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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie stark können die Nebenwirkungen sein?


rezzan
22.03.2006, 11:56
Hallo,
ich habe hier sehr viele Berichte mit den unterschiedlichsten Erfahrungen gelesen, wie sich eine Bestrahlung auswirken kann und mit welchen Nebenwirkungen man rechnen muss. Jetzt habe ich eine dringende Frage und hoffe sehr, dass ihr mir mit euren Erfahrungen vielleicht weiterhelfen könnt. Mein Vater (65) hat Lungenkrebs und soll nun neben der Chemotherapie auch Bestrahlungen bekommen. Zunächst 28x Thorax und im Anschluss 12x Kopfbestrahlung.

Ich muss tagsüber arbeiten und die einzige die mich unterstützen kann ist meine Schwester, die allerdings drei kleine Kinder hat. Bisher haben wir immer versucht es so zu organisieren, dass ich morgens warte, bis sie ihre Kinder in den Kindergarten bringt, dann kommt sie zu mir und bleibt bis zum Nachmittag bei ihm. Ich versuche dann möglichst pünktlich Feierabend zu machen und bin am frühen Abend bei ihm. Dass heißt, dass er ca. 2-3 Stunden alleine zuhause ist. Natürlich bleibe ich auch mal ganze Tage zuhause, vorallem direkt nach einer Chemo, wo es ihm auch mal ein paar Tage schlechter geht. Wir versuchen wirklich alles, immer da zu sein. Bisher ging das auch ganz gut, weil nach er nach ein zwei Tagen immer ganz fit war.

Jetzt lese ich aber oft, dass eine Bestrahlung wohl auch sehr starke Nebenwirkungen wie Schwindel, Gedächtnisstörugnen und Übelkeit haben kann. Und das ganze wird ja auch täglich gemacht. Daher meine Frage: Glaubt ihr, dass er in dieser Zeit überhaupt alleine gelassen werden kann, oder sollte ich besser versuchen den ganzen Tag bei ihm zu sein?

Das ist sicher bei jedem Menschen anders, aber vielleicht könnt ihr mir eine Einschätzung geben? Ich habe einfach total angst, dass er gerade in den Stunden wenn er alleine ist einen Schwindelanfall bekommt oder hinfällt. Bin für jeden Tipp dankbar :o

Tausend Dank und liebe Grüße
Rezzan

Gaby283
22.03.2006, 14:36
Hallo rezzan,

meine Mutter hatte auch Lungenkrebs (kleinzellig) und später kamen noch Hirnmetastasen hinzu. Nach der Chemo bekam sie 33 Bestrahlungen für die Lunge, die sie ohne große Nebenwirkungen, außer Müdigkeit und trockene Haut an den bestrahlten Hautarealen, überstanden hat. Nach 10 Monaten fand man mehrere Hirnmetastasen bei einer Untersuchung. Diese wurden dann 10 mal bestrahlt. Sie hat erzählt, dass sie manchmal einen dumpfen Klang im Kopf verspürt hat und fühlte sich auch oft müde. Die Haare sind an den bestrahlten Stellen auch nur noch spärlich nachgewachsen und die Kopfhaut war sehr trocken. Meine Ma war oft alleine zuhause und hatte damit auch keine Probleme. Es ging ihr den Umständen entsprechend gut! Aber wie du schon schreibst, das ist bei jedem individuell. Schaut einfach wie euer Vater sich fühlt. Vielleicht gehts ihm danach so gut wie meiner Ma.

Alles Gute für euch!

Gaby

rezzan
22.03.2006, 15:03
Hallo Gaby,
vielen Dank für deine Antwort. Das läßt mich doch sehr hoffen, zumal er ja auch die Chemos eigentlich ganz gut vertragen hat. Ich glaube nämlich auch, dass es ihm eigentlich gut tut, auch mal nicht rund um die Uhr überwacht zu werden. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich ihm nicht mehr von der Seite weichen sollte. Ich weiß ja, wie begrenzt die Zeit ist, die ich noch mit ihm haben kann...ist schon eine schwierige Situation. Aber da erzähle ich dir sicher auch nichts neues :(

Auf jeden Fall vielen lieben Dank und ich wünsche dir viel Kraft für die Zeit, die dir jetzt bevorsteht. Ich habe gelesen, dass du erst vor kurzem deine liebe Mama gehen lassen musstest - mein aufrichtiges Beileid. Ich habe auch meine Mama verloren und kann es auch heute - vier Jahre danach - immer noch nicht glauben. Der Schmerz und die Traurigkeit hören niemals auf, noch immer sitze ich tränenüberströmt da, wenn ich an sie und ihren Leidensweg denke. Aber man lernt einfach damit zu leben und es wird mit der Zeit immer ein kleines bisschen leichter. Ich wünsche dir das allerbeste und viele Grüße :engel:

Gaby283
22.03.2006, 15:50
Ich habe eben einige deine Beiträge gelesen und gesehen, dass dein Vater auch im Nordwest-Krankenhaus zur Behandlung ist. Meine Mutter wurde dort ebenfalls behandelt und die Ärzte und Radiologen haben alles getan, was in ihrer Möglichkeit stand.

