich mich den ganzen Tag nur leer, wie ausgehöhlt und der Schmerz meiner Familie hallt doppelt und dreifach in mir nach..

Clea 02.08.2018 08:01

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Diese Leere hatte, habe ich auch. Sie schafft es bis heute, anderthalb Jahre später, den schönen Sonnenschein, der hier herrscht, zu verdunkeln.
Ich habe gelernt, mit ihr klar zu kommen. Irgendwie.
Nach der Beerdigung war es besonders schlimm. Die Termine um alles zu regeln sind erstmal vorbei. Dieses Loch aus Nichtstun ist riesengroß.

blindthoughts 15.08.2018 19:34

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Dein Tod ist nun drei Wochen her, deine Beerdigung zwei Wochen.

In der letzten Woche war ich im Urlaub, er war schon so lange geplant und ich wollte raus..

Aber du hast mich begleitet. Bei jedem Sonnenuntergang habe ich weinen müssen. In diesen Momenten habe ich mich dir so nah gefühlt. Das Meer war immer etwas, was uns verbunden hat, und ich war so traurig, dir dieses Mal keine Bilder schicken zu können. Ich kann gar nichts mehr mit dir teilen, obwohl ich so oft möchte.. :(

Du fehlst uns so sehr. Es ist so ungerecht.

Ich hoffe ich finde bald einen Weg, nur noch freudig an dich zurückzudenken, ohne jedes Mal weinend zusammenzubrechen..

Däumling 16.08.2018 12:58

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Hallo,
mein Beileid zum Verlust deines Patenonkels.
Am Ende spielt es doch keine Rolle ob es „nur“ der Onkel war. Wenn man einen Menschen von Herzen liebt, ist es auch egal ob man verwandt ist oder nicht.

Ich habe im januar meinen Papa nach 4,5 Monaten Kampf verloren.
Ich habe versucht es zu akzeptieren ab dem Moment wo klar war, dass sie ihm nicht mehr helfen können. Er hat in seinem Leben soviel Leid ertragen müssen, dass ich mir eingeredet habe, das es „ok“ ist, wenn er gehen darf.
Jetzt, knapp 7 Monate später begleiten mich täglich Bilder. Mein starker Papa, unverwüstlich. So war er bis Oktober 17. zu sehen, wie er zerfiel hat mir so weh getan. Diese Bilder verfolgen mich. Ich hoffe sie werden bald gegen schöne Erinnerungen ausgetauscht.

Ich wünsche dir viel Kraft für die kommende schwere Zeit und auch, dass es Momente gibt in denen du lächeln kannst statt zu weinen wenn du an ihn denkst

blindthoughts 16.08.2018 13:07

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Hallo Däumling,

erstmal lieben Dank für deine Antwort. Es tut mir sehr leid, dass du deinen Vater verloren hast, dein Verlust ist ja auch noch sehr frisch.

Ich weiß genau, was du meinst. Es gibt Menschen in deinem Leben, die sind für dich unverwüstlich, stark, man glaubt, nichts könnte sie in die Knie zwängen. Und dann kommt so eine Krankheit daher, und zeigt dir, dass du falsch gelegen hast.

Ich hätte mir nie vorstellen können, mein Leben ohne meinen Onkel verbringen zu müssen. Ein Pate ist dafür da, dass er den Part der Eltern übernimmt, wenn diesen etwas zustößt. So in der Art war es bei mir. Ich wollte so gerne, dass er mich irgendwann zum Altar führt.. und nun ist er nicht mehr da. Ich denke bei so vielen Dingen, Momenten, Liedern, Erlebnissen an ihn.. er wird für immer fehlen. Und ich glaube genau das ist es, was wir akzeptieren müssen.

Ich wünsche dir viel Kraft, und das du irgendwann die Zeit dir ihr zusammen hattet, in den Vordergrund stellen kannst und nicht die böse Krankheitsphase, die gerade noch alles überschattet.

blindthoughts 01.09.2018 22:13

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Es sind fast 6 Wochen vergangen.

Ganz langsam hält der Alltag Einzug, doch darin fehlst du so sehr.. jeden Abend gehen mir die Bilder durch den Kopf, und unaufhörlich kreisen meine Gedanken darum, dass du einfach nicht mehr da bist ..

Für immer im Herzen..

Beccamaus 04.09.2018 14:18

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Auch ich fühle mit dir :cry:

Aber leider bleibt uns nicht weiter übrig als weiter zu leben. Ich habe mir eine sehr schöne Art erschaffen wie ich damit umgehe. Ich habe eine komplette Kommode für meinen Daddy gestaltet. Jeden Tag zünden wir eine Kerze für ihn an und es steht immer eine frische Blume darauf. Auch trage ich einen Teil seiner Asche in meiner Kette. So habe ich das Gefühl das mein Daddy an allem teilnimmt.

LG

blindthoughts 24.09.2018 21:33

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Mein erster Geburtstag ohne dich.

Du hast mir so sehr gefehlt. Hätte ich doch nur gewusst, dass es mein letzter Geburtstag mit dir sein würde, unser letztes gemeinsames Weihnachten.. ach hätte ich es doch nur gewusst... oder vielleicht lieber nicht..

Du fehlst so sehr. Jeden Tag. Und die Welt dreht sich weiter, ohne dich.

Ich kann es immer noch nicht fassen, letztlich ging es doch alles so schnell und die Zeit ohne dich die vor mir liegt, ist so endlos lang..

Diese Krankheit ist so unfassbar unfair. Wie kann es nur sein, dass das alles an Zeit war, die uns zusammen vergönnt war? Hätte ich doch nur eine Chance gehabt, irgendwas zu ändern, dich zu retten, das Ruder rumzureißen..

Wir haben uns immer gesagt, dass das Vertrauen größer ist, als die Angst.

Und nun sitze ich alleine hier und weine um dich..

Für immer im Herzen.

Beccamaus 27.09.2018 08:02

AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen
 
Ja, diese Tage sind die schwersten :-( Geburtstage, Weihnachten , Familienfeiern usw..... Ich war gestern mit meiner Tochter shoppen und habe etwas gesehen was ich im Normalfall sofort meinen Daddy gekauft hätte. Sofort hat mein Herz gepocht und weh getan.... er fehlt mir so unglaublich. Es ist jetzt 3 Monate her und ich wünsche mir so sehr nochmal seine Stimme zu hören, auch wenn ich sie mir regelmäßig auf dem Handy anhöre ist es nicht das selbe. Auch wenn ich ihn in meiner Nähe weiß, ist es nicht das selbe. Ich weiß nicht was die Zeit mit sich bringt, aber fehlen werden sie wohl ein Leben lang....


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