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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hilflose Helferin


29.07.2002, 01:34
Hallo Ihr alle!
Ich bin gar keine richtige Angehörige, hoffe aber, daß ich von Euch Hilfe und Unterstützung bekommen kann für die Zeit, die vor mir liegt.
Ich arbeite in einer Behinderteneinrichtung und arbeite seit 2 Monaten mit einer Frau zusammen, die sterben wird. Nach einer beidseitigen Brustamputation nach der Diagnose Brustkrebs, sind im letzten Dezember Metastasen in der Wirbelsäule festgestellt worden, die nicht mehr zu behandeln sind. Da die Frau keine Angehörigen hat, die für sie da sein werden, sind die WohnguppenmitarbeiterInnen und ich die einzigen Menschen, die versuchen werden, ihr einen würdevollen Tod zu ermöglichen. Im Moment geht es ihr gut. Der Schwerpunkt in der Arbeit mit ihr liegt im Moment darin, ihr möglichst viele schöne Stunden zu bereiten. Aber ich habe Angst vor der Zeit, die kommt. Habe Angst, daß ich aus Unwissenheit Fehler mache, die ihr das Leben nicht erleichtern, sondern schwerer machen. Sie soll so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung sein, aber ich weiß nicht, wo ich im Raum Kaltenkirchen (50 km hinter Hamburg) Menschen finde, die uns dabei unterstützen, d.h. die dafür sorgen, daß J. nicht leidet.
Ich bin dankbar für jeden Hinweis und jede Unterstützung und verbleibe bis dahin mit lieben Grüßen
Kado

29.07.2002, 09:20
Hi Kado,
ganz ehrlich: Wenn Du schon mit sterbenskranken Menschen zusammen arbeiten musst, ... solltest Du da vorher nicht die entsprechende Ausbildung dafür bekommen?

Das macht mich, als Selbstbetroffene, jetzt doch ein bisschen stutzig!

Liebe Grüsse
von Brigitte

29.07.2002, 12:52
Hallo lieber Kado,

ich finde es sehr schön das du dich so rührend um diese Frau kümmerst.
Wenn ihr Gesundheitszustand sehr viel schlechter wird fände ich es das beste wenn ihr sie in ein Hospiz bringt. Dort kennen sich die Mitarbeiter genaustens aus und haben das notwendige Wissen was man in manchen Situationen umbedingt braucht.

Du kannst sie ja dort auch oft besuchen kommen. Wenn sie allerdings nicht dorthin möchte dann frag halt hier im Forum wie du mit den Problemen, die auftreten umgehen kannst.

Leider wohne ich sehr weit weg sonst hätte ich euch gerne geholfen.

Ich finde es toll das du so nach ihr schaust. Sind also doch nicht alle Menschen so schlecht.

Ich wünsche euch alles Gute.

Liebe Grüße von Tina

tina-grog@gmx.de

29.07.2002, 12:52
Hallo Kado,

in neumünster gibt es eine Hospizbewegung, die begleiten die sterbenden Menschen zuhause, kommen also zu euch.
Tel: 04321/4917694
Frau Irmgard gillert
ich wünsch dir viel Kraft

Hallo Brigitte,
ist leider nicht so, das man in deutschland unbedingt eine zusätzliche ausbildung erhält im sozialpädagogischen Bereich. Die vollstationären einrichtung sind ja nicht auf "Sterben" eingerichtet, sondern auf das Leben. Viele Behinderte Mitbürger haben in diesen einrichtungen ihr Zuhause und wenn dann eine tödliche Krankheit kommt, werden sie natürlich nicht entlassen, sondern begleitet vom sozialpädagogischen Personal. dies sind meist die einzigen Bezugspersonen. Angehörige haben auch keine Ausbildung in dieser Richtung. Eine entsprechende Ausbildung ist im sozialpädagogiechen Bereich "leider" nicht vorgesehen.

Liebe Grüße

marlies

29.07.2002, 14:48
Hm! Grosse Marktlücke!
Ich frage mich nur, wie oft wir Krebskranken mit "unausgebildeten" Leuten in den Kliniken zu tun haben müssen?
Wenn die Angehörigen ihre Mühe damit haben, ist es verständlich. Aber bitte nicht in Kliniken! Und selbst wenn diese Einrichtungen nicht auf das "Sterben" ausgerichtet sind, (so eine Klinik gibt es nirgends, es sei denn, es ist ein Sterbehospiz!) ... sollte man sich die Frage stellen, ob denn dort die Menschen NIE sterben?
Das ist Wischi-Waschi, also ehrlich!

Kado, mir geht's überhaupt nicht darum, dass ich Dir jetzt nicht helfen wollte, im Gegenteil. Aus Deinen Zeilen kann man ganz deutlich heraus lesen, dass Du dieser Frau helfen möchtest und ganz dringend Hilfe suchst! Das ist ja auch sehr schön, ... jedoch verwirrt mich, als Krebsbetroffene, Deine Situation so ziemlich!
Bist Du Studentin? In Ausbildung? Das wäre noch eine Erklärung. Andererseits müssten dann Deine Vorgesetzten Dich immerhin auf solche Konfrontationen vorbereiten! Kann mir nämlich nicht vorstellen, dass alle Behinderten dort unsterblich sind, hm? Und Krebsfälle hat es bestimmt auch schon gegeben!
Wie ist denn das? Wenn ich jetzt eine Behinderte bin und bei Euch lande, wissen dort alle, wie sie mit mir umgehen müssen, WEIL ich behindert bin, ... aber wenn ich dann Krebs kriege, bekommen dort alle gleich die Flatter?

Macht nichts. Regt Euch nicht auf, es reicht, wenn ich mich schon darüber aufrege! - Kleiner Denkanstoss einer Krebspatientin, okay?

Also, Kado! In erster Linie können Dir Krebsbetroffene selbst am besten helfen. Weil SIE wissen, wie das ist, mit dem Krebs zu leben, mit diesem Mörder auf der Schulter. Bleibe Du selber, offen und ehrlich ihr gegenüber. Stell Fragen. Frage sie, was SIE möchte. Nur so wirst Du heraus finden, was ihr gut tut und welche Wünsche sie noch hat.
Weiss sie über ihren Gesundheitszustand Bescheid? Eine wichtige Frage! Werden ihr Dinge verheimlicht? Oder wird ihr alles gesagt?
Wenn sie tief "unten" ist, zu nichts mehr fähig und ihre Freude verloren hat, versuche sie mit schönen Dingen, die sie liebt zu locken. Singe ihr Lieder vor, lies ihr aus Büchern vor. Wenn sie hinaus kann, mach Spaziergänge mit ihr. Versuche, das Leben mit Kinderaugen zu sehen, denn genau so lebt sie jetzt in jedem Augenblick (sofern sie über ihr Schicksal Bescheid weiss).

Es gibt so viele Dinge, die Du für sie tun kannst. Aber frage sie danach. Nicht drängend, sondern mitfühlend.
Und denke immer daran: Es ist auch gut möglich, dass es ihr wieder mal besser geht. Schreibe sie deswegen nicht einfach ab. Sie merkt sowas! Hundertprozentig!

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft dazu, Kado.
Ganz liebe Grüsse
von der "krassen" Brigitte

30.07.2002, 07:52
Hallo Brigitte,
ich glaube, wir haben hier ein kleines Mißverständnis, eine Einrichtung für Behinderte, ist hier in deutschland (ich meine gelesen zu haben, daß du in der Schweiz wohnst) eine (meist kleine) Wohngruppe für Menschen mit geistigen oder psychischen Defiziten. Die menschen leben hier, kochen, sehen fern, lieben, arbeiten wie jeder Andere auch, nur eben unterstürzt durch Sozialpädagogen. Körperliche Erkrankungen werden dort nicht behandelt, sondern man geht extern zum Arzt oder eben in eine Klinik. Man kann auch Wohngemeinschaft oder auch "Heim" (blödes wort) statt Einrichtung sagen, aber eben nicht "Klinik". Insofern liegt hier glaub ich in der Begrifflichkeit ein Mißverständniss vor.
In Kliniken hoffe ich doch sehr, daß es zur Ausbildung gehört, Sterbende zu begleiten, weiß es aber ehrlich gesagt garnicht.

Liebe Grüße

Marlies

30.07.2002, 08:57
Hi Marlies,
weiss schon, wie Du's meinst mit dem "Heim".
Trotzdem: Du kannst als Krebspatient offenbar "stecken" wo Du willst, ... Du bist umgeben von "Laien" und "Nichtsahnenden" Menschen. Das ist jetzt vielleicht wieder mal krass ausgedrückt von mir, hat aber sehr viel Wahres.
Sag doch mal ehrlich: Würdest DU Dir wünschen, in so einer Situation, wo Du unheilbar krank bist, von Pflegern umwimmelt zu werden, die keine Ahnung davon haben, WIE sie mit Dir umgehen müssen?
Das passiert Dir auch in stinknormalen Krankenhäusern, ehrlich!

Das ist ja das Dilemma unserer Gesellschaft. Wir sind einfach nicht fähig, mit Schwerkranken und dem Tod umzugehen, weil der Tod für uns ein ewiges Tabuthema bleibt. Also baut man Sterbehospize, wo Menschen sind, die sich darauf spezialisiert haben. Das hat ja irgendwie auch sein Gutes, ja, aber andererseits ... ist dies dann nicht bloss eine reine "Abschieberei"? Die Sterbenden zu den Sterbenden, ... so wie wir es mit den Alten machen: Die Alten zu den Alten!
Du bist in dieser Gesellschaft halt einfach abgeschrieben, wenn Du nicht mehr der "Norm" entsprichst!
Genau so geht's mit den Krebskranken. Die Krebskranken zu den Krebskranken. (Tumorkliniken, hm?) Und von den Menschen, die AIDS haben? Das gleiche!
Wir sollten endlich mal umdenken, und lernen, Krankheit und Tod in unser "gesundes" Leben mit einzubeziehen. Wovor haben wir bloss solche Angst? Ist doch lächerlich!

Das sind nun mal jene Dinge, Marlies (ich bin nicht wütend auf Dich, sondern auf diese Tatsache, gell?), die ich als Betroffene immer wieder sehe und erleben muss. Ich bin nämlich in dieser Gesellschaft nichts wert, wenn ich nicht so funktioniere, wie es von mir erwartet wird. Den Gedanken an den Tod, oder dass ich sterben könnte, wird völlig verdrängt. Man sieht - aus medizinischer Sicht - bloss meinen Körper und den Krebs, ob er weg ist oder nicht - und je nach Körpersituation werde ich demnach bereits in ein "Schema" gedrückt. Wenn ich "gesund" bin, habe ich weiter so zu funktionieren, und wenn ich "krank" bin, ... habe ich gefälligst NICHT zu sterben!
Aber wenn wirklich alles nichts mehr nützt, erst wenn man sieht, dass das Sterben unausweichlich wird, ... dann ist jeder völlig hilflos und weiss gar nicht, wie er damit umgehen muss.
DA ist die Lücke!

Ich finde, jeder, der zumindest einen Pflegeberuf ausübt, sollte diesbezüglich lernen, wie man mit Krankheit und dem Tod umgeht. Aber woher sollen diese es lernen, wenn schon nicht mal die Ärzte, Professoren, Lehrer, Vorgesetzten es wissen?
Die verdrängen dies in der Regel genau so, denn alles ist ja nur immer auf das Leben ausgerichtet und konzentriert. Das ist ja auch gut so, denn das Leben ist Leben, ... aber der Tod und das Sterben gehören genau so dazu!

So, jetzt habe ich wieder mal meinen "krassen" Dampf abgelassen.

Kado? Bitte melde Dich doch noch mal. Ich bin nicht wütend auf Dich, okay?
Stell ruhig Fragen hier. Denn wenn Du keine Fragen stellst, kann ich Dir nicht versuchen zu helfen!

