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-   -   Falsche Diagnose (https://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=67723)

helmut 5 23.02.2016 17:34

Falsche Diagnose
 
Hallo Forum!


In meinem Beitrag vom 03.02.16 im Thread "Fragen zur Monotherapie mit Rituximab als Primärtherapie" hatte ich zuletzt bereits erwähnt, dass sich bei mir durch eine Knochenmarksbiopsie eine neue Situation ergeben hat und die Diagnose des ersten Hämatologen falsch war.

Zur besseren Übersichtlichkeit beginne ich hiermit einen neuen Thread und stelle auch meine Krankengeschichte in kurzer Form nochmals vor.

Im Juli 15 wurde durch veränderte Blutwerte ein Lymphom festgestellt und vom Hämatologen nach Durchführung einer Immunzytologie als Marginalzonen - Lymphom (MLZ) diagnostiziert. Beim ersten Gespräch erklärte er, dieses zähle zu den indolenten Lymphomen und bedürfe keiner Behandlung. Beim zweiten Gespräch (3 Monate später) kam er überraschenderweise mit der Forderung, unbedingt mit einer kombinierten Therapie aus Bendamustin und Rituximab zu beginnen. Nachfragen nach einer Begründung wurden nicht beantwortet, er führte ein ausführliches Beratungsgespräch durch und bestand sehr dominant auf einem sofortigen Beginn. Dies lehnte ich ab und wechselte den Arzt.

Der neue Hämatologe erklärte, es gäbe keine Veranlassung zu therapieren.
Beim zweiten Besuch führte er eine Knochenmarks - Biopsie durch, die ergab, dass es sich nicht um ein MZL sondern um ein Haarzellen - Lymphom (HZL) handle, welches ebenfalls indolent ist und vorläufig keine Behandlung braucht. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch die Tatsache, dass es einer völlig anderen Therapie bedarf.

Ich erfuhr durch eigene Recherchen, dass das HZL sehr selten auftritt und es in Deutschland nur eine einzige Organisation gibt (Haarzellen - Leukämie - Hilfe e.V.) die sich ausschließlich damit beschäftigt. Ich setzte mich mit der Gesellschaft in Verbindung und erhielt wertvolle Informationen.

Was mich empört, ist die Tatsache, dass der erste Hämatologe eine Chemotherapie durchführen wollte, ohne die Diagnose eindeutig abgesichert zu haben. Im Befund der von ihm veranlassten Immunzytologie stand nämlich ausdrücklich: "Die Diagnose sollte durch eine KM - Biopsie abgesichert werden"! Dies hat er nicht gemacht.

Die Chemotherapie wäre nicht nur nutzlos, sondern mit Sicherheit für mich sehr schädlich gewesen, da ich im hohen Alter (86) durch weitere Vorerkrankungen bereits sehr geschwächt bin. Ich habe dem Arzt einen Brief geschrieben, in welchem ich deutlich auf sein Fehlverhalten hinweise und meine Enttäuschung zum Ausdruck bringe.

Ich denke, dieser Vorfall ist ein Beweis für die Notwendigkeit, kritisch zu sein, sich selbst zu informieren und im Zweifelsfall eine Zweit- und Drittmeinung einzuholen.

Grüße an alle
Helmut

campario 23.02.2016 20:29

AW: Falsche Diagnose
 
Lieber Helmuth, toll dass du hartnäckig geblieben bist! Leider bestätigt das auch meine Erfahrung mit Ärzten. Im Prinzip muss man selbst in medizinischen Fragen so gut werden dass man kontrollieren kann und man muss alles hinterfragen. Das kostet den kranken Menschen viel Mühe und Arbeit. Toll dass du mit deinen 86 Lenzen so super reagiert hast!!

