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Sally Lacht 27.08.2023 23:54

Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Hallo ihr Lieben,

meine Schwiegermutter (79) kam vor 4 Wochen ins KH wegen plötzlichem Wasser in den Beinen. Schockdiagnose Gallenblasentumor mit massiver Metastasierung in der Leber, Infiltration der BSD und Metastasen in der Lunge, Vorhofflimmern.
Innerhalb dieser kurzen Zeit hat sich ihr Zustand deutlich verschlechtert. Sie lebt allein in einem Haus, 30 km von uns entfernt. Bis dahin konnte sie mit etwas Hilfe im Garten und beim Einkaufen alles selber erledigen. Inzwischen ist sie sehr schlapp, leider unter Appetitlosigkeit (wog vorher schon weniger als 50kg) und Schmerzen in den Beinen.
Eine OP ist leider nicht mehr möglich, Lebenserwartung noch ca 6 Monate, man wolle eine palliative Chemotherapie machen. Erklärt, welche Risiken und welchen Nutzen diese habe, wurde ihr nichts. Lediglich ein Infoblatt mit allen möglichen Risiken der Port-OP haben wir bekommen, ein Arzt war nicht zu sprechen.
Sie möchte keine KH mehr sehen, schon die Port-OP lehnt sie ab.

Hat jemand Erfahrungen mit Palliativchemo in fortgeschrittenem Alter bei so einem Stadium? Bezahlt man nicht eine eventuelle Verlängerung des Lebens mit Lebensqualität? Wir möchten sie gern noch länger bei uns haben, möchten aber auch nicht, dass sie leidet.
Das klingt jetzt alles so nüchtern und abgeklärt. So fühlt es sicher leider gar nicht an.
Vielleicht kann mir jemand was dazu erzählen aus Erfahrung?
Ganz liebe Grüße Sadie

ConniCoBo_70 02.09.2023 11:35

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Liebe Sadie,
Es tut mir sehr leid, dass Du das jetzt alles durchmachen musst und diese Frage, ob man mit der Chemo (auch Palliativ) Lebensqualität einbüßt ist wichtig - aber man kann sie nie pauschal beantworten, weil man ja nie weiß, wie die Person auf diese Chemo reagieren wird.
Ich kann es aus Erfahrung bei meiner Mutter (CUP Syndrom 2011 Mai - sie starb im August 2011) sagen, dass sie Lebensqualität bei ihr drastisch sank.
Allerdings ist unklar, ob das an der Chemo oder der massiven Metastasierung lag. Meine Mutter klammerte sich aber an diese Chemo, wie an einen Strohhalm - sodass es einfach garnicht ging, ihr auch noch dieses Fünkchen Hoffnung weg zu nehmen..,
An Eurer Stelle würde ich jedoch zwingend die Wünsche Deiner Schwiegermutter berücksichtigen, denn, wenn sie das alles jetzt schon nicht will, dann fehlt ja die Grundlage dafür, dass Lebensqualität erhalten bleibt.
Ich würde umgehend über eine SAPV Verordnung das örtliche Palliativnetzwerk einschalten, und mir von dort jede mögliche Unterstützung holen, um die letzten Monate zumindest „beschwerdeärmer“ und schmerzfrei zu gestalten.
Ich wünsche Dir viel Kraft für die kommende Zeit und drücke Dich aus der Ferne,
Alles Liebe Conni

Sally Lacht 02.09.2023 15:27

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Liebe Conni,
ganz lieben Dank für deine Antwort.
Natürlich wollen wir alles so machen, wie sie es will. Leider hat eben keine Aufklärung über die Chemotherapie stattgefunden bzw. es gab inzwischen einen Termin dazu, wo wir nach 5 (!) Stunden Wartens abbrechen mussten, weil sie verständlicherweise nicht mehr konnte. Sie lehnt jedoch schon die Portimplantation ab. Lebenswillen ist auch nur noch wenig da. Leider…
Eine Verordnung für palliative Hilfe haben wir gestern bekommen. Mit dem Hospiz in der Nähe haben wir schon gesprochen, sie werden die ambulante Versorgung übernehmen. Wie lange sie noch allein in ihrem Haus bleiben kann, weiß natürlich keiner.
Ihre HÄ gab ihr auch eine Überweisung zu einem Onkologen oder Hepatologen und wollte auch gleich einen Termin für die palliative Mitbehandlung machen, jedoch sind dort (onkologische Ambulanz) erst wieder Termine in frühestens einem Jahr möglich. Seitdem versuchen wir verzweifelt irgendwo „reinzukommen“, was als Kassenpatient schier unmöglich scheint.
Bei einer ambulanten SAPV ist doch auch ein Arzt dabei, oder nicht? (Das gespräch dazu haben wir frühestens Dienstag). Ist dann ein zusätzlicher Arzt überhaupt notwendig?
LG Sadie