Liebe Grüssli
von der "krassen" Brigitte

30.07.2002, 17:49
Hi Brigitte,
Du hast recht in allem was Du schreibst, krank sein und insbesondere sterben wird in unserer Gesellschaft ausgegrenzt. wie das für die Betroffenen selbst ist kann ich wohl nur knapp erahnen, weiss aber, daß ich niemals abgeschoben werden will, wenn es mich mal treffen wird. Ich finde es mutig und klug "aufzustehen" und super wenn es auf so eine manchmal krasse Art und Weise geschieht, wie du es manchmal tust. Das rüttelt hoffentlich ein wenig auf. Und wenn du Wut auf die Systeme hast, ist das sicherlich mehr als berechtigt.
By the way, finde ich es aber bemerkenswert, wenn jemand sich hier Hilfe holen will um einem kranken Menschen besser helfen zu können. Und da ein sozialpädagogischer Beruf nichts mit "Pflege" zu tun hat, sondern mit den sozialen Belangen der menschen, die körperlich gesund sind, so ist das doch toll oder?. Die meisten "Behinderten, die in Heimen oder Einrichtungen leben, haben gar keine Angehörigen und noch häufiger ist es so, dass sie von ihren angehörigen abgeschoben werden in Heime. Die haben die gleichen Probleme, wie Du glaub mir. Und wenn sie dann noch Krebs kriegen und sich mit dem "Sterben auseinandersetzen sollen, ist es wie ich finde sehr schön, wenn sie dann eben nicht in ein haus zum sterben wieder abgeschoben werden, sondern, wenn da ein paar beherzte Sozialarbeiter sind, die auch bereit sind zu begleiten oder???
Genau da wird der negative Kreis doch durchbrochen, der von dir zu recht angeprangert wird.

Alles Liebe

Marlies

30.07.2002, 19:04
Hallo Kado,

ich finde es schön, dass es Menschen wie Dich gibt, die versuchen, einem krebskranken Menschen so gut wie möglich zu helfen.
Und hier im Forum bist Du genau richtig, um Dir Tipps und Hilfe bei den Menschen zu "holen", die wissen, was es bedeutet krebskrank zu sein.
Ich persönlich kann Dir leider keine Hilfestellung geben, da ich genauso verzweifelt als Angehöriger eines krebskranken Vaters versuche, alles richtig zu machen. Mut machen, zusammen über die Krankheit reden, über die Ängste aber auch über die HOffnung, das allein hilft sicherlich schon sehr.

Liebe Brigitte, ich finde es schade, dass Du auf einen Hilferuf so antwortest. Kado hatte nun wirklich etwas besseres verdient, als als Deletant(in) oder sonstwas bezeichnet zu werden.
Ich weiss von vielen anderen Seiten, auf denen Du Dich gerne in endlosen Texten versuchst, die sicherlich gelegentlich auch hilfreich sind. Und besonderen Wert legst Du auf Deine "krassen" Aussagen. Aber man muss auch wissen, wann es mal nicht passt.

Kado, ich wünsche Dir ganz viel Kraft für Deine Aufgabe.
Liebe Grüsse, sonja

30.07.2002, 22:43
Liebe Brigitte,
ich weiß nicht was du willst, auf der einen Seite regst du dich auf über die schlechte Ausbildung vieler, die ja keine Ahnung haben wie sie mit Sterbenden umgehen sollen und auf der anderen Seite regst du dich darüber auf, das es Leute gibt die sich darauf besonders ausbilden lassen, um in einem Hospiz sterbenden Menschen zu helfen. ?
Was nun? Außerdem kann ich diese endlosen Verallgemeinerungen nicht mehr hören. Die unfähige Gesellschaft, das unfähige Pflegepersonal, die unfähigen Angehörigen. Und da traut sich eine aus dieser nicht mit kranken Menschen zurechtkommenden Gesellschaft helfen zu wollen, und was bekommt sei, eine aufs Dach. Klasse, so ändert sich die "Gesellschaft" bestimmt zum Besseren. So jetzt bin ich meine Wut losgeworden. Lilly
Liebe Kado,
ich finde es ganz toll, das du Hilfe suchst und hoffe für dich, das du auch ein paar wirklich hilfereiche Antworten bekommst, wie die von Marlies. Ich bin leider auch nur so ein "unprofessioneller" Angehöriger und weiß von meinem Paps, wie wichtig es ist dazusein und richtig zuhören zu können. Auch wir versuchen, viele schöne Momente miteinander zu verbringen und ich weiß das er sie sehr genießt. Liebe Grüße Lilly

30.07.2002, 23:03
Erst einmal hallo an alle, die mir bis jetzt geantwortet haben.
Ich bin wirklich freudig überrascht, daß ich so schnell Reaktionen auf meinen Hilferuf erhalten habe. Es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, daß ich auch, wenn es Jenny (so nenne ich sie einfach mal) schlechter geht, nicht alleine dastehen werde. Im Moment geht es ihr gut, sie hat keine körperlichen Beschwerden, aber das kann sich jeden Tag ändern. Im Moment und da möchte ich mich auch ganz speziell an Dich wenden, Brigitte, versuche ich so viele schöne Dinge zu machen, wie es möglich ist.
Um auf die Frage zu antworten, nein, sie weiß noch nichts von ihrem Zustand. Sie ist geistig behindert und ich weiß nicht, ob sie überhaupt in der Lage sein wird, diese Information zu begreifen. Auf der anderen Seite bin ich immer eine ganz strenge Vertreterin der Auffassung gewesen und bin es eigentlich noch, daß man nicht für andere entscheiden sollte, was für sie gut ist und was nicht. Ich weiß nicht, was richtig ist. Bevor Jenny vor 2 Jahren zu uns kam, hat sie ganz fürchterliche Dinge erlebt und ganz langsam beginnt sie das Leben zu genießen, kann lachen und sich freuen. Ist es egoistisch, wenn ich ihr das noch länger erhalten möchte.
Und nun noch einmal zu Dir, Brigitte.
Ich verstehe Deine Wut, aber wieviel Gedanken hast Du Dir über den Tod und den Umgang mit todkranken Menschen gemacht, bevor Du krank geworden bist? Ich denke wie Du, daß der Tod viel zu viel aus unserem alltäglichen Leben gedrängt wird. Es ist wichtig, sich dagegen zu wehren und zu versuchen ihn zu einem Teil von unserem Leben zu machen, was er ja auch ist. Aber die Realität sieht leider anders aus. Meine Haupttätigkeit in der letzten Zeit bestand darin, zu gewährleisten, daß Jenny solange es möglich sein wird, "Zuhause" bleiben kann und dass das nicht eine Kostenfrage wird. Ich habe von meinen Träger die Zusage erhalten, aber das ist nicht selbstverständlich, leider.
Ich werde bestimmt ganz viele Fragen haben, wenn es darum geht, welche Möglichkeiten der Schmerztherapie es gibt und wann es einfach nicht mehr zu verantworten ist, sie nicht in professionellere Hände abzugeben. Ich selber werde aber bestimmt auch Eure Hilfe und Unterstützung brauchen, weil man es nicht lernen kann, professionell mit seinen Gefühlen umzugehen und ich weiß, daß ich an meine Grenzen kommen werde, vor allem, weil ich einen Teil der Verantwortung für Jenny trage, weil sie nicht alleine in der Lage ist, dieses zu tun.

Ich möchte mich bei Euch allen jetzt schon bedanken.
Eine etwas erleichterte
Kado

31.07.2002, 03:40
Hallo, zur späten Nachtstunde!
Ups! Meine krasse Seite wirkt wieder mal hier! Nett, dass Ihr Euch Gedanken darüber macht!
Nehmt's mir bitte nicht übel, wollte niemanden verletzen oder beleidigen hier, ja? Wenn dem so war, so entschuldige ich mich in aller Form.
Okay?

Also erst mal, ich habe eigentlich Kado nie kritisiert, WEIL sie Hilfe hier gesucht hat. Im Gegenteil, habe sogar gesagt, dass das ja schön sei, mich aber lediglich irritiert. Und ich habe sie auch nie als Deletantin oder sowas bezeichnet. Habe bloss kritische Fragen gestellt. Wollte ihr ja helfen, hm?

Sorry bitte, wenn ich immer wieder alles in Frage stelle. Ich bin auch nicht GEGEN Sterbehospize, sondern zeige nur auf, wie schnell man in einer Situation abgeschoben wird. Niemand will gerne abgeschoben werden (Marlies), aber Du WIRST es leider trotzdem. (Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Nein, nicht ins Sterbehospiz, aber manches andere.)
Und die Unfähigkeit der Pfleger, Gesellschaft, der Angehörigen (Lilly) ist kein Vorwurf an den Einzelnen oder an Euch, es ist ein Vorwurf an unser Denken!
Natürlich nützt es nichts was ich sage im Jetzt, im Hier, bei Euch im Augenblick ... (deswegen regt Ihr Euch ja auch noch auf, was ich gar nicht so beabsichtigt habe), ... aber vielleicht nützt es was bei anderen? Manchmal muss man diese Gedanken einfach in den Raum werfen, ... weil sich sonst nie etwas ändert. Ich erwarte hier zwar keine Weltänderung oder sowas (du liebe Zeit!), aber es tut auch mir gut, diese Dinge loszuwerden.
Tja, nein Lilly, nicht IHR hier bekommt eines auf's Dach, ... wir Krebsbetroffene sind es leider immer wieder.

Hi Kado, schön dass Du noch mal schreibst. Du fragst, wie viele Gedanken ich mir über den Tod und die Krankheit VOR meiner eigenen Erkrankung gemacht habe? - Naja, auch nicht so viele! Und daher habe ich den dämlichen Fehler nämlich erkannt!
Ich werde nun also als Krebspatientin im grossen und ganzen rumgeschubst, abgeschoben, belächelt, nicht ernst genommen, und auch vergessen.
Heitere Tatsachen, nicht wahr? Das betrifft Ärzte, Pfleger, Behörden, Angehörige und Freunde. Okay, nicht alle. Ganz wenige sind geblieben. GANZ wenige!
Und das ist völlig NORMAL! Es ist die Realität, da hast Du recht.
Aber ist es wirklich völlig normal? MUSS man immer alles so akzeptieren, nur weil es normal sein soll? Warum sollen sich Krebspatienten genau DA nicht darüber aufregen dürfen? Wir SEHEN und ERLEBEN es doch am eigenen Körper!

Naja, so isses. Ob Jenny sich nun diese Gedanken ebenso macht, bezweifle ich. Du wahrscheinlich auch, gell? Also ist das vermutlich gar kein Thema für sie. Vielleicht ist das sogar eher ihr Glück dabei? Ihr bleibt dann doch zumindest diese quälende "Grübelei" erspart.
Nein, es ist nicht egoistisch von Dir, den Augenblick zu bewahren, wenn sie erst anfängt, ihr Leben zu geniessen, zu Lachen und sich zu freuen. Das ist nämlich das einzige, was zählt! Ob sie nun über ihre Krankheit Bescheid weiss oder nicht.

Ich kann Dir versuchen zu helfen, wie DU damit umgehen kannst, wie Du mit IHR umgehen kannst, ... aber bei Ratschlägen für Schmerztherapien und anderen Behandlungsmethoden muss ich leider passen. Erstens ist es schwierig, hier gute Tips zu geben, weil für jeden Patienten etwas anderes in Frage kommt, ... und zweitens, weil es nicht besonders viele Möglichkeiten gibt. Hier können wirklich nur Ärzte helfen, die Komplementärmedizin, ... oder vielleicht findet man den einen oder anderen Ratschlag hier im Forum oder sonst im Internet.

