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Alt 19.12.2007, 14:39
tristesse tristesse ist offline
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Standard Mein Vater!

ist am 30. April 2005 gestorben.
Er war seit Jahren krank.Herzschwäche, Diabetes,copd,dann ein Wasserkopf,was beim Erwachsenen dazu führt ,dass das Gehirn zusammengedrückt wird.Nichts funktionierte mehr,sein Kopf gab, wie er sagte, die Befehle einfach nicht mehr weiter.Er konnte nicht mehr laufen ,nicht mehr pillern,hatte Wutanfälle und weinte und weinte.....
Meine Mutter konnte ihn nicht mehr versorgen.er rief mich an und sagte:hol uns hier weg, Mutter schafft es nicht mehr.Naturlich habe ich die zwei am selben Tag zu mir geholt.Einige Tage darauf bekam er starke Schmerzen im rechten Bein,-Thrombose. Dann ,wieder ein paar Tage später ,es war Sonntag mittag, der erste Advent 2004, bekam er urplötzlich hohes Fieber,konnte nicht mal mehr sein Wasserglas halten,-Notfalleinweisung ins KKH. Der behandelnde Arzt informierte mich, die Radiologen meinten etwas an seiner Lunge gesehen zu haben. Drei Tage später wurde er nach Hause entlassen.Auf Nachfrage erklärte mir der Arzt,das an der Lunge sei nur eine alte Narbe....
Am17. Dezember brachte ich meinen Vater nach Bielefeld ins Krankenhaus Gilead, Er sollte an seinem Wasserkopf operiert werden,man wollte einen Drain legen um die überschüssige Flüssigkeit aus seinem Gehirn abzuleiten.
Am nächsten Tag kam ein Anruf aus der Klinik,-bei den Voruntersuchungen habe man einen 3 mal 4 Zentimeter großen Tumor in der Lunge festgestellt....Nun erst mal wurde er operiert (Drain), nachdem er wach war, konnte er sofort wieder laufen, erwar natürlich überglücklich,- dann kam jedoch der Hammer ,der Tumor war bösartig und aufgrund seiner Lage und seines körperlichen Gesamtzustandes nicht operabel. Mein Vater wurde heimatnah ins KKH Lemgo verlegt und auf die Chemo und die Strahlentherapie vorbereitet.Er wollte auf keinen Fall im KKH bleiben,hat geweint, geschimpft und ging vor Heimweh fast kaputt obwohl ich wirklich jeden Tag bei ihm war und zu jeder Untersuchung und jedem Arztgespräch anwesend war. Er wollte auch absolut nicht vom Pflegepersonal versorgt werden, wenn er klein oder groß mußte, hat er angehalten bis ich kam,wenn er gewaschen oder umgezogen werden mußte dasselbe.Er hörte auch den Ärzten nicht zu, wenn sie mit ihm über seinen Krankheitsverlauf sprachen, er wartete, bis sie gegangen waren und fragte dann, was die Ärzte denn gemeint hätten.Da er die Chemo und auch die Strahlen gut vertrug , kamen wir Anfang Januar überein, die weitere Therapie ambulant zu machen und ich holte ihn nach Hause. Zum Glück war im Parterre unseres Hauses eine Wohnung frei geworden, so das meine Eltern hier einziehen konnten und ich meinen Vater trotzdem versorgen konnte,was auch unabdingbar war, denn seltsamerweise durfte auch meine Mutter ihn kaum noch anfassen. Er war nicht böse oder egoistisch, er hatte Angst und dachte, die "anderen "könnten etwas falsch mit ihm machen oder ihn hinfallen lassen.Also war ich fast rund um die Uhr bei ihm. Möglich war das weil ich allein lebe und meine Kinder erwachsen sind. Meine Arbeit, ich war selbstständig, mußte ich aufgeben.Wir sind dann bis Ende März 2005fast jeden Werktag zur Chemo und Bestrahlung gefahren. Dann sollte eigentlich ein Re-Staging stattfinden.( Hatte man ihm ,für mich heute noch unverständlich,versprochen,vor allen Dingen, weil man ihm auch eine OP in Aussicht gestellt hatte.)Er hat sich dann so auf diese OP und eine vollständige Heilung fixiert, das ich meinen Mund gehalten habe, obwohl mir einer der Äezte in der onkologischen Ambulanz den er nach dem Termin zum Re-Staging gefragt hatte,gesagt hatte, das für meinen Vater keine Hoffnung mehr bestünde.Was hätte ich ihm auch sagen sollen?Was der Arzt mir gesagt hat? "der erste Zyklus der Chemo hilft ,der zweite vielleicht auch noch, der dritte hilft nicht mehr und zum vierten kommt es nicht mehr."Dieser Arzt hat mir im übrigen sehr geholfen.Ich wußte, das mein Vater wohl aller Voraussicht nach zu Hause sterben würde und hatte Angst vor dem was da wohl auf mich zukommen könnte.Er hat mir ganz klar gesagt,das es entweder ein Herzversagen oder einen Gewebeeinbruch oder ein Ersticken geben würde. Herzversagen wäre wohl die gnädigste Option gewesen ,denke ich, vor einem Gewebeeinbruch, sprich Blutsturz hatte ich "tierischen Schiß" auf deutsch gesagt, weil ich dachte, das kriegt mein Vater doch voll mit....., ersticken ,dachte ich ,wird auch entsetzlich.....Ich hatte jedenfalls Zeit mich an den Gedanken zu gewöhnen ,das das Ende für meinen Vater schrecklich kommen könnte....
