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  #1  
Alt 09.10.2014, 19:47
Viki Viki ist offline
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Registriert seit: 07.09.2007
Ort: Süddeutschland
Beiträge: 171
Standard AW: Gefühle "dazwischen" nach dem Verlust

Liebe Steffi,

mein herzliches Beileid zu deinem großen Verlust.

Mach dir wegen deiner derzeitigen Gefühle keinen Kopf und schon gar keine Vorwürfe. Ja, du befindest dich noch in einer Schockstarre. Und besonders seltsam wirkt es für dich, dass das normale Leben weitergeht. Die Welt bleibt nicht stehen, obwohl du das gar nicht glauben kannst.

Genauso ging es mir nach dem Tod meiner Mutter. Die Wochen vor ihrem Tod weinte ich nie, weil ich funktionieren musste. Und wenn ich nur einmal geweint hätte, wäre ich wahrscheinlich damals schon komplett zusammengebrochen.

Nach ihrem Tod weinte ich auch nicht. Es machte sich tatsächlich eingroßes Gefühl der Erleichterung breit. Sie hatte es geschafft, sie musste nicht mehr leiden. Die letzten Wochen ihres Lebens waren schrecklich (besonders natürlich für sie aber sicher auch für mich) und nun endlich vorbei.

Die große Traurigkeit ereilte mich nach ca. 4 Wochen. Ich fiel in ein großes Loch. Der Verlust wurde mir immer klarer und ich wollte das auch noch ganz allein mit mir allein ausmachen. In der Zeit begannen dann auch die Träume von meiner Mutter und ich bin oft nachts weinend aufgewacht.

Dies liegt nun bald zwei Jahre zurück und es wurde besser und besser. Sie fehlt, aber ich kann damit leben.

Also kein schlechtes Gewissen darüber, dass du nicht "richtig" trauerst. Du trauerst, aber dein Geist muss sich erst von der letzten schrecklichen Zeit und deinem unfassbaren Verlust erholen. Und die Tatsache, dass es einen geliebten Menschen nicht mehr gibt, ist noch nicht ganz angekommen.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und drück dich mal.

Liebe Grüße
Viki
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  #2  
Alt 09.10.2014, 21:35
simi1 simi1 ist offline
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Registriert seit: 04.11.2011
Beiträge: 551
Standard AW: Gefühle "dazwischen" nach dem Verlust

Mein herzliches Beileid, Steffi!

Als mein Vater damals - auch mit Anfang 60 - verstorben ist, habe ich nur bei den "üblichen" Anlässen wie Vorgespräch mit dem Pfarrer und an der Beerdigung etwas geweint. Das sind allerdings Situationen, die mich auch bei mir völlig unbekannten Menschen zum Weinen bringen würden.

Darüberhinaus war nur grenzenlose Erleichterung vorherrschend, dass ein knapp zweijähriger Alptraum zu Ende war, Papa schmerzfrei gehen durfte und wir wieder eine Perspektive hatten. Während seiner Krankheit gab es für uns kein Privatleben, keine Auszeit, keine Hoffnung auf Besserung oder ein "gutes" Ende der Situation.

Ab etwa neun Monate nach seinem Tod, habe ich mich dann über eine längere Zeit abends in den Schlaf geweint. Wenn ich im Bett war und zur Ruhe kam, haben sich die Szenen seiner Krankheit vor meinem inneren Auge intensiv wiederholt. Da wurde mir auch mit voller Wucht bewusst, was wir, aber ganz besonders, was er verloren hatte(n).

Oftmals wurde ich von Außenstehenden konsterniert gefragt, ob mich der Tod meines Vaters kalt lassen würde. Hinten herum wurde sicherlich auch böse getratscht. Ausgemacht hat mir das damals nichts. Niemand von den Verständnislosen hatte eine realistische Vorstellung von seiner Krankheit gehabt. Keine dieser Personen konnte ermessen, wie unser aller Leben in diesen 22 Monaten aussah.

