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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hospiz und sanfter Tod


13.05.2002, 10:38
Hallo, möchte allen Betroffenen meinen Eindruck eines Hospizes schildern. Meine Mutter und ich besuchten vor 10 Tagen eines in Wiesbaden um meinen Vater aufnehmen zu lassen. Es war einfach nur gut, diese Atmosphäre zu fühlen. Die Räumlichkeiten und das Personal machten einen absolut überzeugten Eindruck von ihrer Aufgabe, der Tod wurde benannt und nicht verschwiegen. Angehörige werden integriert und können ganz persönlich und privat teilnehmen.

Mein Vater (Leberkrebs) hat diesen Platz nicht mehr in Anspruch genommen. Sein Zustand verschlechterte sich dramatisch innerhalb weniger Stunden, er bekam abends Morphium, fiel in tiefen Schlaf und am Morgen des Vatertages (...!)schlief er in den Armen von meiner Mutter und mir sanft ein. Es war eine lange Nacht, wir haben ihn die ganze Zeit angesprochen, ihn berührt und Musik vorgespielt. Ich bin sicher, er hat gespürt, daß er nicht allein war. Die Angst vor dem Tod hat mir sein Tod genommen. Denn in seinem Fall war es die Erlösung von einem kollabierenden Körper.
Ich wünsche allen Betroffenen die Kraft und die Möglichkeit, niemanden allein sterben lassen zu müssen. Das Hinüberbegleiten meines Vagters macht es nun etwas einfacher für mich, die Trauer zu beginnen.
Niemals die Liebe aufgeben!
Tim

13.05.2002, 12:08
Hallo Tim,
meine Freundin starb in einem Hospiz in Hannover.Sie war dort 3 Monate, fühlte sich total wohl und fand dort ihren inneren Frieden. Das Personal war unglaublich lieb und bemüht, auch mit den Angehörigen, die jederzeit gern gesehen waren und genauso lieb umsorgt wurden. Ihr Zimmer durfte sie sich einrichten wie es ihr gefiel.Wünsche wurden erfüllt und alles was machbar war, um ihr die Schmerzen zu nehmen, wurde getan. Sie war bis zum Schluss nicht allein und vor dem Sterben hatte sie keine Angst mehr.
Meine Freundin wollte von sich aus hin und konnte sich ganz in Ruhe auf das Sterben vorbereiten.
Ich denke es sind hervorragende Alternativen, wenn es unmöglich ist, jemanden bis zuletzt zu Hause zu lassen.

Auch ich bin sicher, dass dein Vater gespürt hat, dass ihr bei ihm gewesen seid. Dir und Deiner Ma ganz viel Kraft.
Li

13.05.2002, 12:50
Hi Li,
danke für deine Worte. Einen Sterbenden zu hause zu begleiten ist nicht immer möglich, zur seelischen kommt dann auch noch die kräftemäßige Belastung.
Wir haben anstatt Blumenspenden um Spenden auf das Konto des Hospizes gebeten, obwohl er selbst dort nicht mehr war. Mein Respekt für das Personal und auch die Ehrenamtlichen.
Der Tod meines Vaters hat mir ganz viel Kraft und Ruhe gegeben. Die Bilder der Nacht kommen immer wieder, aber ich habe vor ihnen keine Angst. Ich weiss, daß auch in diesem traurigen Moment des Verlustes, so viel Menschlichkeit und Zuneigung wie meiner Mutter und mir möglich, auf ihn übergegangen ist. Und dabei bin ich nicht kirchlich orientiert...;-).
Kraft für alle, der Tod ist ein Sieg über den Krebs...Oder ist das nur pathetisch?
Gruss,
Tim

21.05.2002, 12:51
Hallo Tim,

" der Tod Ist ein Sieg über den Krebs "

Wenn Dir diese EInstellung hilft, ist Dein Gedanke natürlich OK.
Ich persönlich sehe das anders.
Der Krebs brachte ja den Tod. Den dadurch verursachten Tod, kann ich nicht als Sieg sehen.Im Gegenteil- der Krebs hat mal wieder gesiegt.
Für mich ist jede kleine Besserung, ein kleiner Sieg über die Krankheit und somit ein kleiner Schritt weg, von dem Tod.

Und wenn dann doch das Ende naht, sind wnigstens kleine Siege dagewesen. Jeder Tag wo man wenigsten einmal gelacht hat, einmal was schönes erlebt hat, einmal nicht an diese Krankheit dachte, sich nicht gedanklich davon gefangen lassen genommen hat, jemanden an seiner Seite hat der einem ein wenig ablenkt, neue Freunde gewinnt usw. das sind für mich Siege über den Krebs.

Mit der Spende für das Hospiz,nobwohl Dein Pa dprt nicht war, finde ich eine schöne Idee.