Diese Zeit war für mich ganz schwer,ich habe vier Geschwister und mit jedem einzelnen meiner Geschwister hat mein Vater sich besser verstanden wie mit mir.Ich habe immer wieder mit meinen Schwestern und mit meinem Bruder gesprochen,habe ihnen gesagt"Papa stirbt, ihr könnt die Zeit nie mehr nachholen wenn ihr jetzt nicht kommt und ihn besucht"(das sie mich auch mit der Pflege entlasten könnten habe ich gar nicht zu sagen gewagt, weil er ja keinen an sich dran ließ)-meine älteste Schwester kam ein einziges Mal für eine Stunde vorbei,meinte dann zu mir, sie mache sich gar keine Sorgen um Papa, ich solle doch mal lieber auf Mutti aufpassen, die sähe doch viel schlechter aus. die zweitälteste Schwester kam gar nicht(lebt in der Türkei).meinen Bruder der im Nebenhaus wohnt,hatte ich gefragt,wenn es Nachts mit Papa schlimm würde, ob ich ihn dann wecken dürfe, durfte ich aber nicht,er meinte, er könne mir sowieso nicht helfen und er würde die Bilder nicht wieder aus dem Kopf kriegen wenn er "sowas sehen würde. Meine jüngere Schwester,immer Papas ein und alles, lebt in Holland ,sie hat es erst am Tage seines Todes geschafft zu kommen...
Am 14. April hatte Papa seine letzte Chemo,ab dem 16.April war er auf Schlag so schwach das er nichts mehr essen konnte.Er trank ab und zu noch ein Schlückchen Milch.Am27. April hat er das weiche aus einem Stückchen Käse-Sahne_Torte gegessen, dann wieder nichts mehr und dann am 29. April ließen sich seine Schmerzen nicht mehr beherrschen.Er hat gejammert und literweise geschwitzt .Endlich kam auch meine kleine Schwester aus Holland.Er hat sie noch erkannt .Ich hatte in der vorangegangenen Nacht nicht geschlafen weil er so starke Schmerzen hatte und war dann den ganzen Tag bei ihm gewesen-abends um sieben konnte ich einfach nicht mehr, bin dann zu mir nach Hause gegangen und habe bis kurz vor Mitternacht geschlafen. Als ich dann wieder zu meinem Vater rüber kam,schrie er vor Schmerzen .Ich habe ihm noch ein weiteres Fentanylpflaster aufgeklebt und ihm Melperonsaft gegeben.Er hatte zuvor mäßiges Fieber gehabt,das war jetzt runter. Meine Schwester und meine Mutter waren ko und gingen ins Bett ,ich blieb bei ihm und versuchte ihn ein bißchen zu beruhigen.Ging nicht. Seine Arme zitterten und verkrampften sich,sein Bauch tat ihm so weh und sein rechtes Bein auch. Immer wieder schrie er"oh wei wei wei" Dann meinte er "ich muß denn gleich mal pillern" ich sagte "piller man ruhig Papa, die Flasche liegt zwischen deinen Beinen". Dann um halb zwei konnte er nicht mehr atmen, er versuchte Luft zu holen ,die ging aber nur bis zum Hals und weiter nicht,Erhat mich angesehen und ich sah das er wußte was jetzt mit ihm passiert-es war so ein ruhiger, zutiefst verzweifelter wissender Blick -ich stand neben ihm. eine Hand auf seinem Bauch die andere Hand in seiner Hand und ich habe in meinem Kopf das "Vater Unser "geschrien-immer wieder zwischendurch"lieber Gott mach das er aufhört zu atmen ,er soll mich nicht so angucken ,er soll bewußtlos werden.-dann kam ein Schwall gelbe Flüssigkeit aus seinem Mund und er atmete nicht mehr.12 Minuten von dem Moment an wo er keine Luft mehr bekam.12 Minuten!!!
Ich habe dann noch mal sieben Minuten gewartet und dann war ich mir sicher, das er tot war.Ich bin seit zweieinhalb Jahren traurig aber ich kann nicht trauern.Seit seinem Tod lebt meine Mutter bei mir, sie ist gleich nach seinem Tod an einem Lungenemphysem erkrankt und hängt am Sauerstoffkonzentrator. Ich will mich nicht gehen lassen, wenn ich einmal anfange zu weinen, schreie ich mich um den Verstand.In der Zwischenzeit habe ich meine Pflegeoma auch bei mir zu Hause bis zur letzten Minute gepflegt, sie hatte ebenfalls Lungenkrebs und ist im Juni diesen Jahres in meinem Schlafzimmer anKreislaufversagen gestorben....

Geändert von tristesse (01.01.2008 um 08:54 Uhr) Grund: Fehler
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