Wann und wie sie sich deine Trauer äußert, ist dein eigener Rhythmus. Lass es auf dich zukommen und sei dir sicher: Es ist deine Trauer und sie ist nicht vergleichbar, zu bewerten oder in ein Schema zu pressen.

Alles Gute und viel Kraft für dich!
Simi
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  #3  
Alt 09.10.2014, 22:10
Benutzerbild von little_mermaid
little_mermaid little_mermaid ist offline
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Registriert seit: 25.02.2013
Beiträge: 98
Standard AW: Gefühle "dazwischen" nach dem Verlust

Hallo Steffi,

ich lese eben deinen Beitrag. Es ist interessant, dass hier viele ähnlich fühlen oder erleben. Auch ich habe meinen lieben Papa mit nur 54 Jahren vor knapp 1 1/2 Jahren verloren, nach nur drei Monaten nach der Erstdiagnose.

Manchmal warte ich heute immer noch auf "den Zusammenbruch" wie du es beschreibst. Wir standen uns sehr nahe, die ganze Krankheit war der pure Schock, es gab nach der Diagnose auch kaum noch einen guten Tag für Papa oder die Familie. Es ging so rapide abwärts, dass man beim Verfall förmlich stündlich zusehen konnte bzw. musste. Ich glaube bei mir hat am Ende die Erleichterung überwogen, dass mein Papa keine Schmerzen mehr leiden musste, keine Angst mehr haben musste (er hatte schreckliche Angst vor dem Tod bis zuletzt), dass er sich nicht mehr quälen musste, dass er endlich Frieden bekommen hatte. Ich glaube das hat mir seinen Tod etwas "erträglicher" gemacht, denn das, was er in den drei Monaten hatte, war am Ende kein menschenwürdiges Leben oder überhaupt ein Leben mehr. So furchtbar es war ihn gehen lassen zu müssen, so schrecklich früh.
Bei mir ist die Trauer auch eher Situationsabhängig. Wenn mir klar wird, was mein Papa alles nicht miterleben kann oder wird, wie scheiß gemein das Ganze ist und immer dieses WARUM ER?! Es ist ein Auf- und Ab. Den totalen Zusammenbruch den man oft vermutet gab es bei mir aber nicht. Ich war aber auch in Begleitung einer Therapeutin zeitweise. Vielleicht wächst die Seele manchmal über sich hinaus, um einen zu schützen.

Für dich alles erdenklich Gute!
__________________
Mein Papa (54): Ende Februar 2013 Diagnose CUP-Syndrom mit Metastasen im ganzen Körper. Drei Chemos. Am 16.05.2013 in den Armen meiner Mutter verstorben. Papa, wir lieben dich!!

http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=58546
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  #4  
Alt 10.10.2014, 08:04
Benutzerbild von fraunachbarin
fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Registriert seit: 04.11.2010
Ort: ulmer ecke
Beiträge: 1.150
Standard AW: Gefühle "dazwischen" nach dem Verlust

Liebe Steffi..
es tut mir leid, daß Du Deinen Papa so früh verloren hast.
Zu Deinen Fragen will ich Dir folgendes antworten:
Erstmal verläuft jede Trauer anders. Da gibt es keinen regulären Verlauf.
Deine Starre im Moment kann wirklich ein Schock sein. Du hast furchtbares Erlebt und unser Unterbewußtsein hat die Fähigkeit, unsere Emotionen erstmal "einfrieren" zu lassen. Oftmals ist das eine Art Selbstschutz.
Glaube mir, Deine Tränen werden noch fließen. Aber eben zu DEINER Zeit.
Du wirst auch sehen, daß Trauer verschiedene Phasen hat. Und bei jeder ist es wichtig, daß Du sie auslebst. Rede so oft Du kannst über Deinen Schmerz. Das ist wichtig und dient zur Verarbeitung.
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft für die kommende schwere Zeit. Schreib Dir hier alles von der Seele, auch das tut gut.
Stille Grüße von Tine
__________________
MISS YOU MAMA
24.02.1944-15.10.2012
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