Also, Gut Nacht zusammen,
und Kado, ... mach Dir keine Sorgen um mich, ich hab das schöne Leben schon im Griff. Oder das Leben hat mich im Griff, ... oder wie auch immer!
Ganz liebe Grüssli
von der "krassen" Brigitte

31.07.2002, 11:53
Liebe Brigitte,
mich würde interessieren, welche schlimmen Erfahrungen Du im Rahmen Deiner Erkrankung in Kliniken gemacht hast, wo Du von Pflegern "umwimmelt wurdest, die keine Anhnung davon hatten, wie sie mit Dir als unheilbar Kranke umgehen sollten". Ich selbst bin Krankenschwester und Ehefrau eines Krebspatienten. Ich habe lange Jahre auch mit Krebspatienten gearbeitet. Mir ist durchaus bekannt, daß es überall Mißstände und schwarze Schafe gibt, leider. Aber Deine absoluten Verallgemeinerungen kann und möchte ich so nicht stehen lassen.
Kado arbeitet in einer Wohngemeinschaft für Behinderte und steht diesen Menschen, die oft keine Angehörigen haben, bei, ein Leben in relativer Selbständigkeit zu führen. Ich ziehe meinen Hut vor Menschen, die diesen Beruf ausüben und mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten versuchen, diesen Menschen ein schönes und lebenswertes Leben zu vermitteln, jedem einzelnen auf seine Bedürfnisse abgestimmt!! Diese Einrichtung hat in erster Linie nichts mit Pflege von totkranken Menschen zu tun. Danach ist die Ausbildung dieses Berufsstandes nicht ausgerichtet. Wie Kado bereits geschrieben hat, werden die Bewohner dieser Einrichtung, die deren Zuhause ist, wie alle anderen Menschen auch von Hausärzten betreut und gegebenenfalls, wenn erfoderlich, in Krankenhäuser eingewiesen. Kados Situation ist also nichts anderes, als die eines normalen Angehörigen, mit dem sie noch nicht einmal verwandt ist!!! Und ich finde es toll, daß sie sich bemüht, ihrer Bewohnerin solange wie möglich ein Leben in ihrer Familie ( nämlich der Behinderteneinrichtung ) möglich zu machen!
Zum Umgang mit Sterbenden oder unheilbar Kranken in Kliniken kann ich Dir sagen, daß Du mit Sicherheit nicht von unfähigen Menschen "umwimmelt" bist. Die meisten in der Pflege arbeitenden Krankenschwestern und -pfleger haben eine mindestens 3jährige Ausbildung hinter sich, häufig auch noch eine daran anschließende mindestens 2jährige Fachausbildung! Sie wissen sehr wohl, wie man mit unheilbar kranken Menschen oder gar mit Sterbenden umgehen muß, denn sie haben die Pflege auch solcher Patienten gelernt! Leider ist die Situation in unseren Krankenhäusern und Kliniken nicht so, wie ein Laie es sich manchmal vorstellt. Der Aufgabenbereich einer Pflegekraft umfasst nicht nur die Pflege unheilbar Kranker oder Sterbender und geht auch über die in der Öffentlich sehr verbreitete Meinung der Kaffee-trinkenden, Tabletten-verteilenden und Töpfchen-schwenkenden Schwester/ Pfleger hinaus! Es stehen umfassende, teilweise schwere Aufgaben in der Pflege an und natürlich auch die psychische Betreuung und Pflege ( und das zusätzlich an mindestens 2 Wochenenden im Monat und vielen Feiertagen, an denen die meisten Menschen zu Hause ihre Füße hochlegen, von den ständig anfallenden Überstunden und Zusatzdiensten mölchte ich hier gar nicht erst reden! ). Die Situation ist leider heute nur so, daß auf einer Station meistenteils "gemischtes Patientengut" vorhanden ist: der sterbende Patient, der chronisch und unheilbare Patient, der Akutpatient , der "Vollpflegefall" und der "Normalpatient". Die Personalsituation ist meistens reichlich bescheiden, denn es gibt immer weniger Menschen, die diesen unter den oben geschilderten Bedingungen ( die finanzielle Seite lasse ich jetzt mal ganz beiseite )sehr "attraktiven" Beruf ausüben möchten! Jeder der oben aufgeführten Patienten hat das Recht auf bestmögliche Betreuung und Pflege, und das Ganze möglichst individuell. Jeder Patient sieht sich natürlich nur allein, hat keine Ahnung vom Pflegeaufwand seiner Mitpatienten und ist natürlich aus seiner Sicht häufig derjenige, der zur Zeit die größten Probleme hat und die meiste Pflege benötigt. Leider ist eine Pflegekraft aber nur mit 2 Beinen, 2 Händen und einem Gehirn ausgestattet ( muß wohl eine Fehlkonstruktion sein ) und das Aufteilen der einzelnen Körperteile auf alle Patienten funktioniert leider auch nicht so, wie gewünscht. Da kommt leider die psychische Unterstützung der einzelnen Patienten machmal etwas zu kurz. Das heißt aber nicht, daß die Pflegenden unwissend sind!
Tod und Sterben im Pflegeberuf verdrängt??? Wer außer Ärzten und Pflegekräften wird so oft mit dieser Situation konfrontiert? Es hat keine Pflegekraft gelernt, mit Tod und Sterben umzugehen? Das ich nicht lache! Entschuldige bitte, aber diese Äußerung halte ich für absolut unqualifiziert! Schwester oder Pfleger zu sein, heißt, sich mit dem Sterbenden UND seinen Angehörigen auseinanderzusetzen, neben all der anderen Arbeit, die auf der Staion anfällt, auch einfühlsam und bestimmt nicht unwissend mit beiden Gruppen ( Patient und Angehöriger ) umzugehen! Außerdem möchte ich hier einmal die Frage stellen, ob eigentlich alle Welt der Meinung ist, daß Pflegekräfte irgendwelche "Übermenschen" sind? Es geht hier, liebe Brigitte, offensichtlich nur um Deine Situation, wie Du Dich fühlst, wie Du Dich schlecht und unwissend von Kliniken und deren Personal behandelt fühlst etc. Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, welche Kraft es benötigt, als Schwester oder Pfleger KONTINUIERLICH mit Sterbenden oder unheilbar Kranken zu arbeiten? Was es heißt, immer wieder vor der Endlichkeit aller menschenmöglichen Therapien zu stehen, immer wieder mit dem Tod konfontiert zu werden und hinter dem Tod eines Menschen das persönliche Schicksal des Patienten zu sehen, das Leid, die Trauer, die Probleme auch eines Angehörigen zu sehen?
Eine Klinik ist nicht für das Sterben ausgerichtet? Das bezweifele ich doch sehr. Gerade in den letzten Jahren hat man hier vieles getan. Man ermöglicht zum Beispiel seit langer Zeit Angehörigen über Tag und Nacht an der Seite des sterbenden Patienten zu sein. Für die Schwester/ den Pfleger, der ja ach so unwissend ist, sind mit Angehörigen weitere "Patienten" auf der Staion zu betreuen. Denn auch der Angehörige hat das Recht auf "Pflege" in der Klinik und bekommen sie in der Regel auch, wenn die Zeit es zulässt! Wo bleibt die ganze palliative Medizin, wenn Kliniken und Ärzte nicht auf Sterben ausgerichtet sind?`Wo bleibt, das mit Medikamenten ermöglichte "humane" Sterben, wenn Kliniken und Ärzte daruf nicht eingerichtet sind? Dann dürfte jeder Patient zu Hause sterben. Wieviele Menschen haben das Glück, zu Hause sterben zu dürfen und wieviele sterben in der Klinik ( die ja dafür nicht eingerichtet ist )? Es wäre schön, wenn Du einmal die Möglichkeit hättest, mit "unwissenden" Pflegekräften nur eine Woche lang mitzulaufen und damit die Nöte und Sorgen von vielen Patienten und Pflegekräften kennzulernen. Vielleicht würdest Du Dein Urteil dann revidieren!
Man schiebt Krebspatienten ab? In Tumorzentren? Sei doch froh, daß es Spezialkliniken gibt! Oder bringst Du Dein zu reparierendes Auto zum auschließlichen Autohändler, der keine Werkstatt nebenher hat?
Man baut Hospize, weil wir nicht in der Lage sind, mit Sterbenden oder Tod umzugehen und dort Personal ist, die darauf spezialisiert sind? Auf was spezialisiert? Arbeiten dort Menschen, die speziell auf das Umgehen mit Tod und Sterben gedrillt worden sind? Wie lernt man, mit Tod und Sterben umzugehen, wo doch beides individuell bei den zu betreuenden Patienten unterschieldich ist? Hospize haben einen Vorteil gegenüber Kliniken: da gibt es NUR noch die psychische Betreuung und später, im Finalstadium, noch die körperliche Pflege eines Sterbenden, keine weitere, zeitaufreibende Behandlungspflege und Diagnostik. Da gibt es Zeit für das Individuum sterbender Patient. Das nennst Du Abschieben?? Das könnte ich nur so verstehen, daß Du meinst, Angehörige würden die Patienten dort hin abschieben, weil sie mit Tod und Sterben nicht umhgehen können. Und diese Unterstellung so verallgemeinert würde ich als eine absolute Frechheit ansehen! Wie viele Patienten hast Du schon sterben gesehen? Weist Du, wie groß die Belastung eines Angehörigen ist, der beim Sterben seines Liebsten untätig zusehen muß, absolut hilflos ist, so etwas vielleicht noch nie erlebt hat, Angst hat etwas fasch zu machen, völlig überfordert ist mit seiner psychischen Situaion und der psychischen Situation des Sterbenden etc.? Ganz abgesehen von der notwendigen körperlichen Vollpflege eines sterbenden Patienten. Der häusliche Pflegedienst kommt in der Regel dreimal am Tag nach Hause zu dem Patienten, um ihn zu versorgen. Meinst Du, damit ist es dann getan? Pflege heißt: 24 Stunden am Tag und keiner weiß, wie lange diese Pflege notwendig ist. Ich kann jeden Angehörigen verstehen, der dieser Situation nicht gewachsen ist und deshalb den Patienten in professionelle Hände übergibt! Das ist in den meisten Fällen mit Sicherheit kein Abschieben!! Deshalb gilt meine Bewunderung auch allen Angehörigen, die versuchen, diese Situation ganz weit herauszuzögern oder die die Kraft aufbringen, den Patienten zu Hause sterben zu lassen!!! Diese Menschen vollbringen für meine Begriffe teilweise übermenschliches und geben ihre gesamte Kraft dafür her. Auch Karo versucht, dies zu leisten. Und ich sage es noch einmal: Hut ab, vor allen, die das machen oder machen wollen und sich hierfür wie zum Beispiel hier Hilfe und Rat holen wollen. So jemanden attackiert man nicht!
Zum Abschluß möchte ich noch einmal auf die Situation, die Du so geschildert hast, daß man als Krebspatient auch in Kliniken von nichtsahnenden, unausgebildeten Pflegern umwimmelt ist, die keine Ahnung davon haben, wie man mit Krebspatienten oder Sterbenden umgehen muß. Ich habe Dir unter anderem das Zeitproblem in einer Klinik und das Personalproblem geschildert. Das kann man ganz einfach umgehen: Kliniken, Krankenhäuser, Altenheime etc. meiden! Unsachlich???? Ja, mit Sicherheit. Aber mit Sicherheit genauso unachlich wie Deine o.a.Äußerung! "Umwimmeln" von Pflegern gibt es heute mit Sicherheit leider nicht mehr, sondern eher umgekehrt: auf weiter Flur findet sich eine Krankenpflegekraft, die nicht gerade Schüler oder Zivildienstleistender ist! Die Gründe hierfür habe ich im Ansatz oben aufgeführt. Personalmangel an jeder Ecke. Und dann gibt es noch die Patienten, die krebskrank sind, momentan aber nicht in den Prioritätsbereich der zeitmäßig eingeengten Pflegekraft gehören, weil sie zwar schwer krank sind, es aber zur Zeit im stationären Bereich Patienten in schlechterem Allgemeinzustand gibt. Für diese ist dann sehr zum Unwillen der ersten Patientengruppe mehr Zeit erforderlich. Das Gesichtsfeld eines jeden einzelnen Patienten ist nämlich leider nur sehr eingeschränkt. Nur auf sich und seine Situation bezogen! Das wird dann verallgemeinert indem man auf die allgemeine Unfähigkeit der Pflegekräfte schimpft. Oder möchte man da nur provozieren oder besonders "krass" sein??? Das finde ich dann nicht gerade gut, wenn jemand wie z. B. Karo hier um Hilfe bittet.
So, den Frust mußte ich jetzt hier mal raus lassen. Vielleicht konnte ich auch etwas zum nachdenken anregen, angreifen wollte ich niemanden.
Liebe Karo, wenn ich Dir als Krankenschwester helfen kann bei Deiner schweren Aufgabe, so lass es mich wissen. Ich werde mein Möglichstes tun.
Alles Liebe an alle Kämpfenden, egal ob Patienten oder Angehörige,
Ulrike

N.B.: Hier ist der krebskranke Ehemann von Sr. Ulrike. Auch ich habe viel Zeit zum Lesen und Schreiben, habe aber noch nicht versucht, mich hier in diesem Forum zu profilieren. Krass von mir?
Die Lösung aller obigen Probleme ist doch ganz einfach: Kliniken, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen schaffen, best-ausgebildetes Personal einstellen, noch weiter ausbilden, um alle obigen Wünsche zu erfüllen. Hotelbedingungen von 7-Sterne-Hotels schaffen (3 Pflegekräfte auf jeden Patienten etc.) und jedem die Wahl lassen, wo er sterben will.
1. Schritt: Jeden Monat die Krankenkassenbeiträge verdoppeln, bis das oben genannte bezahlbar wird. (bei 50 - fach kann man vielleicht aufhören mit verdoppeln).
Als einziges kleines Beispiel möchte ich aus Patientensicht folgendes anmerken: Weiß jemand, wieviel Zeit das Pflegepersonal mit Pflegedokumentation "verplempern muß - gesetzlich"? Damit rede ich nicht gegen die Dokumentation. Aber auch das geht noch zusätzlich von der Zeit ab, die man sich als Patient von "seiner" Schwester unter der Rubrik "Zuwendung an mich" wünscht. Personal einstellen, daß dokumentiert und Pfleger pflegen lassen. Es bezahlen. (Bezahlen müssen die, die die Musik bestellen. Wir als Patienten und Mitglieder von Solidargemeinschaften wie Krankenkasssen und Versicherungen). Denn als die Pflegedokumentation in der jetzigen Form "erfunden" wurde, hat man einfach dem Pflegepersonal das "aufs Auge gedrückt" - ohne zu sagen, wann sie bitte schön das denn auch noch machen soll. Personal wird verringert, Einkommen gekürzt, Aufgaben werden erweitert. Gut, daß wir Zeit haben, von "umwimmelnden" Pflegern zu schreiben, die keine Ahnung von Tod und Sterben, vom Umgang mit krebskranken Patienten etc. haben.
Ich geh' jetzt wieder TV-Kliniken gucken - da bekommt man das vielleicht alles zu sehen.
Schon mal in eine psychosamtische Klinik geschaut? Wieso ist wohl der Anteil der dortigen Patienten gerade auch aus den Pflegeberufen (neben den Lehrern)so überdimensional hoch?
Klar, weil die krass gesagt ................. siehe oben
keine Ahnung haben. Von Tod. Vom Sterben. Vom Umgang mit Krebspatienten, mit chronisch Kranken etc.

