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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie erzähle ich es Sebastian (Gangliogliom, Hirntumor, er ist jetzt 4 1/2)


noirchen
17.01.2006, 12:27
Hallo,
bei Sebastian wurde vor 3 Jahren (da war er 1 1/2) ein Gangliogliom diagnostiziert und operiert. Er hat noch einen Resttumor und muß alle 6 Monate zum MR. Zudem bekommt er Antiepileptika.
Jetzt ist Sebastian 4 1/2 und er weiß nichts von dem Tumor und auch einen epileptischen Anfall hat er bewußt nie mitbekommen.
Die Antiepileptika nimmt er ohne zu fragen, weil er es halt so gewohnt ist....
Wir überlegen nun schon so lange, was wir ihm sagen sollen, wenn er mal zu fragen anfängt. bzw. wieviel auf einmal...
ich will ihm keine Angst machen und ihn auch nicht anlügen, nur er fragt auch bis jetzt nicht von selbst. Auch die Krankenhausaufenthalte zum MR nimmt er so hin und hat noch nie gefragt warum. Ich denke, das kommt jetzt irgendwann und bin total überfordert wie ich das Thema angehen soll.
Sebastian ist etwas entwicklungsverzögert. Ich möchte ihn auch nicht mit einer zu weit gehenden Erklärung überfordern oder ihm unnötige Ängste machen.
Leider habe ich bis jetzt von unseren Ärzten keine Verhaltensstrategie bekommen bzw. als Leitsatz nur einmal: Nur soviel antworten wie er konkret fragt - ist das genug?

Eure Meinung wäre interessant!
Danke
Claudia

Sandra
17.01.2006, 13:45
Hallo Claudia,

es tut mir sehr leid, dass euer Kleiner in so jungen Jahren schon soviel Negatives erleben muss (und ihr natürlich auch).

Wie man Euch geraten hat, würde ich es auch machen wollen. Wenn er konkret nach etwas fragt, würde ich antworten, da er sonst anfängt sich irgendwelche Fantasien auszudenken und evtl. Angst bekommt. Worte wie Tod, Sterben, Krebs usw. sollten selbstverständlich nicht in der Erklärung enthalten sein (weißt Du ja auch selbst)! "Lügen" ist ein zu hartes Wort, denn letzten Endes versuchst Du ja nur, ihn und seine Kindheit zu schützen, soweit das möglich ist. Eine Umgehung der konkreten Wahrheit, kann und wird dir niemand übel nehmen und solltest Du auch selbst nicht!

Ich wünsche Euch alles erdenklich Gute!

LG
Sandra

Sani
17.01.2006, 15:19
Hallo,hab gesehen,das du ja hier auch geschruieben hast,da weißt du ja um die wirklich guten Buchvorschläge,als selbst Hirntumor-frau hab ich dir da im Hirnforum geantwortet,alles Liebe für euch,susanne

Holz0911
17.01.2006, 18:14
Hallo Claudia, ich weiß, in welchem Zwiespalt ihr steckt! Meine Tochter starb im letzten Okt. 12jährig an einem GBM, und ich hätte ihr nie die Wahrheit gesagt, ich bin immer für Ehrlichkeit, aber was dieses Thema angeht, hab ich Nina das "Blaue vom Himmel" heruntergelogen! Sie wusste, das sie Krebs hat, war in alles involviert, aber als man uns sagte, das der Tumor explodiert war und man nichts mehr machen kann, da ging die Lügerei los und es war richtig! Ich stimme der Aussage des Arztes voll zu, sagt nur soviel, wie nötig! Ich glaube, man wächst mit der Krankheit, ihr werdet es richtig machen, instinktiv! Ich wünsche euch ganz viel Kraft, alles wird gut!!! Liebe Grüße Ute

noirchen
18.01.2006, 12:16
Hallo Ute,
das tut mir sehr, sehr leid. Ich kann vielleicht ein bisschen nachempfinden, wie schwierig es ist, sein Kind zu verlieren. ca 1 Jahr nach Sebastian's OP wurde meine Tochter tot geboren, daher weiß ich wie schlimm der Verlust eines Kindes ist. Umso mehr will ich bei Sebastian jetzt "alles richtig machen".
Ich bin immer noch unsicher was ich Sebastian überhaupt erzähle, vielleicht begrenze ich es ja zunächst auf die Epilepsie...
Danke für Eure Antworten
Claudia