sum1 23.02.2016 21:00

AW: Falsche Diagnose
 
da muss ich mich auch mal einschalten. ich finde es super dass du dir eine zweite Meinung geholt hast. Bei meiner mama war ich es, der alles hinterfragt hat. Sie wollte das nicht wirklich weil sie noch aus der Generation 'Götter in weiss' stammte aber ich habe es trotzdem gemacht. Leider wurde auch ich darin bestätigt, dass man als Patient und Angehöriger oft mehr Informationen hat als dem Arzt lieb ist. Ich hatte nach erster remission von dlbcl auf bestrahlung verwiesen, zur Sicherheit, wurde aber abgelehnt. Als es dann zum rezidiv kam, an dem meine mama auch gestorben ist meinte der arzt, man hätte evtl. doch bestrahlen sollen.

es ist traurig, dass man sich nicht voller vertrauen fallen lassen kann und selbst in solchen Situationen alles kontrollieren muss. man bräuchte die kraft für andere dinge.

helmut 5 24.02.2016 13:06

AW: Falsche Diagnose
 
Hallo Campario und sum1!

Vielen Dank für Euren Zuspruch. Ich habe in 15 Jahren mit Prostatakrebs und Polyneuropathie gelernt, wie wichtig es ist, sich zu informieren und eine eigene Meinung zu bilden!

Die 86 "Lenze" würde ich gerne unterteilen:

30 Jahre Frühling

30 Jahre Sommer

10 Jahr Goldener Herbst
(Ruhestand mit 60, Freiheit, Unabhängigkeit, mit vielen Reisen und Hobbys und einer nach wie vor äußerst harmonischen Ehe)

10 Jahre Winter
(Erste Krebsdiagnose mit 70, seitdem schwankendes Befinden, aber kontinuierlicher Abbau)

6 Jahre, die im Kalender nicht vorgesehen, aber einfach erbärmlich sind.
Ich mache der Natur zum Vorwurf, dass sie wohl alles tut, um neues Leben zu schaffen, das gelebte Leben aber gnadenlos dem Verfall überlässt!

Dies klingt hart, ist jedoch Realität!

Grüße Helmut

menalinda 25.02.2016 17:53

AW: Falsche Diagnose
 
Hallo Helmut,

bitte schildere das Vorgehen doch der Schlichtungsstelle der Ärztekammer.
Das darf einfach nicht passieren!
Dein 1. Arzt muss sich dann erklären.
Ich wünsche dir bessere Tage!

Liebe Grüße,
menalinda

helmut 5 26.02.2016 14:31

AW: Falsche Diagnose
 
Hallo Menalinda!

Danke für Deine Empfehlung, die naheliegend und konsequent wäre. Es gibt aber auch Stimmen, die davon abraten, siehe http://www.patienten-verband.de/kuns...ein-danke.html

Die damit verbundenen Risiken möchte ich mir nicht mehr antun!
Grüße an alle
Helmut

helmut 5 08.03.2016 13:26

Haarzellen - Lymphom
 
Hallo Forum!

Wie in meinem Thread "Falsche Diagnose" dargestellt, wurde bei mir zunächst eine Fehldiagnose Marginalzonen - Lymphom (= MZL) gestellt. Der Hämatologe wollte mir sofort eine Chemotherapie aufdrängen, obwohl es sich um eine indolente Form der Erkrankung zu handeln schien. Dies lehnte ich ab und wechselte den Arzt. Dieser machte eine Knochenmarksbiopsie, welche die Diagnose "Haarzellen - Lymphom" (= HZL) ergab.

Das HZL scheint sehr selten zu sein, was u.a. zur Folge hat, dass es auch nur wenig gesicherte Informationen gibt. Die Haarzell-Leukämie-Hilfe e.V. ist angeblich die einzige Gesellschaft in Deutschland, die sich mit dieser Form der Erkrankung beschäftigt. Das HZL ist ebenfalls häufig indolent und bedarf keiner Behandlung, solange es keine nennenswerten Beschwerden gibt. Dies trifft zunächst auch für mich zu; allerdings habe ich eine vergrößerte Milz und leichte Defizite bei den Blutwerten ( v.a. bei den Thrombozyten). Sollte die Milz weiter wachsen oder/und sich die die Blutwerte weiter verschlechtern, könnte eine Therapie doch erforderlich werden. Da ich durch andere Erkrankungen und Alter (86) ohnedies sehr geschwächt bin, betrachte ich diese Option mit großer Sorge, denn die einzige wirksame Therapie ist eine Chemotherapie mit Cladribin oder Pentostatin. Allerdings soll diese Form einer Chemotherapie insofern eine große Ausnahme darstellen, als sie sowohl in der Anwendung wie auch in der Verträglichkeit sehr "mild" sein soll. Die Medikamente werden entweder als Spitze subkutan oder als Infusion intravenös an 5 aufeinanderfolgenden Tagen gegeben und die Nebenwirkung sollen recht erträglich sein.