Gruß, Jürgen

31.07.2002, 14:19
Hallo Ulrike und Jürgen,

ich bin euch wirklich dankbar für euren Eintrag. Ihr habt mir aus der Seele gesprochen. Eigentlich wollte ich mich zu dem vorher gesagten und einem ähnlichen Beitrag in einer anderen Ruprik gar nicht äußern, weil ich mich dabei zu sehr aufrege.

Ich musste im Rahmen meiner Ausbildung ein 2-monatiges Krankenpflegepraktikum auf einer Internen machen. Seit damals hat das Pflegepersonal meinen höchsten Respekt!!! Jeder der kritisiert sollte einmal, wie du Ulrike sagst, einen Tag lang dort mitarbeiten.
Wenn ich daran denke wieviele junge Leute der Krankenschwester/Pleger oder Arzt... werden wollen, weil sie die Grenzen der Medizin auf irgendeine Art leidvoll erfahren mussten, und ihre ganze Kraft in diesen Beruf einbringen, um dann ständig Kommentare in denen ihnen fachliche Inkompetenz oder Unwillen... nachgesagt werden, lesen zu müssen. Ich könnte dazu noch einen ganzen "Roman" schreiben.

Leider gibt es wie in jedem Beruf schwarze Schafe, und leider werden wie überall auch mal Fehler gemacht.Wem von uns ist bei der Arbeit noch kein Fehler passiert?? Aber deswegen pauschal alles schlechtzumachen finde ich nicht in Ordnung.

Leider gibt es auch in unserem Gesundheitssystem Mißstände. Du hast die Ursachen ja schon erklärt. Vieles davon ist eine Zeit - und Geldfrage. Jeder erwartet, dass die Erkenntisse der "Schulmedizin" bei ihm gratis angewendet werden. Wie groß wäre die Empörung, wenn man dafür ähnlich viel bezahlen müsste wie bei alternativen Heilmethoden?

Ich bin zwar nur nierentransplantiert (habe dadurch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit Krebs zu bekommen - bei einer Krebsart ca. 25xhöher) bin aber sehr dankbar, für die bisherige quasi kostenlose Behandlung. In Amerika können sich diese Behandlungen nur gut situierte Menschen leisten, außer sie haben das Glück in einer Studie unterzukommen. Z.B. kosten 2 von 8 Medikamenten die ich ständig nehmen muß je über 400 € - damit komme ich dann ca. 14 Tage lang aus.
Ich weiß auch über die Langzeitfolgen die durch Dialyse bzw. Transplantation incl. Immunsuppression bei meinem Körper zu erwarten sein werden. Auch dieses Wissen ist allgegenwärtig und immer wieder körperlich spürbar. Aber man ist auch ein bisschen selbstverantwortlich für sein eigenes Seelenheil. Bei dem jetzigen Zeitdruck unter dem jeder im Pflegedienst steht, muß eben den am schlimmsten Betroffenen der Vorzug gegeben werden.

Lieber Jürgen, ich wünsche dir alles Gute!!!

Liebe Grüße
Afra

31.07.2002, 17:28
Hallo zusammen,

Okay, ich fange nochmals von vorne an.
Ganz vorne.
Bei Adam und Eva.
Oder anders formuliert: Leben gleich Sterben. Oder geboren werden heisst auch wieder sterben.

Früher war unsere Gesellschaft eher sozial, verfügte über einen besseren Zusammenhalt. Wenn also jemand krank war und sterben musste, so geschah dies in der Familie, im nahen und vertrauten Verwandtenkreis. Also waren es die Menschen gewohnt, in ihrem eigenen Umfeld zu sterben, oder es erleben zu müssen, dass jemand stirbt. Demnach setzte man sich mit Krankheit und Tod intensiver auseinander.
Dann gab es Spitäler und Kliniken. Dann hat sich die Industrie, dann die Gesellschaft verändert. Die Forschung ging rasant voran, und die Kliniken spezialisierten sich. Der Knackpunkt also! ("Es gibt nur noch gesunde Menschen"! - Jede neunte Frau hat in Basel Brustkrebs, also gesamtschweizerisch von den Städten her gesehen die höchste Rate. Quelle: Tageszeitung.)

Wir haben also nie gelernt, uns mit Krankheit und Tod auseinander zu setzen, und dies zu akzeptieren (kleine Wiederholung hier). Was ja das Pflegepersonal auch bestätigt, indem so viel Arbeit anliegt, ... genau so geht es der GANZEN Arbeitswelt! Vom Einzelnen wird immer mehr verlangt, und er hat gar keine Möglichkeiten, sich mit diesen ganzen Gesellschaftsthemen auseinander zu setzen, weil er völlig ausgepumpt ist.

Durch diese ganzen Spezialisierungen haben wir angefangen, unser ganzheitliches Denken und Handeln auszuschliessen.
Jenny lebt nun also in dieser Behinderteneinrichtung und ist nun zusätzlich schwer oder sterbenskrank. Ich bin davon überzeut, dass es ihr lieber wäre, in diesem "Zuhause" sterben zu können, als dass man sie in ein Sterbehospiz verlegt. Dort sind genau jene Menschen nicht mehr da, denen sie bisher VERTRAUT hat!

Also nun noch zu meinem Beispiel: Als ich damals Schmerzen in der Brust hatte, meinte meine Gynäkologin, das sei psychisch. Einen Monat später, als die Schmerzen wieder auftaten, entdeckte sie eine kleine "Schwellung" in meiner Brust und verschrieb mir eine Salbe.
Wieder einen Monat später meinte sie, da ist ein kleiner Knoten, aber das ist kein Krebs, das ist bestimmt eine Zyste. Sicherheitshalber machten wir eine Mammografie. Also ging ich zum Spezialisten, dem Rönteninstitut, hm? Dort machte man die Mammografie, wollte mir die Bilder nicht mal zeigen, weil ... man wusste auch nicht, was es war! Wieder etwas später machte meine Gynäkologin eine Punktierung (so nennt man dies in der Schweiz). Die Probe wurde an einen Spezialisten, also an ein Labor gesandt. Dort wiederum konnte man nicht feststellen, um WAS es sich bei dieser Probe genau handelt!
Ich bekam einen Anruf in meine Arbeitsstelle, wo jeder im Raum mithören konnte. Die Gynäkologin sagte mir da, ich müsse den Knoten operativ entfernen lassen, man wisse zwar nicht was es genau ist, aber so zur Sicherheit, wäre das gut. Und ich bekam gleich einen Termin für die nächste WOCHE! (Diese Aussage meiner Gynäkolgin war psychologisch sehr geschickt, nicht wahr?)
Im Krankenhaus dann, wusste man genau so wenig, um was es sich bei meinem Knoten handelt. Vermutlich hat meine Gynäkologin gar nicht mit den Ärzten im Spital eine Absprache gehalten, sondern lediglich die Unterlagen zugesendet und einen Termin für mich vereinbart.
Nach der OP stellte man fest, dass es Krebs ist. Man erklärte mir das weitere Prozedere, ging jedoch nicht auf meine Ängste und Gefühle ein. Also liess man mich liegen. Bis zum nächsten Tag.
Als ich nach Hause wollte, wollte der EINE Arzt dafür eine schriftliche Bestätigung von mir, die andere Ärztin meinte, es sei nicht nötig! Die Pflegeschwester sagte mir, ich könne gleich am nächsten Tag wieder unter die Dusche, ... der Arzt meinte, ich dürfe so lange nicht mehr duschen, bis die Fäden gezogen sind!
Und so weiter und so fort.

Als ich aus dem Krankenhaus kam, war meine Gynäkologin in Urlaub. Ebenfalls mein Hausarzt.
Nach einer Woche durfte ich die Fäden ziehen beim stellvertretenden Arzt meiner Gynäkologin. Dieser war so im Stress, dass er meine Fragen nicht beantworten konnte, wollte schnell meine Fäden ziehen, musste jedoch dabei ausrufen: "WAs soll ich denn da ZIEHEN? Da sind ja gar keine Fäden drin!"
(So viel zur Spezialisierung!)
Ich hatte keinen Ansprechpartner, musste also meine Fragen dem Notsorgentelefon anvertrauen. Im ganzen liess man mich zwei Monate ohne Aufklärung alleine. Als ich dann mit einer ellenlangen Frageliste zu meiner Gynäkologin kam, meinte sie: "Ja wenn sie das alles wissen wollen, können sie ja gleich ein Medizinstudium machen!" Als ich schimpfte, dass niemand Zeit für mich hat, mir all meine Fragen zu beantworten, auch zur Komplementärmedizin, meinte sie: "Ich sehe schon! Sie wollen nicht wahrhaben, dass Sie Krebs haben, deswegen suchen Sie die Schuldigen wo anders!"

Also DAS ist die genannte psychologische Schulung und Spezialisierung! Naja, und keiner weiss, was der andere tut!

Nun zum Pflegepersonal: Ich bezweifle keine einzige Sekunde, dass diese sehr, sehr hart arbeiten müssen. Ich nehme jedoch an, dass das bei Euch auch so ist, dass das Pflegepersonal nur so und so viel Zeit pro "Fall" hat, weil das von den Kassen so eingestuft wurde. Haarkämmen, Waschen, Aufnehmen, usw. Und dass vermutlich nicht mal viel Zeit übrig bleibt für ein Gespräch mit dem Patienten ("Fall"!)
Womit hat das zu tun? Die Kassen wollen immer weniger bezahlen, (das Geld geht aus!), der Staat will sparen mit einer kleinen "Mogelpackung", indem er diese Zeitlimiten erstellt, wie lange das Pflegepersonal an einem Patienten ("Fall"!) arbeiten darf!
Mir ist ganz klar, dass dies auch den Pflegerinnen und Pflegern sauer aufstösst!

Bei uns in der Schweiz benötigt es für die Ausbildung als Krankenpfleger/in die mindest schulische Ausbildung eines Gymnasiasten. (Mit dieser Ausbildung kann man auch an die Uni.) Dieser Beruf wird bei uns sehr gut bezahlt, aber auch bei uns wird an Personal gespart, und diese Pfleger/innen rufen ebenfalls aus: "Zuviel Arbeit!" - Naja, auch bei uns wird diese "Mogelpackung" angewendet!
Okay, wie Ihr das auch nennen wollt, ... DAS nennt man Globalisierung! (Der Staat entzieht sich immer mehr seiner eigenen Verantwortung und überlässt sie dem Einzelnen.)

Ach ja, liebe Ulrike, seit wann vergleicht man einen Menschen mit einem Auto? (Was hier wohl Bluebird dazu sagen würde?)
Der Mensch ist doch keine WARE!