Ladina
18.01.2006, 19:51
Hallo Noirchen

Auch ich empfehle Dir, Sebastian nur das zu erklären, was er konkret fragt. Dann ist er bereit dazu.
Es kann sein, dass er mit dem Eintritt in den Kindergarten durch ein anderes Kind auf seine Erkrankung angesprochen wird und dann zu Dir kommt. Mir passierte das in der Schule mit 10 Jahren. Plötzlich war von Krebs die Rede, ich selber wusste bis dahin nur von einem "bösen Weh".
Aber ich will Dich nicht aufschrecken, sondern Dir einfach sagen, dass auch andere Kinder vieles von den Erwachsenen aufschnappen und dann halt plappern.

2003 ist ein Buch erschienen, das ich für sehr geeignet halte, Sebastian bei Bedarf aufzuklären, folgendes

BILDERBUCH FÜR KINDER MIT EINEM HIRNTUMOR
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Titel: Eugen und der freche Wicht

Autor: Michael Grotzer, Illustratorin: Anna Sommer
Verlag: Edition Moderne, 2003
ISBN : 3-907055-70-5

Gebunden, 36 farbige Seiten, grosse Schrift für Leseanfänger

Preis 19.80 EURO, SFr. 36.-

Erhältlich im Buchhandel oder bei:
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3907055705/qid=1137609566/sr=1-1/ref=sr_1_0_1/303-0977184-1698621

Zum Inhalt:
Bei Eugen wird ein Hirntumor festgestellt. Er muss für mehrere Wochen ins Spital. Sein Kamel Max und der Affe Oskar begleiten ihn dabei. Eugen wird operiert und weil noch ein Ärmchen des frechen Wichtes im Hirn geblieben ist, bekommt Eugen auch noch eine Strahlentherapie.
Im Spital trifft Eugen auf Julie, die auch einen Hirntumor hat, aber ganz tief innen im Gehirn. Sie wird mit einer Chemotherapie behandelt.
Als Eugen wieder nach Hause darf, gibt es ein grosses Fest.

Das Buch erklärt mit einfachem Text und mit den bunten Abbildungen, die in Farbpapiertechnik geschaffen sind bereits Kindern ab 4 Jahren, die Erkrankung und Behandlung eines Hirntumors.
Es ist weltweit das erste Buch überhaupt, das sich diesem Thema in Bilderbuchform widmet.

Anmerkung von Ladina:
Ein sehr wichtiges Buch zu einem lange unbeachteten Thema, kindgerecht und kompetent geschrieben und farbig illustriert mit ganzseitigen Bildern.

Der Autor Dr.Michael Grotzner, geb. 1964, Privatdozent und Facharzt für Kinderheilkunde und Kinder-Onkologie, ist Leiter der Hirntumor-Sprechstunde an der Universitäts-Kinderklinik Zürich.
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Auch zum Thema MRI gibt es ein kindgerechtes Buch:

KINDER-BILDERBUCH ÜBER DIE MAGNETRESONANZ-UNTERSUCHUNG (MRT, MRI)
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Titel: Die Geschichte der Magnetmännchen

Autorin: Gabriele Salomonowitz
Verlag: Wilhelm Maudrich, 2000
ISBN 3-85175-739-4, Gebunden, 22 Seiten, durchg. farbig Ill, mit Zubehör

Preis ca. 21.60 Euro-D/Euro-A, sFr. 42.-

erhältlich im Buchhandel oder bei :
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3851757394/qid=1137609670/sr=1-1/ref=sr_1_0_1/303-0977184-1698621

Verlagstext:
Dieses für Kinder gestaltete Buch soll Hilfestellung geben, wenn Kinder in die Röhre des Magnetresonanzgerätes gelegt werden sollen. Ein liebevoll ausgestattetes Werk, das in jede Röntgenordination gehört.