Ich suche deshalb nach Erfahrungen mit dieser Form der Erkrankung und ihrer Therapie und wäre sehr dankbar, wenn sich Betroffene melden würden.
Viele Grüße
Helmut

Saerdna 25.12.2016 12:51

AW: Falsche Diagnose
 
Schier unglaublich, was da in puncto Diagnosen so abläuft.

Als ich damals zur Internistin kam mit erheblichen Dauerschmerzen, vom Bauch bis in den Rücken ziehend, Schlaflosigkeit u. Schweißausbrüchen etc. pp., .....da sagt mir diese "Medizinerin" doch glatt, ich hätte Sodbrennen! Gibt mir Pantoprazol u. meint, daß in drei Tagen alles wieder okay sei.

In Wirklichkeit hatte ich ein Pankreaskarzinom!

Auch ein Arzt kann sich irren. Nur den Gedanken an Pankreas, den sollte man bei den geschilderten Beschwerden wenigstens haben!
Glückssache, daß ich mir noch eine Überweisung zur Radiologie erfragte u. das Karzinom gerade noch rechtzeitig erkannt wurde, bevor es für eine OP zu spät war.

Diese liebe Frau ist meine Ärztin gewesen. Habe aus der unglaublichen Geschichte jedoch nicht mehr gemacht.
(Denke aber ständig darüber nach, ob das von mir richtig war. Es sollte anderen Patienten nicht auch so ergehen.)

:confused:

Wolle2 25.12.2016 14:34

AW: Falsche Diagnose
 
Hallo Helmut.
Zitat:
Ich habe in 15 Jahren mit Prostatakrebs und Polyneuropathie gelernt, wie wichtig es ist, sich zu informieren und eine eigene Meinung zu bilden!

Die 86 "Lenze" würde ich gerne unterteilen:
30 Jahre Frühling
30 Jahre Sommer
10 Jahr Goldener Herbst
(Ruhestand mit 60, Freiheit, Unabhängigkeit, mit vielen Reisen und Hobbys und einer nach wie vor äußerst harmonischen Ehe)
10 Jahre Winter
(Erste Krebsdiagnose mit 70, seitdem schwankendes Befinden, aber kontinuierlicher Abbau)
6 Jahre, die im Kalender nicht vorgesehen, aber einfach erbärmlich sind.
Ich mache der Natur zum Vorwurf, dass sie wohl alles tut, um neues Leben zu schaffen, das gelebte Leben aber gnadenlos dem Verfall überlässt!

Dies klingt hart, ist jedoch Realität!

Ich bewundere Deine Kraft, mit der du dich noch zur Wehr setzen kannst. Ich schaffe es nicht mehr und mag auch keinen Kampf.
Alles Gute für Dich und viele Grüße.
Wolle2-

Saerdna 26.12.2016 13:30

AW: Falsche Diagnose
 
Zitat:

Zitat von Wolle2 (Beitrag 1368956)
Ich schaffe es nicht mehr...

(Unbekannterweise) Drücke ich Dir doch mal die Daumen! ;)

Naja, allen anderen Betroffenen natürlich auch.

Wolle2 26.12.2016 18:54

AW: Falsche Diagnose
 
Lieber Saerdna.