Also, Ihr Lieben, ich habe hier jetzt also NUR die Sache als Thema angeschnitten, für weitere Diskussionen oder als Denkanstoss.
Ganz liebe Grüssli
von der "krassen" Brigitte

31.07.2002, 21:50
Liebe Brigitte,
eigentlich wollte ich auf Deine Verallgemeinerungen nicht mehr reagieren, aber ich tue es dennoch einmal:
offensichtlich fängst du wirklich bei Adam und Eva an, nämlich Deinen Ausführungen nach zu einem Zeitpunkt, an dem es noch keine Spitäler und Kliniken gab, aber die Menschen in ihrem eigenen Umfeld sterben durften und man sich Deiner Meinung nach mit Krankheit und Tod intensiver auseinandergesetzt hat . Ich wünsche Dir nicht, daß Du zu dieser Zeit hättest leben müssen. Ohne Kliniken, ohne Industrie, ohne Forschung und ohne Spezialisierung. Ich weiß nicht, wohin Dich Dein Karzinom dann gebracht hätte....
Du hast auch heute die Möglichkeit, zu Hause im Kreise Deiner Angehörigen zu sterben. Wenn Du dies möchtest und Deine Angehörigen stark genug sind, Dir dies zu ermöglichen. Aber kein
Angehöriger ist von Außenstehenden zu verurteilen, weil er dem Sterbenden diese Möglichkeit nicht bieten kann! Und das hat sicher nichts damit zu tun, daß er sich nicht ausreichend mit Tod und Sterben auseinander gesetzt hat! Ich stelle Dir hier noch einmal die Frage: bei wievielen Menschen hast Du Sterbebegleitung durchgeführt, und zwar in allen Phasen? Zu Deinen hochgelobten früheren Zeiten hat sich diese Frage wohl so sicher nicht gestellt! Sterbebegleitung früher ist wohl nicht mit Sterbebegleitung heute zu vergleichen. "Wir haben also nie gelernt uns mit Krankheit und Tod auseinanderzusetzen...." Wer ist "wir"? Warum verallgemeinerst Du kontinuierlich? Generell setzt sich Pflegepersonal, das in somatischen Kliniken eingesetzt ist, täglich mit Krankheit und Tod auseinander! Hast du schon einmal in der Pflege gearbeitet? Hast Du eine Ahnung davon, wieviel "Auseinandersetzung mit Krankheit und Tod" Pflegepersonal täglich nach dem Dienst mit nach Hause nimmt? Deine Schlußfolgerung bzgl. der nicht durchgeführten Auseinandersetzung mit Tod und Krankheit, was vom Pflegepersonal bestätigt wird, indem so viel Arbeit anliegt, kann ich leider gedanklich nicht nachvollziehen. Wenn damit gemeint ist, daß ich während meiner Arbeit als Pflegekraft nicht die Zeit habe, mich mit meinen persönlichen Gedanken über Tod, Krankheit und Trauer auseinanderzusetzen, so hast Du damit sicher Recht. Es stimmt auch, das dies mit Sicherheit in keinem anderen Beruf während der Arbeitszeit möglich ist. Aber so wie Pflegekräfte diese Thematik verbunden mit viel gesehenem Leid häufig mit nach Hause nehmen, so steht es jedem anderen auch frei, sich damit in seiner Freizeit zu beschäftigen. Die meisten Menschen haben Zeit, Lebensversicherungen abzuschließen oder Testamente zu erstellen, auch wenn sie vom Arbeitsleben "ausgepumpt" sind. Aber sich mit Krankheit und Tod ERNSTHAFT zu beschäftigen, dazu bleibt keine "MÖGLICHKEIT"??? Möglichkeiten gibt es genug! Nicht an allem ist immer die Gesellschaft Schuld, sondern der einzelne, jeder für sich in seiner eigenen Hütte! Es ist natürlich wesentlich einfacher alles zu verallgemeinern! Spätentens beim Tod eines Bekannten, Freundes oder Familienangehörigen wird jeder einzelne daran erinnert, daß es da auch noch Tod und Krankheit gibt! Es ist nicht das Resultat der Gesellschaft, daß der einzelne sich dann nicht damit beschäftigt. Das liegt mit Sicherheit an der Oberflächlichkeit des Einzelnen! Also bitte nicht"wir haben nicht gelernt"- lernen ist eine aktive Geschichte und keine passive, zum lernen braucht es lernen WOLLEN!
Durch Spezialisierungen haben wir aufgehört ganzheitlich zu denken? Im Gesundheitsbereich kennst Du dann vielleicht die falschen Leute. In der Pflege gibt es grundsätzlich zwei Komponenten: die allgemeine Pflege, die die Behandlungspflege und die körperliche Pflege einschließt und die psychische Betreuung. In der Medizin schließen immer mehr Kliniken neben der Schulmedizin in manchen Bereichen die Homöopatzie oder die TCM mit ein. Psychosomatische Kliniken und Ärzte findet man mittlerweile an jeder Ecke, da man erkannt hat, daß Seele, also Psyche und organische Erkrankungen häufig eng zusammen gehören.
Nun zu Jenny: es ging nie darum, daß Jenny in ein Hospiz SOLL. Deshalb hat Kado auch um Hilfe gebeten. Und das finde ich auch toll! Deshalb habe ich mich auch ziemlich über Deine mails hier aufgeregt. Du warst diejenige, die Kados Ausbildung bemängelt hat und im weitern Verlauf Deiner mails Dich groß und breit darüber beschwert hast, daß Du in Kliniken nur von unfähigen Pflegern "umwimmelt" wirst. Du warst diejenige, die hier absolut verallgemeinert behauptet hat, daß jeder Pflegende erst mal lernen muß mit Krankheit und Tod umzugehen, hast aber gleichzeitig die Möglichkeit dazu wieder völlig allgemein eingeschränkt, denn: "woher sollen die es denn lernen, wenn Ärzte, Professoren....es nicht wissen"! Das heißt für mich, selbst Pflegepersonal ( Du hast es ja auch irgendwo mal so ausgedrückt ) ist nicht in der Lage, sich mit Tod und Krankheit auseinander zu setzen. Ich verwehre mich gegen diese Verallgemeinerungen. Ich bin Krankenschwester und habe 20 Jahre mit Leib und Seele in diesem Beruf gearbeitet, viele Jahre in der Intensivmedizin und viele Jahre als Führungskraft im Nachtdienst, wo ich ständig mit Schwerstkranken von insgesamt 16 Stationen gearbeitet habe. Qualitätssicherung wurde bei uns groß geschrieben. Ebenso psychische Betreuung von Angehörigen und Patienten. Ich habe niemals behauptet, daß es gut ist, wenn Jenny in ein Hospiz käme! Im Gegenteil, ich bestärke jeden darin, wenn es ihm möglich ist, seinen Angehörigen oder sonstigen lieben Menschen zu Hause in gewohnter Umgebung sterben zu lassen. Aber man beachte bitte den Zusatz "wenn es ihm möglich ist". Und ich betone hier nochmal, daß keiner das Recht hat, jemanden zu verurteilen, wenn er für sich persönlich feststellt, daß er das nicht verkraften kann oder körperlich / seelisch nicht schafft. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, daß nicht unbedingt Patienten in Hospize ABGESCHOBEN werden, weil "wir" nicht in der Lage sind mit dem Tod umzugehen. Die meisten Menschen sterben übrigens immer noch in Krankenhäusern. Und es gibt durchaus Menschen, die die letzte Zeit ihres Lebens in einem Hospiz verbringen WOLLEN. Ich verwehre mich gegen solche Verallgemeinerungen, wie Du sie an den Tag legst. Ich habe viele Menschen kenengelernt, die ihren sterbenden Angehörigen mit äußerster Liebe zu Hause haben sterben lassen. Ich habe gesagt, daß ich vor diesen Menschen, die zumeist pflegerisch Laien waren, extreme Hochachtung habe. Für Dich scheint es nur allgemeine Kritik an der GESELLSCHAFT zu geben. Kannst Du auch noch den einzelnen Menschen sehen?
Du wirst als Krebspatientin von Pflegern, Ärzten, Freunden, Verwandten, Behörden etc. nur rumgeschubst, belächelt nicht ernst genommen etc. , wie Du sagst.Von Kliniken mit ausschließlich solchem Pflegepersonal und solchen Ärzten würde ich mich an Deiner Stelle fernhalten! Oder sind es doch nicht alle???
Zu Deinem persönlichen Beispiel: in Deinen mails an Kado ging es eigentlich nicht um Schwierigkeiten mit Ärzten, sondern um die "Unfähigkeit" von Pflegern und daß man Deiner Meinung nach wohl in Kliniken von Pflegern "umwimmelt" wird, die alle keine Ahnung haben wie man mit Krebskranken umgeht, daß Patienten in Tumorzentren oder Hospize abgeschoben werden, und daß Kliniken nicht zum Sterben ausgerichtet sind. Und nur zu diesen Verallgemeinerungen von Dir habe ich Stellung bezogen. Das Thema Ärzte, das du jetzt angeschnitten hast, ist sicherlich ein ganz anderes.
Ja, auch bei uns stufen die Kassen nach Pflegekategorien ein. Aber auch das hat nichts mit der Unfähigkeit zu tun, die du dem Pflegepersonal in Kliniken und auch Deinen Mitmenschen teilweise unterstellst.
Zum Schluß: ich habe nicht Menschen mit Autos verglichen, sondern zwei "Häuser", wenn Du so willst ( Spezialklinik und Autohaus/-werkstatt ), da Du Dich darüber mokiert hast, daß man Krebspatienten in TUMORZENTREN teilweise behandelt. Diese Spezialklinik hat sicherlich nichts mit dem "Abschieben" von Krebspatienten zu tun ( wie Du es wieder allgemein dargestellt hast ), sondern einfach mit Spezialisierung. Es gibt viele Spezialkliniken für einzelne Fachrichtungen, nicht nur für Krebs! Genauso, wie es im täglichen Leben Spezialisierungen, zum Beispiel bei Autohäusern gibt. Mir als Krankenschwester brauchst Du bestimmt nicht mitzuteilen, daß der Mensch keine Ware ist! Ich glaube, dazu habe ich zu lange und vor allem zu gerne in meinem Beruf gearbeitet und mich dabei aufgerieben. Aber nur nebenbei gesagt, heute wird in dementsprechenden Fachkreisen vom Krankenhaus als "Dienstleistungsbetrieb" gesprochen, und das stammt nicht von mir ( ich habe dazu auch eine bestimmte Meinung, die aber hier nichts zur Sache tut ).
Ulrike

31.07.2002, 23:20
Hallo Ihr Lieben,

schade eigentlich, dass eine gut gemeinte Anfrage von Kado in so einer Diskussion endet. Und dass sich mal wieder EINE Person ganz besonders hervorheben möchte. Wer nichts weiter zu Kados Anfrage zu sagen hat, der soll doch lieber schweigen oder??

Ich glaube, mir gehts ganz genauso wie so manch anderem hier, der sich zu Brigittes Texten geäußert hat.

Also liebe Brigitte,
versuch doch einfach, wenn Du schon unbedingt antworten möchtest, Dich kurz zu fassen.

Vielen Dank! Und Euch allen alles Gute und viel Kraft!
(Sorry, aber ich musste einfach mal sagen, was mich nervt)
Sonja (sunniee)

01.08.2002, 06:14
Hallo zusammen,

warum lasst ihr (vor allem du, Sonja) es nicht zu, dass Brigitte sich hier ausführlich zu Wort meldet? Hat nicht jeder hier das Recht, sich zu äußern, und zwar in einer Länge, die er selbst bestimmt?
Ist doch toll, dass hier endlich mal Diskussionen entstehen!
Ich stimme auch nicht unbedingt mit Brigittes Meinung überein, kann aber ihre Verzweiflung spüren. Bei ihr lässt sich einiges zwischen den Zeilen lesen. Aber vielleicht muss man dafür psychologisch geschult sein...? (Provokation)
Ich habe übrigens noch eine ganz andere Meinung zu dem Thema, nämlich dass es gar nicht so einfach erlernbar ist, sich mit Tod und Sterben auseinander zu setzen. Zumindest, was die seelsorgerische und psychologische Seite angeht. Oft ist es einfach nur eine Frage des Einfühlungsvermögens, ob ein Sterbender sich dem Betreuenden gegenüber öffnet. Und natürlich hat auch ein Sterbender seine ganz individuellen Eigenarten, denen man nur durch Empathie begegnen kann. Lässt sich das in einer Zusatzausbildung erlernen? Ich zumindest bin schon mein ganzes Leben damit beschäftigt, mich in dieser Hinsicht weiter zu entwickeln.
Nichts für ungut. Alles Gute für euch. Anja

01.08.2002, 09:26
ich finde, es ist alles gesagt, was gesagt werden musste.
für mich persönlich ist das ziel dieses forums verloren gegangen.
es geht nur noch darum, ob nun angehörige ahnung haben oder nicht, anscheinend haben sie es nicht.
wenn sie mitleiden, ist es falsch, wenn sie reden, ist es falsch usw., usw.
das kotzt mich dermassen an.
ich finde diese ewig langen diskussionen nur noch lähmend, gehen teilweise völlig am thema vorbei.
schreibt jemand, ob sich bestimmte personen nicht kürzer fassen könnten, ist der nächste beitrag wieder darüber, wieso denn nicht jeder so vie schreiben kann, wie er will.
gähn!
ich habe eigentlich gedacht, dass man unterstützung hier bekommen würde, aber man bekommt ja nur noch um die ohren geknallt, wie unfähig man ist und was man alles falsch macht.
tolle unterstützung.
ab sofort werde ich das hier alles nicht mehr lesen, es macht einfach keinen sinn mehr.
klar, man kann sachen zur diskussion stellen, habe ich auch kein problem mit.
aber hier geht es doch nur noch darum, wer recht hat und wer beschissener dran ist:
angehöriger oder betroffene.
das soll krass sein??????

