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Alt 16.01.2024, 00:10
Dani W Dani W ist offline
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Standard AW: Erst Gallengangskrebs und jetzt Lebermetastasen

Leider ist es ja ziemlich ruhig in diesem Forum geworden, vor einigen Jahren gab es ja noch mehrere Betroffene, die aktiv waren, die aber inzwischen traurigerweise alle verstorben sind. Trotzdem habe ich beschlossen, meine Geschichte weiter zu posten, auch wenn nicht viele Reaktionen kommen, denn mir haben die Geschichten der anderen beim Nachlesen geholfen und vielleicht kann ich anderen damit ja auch helfen und wenn es vielleicht auch – wie bei mir – erst in ein paar Jahren ist. Außerdem kommen vielleicht auch mal Rückmeldungen von anderen Krebsarten, wenn es um Probleme bei Nebenwirkungen geht, die es auch bei anderen Chemos oder Therapien gibt.

Ich habe also meine Reha erfolgreich hinter mich gebracht und letzten Mittwoch beim Rentenamt meine Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt, weil mein Krankengeld im April ausläuft und ich meine verbleibende Zeit nicht mit Arbeiten gehen „vergeuden“ möchte. Ich habe meine Arbeit immer gerne gemacht, aber ohne Arbeit gefällt es mir trotzdem noch besser und da ich mich auch noch um meine demente Mutter und Tante kümmere und zwei Isländer und einen Hund habe, kriege ich meine Zeit auch so rum und brauche damit weder die Struktur noch die sozialen Kontakte, die das Arbeitsleben mit sich bringt. Ich kriege beides über meine Hobbys und möchte meine Zeit für mich haben.

Mir geht es körperlich immer noch gut, aber diese Tablettchen plagen mich von allen Giftcocktails, die ich bisher schon hatte, tatsächlich am meisten. Aktuell habe ich 3 Nebenwirkungen. Die für mich harmloseste ist die Erhöhung des Phosphatwertes. Das ist vermutlich auch nicht gerade gesund, aber man merkt es nicht. Außerdem ist der Wert noch nicht so hoch, dass mein Doc Handlungsbedarf sieht, zumal er in der Woche Pause immer wieder schön runtergeht.

Die zweite Nebenwirkung ist Haarausfall. Bei 50% fallen die Haare aus, da bin ich leider dabei. Bei den Leberkrebspatienten, bei denen eine OP noch möglich ist – das sind lt. meinen Recherchen nur 20% - steigt die Überlebensquote von 11% auch auf 50%. Beide Male eine Chance von Fifty-Fifty, aber irgendwie entscheide ich mich immer für die falsche Hälfte . Naja, bei den Haaren ist es nicht mehr so schlimm. Ich hatte zwar immer lange Haare, so dass es sehr traurig wäre, diese zu verlieren, aber unter der vorherigen Chemo habe ich schon ¾ davon verloren. Ich habe mich damit getröstet, dass sie zumindest nicht ganz ausfallen und tatsächlich hat der Haarausfall noch während der Chemo wieder aufgehört und die Haare fingen an nachzuwachsen. Aber dadurch, dass sie so dünn geworden waren, habe ich sie immer kürzer schneiden lassen, so dass sie jetzt sowieso nur noch kinnlang sind. Und die nachwachsenden Haare haben mich zwar sehr gefreut, aber auch geärgert, weil sie so kurz waren, dass sie dauernd zwischendurch rausstanden und mit zunehmendem Wachstum immer weiter rausstanden. Ich sah vor allem mit frisch gewaschenen Haaren immer so aus, als ob mein Fön explodiert ist. OK, das wäre nur eine vorübergehende Phase gewesen, die ich natürlich gerne in Kauf genommen habe dafür, dass ich wieder dichtere Haare bekommen habe, aber insgesamt waren sie immer noch nicht so schön, dass ich mit ihnen eine unglaubliche Zierde verliere . Tatsächlich freue ich mich jetzt auf eine schöne Perücke, mit der ich endlich wieder lange Haare haben werde und zwar noch dicker und länger, als ich sie von Natur aus hatte. Wenn schon Perücke, dann kann ich mich ja auch mal verbessern. Ich bin nur gerade unschlüssig, ob ich die alte Haarpracht abrasiere oder stehen lasse. Ich glaube, erst mal lasse ich sie noch, denn aktuell habe ich nur 2 Stellen, die flächig kahl sind und insgesamt dünneres Haar. Es sieht nicht mehr schön aus, aber noch nicht so schlimm, dass ich mich nur noch mit Tuch oder Mütze raus wage, bis die Perücke da ist. Ich bin blond, da fällt es nicht ganz so auf, wenn die Kopfhaut etwas durchschimmert.

