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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Blasenkrebs Neoblase für Frauen


Johannes51
25.01.2006, 12:17
Hallo,
ich melde mich hier zum ersten Mal. Bei meiner Frau (53 J.) ist nach der ersten und für uns erschütternden Blasenkrebs-Diagnose vor kurzer Zeit eine TUR durchgeführt worden. Nach der ersten Biopsie vor der Operation hatte es geheißen, es sei ein Tumor mit dem Grading T1 G3 gefunden worden. Es sei ein "Grenzfall", man könne die Blase erhalten, ggf. durch weitere TURs und infiltrierende Chemotherapie. Der Krebs ist, wie weitere Untersuchungen ergaben, auf die Blase beschränkt.
Jetzt sagte man uns, man habe auf eine Chemotherapie im Anschluß an die TUR verzichtet, weil man zu tief ins Gewebe habe einschneiden müssen. Es sei jetzt von einem Tumor T2 G3 auszugehen. Da bleibe meiner Frau keine Alternative als eine Blasenresektion mit Bildung einer Neoblase.
Meine Frau hat große Angst, nicht nur vor dieser sehr großen Operation, sondern auch vor der Zeit danach. Gibt es denn im Forum irgendwelche Erfahrungen, daß auch Patienten mit einem T2-Tumor trotz des Rezidivrisikos ihre Blase erhalten konnten? Gibt es denn keine Chance, dem Verdikt der Ärzte "Die Blase muß raus" zu entkommen?
Gibt es Zahlen, die die Überlebenschancen bei beiden Alternativen beschreiben?
Ist es richtig, daß das Anlegen einer Neoblase bei Frauen viel komplizierter ist als bei Männern und das Operationsrisiko entsprechend höher?
Kann man mit einer Neoblase seinen Beruf weitgehend ungehindert ausüben? Wir haben gehört, daß man sich nachts alle zwei Stunden den Wecker stellen muß, weil die neue Blase sich nicht "meldet"? Wie soll man dann am nächsten Tag arbeiten? Ist es richtig, daß man auch tagüber nicht merkt, wenn die Blase voll ist und regelmäßig "vorsorglich" zu Toilette gehen muß? Gibt es bei Frauen Beeinträchtigungen im Sexualleben nach der Operation?

Wir sind voller Angst und Sorge, zumal die Diagnose "Krebs" völlig überraschend kam und meine Frau keine ernsthaften Beschwerden hat. Für sie ist es psychisch sehr schwer, sich mit den Beiträgen in diesem Forum auseinanderzusetzen, zumal es viele Menschen gibt, die noch von viel Schlimmerem berichten. Deshalb schreibe ich hier für uns beide und hoffe, daß sich Betroffene melden, die gleiche oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Vielen Dank.
Johannes

Joschi
25.01.2006, 18:16
Lieber Johannes,
hier im Forum ist eine Teilnehmerin mit einer eigenen tollen Homepage zu dem Thema, ich hoffe auf ihr Einverständnis, dass ich die wohl nennen darf (Der link ist aber auch in ihrem Profil genannt, daher gehe ich davon aus, dass dies erlaubt ist.). Hier ist sie: http://rubys-website.de/.

Liebe Grüße schickt euch
Joschi

konrad
27.01.2006, 17:18
Lieber Johannes,
nach 2 Jahren Pouch kann ich zu Deinen Fragen folgendes sagen:
Ich werde nachts regelmäßig zwischen 2 und 7 Uhr wach durch leichtes Drücken in der Neoblase. Ich komme grundsätzlich mit einmal Aufstehen zurecht.
Die Neoblase hat bei mir ein genehmigtes Volumen von 0,75 Liter. Ein Entleeren ist je nach Trinkverhalten - Sprudel läuft schneller durch als Wein - alle 3 bis 6 Stunden erforderlich. Gelegentlich kontrolliere ich die Menge mit einem Meßbecher.
Die Entleerung erfolgt bei mir über den erweiterten Nabel mittels eines Katheters. Die Spitze des Katheters wird mit einem Gleitgel versehen. Das Ein- und Ausführen ist nicht zu merken. Das Katheter wird jede Woche erneuert, um das Einschleppen von Keimen in die Neoblase so klein wie möglich zu halten.
Äußerlich ist die Neoblase nur für den Kundigen !!! durch die leichte Aufweitung des Nabel zu erkennen. Daher keine Angst vor bauchfreier Kleidung.
Nach dem Entleeren kann es zu dem Austritt weniger Tropfen Urin kommen. Ich stopfe mir daher in der ersten Stunde ein Blatt Toilettenpapier in den Nabel.
Die Neoblase beeinträchtigt mich in keiner Weise im Beruf, der Sport wie Skilauf und Volleyball geht weiter wie bisher. Allerdings achte ich beim Sport darauf, daß bei Beginn der Tätigkeiten die Blase nochmals entleert wird.
Die einzige Einschränkung besteht darin, dass ich im Büro, im Auto und gegebenenfalls in der Hosentasche diverse kleine Päckchen mit Katheter und Gleitmittel verteilt habe.
Ich drücke Deiner Frau und Dir ganz feste die Daumen !!!
konrad