Anmerkung von Ladina:
Dies ist ein wirklich aussergewöhnliches Kinder-Bilderbuch. Liebevoll und aufwendig gestaltet, bringt es Kindern ab ca 4 Jahren phantasievoll und kindgerecht die MRT-Untersuchung näher und baut so die Angst der Kinder ab.
Es wird erklärt, warum es bei der MRT so laut hämmert und knackt und es fördert anhand der Geschichte von den Magnetmännchen die Kooperation der Kinder, bei der Untersuchung wirklich stillzuhalten. Das alles geschieht so spielerisch und erfrischend, dass es auch Eltern Freude machen wird, mit ihren Kinder als Vorbereitung auf das MRT dieses Buch anzuschauen und die Extra-Überraschungen zu entdecken.
Der relativ hohe Preis rechtfertigt sich in der sehr aufwändigen und strapazierfähigen Aufmachung dieses Buches, das ich allen sehr empfehlen möchte.

Die Autorin ist MTRA (Medizin-Technische-Radiologie- Assistentin) und hat das Buch basierend auf ihrer Arbeit geschrieben um Kindern ihrem Alter gerecht diese furchteinflössende Untersuchung vertrauter zu machen.
Ein wirklich wichtiges Buch!
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Schliesslich zum Thema Epilepsie noch ein leider vergriffenes Buch

BILDERBUCH
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Titel: Carla
Untertitel: Eine Geschichte über Epilepsie
Autorin: Silke Schröder
Illustratorin: Elisabeth Reuter
Verlag: Ellermann, 1996
ISBN 3-7707-6386-6, Gebunden, 32 Seiten, durchgängig farbig illustriert

Dieses Buch gibt es leider nicht mehr im Buchhandel. Es kann aber zum Beispiel bei der Parepi-Vereinigung ausgeliehen werden
http://www.parepi.ch/html/deutsch/frame2.htm
Ansonsten findet man es auch gebraucht unter Amazon.de
oder bei
www.eurobuch.com

Verlagstext:
Epilepsien sind alltäglich, auch im Kindergarten. Ein epileptischer Anfall Carlas gibt der Kindergärtnerin Anlass, den Kindern zu erklären, was Epilepsien sind und was es mit den Anfällen von Carla auf sich hat. Durch das sachliche, den Kindern angepasste Gespräch erhält der Zwischenfall den richtigen Stellenwert: Carla ist ein Kind wie jedes andere auch, nur hat sie hin und wieder einen epileptischen Anfall.Das Grundwissen über Epilepsien wird von Silke Schröder in kindgerechter Sprache erzählt. Es ist eingebettet in eine Rahmengeschichte wie sie in jedem Kindergarten vorkommt.

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3770763866/qid=1137609858/sr=1-1/ref=sr_1_0_1/303-0977184-1698621 (Derzeit gerade nicht bei Amazon erhältlich, aber schau mal in der Bücherei)

Persönliches Angebot von mir: Wenn Du dieses Buch in Deiner Bücherei nicht finden solltest, schreibe mir eine Mail, ich werde Dir dann das Buch in Farbe kopieren und es Dir kostenlos zuschicken per Post.
Habe keine Hemmungen. Ich helfe gerne , wenn ich kann.

Wünsche Dir alles Liebe und Sebastian viel Glück im Leben

Liebe Grüsse
Ladina

noirchen
19.01.2006, 12:36
hallo Ladina,

danke erst mal. Das Buch mit den Magnetmännchen habe ich bereits bestellt und auch das Buch Maari ... von der Krebshilfe.
Bei dem Buch Eugen und der freche Wicht bin ich mir nach wie vor unsicher, ob das für Sebastian nicht zu weit geht, weil er die OPs schon mit 1 1/2 Jahren hatte und ich ihn jetzt eigentlich nicht im nachhinein damit konfrontieren wollte.

