AW: Mein Papa
Guten Morgen,
oh, wie gut ich das kenne! Ich bin auch jemand, der gerne alles geregelt wüsste. Allerdings bin ich inzwischen etwas ruhiger geworden. Wenn doch Eure Väter immer alles selber geregelt haben, dann ist es sicher schwer mit anzusehen, dass sie in eine Art Starre verfallen. Allerdings gehört das für mich mit zur Würde eines Menschen: Ihn so sein zu lassen wie er will. Ich würde Euch empfehlen, den Vätern in einem Gespräch oder per Brief zu sagen, dass sie ihr Leben lang alles selber und auch für Euch geregelt haben und Ihr Euch jetzt einmal revanchieren möchtet. Aber nur, wenn der Betroffene damit einverstanden ist, sollte etwas geregelt werden, ansonsten fühlt er sich vielleicht bevormundet oder unfähig?
Ich hatte gestern ein Gespräch über Geld mit meiner Mutter. Ich habe es lange vor mir hergeschoben, was ist schon schnöder Mammon im Vergleich zu Gesundheit? Aber ich habe 2 Wochen viel Geld für sie ausgelegt, habe leider nur Geld in Höhe von Hartz IV, und zu den Sorgen um meine Mutter kamen nun auch noch eigene finanziellen Sorgen. Da war ich erstaunt, weil sie antwortete, sie wollte das schon lange einmal besprechen, fand nur den richtigen Moment nie. War das schön :-) Wir haben dann auch gleich noch über ihre Beerdigungswünsche gesprochen und darüber, wo ihr geliebtes Stofftier bleiben soll: Adoptiert bei mir oder mit auf die letzte Reise? Scheinbar haben uns beiden diese Dinge auf der Seele gelegen. Aber ich finde es schön, wenn ich alles so mache, wie sie es sich wünscht. Und n-o-c-h kann sie sich etwas wünschen oder bis übermorgen darüber nachdenken, wer weiß, wie lange noch... Und dann habe ich für uns gekocht (sie aß 5 Nudeln, egal...), wie sie es Jahre für mich tat. Und wisst Ihr was? Es kam tatsächlich die Frage: "Wie lange dauert es noch, bis Essen fertig ist?" Diese Frage habe ich wohl tausend Mal in meinem Leben gestellt. Als ich ihr das sagte, konnten wir sogar kurz zusammen lachen. Was für eine Erleichterung! Das hat ganz viel mit Loslassen zu tun, glaube ich. Ich für mich weiß, ich gebe mein Bestes, ihr eine einigermaßen sichere "Restzeit" zu geben, damit auch sie loslassen kann. Ein Kampf hat hier leider keinen Sinn und kostet wertvolle Energie. Loslassen soll übrigens nicht mit aufgeben verwechselt werden, sondern eher mit annehmen und darauf vertrauen, dass man geborgen begleitet oder begleitet wird. Das ist, glaube ich, das Einzige, was ich für meine Mutter leider tun kann...
Viele Grüße von catw31
|