01.08.2002, 10:18
Liebe Miram,
ich danke Dir für Deine ehrlichen und offenen Worte, und ich wünsche mir Du wirst diese an Dich gerichteten Zeilen doch noch lesen?!

Du hast sicherlich nicht Unrecht,wenn Du sagst die ellenlangen Dialoge schläfern Dich ein, aber warum, warum denn ?? Alle Beteiligten bemühen sich nach Lösungswegen im Umgang mit der Erkrankung, alle suchen Lösungen um sich und anderen zu helfen, zwangsläufig bedeutet es auch Gedanken enstehen, Gedanken die hier geäußert werden, wo denn bitte sonst?? Wenn Du der Auffassung bist ,dieser Weg (sich hier in der Form zu äußern) ist falsch, dann bitte empfehle einen anderen, Schritte die vielleicht begehbarer scheinen..
Aus meiner Sicht geht es in den vielen Schreiben nicht um wem geht es schlechter, sondern einzig und allein darum um Möglichkeiten zu finden für einen gemeinsamen Weg mit der Erkrankung und den damit verbundenen Problemen umzugehen.

Alles gute für Dich Anke

01.08.2002, 10:43
Guten Morgen allerseits,
erst mal Danke, Anja, dass Du akzeptierst, dass ich mich dazu äussern darf, und dass es egal ist, wie lange meine Texte sind (obwohl ich hier von jemandem anderen bereits mit dem absoluten Rekord geschlagen wurde! Hui!).
Und es stimmt, ich setze sehr vieles "zwischen" meine Zeilen. Aber ich meine das ja nie böse sondern stelle es meist in Frage. Eine Frage ist keine Anklage. Eine Frage sollte zu einer Antwort heraus fordern. Genau das ist meine Absicht. Und wie man sieht, wirkt es ja und man fängt an darüber zu diskutieren. Naja, meistens ist es erst mal ein halbes Streitgespräch. Weil sich jeder selbst angesprochen fühlt. Also kommt zuerst die absolute Abwehr mit Händen und Füssen. Ist völlig normal.
Klar, ich habe mich schon ein bisschen ZU krass ausgedrückt, wahrscheinlich ZU vorwurfsvoll, und ich habe mich ja auch dafür entschuldigt. Meine Worte der Entschuldigung wollen aber offenbar nicht alle so ernst zu nehmen? (Das ist wieder eine Frage, kein Vorwurf.)
Du hast recht, es ist gar nicht so einfach ERLERNBAR, sich mit dem Sterben und Tod auseinander zu setzen. Jetzt stelle ich einfach wieder die Frage in den Raum: WARUM ist es nicht so einfach erlernbar?

Hallo Ulrike, Du möchtest unbedingt wissen, ob ich schon Sterbebegleitung gemacht habe (in allen Phasen)? Naja, Du weisst ja bestimmt, dass ich da jetzt mit einem Nein antworte. Das gibt Dir jetzt Zustimmung im Glauben, dass ich davon sowieso keine Ahnung habe, wie das ist. Stimmt auch! Aber denkst Du nicht, dass ich als Krebsbetroffene so ziemlich mitfühlen kann, was andere Krebsbetroffene, egal in welchem "Stadium" sie sind, durchmachen?
Ich kenne nun beide Seiten. Die "Gesunde", mit der eigenen "unwissenden" Erfahrung mit dem Umgang mit Krebspatienten, und die "Kranke" Seite, mit der neuen Erfahrung, dass meine Handlungen und mein geglaubtes Wissen VORHER eben genau "unwissend" gewesen ist! - Kannst Du's verstehen?

Ich weiss ja, dass nicht ALLE so sind, wie ich da offensichtlich unabsichtlich "verallgemeinert" habe. Es ist eben der grosse "Teil". Weisst Du, man muss schon irgendwie Glück haben, wirklich gute Ärzte zu erwischen, gute Kliniken, gute Pfleger. Und dabei auch irgendwo zu "landen", wo psychologisch wirklich gut geschult wurde, wo das Verständnis für den Patienten auch da ist.
Ich könnte natürlich - so frisch nach der Krebsdiagnose - dreissig Ärzte oder auch Kliniken abklappern, bis ich das Richtige für mich gefunden habe. Das Problem dabei ist nur: Die Krankenkassen machen da nicht mit! Spätestens beim sechsten Arzt rufen die aus und sagen: Stopp! Da stimmt was nicht! - Und schlimmstenfalls verweigern sie ihre Leistungen.
Zudem hat man als frisch Betroffener so einen Schock, dass man schon gar nicht die Nerven und die Kraft dazu hat, auf diese lange Suche zu gehen.
Also nimmst Du erst mal jene Ärzte, die Du kennst. Dann suchst Du vielleicht weiter, und landest bei diesem oder jenem Spezialisten. Aber irgendwann musst Du aufhören mit der Ärztesucherei, weil Dein Leben auf dem Spiel steht. Zudem willst Du so schnell wie möglich GEHEILT werden! Irgendwie. Also musst Du da notgedrungen jene Ärzte akzeptieren, auch wenn sie Dir nicht so ganz passen, oder wenn Du ganz genau mitkriegst, dass diese NUR Deinen Körper und die Krankheit sehen, ... aber nicht DICH als Mensch, als Ganzes, mit Herz und mit Gefühl.

Würde ich jetzt als sterbenskranke Patientin bei Dir im Krankenhaus liegen, und Du würdest mir sagen, das Beste für mich wäre, in ein Hospiz zu gehen, ... wäre das zwar gut gemeint, (was ich Dir sogar glauben würde), aber ich würde es trotzdem als "Abschiebung" EMPFINDEN. Auch wenn Du mir noch so positiv von den erfahrenen Angestellten von dort vorschwärmst, wie schön es dort wäre, dass es das Beste für mich sei, und so weiter. (Ist jetzt nur ein Beispiel, okay? Du sagst ja, dass man auch die Wahl hat, zu Hause zu sterben. In diesem Beispiel gehe ich jetzt aber einfach davon aus, dass das nicht gehen würde, ja?) Ich bin also so schon sehr einsam, habe keine Verwandten und Bekannten. Und bei Euch kenne ich erst seit kurzem die Ärzte und das ganze Pflegepersonal. Ihr seid noch nicht so ganz meine "Familie", wo ich mich wirklich wohl fühlen kann. Ist ja schliesslich auch ein Krankenhaus.
Also zögere ich da, bin auch ein bisschen verletzt und traurig, weil man mir den Vorschlag mit dem Hospiz macht. - Sagst Du mir da dann lächelnd: "Seien Sie doch froh, dass es so ein Hospiz gibt! Oder bringen Sie Ihr zu reparierendes Auto auch nur ausschliesslich zum Autohändler, der keine Werkstatt nebenbei hat?" ?

Merkst Du die Wirkung?
(War jetzt wieder eine Frage, kein Vorwurf, gell?)

Schade übrigens, dass Du meine Zeilen der Entschuldigung nicht gelesen hast. Schade auch, dass Du - obwohl Du es wissen wolltest - nicht auf meine kleine Anfangsgeschichte näher eingegangen bist. (Die Ärzte sind nur ein Zahnrad von der ganzen Maschinerie, aber ein sehr wichtiges.) Wäre jedoch nett gewesen, hättest Du wenigstens gesagt: "Tut mir leid, dass Dir das passiert ist." Dann hättest Du noch hinzu fügen können: "Aber es sind nicht alle so, glaube mir." Damit hättest Du mich ein bisschen beruhigen können. Aber so kommt es mir jetzt vor, als spreche ich nicht mit einer Krankenschwester, sondern wieder mal mit einem "kühlen" Arzt. Ein Arzt, der seine "Seite" verteidigt, und der gar nicht auf mich als Krebspatientin eingeht.
Verstehst Du?
Das ist wieder kein Vorwurf, sondern ich schreibe Dir nun hin, WIE ich es empfinde.

Ach ja, mit "wir" meine ich übrigens immer wir Menschen. Als Ganzes gesehen.
Und die Aussage "von unwissenden Pflegern umwimmelt" habe ich nicht so WORTwörtlich gemeint. Umwimmelt wird man ja schon gar nicht von den Pflegern/innen, eben genau WEGEN dem Personalmangel. Ich meinte das "umwimmelt sein" von der allgemeinen Unwissenheit, dass man nicht weiss, wie man mit dem Ganzen umgehen soll. Dazu gehören Pfleger/innen eben auch dazu. Nicht ALLE, ja. Aber Kado hat hier doch genau so NACHGEFRAGT, nicht wahr?

Ich fand das auch in Ordnung, DASS sie gefragt hat, darum ging es mir ja gar nicht. Sondern dass so eine SITUATION für eine Krebsbetroffene, ja sogar sterbenskranke Patientin, wieder mal DA ist. Das war nicht als Vorwurf für Kado gemeint, denn sie kann ja auch nichts dafür, dass sie in dieser Situation steckt. Zudem habe ich ihr angeboten, zu versuchen, ihr zu helfen.
Ich kann also ganz gut den einzelnen Menschen sehen.

Du bist leider auch nicht so ganz auf die "Spezialisierung" eingegangen. Fragst Du Dich nie, WARUM es diese Spezialisierung gibt?
Es mag ja sehr sinnvoll sein, dass sich Ärzte auf ein bestimmtes Gebiet spezialisieren. Oder dass es spezialisierte Kliniken gibt. Ich meine, ich gehe ja auch in die Tumorklinik, weil ... naja, mir gar nichts anderes übrig bleibt, nicht wahr? Aber WARUM bleibt mir nichts anderes übrig?
Warum gibt es Sterbehospize? Wo das Sterben doch zum Leben gehört? (Das ist wieder eine FRAGE, gell? Keine Verurteilung. Ich muss das offenbar immer wieder wiederholen, weil ich sonst missverstanden werde.)

Na, ist doch ein gutes Thema hier! Und mein Angebot, Kado versuchen zu helfen, steht immernoch! Jawoll!
Ganz liebe Grüssli an Euch alle (auch an jene, die hier still mitlesen, gell?)
Die "krasse" Brigitte

01.08.2002, 16:53
Hallo zusammen,

möchte nur -hoffentlich kurz- meine Meinung zum Thema Hospitz mitteilen:

Also, wenn ich in dem Zusammenhang das Wort Abschiebung höre, trifft es mich schon irgendwo.....
Meine beste Freundin ist in einem Hospitz gestorben und sie ist FREIWILLIG dort hin und hat sich dort mega-wohl gefühlt. Nicht nur sie, auch wir als Besucher.....
Es ging dort sehr persönlich zu. Alle saßen in einem Boot,- so will ich es mal ausdrücken. So viel wie ich weis, war dort KEINER, weil er abgeschoben worde!
Entweder sie wollten selbst hin, oder aber die privaten Umstände liesen eine Pflege zuhause nicht zu.
So übrigens auch bei Ines.
Sie brauchte Zuwendung rund um die Uhr. Ihr hatte der Krebs die Wirbelsäule porös gefressen und jede falsche Bewegung hätte sonst wie enden können.Ihr Mann nusste ja auch arbeiten...
Das ist alles nicht so einfach....
Solange es ging war sie zuhause, aber zum Schluss freute sie sich auf`s Hospitz.
Zweimal war sie zuhause zusammengebrochen- zweimal mußten die Kinder das mit ansehen.(Wie will man denn Kindern den Umgang mit schwerstkranken Eltern beibringen???)