Unsere Neurochirurgin spricht ja immer von einer guten Prognose bei Gangliogliomen, wir leben nach wait and see.

Als Mama ist man da schon oft überfordert...
Danke jedenfalls, ich versuche auch das Buch über die Epilepsie gebraucht zu bekommen.
Claudia

strahlemaennchen.de
19.01.2006, 22:15
Liebe Caludia,
das was Ute gesagt hat ist richtig. Antworte nur auf die Fragen, die konkret gestellt werden und wäge ab, ob Du sie ganz ehrlich beantworten sollst.
Wenn so ein kleines Kind fragt, muss ich sterben ? Dann hat das eine andere Tragweite als wenn ein 15 jähriger das fragt und ein nein ist dort vollkommen OK.
Wir hoffen natürlich nicht, dass Dein Kleiner jemals eine solche Frage stellt und das die guten Prognosen der Ärzte eintreffen und es ihm in Zukunft wieder richtig gut geht.
Alles Gute
E. Junge

mama
20.01.2006, 20:50
hallo,
unser sohn ist krank, nur weiß leider keiner genau was oder wie, und wir gehen alle 4-6 wochen die lk´s im US nachsehen zu lassen, die bisher 3 op´s hat er ohne fragen über sich ergehen lassen, wir haben im von "blöden" knubbels erzählt, als der sohn meiner freundin dann leukämie bekam haben wir unserem kleinen erzählt das der "böse" knubbels hat,
von ihm kam dann: werden blöde knubbels auch mal böse.


unseren sohn treibt immer mal wieder die frage um ob man vorher weiß wann man stirbt, ob sterben weh tut etc. leider finde ich darauf keine antwort.

da er zudem epi hat und auch medis nimmt haben wir ihm erzählt das die medis "für die zacken" sind. er geht auch nicht EEG machen sondern "zacken schauen", und je nachdem wie die "zacken" sind, werden die medis mehr.

vieleicht wäre was in dieser richtung von blödem/ bösen ding im kopf das "weggemacht" wurde ja was.

für usneren kleinen ist das mit den "zacken" gut nachvollziehbar, da er ja die "zacken" vom eeg sieht,
er nahm nun auch ein jahr medis für/ gegen die LK´s ( 3 er kombi von antibiotika und tbc medis, leider ohne erfolg) da kam von ihm mal, lieber lassen wir die knubbel alle wegschneiden dann sind sie weg


rosi

Claudia123
07.02.2006, 22:29
Hallo Claudia,

ich würde auch erst einmal abwarten bis Sebastian Fragen stellt. Unser Sohn ist 2004 mit 4,5 Jahren an einem Neuroblastom erkrankt. Er dachte damals er hätte einen Krebs im Bauch, so wie den, den wir in der Nordsee gefangen haben. Kinder wissen noch nicht was es bedeuten kann, Krebs zu haben - und das ist auch gut so. Stell dir vor, dein Sohn würde sich Gedanken über das Sterben machen, das wäre doch schrecklich. Er soll leben und fröhlich sein. Wenn er irgendwann einmal fragt, kann man Kindern in einem solchen Alter das auch mit einfachen Worten erklären, ohne dass es sie ängstigt. Unser Sohn wollte heute wissen, wie Krebs entsteht und ich habe versucht, es ihm kindgerecht zu erklären, ohne ihm Angst zu machen - hat geklappt. Ich würde ihm nie (erst wenn er wirklich alt genug dafür ist) sagen, was Krebs bedeuten kann. Ich habe in der Zeit ein Tagebuch für Leon geschrieben. Dort habe ich alles aufgeschrieben, vom Krankheitsbeginn, der Behandlung, die Medikamente die er bekommen hat, wie es ihm und uns ging und geht. Dieses Buch werde ich ihm irgendwann einmal schenken.

Ich wünsche euch und eurem Sebastian, dass er für immer gesund bleibt und ein fröhliches Leben vor sich hat!

Viele Grüße, Claudia