Vielen Dank für Deine gedrückten Daumen. Ich kann sie gut gebrauchen.
Der Tag und die Nacht werden in zunehmendem Maß anstrengender. Es ist so ähnlich wie im Krieg, du weißt nicht, aus welcher Ecke dich die Gegner angreifen, du wachst nachts auf und merkst zunächst nur, dass etwas nicht stimmt, weißt aber nicht, was dich aufwachen lässt, was es ist, was es bedeutet. Will das Schnabeltier etwas von dir? Hast du Durst? Ist die Brust mit Sekret durchtränkt und lässt dich deshalb nicht weiter schlafen? Ist dir einfach nur zu kalt? Ist ein Absaugen nötig? Zieht die TK Nebenluft? Holt der Gegner nun zum tödlichen Schlag aus oder ist alles noch irgendwie für dich kontrollierbar? Wie verhältst du dich? Kannst du weiterhin die Ruhe bewahren? Wie lange kannst du deine inneren Gefühle im Zaum halten? Wie lange kannst und willst du noch diese Sinnlosigkeit ertragen? Wie lange erträgt man schlaflose Nächte, ohne Schäden davonzutragen? Mein Leben ist ein einziger Kampf. Ich bin friedliebend und mag keinen Kampf mehr. Meine Seele ist zermürbt und müde geworden. Es ist einfach die Unbeschwertheit, die nach meinem ehemaligen Leben verloren gegangen ist. Wieder unbekümmert lachen können, glücklich sein, Pläne machen, träumen können... Eine mögliche Antwort: „wait and see“. …

Soweit eine Begründung meiner Situation nach knapp drei Jahren Kampf.
Ich wünsche auch Dir alles Gute nach deiner Diagnose und viel Kraft.
Wolle2

Dream 27.12.2016 06:24

AW: Falsche Diagnose
 
@Wolle2
Meine Mutter beklagte sich auch über Schlaflosigkeit in der Nacht, was auch schon zuhause, wo ich sie pflegte, ein Problem war. Deshalb bekommt sie jetzt im Krankenhaus ein Schlafmittel verabreicht beim Abendessen.

Wolle2 27.12.2016 06:48

AW: Falsche Diagnose
 
Liebe Dream.

Bei mir hat das Erwachen in der Nacht immer einen Grund. Entweder will das Entchen etwas von mir, oder der Luftweg ist mit Schleim zugesetzt. Mitunter alarmiert die Beatmungsmaschine, bevor ich selbst reagieren kann. Manchmal ist mir einfach nur kalt. Ebenso kann viel Schleim über die Trachealkanüle die Brust durchnässt haben. So kann der Nachtschlaf bis zu sechsmal unterbrochen sein. Manchmal muss ich nachts zusätzlich mit Kochsalz inhalieren, weil zäher Schleim die Luftröhre blockiert. Den verlorenen Nachtschlaf hole ich dann tagsüber nach. Schön wäre anders.

Ich wünsche Dir einen schönen Tag und schicke viele Grüße.
Wolle2

Saerdna 27.12.2016 18:47

AW: Falsche Diagnose
 
Ist vielleicht zu wenig Erwartungshaltung: Ich wünsche mir natürlich, noch etliche Jahre möglichst ohne Schmerzen zu verbringen.
Wenn's blöd läuft, tröste ich mich damit, den größten Teil einer normalen Lebenszeit gehabt zu haben. Nächstes Jahr werde ich 60.
Meine biologische Mutter starb qualvoll mit Mitte 40 u. Krebs überall in Magen u. Darm.
Es gibt sehr viele (zu viele) junge Leute, die an dieser verfluchten Krankheit versterben.

Wolle2 27.12.2016 19:12

AW: Falsche Diagnose
 
Lieber Saerdna.

Ich wünsche Dir eine lange möglichst schmerzarme Zeit bei möglichst hoher Lebensqualität. Das ist für uns das Wichtigste. Eigentlich solltest Du ja nach einem Arbeitsleben den Ruhestand genießen dürfen. In der Rückschau war die aktive Zeit viel zu kurz und ist viel zu schnell vergangen.

Alles Gute wünscht Dir.
Wolle2.

P.s. Wenn ich schon den Thread von Helmut 5 "missbrauche", möchte ich auch ihm alles Gute und viel Kraft für die kommende Zeit wünschen. Mit vielen Grüßen.
Wolle2


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