Die wirklich mit weitem Abstand unangenehmste Nebenwirkung ist tatsächlich die Mundtrockenheit. Das hört sich so harmlos an, ist aber wirklich extrem unangenehm. Ich kann nur noch mit Wasserflasche und Bonbons das Haus verlassen, sonst wird der Mund echt übel trocken. Auch nachts habe ich immer Wasser am Bett stehen, nehme aber schon seit einigen Wochen die Hafttabletten XyliMelts, die man an den Gaumen pappen kann, so dass man sie nicht nachts versehentlich verschluckt. Damit komme ich ganz gut über die Nacht, nur in den frühen Morgenstunden werde ich wach, weil ich auf Toilette muss und dann ist die Tablette weg und ich nehme noch eine. Ich hatte gar nicht gedacht, dass das so gut hilft, aber zuletzt bin ich mit einer Viertel Tablette im Mund ins Bett gegangen, weil ich dachte, ich werde ja wach, wenn die weg ist und der Mund trocken wird. Aber offensichtlich werde ich morgens wach, weil die Blase drückt und das war natürlich noch nicht der Fall, als diese Viertel Tablette weg war. Ich bin dann natürlich auch durch den trockenen Mund aufgewacht, aber das war dann erst so spät, dass es echt schon unangenehm war. Ich musste dann schlimm husten, die Mundschleimhaut hinter den Lippen war uneben geschwollen und schmerzhaft und die Zunge fühlte sich 5x so dick an. Das war mir eine Lehre, ich nehme jetzt immer eine frische Tablette, wenn ich ins Bett gehe. Ich hätte nicht gedacht, dass die XyliMelts doch so viel bringen. Zudem habe ich noch gelesen, dass der Zuckerersatzstoff Xylit wohl auch die Mundbakterien reduziert, was sonst Stoffe im Speichel tun, die jetzt aber fehlen. Also doppelt wirksam. Seitdem nehme ich sie auch tagsüber zwischendurch, aber tagsüber muss ich sowieso die Bonbons häufiger wechseln, denn immer das gleiche wird mit der Zeit auch unangenehm, obwohl ich nichts schmecke.

Die Mundtrockenheit hat aber leider außerdem noch weitere Auswirkungen auf anderes. Wie ich gelesen habe, hängt Augentrockenheit auch mit der Mundtrockenheit zusammen. Die ist bei mir nicht so schlimm, ich habe Augentropfen und wenn ich ein Fremdkörpergefühl habe, benutze ich die. Das ist zwar auch mehrmals täglich, aber trotzdem nicht tragisch. Wenn ich draußen bin, habe ich es gar nicht und zuhause sind ja die Tropfen griffbereit.

Laut Google hängt auch mein kompletter Geschmacksverlust mit fehlendem Speichel zusammen. Wobei ich den auch nicht als so schlimm empfinde, denn unter der anderen Chemo hatte ich – glücklicherweise nur vorübergehend – Geschmacksveränderungen und das fand ich viel schlimmer. Ich konnte eine Zeitlang gar kein Wasser trinken, weil das richtig eklig schmeckte und dafür findet man echt schwer eine Alternative. Bei schlecht schmeckenden Lebensmitteln kann man diese einfach weglassen, aber auch da wechselte es ständig. Was zuletzt komisch oder eklig schmeckte, ging irgendwann wieder, dafür schmeckte was anderes nicht mehr. Diese Überraschungen bei jedem Essen fand ich echt nervig, da ist gar kein Geschmack mehr, zumindest in meinen Augen, das kleinere Übel.

Aber wie schon oben erwähnt, halten Stoffe im Speichel die Mundbakterien in Schach und das fehlt natürlich bei Mundtrockenheit. Das hat bei mir dazu geführt, dass ich Zahnschmerzen bekommen habe. Ich habe freiliegende Zahnhälse, trotz bester Pflege schaffe ich es nur, den Zahnfleischrückgang zu verlangsamen, aber nicht aufzuhalten. Aber bisher waren die Zahnhälse nicht schmerzempfindlich, auch nicht kälte- oder wärmeempfindlich. Das hat sich mit der Mundtrockenheit geändert. Das ist echt mal übel. Ich war vor einer Woche beim Zahnarzt, der hat mir die Zahnhälse mit Fluor versiegelt. Seitdem ist es besser, aber noch nicht ganz weg. Aber immerhin muss ich kein Ibuprofen mehr nehmen. Ich soll jetzt eine Woche lang täglich Elmex Gelee benutzen und morgen habe ich sowieso einen Termin zur professionellen Zahnreinigung, da wird dann noch mal versiegelt. Ich hoffe, dass ich es damit in Griff kriege.