Zurück zum Hospitz....
Dort gab es ein Arpartment für Besucher und nicht nur die Angehörigen durften es nutzen, sondern auch wir als Besucher, wenn die Rückfahrt zu spät wurde, oder wir uns einfach nicht trennen konnten/wollten.
Mögen sich die Gemüter aufregen....: Sogar die Rottweilöerhündin von Ines durfte zu Besuch kommen und auch übernachten....
Es wurde alles getan, damit die Sterbenskranken bis zuletzt ein Leben so schmerzfrei wie möglich führen konnten und es wurden ihnen wenn machbar alle Wünsche erfüllt.
Glaubt mir- das ist sehr schön.
Wir wurden mit zum Frühstückstisch gebeten, wie zum Mittag, Kaffee, Abendbrot...
Besucher brachten das ein oder andere mit, da das Hospitz auch über Spenden finanziert wird.
Es herrschte dort eine ruhige fröhliche Stimmung, in der sich jeder wohl fühlte.
Natürlich war die Stimmung aber auch gedrückt, wenn jemand für immer ging. Das Abschiedsritual bedeutete jedem eine ganze Menge. Der ganze Umgang dort untereinander/ miteinander ist sehr rührend, lieb und persönlich.

Es gab dort ausgebildete Schwestern- mit und ohne Zusatzausbildung: Begleitung bei Sterbenden. Ärzte die regelmäßig nach den Sterbenskranken schauten...., aber es gab kein rumdoktorn mehr. Denn hier waren die Leute um in Ruhe sterben zu dürfen und sich darauf vorzubereiten.
Es gab ehrenamtliche Helfer, die den Kranken vorlasen, Hände hielten oder nur bei ihnen saßen. Da war keine Ausbildung vorhanden und niemand regte sich darüber auf.

Es gäbe noch viel zu schreiben, aber das würde den Rahmen sprengen....
Mir war so danach zu sagen, dass ein Hospitz nichts schlechtes ist, sondern sehr sinnvoll und ein große Hilfe sein kann, wenn es nicht anders geht.
Und vor allen Krankenschwestern, Helfern und Ärzten ( egal ob im Krankenhaus oder Hospitz)die Ihren Job trotz den ganzen teilweise furchterregenden Umständen bzw. die tagtäglich im Hospitz um ihre Schützlinge bangen und mit dem Tod konfrontiert werden, nicht an den Nagel hängen, kann ich nur meinen Hut ziehen.
Das musste ich mal loswerden.
Liebe Grüße
LI(ane)

01.08.2002, 17:17
Hallo Brigitte, hallo ihr anderen!

Du fragst, warum es nicht so einfach erlernbar ist, mit Tod und Sterben zurecht zu kommen?
Tja, schwierige Frage. Erstens denke ich, und das habe ich ja schon angedeutet, dass eine große Portion Einfühlungsvermögen dazu gehört, mit einem Menschen zu kommunizieren, der dem Tode nahe ist, weil man nämlich nie weiß, wie weit er sich selbst damit auseinander gesetzt hat, sterben zu müssen. Man will ihm natürlich nicht zu nahe treten, indem man mit ihm über etwas spricht, was er (noch) nicht akzeptieren kann. Andererseits kann es ja auch sein, dass der Nicht-Betroffene auch noch nicht so weit ist, Dinge auszusprechen, die er denkt. Man ist also gezwungen, sich aufeinanderzuzubewegen, sehr vorsichtig miteinander umzugehen und sich in den anderen hineinzuversetzen. Schwer!!! Kann man, glaube ich, nur sehr langsam lernen, durch immer erneute Auseinandersetzung mit anderen Menschen. Und nur mit bestimmten sozialen Kompetenzen und nur mit einer entsprechenden Einstellung. Ist ja eine grundsätzliche Entwicklung, nicht nur eine bzgl. des Sterbens oder des Todes. Viele Menschen wollen oder können sich ja nicht unbedingt mit sich selbst beschäftigen, dann müssten sie nämlich sehr tief in sich selbst hineinhorchen und bestimmte ZUsammenhänge verstehen können. Sie müssten sich und ihr Verhalten durchleuchten und kennen lernen, dazu ist nicht jeder bereit und nicht jeder in der Lage. Oft kommt eine Bereitschaft dazu ja auch erst, wenn man z.B. in die konkrete Situation gekommen ist, sich im Rahmen einer großen Krise mit sich und dem Leben auseinanderzusetzen. Kannst du mir noch folgen??? Ich glaube, ich drücke mich etwas umständlich aus, oder?
Du hast sicher recht, wenn du sagst, dass in unserer Gesellschaft der Tod zu wenig ins Leben integriert wird. Aber: Jeder einzelne von uns ist Gesellschaft! Also kann auch jeder einzelne von uns dazu beitragen, dass die Zustände sich ändern. Wir für unseren Teil machen ja an dieser Stelle schon mal einen guten Anfang, oder?
Übrigens habe ich die Erfahrung gemacht, dass die meisten Menschen irgendwie Angst davor haben, über dieses Thema zu sprechen, obwohl sie so tun, als seien sie sehr aufgeschlossen und hätten sich auch mit dem eigenen Tod schon hinreichend auseinander gesetzt. Da will ich mich selbst übrigens gar nicht ausklammern, ich habe ja geschrieben, dass ich mich schon sehr lange mit mir selbst beschäftige, aber z.B. immer noch nicht selbstbewusst genug bin, vor anderen zu weinen oder meine Hilflosigkeit zu zeigen.
Es ist doch eine Lebensaufgabe, sich auszusöhnen mit sich selbst. Menschen, die das schon getan haben, können sich glücklich schätzen. Sie sind es, die für andere Menschen eine echte Stütze sein können. Darf man von Ärzten und Schwestern erwarten, dass sie mit ihrer Persönlichkeitsentwicklung abgeschlossen haben? Es wäre toll, wenn sie es hätten, aber es ist nicht so. Ärzte sind Ärzte, wieso sollten sie eine klarere Beziehung zu sich selbst haben? Es gibt ja sogar die Theorie, dass viele Ärzte nur deshalb Ärzte geworden sind, weil sie den Tod nicht akzeptieren können und riesige Angst davor haben. Und dass sie sich deshalb so sehr dafür einsetzen, dass ein Patient geheilt wird. Ein Verdrängungsmechanismus! Wenn ein Patient dann doch stirbt, empfinden sie das teilweise als persönliche (!) Niederlage. Ist das verwerflich? Klar darf man nicht so unehrlich und unsentimental mit dir umgehen, wie du es erlebt hast. Aber versuche doch mal zu verstehen, warum die Ärzte sich bei dir so verhalten haben. Sie sind nicht reif genug gewesen, waren noch nicht auf dem gleichen Entwicklungsstand wie du! Soll keine Entschuldigung sein, nur eine Erklärung.
Was sagst du dazu?
Gruß. Anja

01.08.2002, 20:48
hallo liebe Miriam, hallo an alle anderen!

Miriam, Du hast mir aus der Seele gesprochen. Denn ich finde dass DIESES Forum so keinen Sinn hat.
Es gibt Seiten, die sind für Diskussionen da - und es gibt Seiten, da fragt jemand zu einem ganz bestimmten Thema um Hilfe. Und mcöhte wohl vermutlich auch hierzu eine Antwort - und zwar NUR hierzu.
Ich bin es leid, noch einmal auf diese Seiten zu kommen. Eine echte Hilfe ist sie wirklich nicht.
Mein Vorschlag: warum macht Ihr nicht bestimmte Seiten auf, die nur für diese Diskussionen gedacht sind. Und die anderen Anfrageseiten, die ein ganz bestimmtes Thema betreffen, nutzt Ihr hierfür nicht.
Schade, dass Ihr es kaputt macht. (mein Eindruck)

Alles Gute für Euch alle!
Sonja

02.08.2002, 05:56
Hallo Sonja,

hier wird gar nichts kaputt gemacht. Wenn du die Seiten nicht mehr lesen möchtest, dann tu es doch einfach nicht mehr. Wozu die Ankündigung?
Übrigens: Auch wenn wir vielleicht von der ursprünglichen Frage etwas abgekommen sind, Diskussionen entwickeln sich nun mal manchmal. Keiner von uns hat es absichtlich gesteuert, dass sie in diese Richtung gegangen ist.
Wie wäre es mit ein wenig Toleranz? Außerdem kannst du deine Fragen ja dennoch mit einbringen, es hindert dich niemand daran!

Anja

02.08.2002, 09:07
Hallo,

lese diese Geschichte mit großem Erstaunen.
Da gibt es eine KADO die versucht über diesen Weg Erfahrung, Hilfe und Antworten zu finden.

Keine 2 Antworten später hat die Diskussion nichts, aber auch gar nichts mehr mit dem Thema zu tun.

Ich habe Verständnis dafür das für Betroffene oder Angehörige der Punkt kommt, wo man seinen ganzen Frust, seine Angst und Sorgen loswerden will, und sich mal richtig ausko..en muß.

Aber dazu sollte man sich bitte den richtigen Tread aussuchen oder ggf. einen eigenen eröffnen.

@Die Krasse

Es wiederholt sich ohne Ende, "Ich will ja niemanden angreifen, ABER ....."
Das hat langsam System. Sorry, aber so wirds unglaubwürdig.
Man darf seine Meinung auch mal UNKRASS äußern.

@Kado
Lass Dich nicht irritieren, frag weiter!!
Denn Du bist anscheinend bereit dazu zu lernen.

Niemand kommt als Mutter Theresa auf die Welt.

Ciao Wolfgang

02.08.2002, 09:55
boah, anja, deine antwort ist aber heftig!
du sprichst von toleranz und schreibst im gleichen atemzug, dass man es eben nicht mehr lesen soll, wenn es einem nicht mehr passt.
dann hat man eben pech gehabt.
toleranz heisst aber auch zu akzeptieren, dass für andere teilnehmer die diskussion so einfach nicht mehr fruchtbar ist und vielleicht mal was zu ändern und da auch mal drauf einzugehen.
und nicht einfach zu schreiben "dann lass es eben doch".
und wenn du dich mal in anderen foren umguckst, wie zum beipeil den über chat, sind die probleme da auch nicht anders.
und das stört mittlerweile.
hier war mal ein füreinander und jetzt ist es oft so, dass manche teilnehmer meinen die weisheit mit löffeln gefressen zu haben und jeden beitrag auseinander pflücken.
und im nächstem beitrag wird wieder eins draufgesetzt.
ja, das kann man endlos weitermachen, aber für mich ist das mittlerweile energie-verschwendung.
du hast auch meinen letzten beitrag nicht richtig gelesen oder hattest keine lsut darauf einzugehen:
ich habe in keinster weise gesagt, dass ich etwas gegen diskussionen habe und nicht in der lage bin mich mit bestimmten themen auseinander zusetzen.
ich bin nicht hier, um mich zu ärgern oder mich zu rechtfertigen, sondern um gleichgesinnte zu finden und mich auszutauschen.
und nicht um ständig über den unterschied zwischen angehörigen und betroffenen nachzudenken.
ich weiss auch nicht, ob der so wichtig ist.

und den ton, der hier teilweile herrscht, muss ich auch nicht haben.
einige teilnehmer haben hier nun zum ausdruck gebracht, dass diese form für sie nichts bringt und dann sollen sie eben abhauen.
aber alle anderen müssen sich hier munter kritisieren lassen.

wenn ihr da so toll und okay findet,-gut.
kann ich nicht nachvollziehen, aber ich bin so tolerant, dass ich es zumindest versuche zu akzeptieren.

02.08.2002, 11:28
Liebe Miriam,

ich glaube, Anja wollte damit ganz bestimmt nicht sagen, dass Du oder irgendjemand sonst "abhauen" soll.

Der Vorteil an einem Forum ist doch eigentlich, dass man Beiträge überspringen kann, die einem weniger zusagen, ich bin mir ziemlich sicher, dass genau das und nichts anderes gemeint war.

Liebe Grüße!

Bettin

02.08.2002, 13:50
Liebe Miriam,

warum reagierst du so aggressiv?
Du versteckst dich hinter deiner Anonymität und meinst wohl, dass du dich so mal so richtig hier auslassen kannst. Andererseits sprichst du davon, dass der Ton dich hier stört.
Mal ganz ehrlich, hast du den nicht selber ins Spiel gebracht?

Ich muss dir sagen, dass ich nicht das geringste Bedürfnis verspüre, mich auf dein Niveau hinabzulassen. Also, wenn du nur deinen Frust loslassen willst, tu das bitte in Zukunft auf andere Weise, ich werde dich ins Leere laufen lassen und auf deine unverschämte Art nicht mehr reagieren.
Ich habe den Eindruck, dass du quertreiben musst, denn jetzt sind wir doch erst recht vom eigentlichen Thema, sprich Kados Anfrage, abgekommen, oder?
Also lass uns hier nicht streiten.