Miss Elsy 02.09.2023 15:35

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Mein Vater war 87 und es wurde Leberkrebs HCC diagnostiziert. Mir wurde auch gesagt, dass die Lebenserwartung zwischen drei und sechs Monaten sei. Ich habe mich an einen Fachmann gewandt, er schaute sich umgehend die von mir zu gesandten Befunde und CT‘s an, und entschied, dass man was tun könnte in Bezug auf Lebensverlängerung mit guter Lebensqualität. 1,5 Jahre haben wir gewonnen mit wirklich super Lebensqualität, mein Vater wurde schon übermütig, startete ein neues Hobby, unser Hausarzt als auch die ambulante Onkologie war mehr als überrascht. Natürlich darf man nicht Wunder erwarten, aber es war ein riesiges Geschenk. Gern mehr Daten, wenn gewünscht. Mein Mann hat auch Leberkrebs und konnte dank der Hilfe des Professors bisher überleben. Manchmal gibt es noch Möglichkeiten.

ConniCoBo_70 02.09.2023 16:04

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Liebe Sadie,
Ja - im Palliativteam sind Ärzte dabei.
Euer Hausarzt kann zur Versorgung einen „Hausarztvermittlungsfall“ draus machen, dann müsstet ihr umgehend Termine bekommen. In einem Jahr ist echt gruselig …
Und die Wartezeiten sind manchmal unterirdisch - ich hab mit meinem Mann auch schon teils 3 Stunden da gewartet - wobei es bei uns so ist, dass er im Wartezimmer sitzt, während ich im Treppenhaus warten muss - aufgrund der Infektionsgefahr …
Da fühlte ich mich auch oft jenseits von Gut und Böse…
Ich drücke fest die Daumen, dass Ihr einen guten Weg findet 🙏 liebe Grüße, Conni

Sally Lacht 02.09.2023 16:33

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Liebe Miss Elsy,
es tut mir so leid, dass du deinen Vater an diese Krankheit verloren hast. Aber es klingt sehr schön, was du über die gewonnene Zeit schreibst.
Hatte er auch schon überall Metastasen?
Meine Schwiegermutter ist körperlich in keinem guten Zustand, da schon immer sehr dünn. Momentan macht ihr vor allem das Wasser in den Beinen zu schaffen, Lymphdrainage tut zwar gut, aber ändert nichts. Die Beine sind sehr dick und hart und schmerzen dementsprechend.
Auch hat man eine beginnende Aszites im Ultraschall gesehen. Vielleicht rührt daher auch ihre Appetitlosigkeit oder von der stark metastasierten und teils schon nekrotischen Leber? Viel isst sie nicht mehr. Von daher befürchten wir, dass auch eine milde Chemotherapie sie zusätzlich schwächt. Ihr Lebensmut ist auch nicht mehr stark. Vor 3 Jahren hat sie ihren Mann verloren nach fast 60 gemeinsamen Jahren und jetzt spricht sie häufig davon bald wieder bei ihm sein zu können.

Liebe Conni,
vielen Dank für den Tip mit der Hausarztverordnung. Wir werden das umgehend ansprechen.

Es ist so schwer danebenzustehen ohne helfen zu können. Aber was sage ich euch, alle hier wissen das ja selbst. Im Moment versuchen wir so viel wie möglich da zu sein, aber uns sind natürlich durch Vollzeitberufstätigkeit und Entfernung von 30-45min (je nach Verkehr) Grenzen gesetzt.

Alles liebe für euch und herzliche Grüße
Sadie

Miss Elsy 04.09.2023 23:05

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Ja, mein Vater hatte auch diverse metastasen. Wirbelsäule wurde bestrahlt, metastasen Rippenfell behandelt. Monatliche Behandlungstermine. Nur einmal war es etwas unangenehm.
Allerdings hatte er bis zum Ende nie Wassereinlagerungen, wobei das natürlich ein Zeichen von einem Fortschreiten ist, lässt sich aber durch punktieren sehr gut eine zeitlang im Griff halten. Es gibt auch Lösungen, da ist es dem Patient selbst möglich, Wasser abzulassen.
Mögen Ärzte nicht so sehr, ist aber möglich.
Ich glaube, ich war/bin eine nicht so beliebte Angehörige, ist mir aber auch egal.
Meinem Vater hat diese Art der Behandlung so viel gebracht, normale systemische Chemotherapie habe ich aufgrund Nebenwirkungen und Erfolg abgelehnt, war ein heftiger Kampf mit Dr Krankenkasse.
Ich bin da unerschrocken!