Ich kann gut verstehen, dass du am liebsten ständig um deinen Vater herum sein möchtest. Am liebsten würde man die Zeit "aufsaugen", die einem noch bleibt. Bei mir war das nicht anders. Aber man nimmt dem Kranken das Selbstvertrauen, wenn man sie dauernd bemuttert und sie nichts mehr selbst machen lässt. Das soll aber nicht heißen, dass du dich fern von ihm halten sollst! Ich habe um meine Ma herumgegluckt und sie ganz oft - auch täglich mehrmals - gefragt, wie es ihr geht. Damit habe ich sie genervt, was sie mir dann gesagt hat.

Es tut mir sehr leid, dass du deine Mutter auch schon verloren hast. Manchmal bricht soviel über einem herein und ich versteh' nicht, wie man das verkraften kann/soll?!

Ich wünsche dir ein großes Paket, gefüllt mit starken Nerven und viel Kraft!

eternity_76
22.03.2006, 19:13
Hallo Rezzan.
Ich bekam nach vielen Chemos und Stammzellentransplantation auch lange Bestrahlung im Thorax bereich.
Die Nebenwirkungen waren bei mir sehr heftig, in Bezug auf Verbrennungen in Luft- und Speiseröhre. Ich war auch mal ein paar Tage in der Klinik, weil ich deshalb künstlich ernährt wurde. Aber das sollt dir um Gottes Willen keine Angst machen, es gehört bei manchen Patienten einfach dazu. Ansonsten ging es mir relativ gut. Ich war immer sehr müde und meine Leistungskraft, die eh schon etwas danieder war, lies noch mehr zu wünschen übrig. Aber ich kam trotzdem sehr gut zu Hause zurecht.
Es ist schwierig als Angehöriger den mittelweg zu finden, zwischen nervendem bemuttern und hilfestellung, zumindest hat mein Mann das immer gesagt.
Ich hoffe dein Vater verträgt die Bestrahlung gut und ich hoffe für Euch das alles gut wird.
Lass Dich nicht von eventuellen Nebenwirkungen erschrecken, es ist gut wenn Ihr wißt was passieren kann, aber jeder vertägt das ganze anders. Ich kenne sehr viele, die mit der Bestrahlung kaum Nebenwirkungen verspürten.
Ich wünsche Euch viel Kraft und Liebe.
eternity_76

rezzan
22.03.2006, 20:15
Liebe eternity,

danke dir auch sehr für deinen "Erfahrungsbericht" - es ist mir wichtig so viel wie möglich zu erfahren, was evtl. passieren kann. Werde versuchen, auch das Maß zu finden. Leider überrennt einen manchmal die Angst sosehr, dass man kopflos wird und überbesorgt reagiert.

Es tut mir wirklich weh zu lesen, wie viel auch du durchmachen musstest und was man alles meistern kann und muss. Ich wünsche dir und deiner Familie von Herzen, dass ihr das ganze endgültig überstanden habt. Und viel vieeeel glückliche Zeit mit deinen Kids - das hast du dir absolut verdient.
Liebe Grüße :)
Rezzan

Zoe
22.03.2006, 21:17
Hallo Rezzan,
wie Du selber schon in Erfahrung gebracht hast, sind die Auswirkungen von Bestrahlung individuell verschieden. Allgemein kann man aber glaub ich doch sagen, dass sich - wohl nicht gleich nach der ersten, aber nachdem man einige Bestrahlungen hinter sich hat - eine Schlappheit und Müdigkeit einstellt und der Patient ein größeres Ruhe- und Schlafbedürfnis als sonst hat. Das ließe sich in die Organisation des Tagesablaufs Deines Vaters einbinden und es sollte kein Problem sein, dass er zeitweise allein ist. Alles Gute! Zoe

rezzan
23.03.2006, 10:13
Vielen Dank für all eure Berichte und Einschätzungen. Ich bin doch etwas beruhigter :o Im Moment sitzte ich im Büro und bin schon ganz unruhig, weil meine Schwester mit ihm beim Radioonkologen ist. Heute ist der Lokalisationstermin, bei dem wohl die zu bestrahlenden Stellen aufgezeichnet werden. Komischerweise ist es so, dass mein Vater, der bisher eigentlich sehr stark ist und auch auf alle bisherigen Behandlungen sehr mutig und emotional eher ruhig reagiert hat, sehr bedrückt deswegen ist. Als er gehört hat, dass sein Körper "bemalt" werden soll und vor allem, dass die Markierungen auch eine ganze Weile bleiben müssen hat ihn das echt getroffen. damit hatte ich gar nicht gerechnet, weil er sogar mit dem Thema Chemotherapie, Haarausfall usw. sehr sachlich umgehen konnte.