Liebe Grüße
Li

23.05.2002, 11:57
Hallo Tim,
habe deinen Beitrag zufällig gelesen. Deine souveräne Art mit dem Tod deines Vaters umzugehen finde ich erstaunlich, aber auch beeindruckend - auch wenn ich deiner Aussage bzgl. "Tod und Sieg" nicht zustimmen kann.
Auch bei meinem Vater wurde im Sept. 2000 (Darm)Krebs im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Ich hatte mich auch über Hospize etc. informiert und fand den Gedanken, dort eventuell Hilfe zu finden sehr beruhigend. Aber es kam (leider?) nicht mehr dazu - mein Vater starb schon im Dezember 2002 an einem Herzinfarkt! Sein Tod kam zu diesem Zeitpunkt für uns völlig überraschend, wir hatten keinen Chance, von ihm Abschied zu nehmen. Er war ausgerechnet an diesem Tag zur Chemotherapie im Krankenhaus, ist dort in der Nacht im Bad zusammengebrochen und wurde erst Stunden später gefunden. Die Vorstellung, daß er auf diese Weise und alleine sterben mußte, hat mich lange beschäftigt und tut es eigentlich immer noch. Inzwischen kann ich es jedoch einigermaßen akzeptieren und sehe auch, daß ihm durch diesen schnellen Tod vermutlich viel Leid erspart wurde. Trotzdem denke ich, daß die Trauerarbeit schwieriger ist, wenn man nicht bewußt Abschied nehmen konnte.
Dir alles Gute!
Petra

23.05.2002, 12:40
Hallo Petra,
danke für deine Antwort. Kann man mit dem Tod eines vertrauten Menschen "souverän" umgehen? Weiß nicht, ich habe nur versucht, aktiv und bewußt mit dem Sterben meines Vaters umzugehen. Die Diagnose 'unheilbarer Krebs' hat mich damals sehr aus der Bahn geworfen. Dann realisierte ich, daß ich aktiv wirken muss, um das auf die Reihe zu bringen. War wann immer möglich im Krankenhaus und habe ihn gepflegt etc. In seinem Fall stimmt der "Sieg", er hatte keine Chance mehr. Die Trauer bleibt und wird mich weiter begleiten. Aber das Sterben an sich war in diesem Fall eine Erfahrung, aus der ich viel Kraft für mich selbst und auch in der Bewältigung des Verlust gewonnen habe.
Es tut mir sehr leid, wie dein Vater gestorben ist! Ich kann mir gut vorstellen, welche Gedanken dich beschäftigen....
Ich wünsche dir klare Gedanken und die Gewißheit, daß dein Vater von sich aus in Gedanken wohl bei euch war...
Tim

24.05.2002, 10:39
Hallo Tim,
mit einer so schnellen Antwort hatte ich nicht gerechnet, vielen Dank. Souverän war vielleicht nicht ganz das richtige Wort - es klang nur alles so vernünftig, was du geschrieben hast, und das, obwohl der Tod deines Vaters ja erst wenige Tage zurückliegt. Bei mir war es eher so, daß in den ersten Tagen keinen klaren Gedanken fassen konnte. Erst jetzt, fast eineinhalb Jahre danach, habe ich so langsam das Gefühl, mit wieder mit dem Thema auseinandersetzen zu können.
Trotzdem hat es mich natürlich die ganze Zeit beschäftigt; es ist tatsächlich so, daß seit seinem Tod kein einziger Tag vergangen ist, an dem ich nicht in irgendeiner Form an ihn gedacht hätte. Die Gedanken haben sich im Laufe der Zeit verändert. Zuerst war es wohl hauptsächlich der eigene Schmerz und die Frage, wie werde ich/meine Mutter mit dem Verlust fertig. Inzwischen überwiegt die Traurigkeit darüber, daß meinem Vater nicht noch ein paar schöne Jahre vergönnt waren - er war 61.
Mein Hauptproblem liegt aber, denke ich, nach wie vor darin, daß ein Abschied nicht stattgefunden hat. Wir hatten zwar in den Wochen nach der Diagnose wesentlich intensiveren Kontakt als in den Jahren zuvor. Trotzdem - und das bedauere ich im nachhinein - haben wir in dieser Zeit kaum wirklich über seine Krankheit und die Gedanken, die ihn sicher beschäftigt haben, gesprochen. Irgendwie waren wir wohl alle mit der Situation überfordert und keinem war bewußt, wie wenig Zeit uns noch bleiben würde. Mein Vater war in diesen drei Monaten trotz allem immer sehr gefaßt und hat es uns eigentlich leicht gemacht, das wurde mir erst im nachhinein bewußt. Als er starb, hatte man gerade erst mit der Chemotherapie begonnen, und obwohl er wußte, daß ihm dies auch bei optimaler Wirkung nur maximal zwei Jahrr Lebenszeit bringen würde, war er noch optimistisch und hat sogar noch versucht, uns Mut zu machen. Er hatte auch wieder ein paar Kilo zugenommen und auch sonst nach den diversen Operationen wieder etwas zu Kräften gekommen - ich werde nie vergesen, wie er sich gefreut hat, als er wieder alleine die Treppe in den ersten Stock hochgehen konnte. Somit mußten wir nicht seinen völligen Verfall miterleben und er wird mir so "wie er immer war" in Erinnerung bleiben.
Mit etwas Abstand kann ich inzwischen wohl auch sagen, daß mich diese Erfahrung, die ja letztlich auf jeden mal zukommt, (positiv) verändert hat. Man sieht alles mit etwas anderen Augen, nimmt manches nicht mehr so wichtig, anderes dafür umso wichtiger.
Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft, auch für "schlimme" Momente, die sich nach einem solchen Erlebnis immer mal wieder einstellen - manchmal völlig unerwartet (zumindest ging und geht es mir so).
Petra

31.05.2002, 11:03
Hallo Petra!