Sally Lacht 05.09.2023 09:25

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Liebe Miss Elsy,
ich bin auch eine sehr unbequeme Angehörige, auch wenn das viel Kraft kostet.
Leider ist es tatsächlich so, dass man völlig im Regen stehen gelassen wird, wenn man die „Standardchemo“ ablehnt. Der „Kampf“ ist mit einem so unglaublichen bürokratischen und zeitlichem Aufwand verbunden, dass ich (30 km entfernt und vollzeitberufstätig schon über meine Grenzen gehen muss).


Meiner Schwiegermutter macht am meisten das viele Wasser in den Beinen zu schaffen. Lymphdrainage ist zwar angenehm, bringt aber keine Erfolge. Wassertabletten nimmt sie in niedriger Dosis auch ohne Erfolg (höher geht nicht wegen Vorhofflimmern). Hochlagern macht sie sowieso, weil sie so müde und schlapp ist. Hat von euch noch jemand eine Idee?

Alles Liebe euch

Miss Elsy 05.09.2023 12:50

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Das Wasser in den Beinen war erst ein Problem, als auch die Bewegungsfähigkeit eingeschränkt war aufgrund der Wirbelsäulenmetastase, die zweimal bestrahlt wurde und wahrscheinlich aufgrund falscher Bewegung/Anstrengung dann Probleme machte, d.h. eine Lähmung der Beine folgte und damit viel Liegen.
Neben dem Lymphsystem ist natürlich auch ein Thema die Nieren - wurde das schon gecheckt?
Die Entwässerungstabletten wurden auch reduziert meinem Vater gegeben - ebenfalls aufgrund Vorhofflimmern.
Ich habe auch dann sehr auf die Ernährung geachtet, wenig Salz und eher entwässernde Tees und Nahrungsmittel. Wahrscheinlich keine große Auswirkung, aber eben ein Versuch.
Des Weiteren habe ich auch Übungen mit ihm gemacht, damit alles ein bisschen in Schwung kommt - "sogenanntes Pumpen mit den Füßen", etc.
Ich habe auch einen Job von täglich 10 Stunden plus, irgendwie habe ich alles geschafft, weiß nur nicht wie, man funktioniert einfach.
Mit dem Arzt würde ich Kompressionsstrümpfe besprechen, die Möglichkeit, Kalt-Warm-Duschen Beine / Kneipp Güsse, wobei ich nicht weiß, wie mobil sie ist.
Vielleicht sind ein paar Anregungen dabei.

Beste Grüße

Sally Lacht 05.09.2023 19:18

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Kompressionsstrümpfe hat sie schon. Kneipp Güsse könnte man wirklich mal probieren. Auch wenn es nicht hilft, könnte es durchaus angenehm sein 😉.
Mit der Ernährung, das ist leider so eine Sache. Ich schätze mehr als 500 kcal nimmt sie täglich nicht zu sich. Appetit ist fast Null und oft bleibt das Essen nicht drin.
Am Donnerstag haben wir das Gespräch mit dem ambulanten Palliativteam. Mal sehen, was die noch für Ideen haben. Nieren werde ich auf jeden Fall ansprechen.

Lieben Dank und Grüße
Sadie

Miss Elsy 16.09.2023 16:08

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Liebe Sady, wie geht es Deiner Mutter?

Sally Lacht 26.09.2023 09:50

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Liebe Miss Elsy,
leider ist sie am 12.09. eingeschlafen. Immerhin zu Hause und nicht allein. Ins Hospiz hat sie es leider nicht mehr geschafft. Es ging so rasend schnell und ist immer noch unbegreiflich.
Übermorgen ist schon die Beerdigung, das wird noch mal sehr schwer.

Wie geht es euch?
Ich drück dich
Sadie

ConniCoBo_70 28.09.2023 20:01

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Liebe Sadie,
das tut mir sehr leid - fühl Dich gedrückt :pftroest:
ich sende Dir viel Kraft für die kommende Zeit.
alles Liebe, Conni

Miss Elsy 28.09.2023 22:31

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Liebe Sadie, das tut mir sehr leid, wobei es für den Kranken auch Erlösung bedeutet wenn das Leiden endet. Trotzdem ist ein Verlust sehr, sehr schwer und braucht Zeit - wie lange, weiß keiner, jeder verarbeitet es anders. Alles Gute für Dich! Beste Grüße Miss Elsy

Sally Lacht 01.10.2023 21:53

AW: Palliative Chemotherapie im fortgeschrittenen Alter
 
Liebe Conni, liebe Miss Elsy,
vielen Dank für eure guten Wünsche und eure Anteilnahme. Vorgestern war die Beerdigung und ich bin sehr froh, dass wir das hinter uns haben. Ein schwerer Gang…

Liebe Conni, wie geht es euch?


LG Sadie


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