Ich merke, wie schwierig das ganze ist und wie unterschiedlich Ängste und Sorgen sein können. Und dass ihn gerade eine Zeichnung seelisch so belastet, hätte ich nie gedacht. Ich werde heute abend versuchen nochmal mit ihm darüber zu sprechen, sofern er das möchte. Verdammt, irgendwie ist jeder doch alleine mit seinen tiefsten Ängsten. Entschuldigt bitte, aber es macht mich rasend, dass diese Sch...Krankheit einen so einsam macht.

Liebe Grüße, Rezzan

Zoe
23.03.2006, 12:30
Hallo Rezzan,
noch ein Hinweis auf gute Info-Brochuren zum Thema Krebs und Bestrahlung etc. zum Runterladen bzw. Bestellen:
http://www.krebshilfe.de/
in der linken Menuleiste unter "Infoangebot"
Vielleicht würde es Deinem Pa helfen wenn er besser versteht was bei der Bestahlung passiert........Grüße, Zoe

rezzan
23.03.2006, 17:13
Danke für den Tipp Zoe, ich mache jetzt mal früher Schluss und fahre gleich zu ihm. Er klang doch eben sehr geknickt am Telefon :(
Liebe Grüße & vielen Dank nochmals, rezzan

rezzan
24.04.2006, 19:02
Hallo an euch alle, die ihr mir so viele Tipps gegeben habt. :) Ich wollte euch nur kurz erzählen, wie es meinem Vater mit den Bestrahlungen mittlerweile so geht. Glücklicherweise verträgt er das ganze relativ gut. Er hatte zwischenzeitlich nur starke Beschwerden beim Schlucken, weil die Strahlungen wohl die Schleimhaut in der Speiseröhre angegriffen hat, das wurde aber mit einem Medikament (gelartig) gut gelindert. Die meisten Beschwerden hat er mit der Müdigkeit und einer allgemeinen Schlappheit, aber das ist nicht wirklich schlimm. Wir sind sehr sehr froh, dass die Bestrahlung des Kopfes jetzt vorbei ist (wurde doch parallel zur Thorax-Bestrahlung gemacht) und er auch schon mehr als die Hälfte der Thorax-Bestrahlungen hinter sich hat. Außerdem wurde auch die Chemo beendet, da der Tumor vollständig verschwunden ist *jubeljubel*

Jetzt hoffen wir alle sehr, dass er nach der Bestrahlung noch möglichst lange eine tumorfreie Zeit hat. Ich weiß, dass die Chancen sehr gering sind, aber daran versuchen wir uns jetzt einfach zu halten. Mein größter Wunsch ist es, dass er wenigstens noch einen "unbeschwerten" Sommer erleben darf. Er ist schon voller Tatendrang und packt langsam seine Koffer - er lebt eigentlich in Istanbul und dort möchte er auch so schnell wie möglich zurück. Ich wünsche es ihm so sehr und andererseits schnürt es mir jetzt schon die Kehle zu wenn ich daran denke, wie er dann wieder kommt weil es ihm nicht gut geht...aber wie gesagt, daran möchte ich erst denken, wenn es so weit ist :(

Ihr Lieben, ich möchte euch nochmal ganz lieb Danke sagen für eure Ratschläge und guten Wünsche. Ihr glaubt gar nicht, wie gut aufgehoben ich mich dadurch gefühlt habe / immer noch tue. :knuddel:

Liebe Grüße und ich hoffe, dass euch allen gut geht , rezzan

:rotier: :rotier:

Zoe
29.04.2006, 23:15
Hallo Rezzan,
schön zu hören, dass Dein Vater die Bestrahlung soweit recht gut überstanden hat und dass die Chemo angeschlagen hat! Das ist doch ein großer Erfolg! Ich wünsche Deinem Vater noch viele schöne Sommer! (Grüße nach Istanbul, habe wunderbare Erinnerungen an diese Stadt..........) Die Angst wird man bei dieser Krankheit nicht mehr los, aber Du hast die richtige Einstellung - alles hat seine Zeit jetzt gibt es erst mal Grund zur Freude! Alles Gute und weiter so positive Berichte! Viele Grüße, Zoe