Anja

02.08.2002, 15:06
Haaaaalloooooo,

auch wenn ich mich jetzt in die Nesseln setze......

........kommt doch wieder auf den Teppich.

Verschenkt doch Eure Energie nicht in diese gegenseitige Angifterei.Ihr wisst doch: Das Leben ist zu wertvoll als es mit so sinnlosem zu vergeuden. Alles Zeit die ihr später gern hinten anhängen würdet.

Das hat doch nichts mehr mit diskutieren zu tun.
Ihr habt Euch jetzt (hoffentlich ) ausgegöbelt und jetzt lasst gut sein- ja?!

Bestimmt gibt es einige, die sich unter"HIlflose Helferlein" etwas anderes vorstellen als Eure Zankerein. Bestimmt schockt Ihr den einen oder anderen damit..., der hier etwas ganz anderes erwartet!


Hallo Kado,

wie geht es Dir und Deinem Schützling? Finde es bewundernswert wie Du Dich kümmerst. Hoffe Du kommst soweit klar und wenn nicht, melde Dich. Lass Dich nicht verschrecken.

Alles Gute und ganz viel Kraft für Euch
LI(ane)

02.08.2002, 22:22
Hallo,
habe eben Kados Bericht gelesen und die Reaktionen darauf und muß mich nun doch auch mal zu Wort melden.Ich selbst arbeite in einer Einrichtung für behinderte Menschen, und habe auch eine entsprechende pädagogische als auch medizinische Ausbildung.Nebenbei hat meine Mutter selbst Krebs.
Ich kann sehr gut nachvollziehen wie es dir geht, Kado, denn ich weiß, daß man zu "seinen" Behinderten mit der Zeit eine zum Teil sehr tiefe emotionale Bindung hat.Man fühlt sich verantwortlich, schließlich ist man als Mitarbeiter eine Art Familienersatz.
Aber das Jenny behindert ist spielt ja momentaan keine Rolle (so sehe ich das), sondern sie ist ein Mensch, der nicht mehr lange Leben wird.
Ihr als Mitarbeiter kennt sie besser als alle Ärzte, und deshalb denke ich, daß du weißt, wo,it du sie glücklich machen kannst.
Wenn du einfach auf deine Erfahrungen mit Jenny zurückgreifst und deinem Gefühl folgst, kannst du nichts falsch machen.
In meinem beruflichen als auch meinem privaten Leben habe ich die Erfahrung gemacht, daß man seinem Gefühl oftmals mehr vertrauen kann als dem, was der Kopf sagt.
Zum Thema "Umgang mit Tod oder Sterbenden": ich habe auch Fortbildungen zu diesem Thema gemacht, hatte während der Ausbildung entsprechende Unterrichtseinheiten.Aber bei so einem Thema wird ganz deutlich klar, wie weit Theorie und Praxis auseinanderklaffen.Das muß ich gerade persönlich ganz hart erkennen

03.08.2002, 09:47
Morgen Ihr Lieben,
... also an alle hier, die noch immer wegen mir ein bisschen schimpfen: Ich habe mich - etwa vier Beiträge zurück - entschuldigt! Was soll ich denn jetzt NOCH tun? Vor meinen Computer hier hinknien und IHN anflehen?
Kann ja auch nichts dafür, DASS ich manchmal krass bin. So bin ich nun mal, das ist keine Absicht. Und wenn ich mich mal aufrege, dann rege ich mich eben auf. Darf ich das etwa auch nicht?
Oder anders gefragt: Nehmt Ihr es nicht ernst, wenn sich eine Krebsbetroffene über etwas aufregt, das sie immerwieder und immerwieder erleben muss? Könnt Ihr nicht ein bisschen versuchen, meine Zeilen mit Eurem Herzen zu lesen?

Mir geht's hier nicht um's Hervorheben von meiner Person (was hab' ich denn davon?), sondern um die "Verarbeitung" des Ganzen. Es ist genau so wichtig, unser System und die Gesellschaft zu "begreifen", wie die ganze Sache mit dem Krebs. Denn alles hängt zusammen, alles ist ein einziger Kreis. Ich lebe nun mal in dieser Gesellschaft, MIT dem Krebs, und GEHÖRE in diese Gesellschaft, MIT dem Krebs. Anders geht es gar nicht.
Ich hoffe jedenfalls, dass es für Euch nun okay ist. Ich schwinge die Friedensflagge, könnt Ihr sie sehen?

Liebe Anja, Du hast da eine echt gute Erklärung gefunden. Diese Theorie, dass manche Ärzte nur Ärzte geworden sind, weil sie den Tod nicht ausstehen können und selber Angst davor haben. Wenn man das liest, muss man fast schon schmunzeln. Und gleichzeitig ist es zum heulen. Denn wenn ein Arzt solche Angst davor hat, ... macht er schneller mal Fehler, nicht wahr?
Und somit wäre es ebenfalls eine Erklärung, so wie Du sagst, dass diese Ärzte noch nicht auf dem "gewissen" Entwicklungsstand (menschlich gesehen) sind.
Klingt vielleicht wieder mal krass, aber wenn man es nüchtern betrachtet, stimmt es schon ... und wir kommen ja somit wieder auf diese "Unwissenheit" zurück, so wie ich es eben nenne.
Tja, und nun die Frage: Was nützt mir das als Krebspatientin? Denn so ein Arzt wird doch auf Biegen und Brechen versuchen, mein Leben zu erhalten. Das IST zwar die Aufgabe eines Arztes, ... aber es wird dann auch oftmals missbraucht, indem er eben auch "Tests" und "Versuche" mit mir als Patient macht, ... eben auf Biegen und Brechen. Wenn ich als Patient darüber informiert und damit einverstanden bin, okay. Aber oftmals WEISS man ja nicht mal was davon. Also auf Biegen und Brechen. Vieles ist ja noch reine Forschung. Da steck ich als Patientin mittendrin.
Diese Haltung meiner Ärzte, so wie ich es erleben durfte, zeigte mir einen Einblick in diese ganze Maschinerie, und zeigte mir auch diese unendliche eigene Hilflosigkeit der Ärzte. Sie konnten mir nur jenes bieten, was sie "inzwischen" kennen, doch für alles andere waren sie gar nicht offen. Ich war kein "Mensch" für sie, sondern lediglich einer von diesen vielen Brustkrebsfällen.
Ob es nun ihre Angst war oder ihre eigene Hilflosigkeit (wahrscheinlich beides), half und nützte mir nicht im geringsten etwas.
Ich wusste zwar schon immer, dass so manches schief läuft (habe ja bei Versicherungen gearbeitet), aber dass es SO kalt zugehen würde, ... hätte ich mir nie gedacht. Es war ein zusätzlicher Schock.

Nun, um noch schnell auf die "Spezialisierungen" zurück zu kommen, ... da gibt es also Tumorkliniken, Sterbehospize usw. Freude herrscht, denn WENN es das nicht geben würde, ... was wäre DANN?
Ich gehe ja auch (nächste Woche wieder) in die Reha. In die Tumorklinik. Zu den Antrophosophen. Warum gehe ich DORT hin? Weil die dort noch die einzigen sind (die ich kenne), die GANZheitlich denken. Weil sie mich als MENSCH sehen.
Und weil ich DAS, was mir diese bieten können, sonst nirgends finden kann.
Ich könnte mir sogar vorstellen, dass ich - sollte es soweit kommen - ebenfalls FREIWILLIG in ein Sterbehospiz gehen würde. Weil das wahrscheinlich der EINZIGE Ort sein wird, an welchem ich es gut haben, und wo ich als Mensch mit Würde angesehen werde. Und warum würde ich dort freiwillig hingehen? Weil ich DAS, was mir diese bieten können, sonst nirgends finden kann.
(Ausnahmen immer möglich, gell?)
Irgendjemand hatte da also mal die Idee, diese "spezialisierten" Kliniken zu bauen, zu gründen. Das waren weise Menschen, finde ich. Denn sie hatten erkannt, dass es etwas geben muss, wo der Mensch als Ganzes betrachtet wird. Und mit Würde behandelt wird. Weil es das sonst offensichtlich nirgends gab!
Aber warum gab es das nirgends?
Nun, diese "Spezialisierungen" haben eben ihre Vor- und Nachteile. Einerseits ist es gut, GIBT es sie, aber andererseits ändert sich in der übrigen Gesellschaft nicht viel, weil sich jeder von der "Zuständigkeit" zurück ziehen kann.
Daher auch meine Worte mit dem "herumschubsen". Niemand ist da zuständig, jeder meint, der andere müsse das "Spezielle" tun. Daher auch meine Worte mit dem "Abschieben", denn weil niemand zuständig ist, oder sich niemand zuständig fühlt, kommt es schon hin und wieder vor, dass man eben für das eine oder andere "abgeschoben" wird.

Ergo haben wir unsere "Spezialisierungen", und der Rest ist nicht dafür zuständig.
Also doch eine Marktlücke, oder? Denn als Patient steckt man da mittendrin. Ich kann es nämlich schon bald nicht mehr hören, wenn man mir nur schon am Telefon sagt: "Ja, da sind wir leider nicht zuständig, da müssen Sie sich schon an XY wenden ...!" Und wenn ich mich an XY wende, heisst es dort: "Ja, das machen wir, jedoch KOSTET dies ...!" Und wenn ich das Kleingeld nicht dazu habe, frage ich wo anders an, aber dort geht die Geschichte wieder von Vorne los. Es sind nicht nur die Ärzte und Kliniken, ... es sind auch unsere ganzen sozialen Einrichtungen.
Ein einziger Kreis.
Unsere "spezialisierte" Gesellschaft eben.

Weisst Du, wie ich es meine? (Das Ganze ist auch nicht so einfach zu erklären, ohne dass man missverstanden wird.)

Bis demnächst, ja? Habe diese Tage noch einiges zu erledigen, bevor ich in die Reha gehe. Sollte ich mich also nicht mehr oft melden, wünsche ich Euch allen hier eine recht schöne Zeit.
Ganz liebe Grüssli
von der "Krassen"

03.08.2002, 13:30
liebe anja,

also, unverschämt finde ich des ton meines beitrages ganz und gar nicht und das war auch nicht meine absicht.
du schreibst von meinem niedrigem niveau, dass ich mich hier auslassen und quertreiben will etc.
das hat auf mich ziemlich aggressiv und auch beleidigend gewirkt.
weil`s einfach nicht stimmt.
aber ich habe nicht bedacht, dass geschriebene worte anders wirken können, als wenn man persönlich miteinander spricht.
aber du hast recht, wir werden da wohl auch nicht auf einen nenner kommen.
und ich gebe li recht, dass nun schluss sein muss und ich werde auch nichts mehr dazu schreiben.
nichts für ungut.

04.08.2002, 14:17
Hallo Ihr alle,
nun möchte ich mich doch nochmal zu Wort melden, denn die Antwort von Anja (32) kann ich so nicht hinnehmen.
Denn ich finde, Anja, dass DEIN Ton sehr verletztend wirkt und er gibt einem noch einen weiteren Hieb, der einem in der eh schon so schwierigen Zeit noch tiefer drückt.
Du fragst, warum ich mein Fernbleiben nun auch noch ANKÜNDIGE. Es gibt hierauf eine einfache Antwort: freie Meinungsäußerung. Ich war so enttäuscht und wütend darüber, wo uns eine einfache Anfrage von Kado hinführt, dass ich dies gerne zum Ausdruck bringen wollte.

Es darf doch nicht sein, dass wir durch solche endlosen aggressiven Äußerungen, viele Menschen, die Hilfe suchen, vertreiben.

Ich wünsche allen viel Kraft und Mut, dieser feigen Krankheit paroli zu bieten.

Eure (ziemlich niedergeschlagene) Sonja

04.08.2002, 20:17
Liebe Kado,
nachfolgend einige Links für Dich:

Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz www.hospiz.net
Deutsche Hospiz Stiftung www.hospize.de
Informationsdienstes Krebsschmerz http://www.krebsinformation.de/schmerzen.html

Alles Liebe für Dich und Jenny.
Rose1Wood®

07.08.2002, 14:31
Hallo Kado
Ich finde es sehr wichtig dass auch so einer Frau geholfen wird. Falls du einem zum reden brauchst kannst du dich gerne unter sonja-ehlert@gmx.de bei mir melden. ich würde dir und der kranken Frau gerne helfen.

Würde mich über eine Antwort sehr freuen.

Alles Lieb Sonja