Was du über deinen Vater schreibst erinnert mich sehr an meinen eigenen Vater. Er weiß seit 3 Tagen, dass er ein Pankreas-Ca hat (ich habe heute unter " Sie will dass ich gehe" geschrieben).

Auch wir können mit ihm über seine Krankheit und seine Gedanken nicht sprechen - er möchte es nicht. Er will auch gar nicht so oft im Krankenhaus besucht werden, denn er sagt, es ginge ihm ja ohnehin gut.
Doch wir haben das Gefühl uns läuft die Zeit davon.

Es tut mir sehr leid für dich, dass du nicht mehr richtig Abschied nehmen konntest.
Liebe Grüsse
Afra

25.03.2003, 19:14
Hallo,
hier wurde schon lange nichts mehr geschrieben, aber vielleicht habe ich ja doch Glück mit meiner Frage:

Wir suchen für meinen Dad ein Hospiz im Raum Hamburg bzw. Buchholz i.d. Nordheide.
Innerhalb der letzten Wochen hat mein Vater so abgebaut, er ist nun seit fast 2 Wochen wieder im Krankenhaus. Er wird bald sterben müssen, denke ich.
Doch wir können mit ihm nicht darüber sprechen. Und ich glaube, ihn macht der Gedanke verrückt.
Obwohl er schwer atmen kann, durch das Morphium sehr "benebelt" ist, wird er immer aggressiver, will sich die Zugänge rausreißen und ist völlig ungerecht zu meiner Mutter.
Wir würden ihn so gerne würdevoll sterben lassen, nicht in einem Krankenhaus. Vielleicht ist dort auch jemand, mit dem er über seine Ängste sprechen kann und Menschen, die mehr auf ihn eingehen können, als wir.
Aufgrund seiner Aggressivität ist es nicht so ratsam, ihn nach Hause zu holen. Miene Mutter kann ja nicht jede Sekunde auf ihn achten.

Kann mir vielleicht jemand helfen. Kennt jemand ein Hospiz, dass er empfehlen kann??

Eure sunniee

26.03.2003, 09:14
Hi sunniee,
stimmt, die Überlegung macht Sinn, zu hause wäre es für niemanden machbar oder erträglich. Diese letzte Zeit verlangt einem dermaßen viel ab, mental und emotional und auch physisch, daß man sich die Unterstützung von den Hospizleuten holen sollte. Dort spürt man eine sehr warme Grundstimmung und man fühlt sich nicht nur als Sterbender sondern auch als Angehöriger sicher aufgehoben.
Leider kenne ich keine Hospize in eurer Gegend, suche doch mal über die Dt. Hospizbewegung. Viel Glück und viel Kraft!!
Tim

26.03.2003, 10:26
Ich kenne das Hospiz nicht, aber es stellt sich im Internet vor. Wenn es voll ist, können die aber sicher sagen, welche Alternativen es in Hamburg noch gibt. Manche Krankenhäuser haben eine palliativ-Station, das ist so ähnlich wie ein Hospiz.

http://www.hospiz-sinus.de/
gruß
anna

26.03.2003, 20:30
Es gibt einige Hospize in und um Hamburg:

St. Marianus Hospiz in Bardowick bei Lüneburg: http://www.marianus.de/
HAMBURGER HOSPIZ im Helenenstift: http://www.hamburger-hospiz.de/
Hamburg Leuchtfeuer Hospiz: http://www.hamburg-leuchtfeuer.de/
Hospiz Sinus: http://www.hospiz-sinus.de/

Unter http://www.hospizlink.de/ findet man eine umfangreiche Linksammlung zu Hospizen und Palliativstationen (z. B. Krankenhaus Barmbek und Rissen).

Viel Erfolg
Frank

26.03.2003, 20:59
Hallo Ihr,
vielen,vielen Dank für die schnelle Hilfe.
Das ist wirklich lieb von Euch.

Ich werde mir gleich alles mal ansehen,
Eure sunniee

08.08.2003, 22:52
Hallo Ihr Lieben,

auch wenn ich Euch allen wohl leider nicht mehr helfen kann....meine Mutter hat ihre letzten Monate im Hamburger Leuchtfeuer-Hospiz (Link s.o.) verbracht - und meine familie und ich waren wirklich sehr froh darüber sie in sehr sehr guten Händen zu wissen.

Wenn Ihr mehr wissen möchtet, einfach antworten - ich melde mich dann auf jeden Fall!

Alles Gute

Claudia