IsaH
29.01.2006, 19:24
Hallo Konrad,

schön, dass du auch so superzufrieden mit deiner Harnableitung bist!
Wollte nur anmerken, dass es sich bei deiner Lösung nicht um eine Neoblase handelt (die wird an die Harnröhre angeschlossen), sondern um einen "katheterisierbaren Pouch".

Alles Gute weiterhin für dich
und LG
Isa

Johannes51
30.01.2006, 01:01
Hallo Joschi, Isa und Konrad,
vielen Dank für Eure Informationen und für die guten Wünsche. Ich habe eigentlich keine Erfahrungen mit solchen Internetforen und bin erstaunt, wie viele Leute meine Frage gelesen haben und wie rasch ich Antworten erhielt. Wir habe alle Links angesehen und auch eines der empfohlenen Bücher bestellt und gelesen.
Nun wissen wir "technisch" sehr viel über solche Operationen und wissen auch, daß es Betroffene gibt, die danach ein "beinahe" normales Leben weiterführen, aber wir sind immer noch in einer Phase, in der wir die Diagnose "Krebs", die wir erst vor wenigen Wochen erhielten, noch nicht wirklich verarbeitet haben. Es ist ja auch so, daß meine Frau keinerlei Schmerzen oder sonstige Beschwerden hat, und daß sie dennoch eine große und sehr gefährliche Operation vor sich hat, bei der neben der Blase voraussichtlich auch der Uterus und die Ovarien entfernt werden sollen. Und dies alles, weil jemand unter dem Mikroskop bösartige Zellen entdeckt hat, die dann mit Buchstaben und Zahlen klassifiziert werden. Und je nach dem Code ("T1, 2, 2a, 2b - G 1-3") geht der Daumen des Arztes rauf oder runter. Wir waren zunächst beruhigt worden, daß alles mit der TUR sein bewenden haben werde ("Sie haben einen Schutzengel..."); dann aber plötzlich nach nur wenigen Tagen der Erleichterung die Eröffnung, daß die Blase radikal entfernt werden müsse. Da sucht man nach diesem Wechselbad der Gefühle in seiner Verzweiflung schon nach jedem Strohhalm und fragt nach konventionellen Alternativen. Die Klinik in Hamburg ist für die Operationstechnik berühmt - darum ging es uns nicht, - sondern um das Gefühl, alles versucht zu haben, um vielleicht doch noch die "große" Lösung zu vermeiden.
Meine Frau wird sich nun doch zu der Operation entschließen, und wir müssen auf das Geschick der Chirurgen vertrauen und hoffen, daß es auch nach gelungener OP gelingen wird, den seelischen "Knacks" wieder zu reparieren.
Danke jedenfalls nochmals für alle ermuntenden Zeilen.
Johannes

floh
01.02.2006, 19:56
Hallo Johannes,

ich habe mit 37 Jahren die Diagnose Blasenkrebs bekommen. Eine Neonblase war wegen der eingeschränkten Nierenfunktion nicht möglich. Ich habe von Geburt an eine partielle Querschnittslähmung.
War über die Krebssache ziemlich geschockt, weil ich ja schon mit meiner Gehbehinderung zu tun habe.

Heute habe ich ein Ileum-Conduit (künstl. Blasenausgang).

Anschließend habe ich eine Chemotherapie mit 3 Zyklen Cisplatin und Gemcetabine gemacht.

Ich kann Dir nur sagen, natürlich ist es schön, wenn die Blase erhalten werden kann, aber auch ich hatte die Einstufung ´pT2aG3.

Ich hoffe, Deine Frau kommt aus dem tiefen Loch, indem wir alle am Anfang waren, wieder raus. :remybussi

Ich wünsche Euch alles erdenklich Gute und viel Kraft!!!!!!!!!!!!!!!!!

Liebe Grüße
floh