Danach werde ich mal Elmex Sensitiv probieren. Rezensionen bescheinigen gute Wirksamkeit schon nach kurzer Zeit. Das Problem ist, dass ich nicht weiß, ob sie nicht zu scharf ist, denn durch die Mundtrockenheit ist auch meine Mundschleimhaut teilweise lädiert und selbst wenn sie gerade keine Beschädigungen aufweist, ist sie hochgradig empfindlich. Ich hatte vorher morgens als Zahnspülung Listerine und abends Meridol verwendet. Listerine ist viel schärfer und ging ganz schnell nicht mehr, aber nach nicht allzulanger Zeit ging auch Meridol nicht mehr. Ebenso wurde mir die Meridol Zahnpasta zu scharf, obwohl sie eigentlich nicht scharf ist. Aktuell benutze ich Kinderzahnpasta. Elmex Gelee ist glücklicherweise auch völlig harmlos. Ich habe hier im Forum als mildes Mundwasser, was auch die Speichelbildung fördern soll, Aldiamed gelesen und bestellt. Eine kurze Zeit ging das noch, dann war auch das zu scharf. Ich habe es dann mit Wasser verdünnt, das musste ich sowieso, weil mittlerweile meine Zähne so empfindlich geworden waren, dass selbst das Mundwasser in Zimmertemperatur zu kalt war. Inzwischen ist es mir aber auch verdünnt zu scharf geworden, ich benutze jetzt gar kein Mundwasser mehr, was natürlich für die Bakterien im Mund, die auch nicht mehr durch Speichel bekämpft werden, nicht gerade gut ist – bzw. für die Bakterien ist es natürlich gut, aber für mich und meine Zähne und Zahnfleisch nicht. Akute Mundschleimhautschäden behandel ich übrigens mit Volon A Haftsalbe mit Kortison. Die hatte ich immer schon von meinem Zahnarzt verschrieben bekommen, weil ich immer schon mit Aphten zu kämpfen hatte. Die kommen jetzt natürlich vermehrt, aber damit habe ich sie gut in Griff.

Die Therapie besteht übrigens aus einer Tablette am Tag. Man kann sie nehmen, wann man möchte, auch vor oder nach dem Essen ist egal. Nur dann immer zur gleichen Zeit natürlich. Es gibt sie in verschiedenen Dosierungen, ich nehme 13,5 mg. Nach 2 Wochen kommt eine Woche Pause. Bei der Infusionschemo wurden alle Nebenwirkungen in der Woche Pause besser, bei Pemigatinib ist es eigentlich kein Unterschied, ob ich die Tablette nehme oder nicht. Nur die Aphten hören in der Zeit auf, aber alles andere bleibt gleich.

Aber ich schreibe das nur so ausführlich, um andere an meinen Erfahrungen teilhaben zu lassen. Die Lebensqualität ist dadurch nur minimal eingeschränkt, zumal ich ja immer wieder neue Mittel und Strategien finde, um die Nebenwirkungen abzumildern. Am schlimmsten sind aktuell immer noch die Zähne, wenn auch schon besser. Aber ansonsten habe ich nichts. Keine Müdigkeit, keinen Leistungsabfall, ich gehe jeden Tag reiten, mache die Stallarbeit – alles kein Problem. Also Jammern auf hohem Niveau und wie gesagt nur, um meine Erfahrungen zu teilen. Vor allem, wenn es wirklich was bringen sollte. Mal gucken, ich vermute, dass bei der nächsten Blutabnahme in 1,5 Wochen wieder die Tumormarker genommen werden. Leider wird der Krebs ja irgendwann resistent gegen diese Medikamente werden oder ich werde sie doch nicht mehr so gut vertragen, aber ich hoffe mal, dass dieser Tag noch weit weg liegt. Ich hatte in der Zulassungstudie zu Pemigatinib gelesen, dass die Probanden das Mittel im Durchschnitt 220 Tage genommen haben, dann wirkte es nicht mehr oder die Nebenwirkungen wurden zu schlimm. Das ist ja nicht gerade überwältigend viel, nicht mal ein Jahr, aber irgendwo standen dann die kürzeste und längste Einnahmezeit, aus der sich dieser Mittelwert errechnet hatte: die kürzeste Zeit waren 7 Tage und die längste Zeit über 1100 Tage. Das gibt dann doch wieder Grund zur Hoffnung, aktuell habe ich heute den 4. Zyklus begonnen.

Übrigens hatte ich meine Unterlagen für eine Zweitmeinung nach Heidelberg geschickt, die würden aber auch so behandeln und konnten mir nichts anderes vorschlagen. Der nächste Versuch war die Charité, die mir aktuell auch nichts anderes vorschlagen konnte, aber immerhin ein neues Alternernativmedikament, falls Permigatinib nicht mehr wirkt. Das heißt Futibatinib und ist erst dieses Jahr im Juni in der EU zugelassen worden. Wirkt genauso wie das Pemigatinib auf die spezielle Mutation, die ich habe. Ist ja nicht schlecht, jetzt schon einen Plan B in der Hand zu haben. Der Arzt von der Charité hatte sogar persönlich angerufen, Heidelberg hatte nur schriftlich abgesagt. Von der Charité bekam ich dann im Nachgang auch noch eine Mail mit dem Alternativmedikament, die Namen kann sich ja sonst kein Mensch am Telefon merken .
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