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Alt 05.03.2011, 20:36
Sousha Sousha ist offline
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Standard AW: Lesbische Frauen mit Brustkrebs

Hallo arethusa,

Deine Worte machen mich betroffen, ich kann das gut mitfühlen. Vor 14 Jahren habe ich meine damalige Geliebte die an Brustkrebs erkrankte auf ihrem letzten Weg begleitet.

All die Fragen die Du formuliert hast stehen im Raum, lassen Dir keine Ruhe.
Du bist unsicher, fassunglsos, wütend, verdrängst.... was auch immer: Es kann und darf einfach nicht sein!

Letztendlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich nichts tun kann um das unfassbare aufzuhalten, ich musste lernen meine Hilflosigkeit auszuhalten und konnte nur bei ihr sein, ihre Hand halten, ihr meine Liebe versichern und es war bisweilen sooo schmerzlich für mich mitanzusehen, wie das Leben in ihr weniger wird. Sie konnte schon lange akzeptieren, was ich nicht akzeptieren wollte und irgendwann in unsren Gesprächen war es klar, dass sie sich auf das Ende ihres Lebens hier vorbereiten muss und wir haben genau darüber gesprochen, was sie braucht und was ihr hilft.und ich wollte sie darin unterstützen. Ab da konnte ich es auch akzeptieren - meistens zumindest - und wir (ihre Schwester, eine Freundin und ich) haben sie begeleitet. Wir haben eine ganz schöne Athmosphäre gestaltet, sie von allen unruhigen, ängstlichen Besuchen ferngehalten und waren an ihrer Seite, haben sie gehalten und geliebt und sie konnte in Frieden loslassen. Am Ende war ich trotz der unfassbaren Trauer auch froh darüber, dass ich den Mut besessen habe mich der Situation zu stellen und in all meiner Emotionalität die Begegnung mit dem Sterben eines geliebten Menschen zuzulassen. Ich denke die Begleitung dieses Prozesses ist eine sehr schwere Herausforderung. Die Gefühle des Kranken und die eigenen schwanken, sind z.'T. sehr unbegreiflich und nicht nachvollziehbar und vollziehen sich in absoluten Extremen. Ich kann nur sagen: Mach es ihr schön. Warm. Kuschelig. Achte auf Dein Gefühl. Die Begegnung findet kurz vor dem Tod auf einer anderen Ebene statt. Hör darauf, was sie Dir mitteilt. Manche Berührungen sind schmerzhaft oder unangenehm für sie. Sei da, wenn Du es kannst.

Später habe ich mal gelesen , dass Sterben zum Leben gehört wie der Tag zur Nacht. Weiß ich ja. Aber begriffen habe ich es erst über diese Erfahrung. Es war für mich eine heilige, spirituelle Erfahrung auf höchster Ebene und heute bin ich dankbar dafür, dass sie mich hat daran teilhaben lassen. Diese Erfahrung hat mein Leben nachhaltig geprägt und verändert.

Ich hoffe, ich trete Dir mit meinen klaren Worten nicht zu nahe, ioder erschrecke Dich.Ich meine einfach in einer solchen Situation hilft nichts als die Wahrheit anzunehmen und sie miteinander zu teilen und zu etwas erfahrbarem für beide zu machen. Es tut weh. Sehr. Und ist nicht einfach. Für beide nicht. Und gleichzeitig kann es zu einem Geschenk für beide werden. Verstehst Du, was ich sagen möchte?

Ich hoffe, Du kannst vielleicht etwas mitnehmen aus meinem Beitrag?

Ich wünsche Euch beiden die Kraft anzunehmen, was passiert, die gegenseitige Liebe damit umzugehen und die Zuversicht, dass trotz allem, alles so wie es ist seine Richtigkeit hat.

Engel sind sehr hilfreiche Wesen.

Andrea