Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 26.07.2018, 16:06
Benutzerbild von Hertzhaus
Hertzhaus Hertzhaus ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.07.2014
Beiträge: 65
Standard AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen

Hallo,

ich kann sehr genau verstehen, was du beschreibst. Vor einigen Jahren habe ich Vergleichbares erlebt. Mein Schwager wurde von derselben Krankheit heimgesucht. Gerade war er aus einem harten, arbeitsreichen Berufsleben ausgeschieden und plante seinen Ruhestand, da hieß es "Diagnose: Glioblastom. Überlebensprognose: ohne Behandlung ca. 8 Wochen; mit OP und Bestrahlung etwa 10 Monate". Wir waren fassungslos. Wollten es nicht glauben. Wir haben geweint und gebetet, gefleht und gehofft, die Ärzte mögen sich täuschen. Wir haben Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um ihm zu helfen. Es hat nichts genützt. Nach zwei OPs und Bestrahlungen, sündhaft teuren, privat bezahlten Behandlungen zur Stärkung seines Immunsystems starb er qualvoll 10 Monate nach der Erstdiagnose....... An der Aussichtslosigkeit auf Heilung von dieser Krankheit scheint sich nichts geändert zu haben..... Das tut mir sehr leid.

Mir erging es vermutlich wie dir. Ich fiel in ein abgrundtiefes Loch der Verzweiflung, Trauer und Leere. Es hat lange gedauert, bis ich wieder auf die Beine kam. Heute - 13 Jahre später - habe ich Abstand zu dem Ereignis bekommen, aber es hat tiefe Narben hinterlassen. Als ich deinen Beitrag las, fühlte ich mich sofort mittendrin in dem damaligen Chaos der Gefühle.

Du wirst irgendwann deine Trauer überwinden, aber es wird dauern nach solchem Erlebnis. Wenn du kannst, lass deine Tränen laufen, schreie deine Wut laut heraus, balle deine Hände zu Fäusten und schlage sie in Kissen..... damit du nicht an der Verzweiflung zerbrichst. Ich wünsche dir viel Kraft und Menschen um dich, die dir helfen, die Last zu tragen.

Alles Gute,
Hertzhaus
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 27.07.2018, 11:48
blindthoughts blindthoughts ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 25.07.2018
Beiträge: 13
Standard AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen

Danke für Eure lieben Antworten.

Wir hatten 16 Monate Zeit, die wir intensiv genutzt haben. Ich habe viele Gelgenheiten genutzt um ihn und uns eine schöne Zeit zu machen. Trotzdem waren es 16 Monate voller Angst. Alle 6 Wochen musste er zum MRT.. und die Angst, dass ein Rezidiv auftreten könnte, war der ständige Begleiter.

Meine Familie und ich haben alles zum Thema Glioblastom gelesen, Betroffene, besonders Langzeitüberlebende kontaktiert, Spezialisten kontaktiert, wir haben alles versucht. Aber diese Krankheit ist so grausam und von heute auf morgen war mein Onkel halbseitig gelähmt, sprach nicht mehr etc. Die letzten vier Wochen lag er nur noch Zuhause im Bett und schlief unter einer Höchstdosis Morphium. Einen Abschied gab es somit nicht mehr wirklich. Ich saß an seinem Bett, hielt seine Hand und streichelte seine Haut.. ich wollte einfach da sein. Aber reden konnten wir nicht mehr, er konnte mich nichtmal mehr ansehen.

Diese Krankheit ist, wie ihr ebenfalls schon geschrieben habt, so grausam, so unberrechenbar und so aussichtslos. Trotzdem möchte ich es irgendwie schaffen, die schöne Zeit mit ihm in den Fokus zu stellen und mich an den Erinnerungen erfreuen statt an diesem riesigen Verlust kaputt zu gehen.

Aber es ist so schwer, nicht nur mein Leid, was mich täglich weinend zusammenbrechen lässt. Besonders das meiner Mutter (seiner Schwester) und seinen Eltern (meinem Opa und meiner Oma). Sie leiden zu sehen tut unendlich weh.

Meine Freunde können schlecht damit umgehen.. es ist ja „nur“ der Onkel.. und man hätte ja so lange gewusst, das er krank sei.. sie verstehen es nicht ..

Deswegen bin ich hier und freue mich umso mehr über Eure Antworten!

Geändert von blindthoughts (27.07.2018 um 11:51 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 27.07.2018, 14:49
Benutzerbild von Hertzhaus
Hertzhaus Hertzhaus ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.07.2014
Beiträge: 65
Standard AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen

Hallo blindthoughts,

und wieder habe ich ein Déjà-vu Erlebnis. Unglaublich, wie sich alles wiederholen kann...

Wie du, haben wir alles gelesen, recherchiert und probiert, was uns möglich war. Die Hoffnung stirbt ja bekanntermaßen immer zuletzt, zumal mein Schwager uns bis dahin kernig gesund zu sein schien, sportlich aktiv und athletisch war. Angesichts des rasanten Verfalls, der epileptischen Anfälle und neurologischen Ausfälle bei meinem Schwager wurden wir jedoch hilfloser und verzweifelten zunehmend. Die Zeit raste davon und ran wie Sand durch unsere Hände... der Tod war nicht aufzuhalten, aber WIR WOLLTEN IHN NICHT ZULASSEN!!! Das war bis dahin eine der schlimmsten Erfahrungen meines Lebens. Wie bei dir reagierten Freunde und Kollegen nach seinem Tod auf meine tiefe Trauer mit geringem Verständnis. " Mein Gott, es war doch NUR der Schwager"... Sowas kann nur sagen, wer niemals einen gesunden Menschen in kürzester Zeit an eine so grausame Krankheit verloren geben musste. Ich habe natürlich auch wegen meiner verzweifelten Zwillingsschwester, seiner Ehefrau, so gelitten.

Ganz wichtig scheint mir zu sein, was du anstrebst, nämlich für euch die gute Zeit, die ihr der Krankheit abtrotzen konntet, in positiver Erinnerung zu behalten. Es klingt profan, aber nur wer erleben musste, was wir erlebt haben, weiß den Wert einzelner schöner Momente am Lebensende wirklich zu schätzen. Und das gibt uns Trost. Mir bis heute.

Viele Grüße,
Hertzhaus

Geändert von Hertzhaus (27.07.2018 um 15:09 Uhr)
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 02.08.2018, 07:28
blindthoughts blindthoughts ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 25.07.2018
Beiträge: 13
Standard AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen

Hallo,

ein einhalb Wochen ohne meinen Onkel liegen hinter mir. Gestern war die Beerdigung. Es war alles so traurig: ihn zu Grabe zu tragen, die Rede, die Beileidswünsche, das war alles so unwirklich. Das passt doch gar nicht zusammen. Der Tod und mein über alles geliebter Onkel.. das passt doch nicht..
Gestern fühlte ich mich den ganzen Tag nur leer, wie ausgehöhlt und der Schmerz meiner Familie hallt doppelt und dreifach in mir nach..
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 02.08.2018, 08:01
Clea Clea ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 560
Standard AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen

Diese Leere hatte, habe ich auch. Sie schafft es bis heute, anderthalb Jahre später, den schönen Sonnenschein, der hier herrscht, zu verdunkeln.
Ich habe gelernt, mit ihr klar zu kommen. Irgendwie.
Nach der Beerdigung war es besonders schlimm. Die Termine um alles zu regeln sind erstmal vorbei. Dieses Loch aus Nichtstun ist riesengroß.
__________________
Meine Ma
17.9.1957-19.2.2017, 59 Jahre, Lungenkrebs mit Hirnmetastasen
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 15.08.2018, 19:34
blindthoughts blindthoughts ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 25.07.2018
Beiträge: 13
Standard AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen

Dein Tod ist nun drei Wochen her, deine Beerdigung zwei Wochen.

In der letzten Woche war ich im Urlaub, er war schon so lange geplant und ich wollte raus..

Aber du hast mich begleitet. Bei jedem Sonnenuntergang habe ich weinen müssen. In diesen Momenten habe ich mich dir so nah gefühlt. Das Meer war immer etwas, was uns verbunden hat, und ich war so traurig, dir dieses Mal keine Bilder schicken zu können. Ich kann gar nichts mehr mit dir teilen, obwohl ich so oft möchte..

Du fehlst uns so sehr. Es ist so ungerecht.

Ich hoffe ich finde bald einen Weg, nur noch freudig an dich zurückzudenken, ohne jedes Mal weinend zusammenzubrechen..
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 16.08.2018, 12:58
Däumling Däumling ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 01.01.2018
Beiträge: 100
Standard AW: Du wirst mir an jedem Tag den ich lebe, fehlen

Hallo,
mein Beileid zum Verlust deines Patenonkels.
Am Ende spielt es doch keine Rolle ob es „nur“ der Onkel war. Wenn man einen Menschen von Herzen liebt, ist es auch egal ob man verwandt ist oder nicht.

Ich habe im januar meinen Papa nach 4,5 Monaten Kampf verloren.
Ich habe versucht es zu akzeptieren ab dem Moment wo klar war, dass sie ihm nicht mehr helfen können. Er hat in seinem Leben soviel Leid ertragen müssen, dass ich mir eingeredet habe, das es „ok“ ist, wenn er gehen darf.
Jetzt, knapp 7 Monate später begleiten mich täglich Bilder. Mein starker Papa, unverwüstlich. So war er bis Oktober 17. zu sehen, wie er zerfiel hat mir so weh getan. Diese Bilder verfolgen mich. Ich hoffe sie werden bald gegen schöne Erinnerungen ausgetauscht.

Ich wünsche dir viel Kraft für die kommende schwere Zeit und auch, dass es Momente gibt in denen du lächeln kannst statt zu weinen wenn du an ihn denkst
__________________
Alles Liebe
Däumling
———————
Geliebter Papa 21.11.1956-26.01.2018
Mein tapferer Kämpfer, mein Held, mein Herz.
———————
Papa: SPRK Diagnose 09/17, OP 10/17, Bestrahlung ab 12/17, Rezidiv wuchert ins Bronchialsystem Ende Dez 17
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 07:16 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55