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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Psychotherapie


Bell
04.06.2006, 11:27
Hallo,

ich bin relativ neu hier und habe bisher nur ab und zu hier gelesen. Nun habe ich ein persönliches Anliegen, bei dem ich gern eure Erfahrungen und auch Tipps erfragen möchte.
Ich bin im Nov. 2003 an Krebs erkrankt (Hodgkin) und habe dann die komplette Therapie (Chemo und Bestrahlung) hinter mich gebracht mit positiven Ausgang.
Nach der Therapiezeit fing ich wieder an zu arbeiten und irgendwie fühlte ich mich nicht gut. Die Zeit des Verarbeitens fing an. Auf der zweiten Kur machte ich zum ersten Mal eine Psychotherapie, die mir sehr viel geholfen hat. Die Therapeutin war unheimlich symphatisch und ich konnte meiner Seele viel gutes tun. Das ist nun 7 Monate her. Ich merke aber, dass mir diese Gespräche fehlen. Ich versuchte ohne diese Hilfe zu leben. Aber ich habe dennoch Phasen, da bin ich irgendwie "down". Mein Freund kann es mir dann nie recht machen, ich lasse meine Laune an ihn heraus und kann ihm einfach nicht sagen, warum ich eigentlich so depressiv bin (wenn man es schon depressiv nennen kann). Ich habe Angst, dass die Beziehung daran zerbricht. Dabei ist er mein größter Schatz und wüsste nicht, was ich ohne ihn machen soll.
Die Psychologin meinte damals zu mir, dass sie keinen Grund sieht, warum ich dringend eine Therapie brauche. Aber ich kann dennoch, sagte sie, zu einer Therapeutin gehen, wenn ich möchte und wenn es mir im Alltag zu viel wird. Wenn mir alles wieder über den Kopf wächst.
Ich frage euch nun, ist es möglich, dass die Krankenkasse eine Psychotherapie bewilligt, obwohl die "Krebszeit" bereits 2 Jahre her ist?
Zu wen kann ich gehen als erste Anlaufstelle? Die Hausärztin oder die Onkologin?
Es fällt mir aber schwer, mit diesem Anliegen meine Ärztin anzusprechen.
Der Krebs ist leider immer noch präsent in meinem Leben, auch wenn ich es schaffe mich abzulenken, aber die Angst bleibt.
Gruß
Bell

Piratte
04.06.2006, 13:58
Hi, eine PT kannst du auch unabhängig von der
onkologischen Erkrankung beantragen.
Jedoch ist es so, dass die selbe Therapieform
nur alle 2 Jahre genehmigt wird.
(also Ende der Therapie --> 2 Jahre warten --> neue Therapie)
Allerdings kann man das durch den Wechsel der Therapieform
umgehen.

Was hast du bisher für eine Therapie gemacht?
Tiefenpsychologisch fundiert oder Verhaltenstherapie?
Dann wäre jetzt der Wechsel ins jeweils andere sinnvoll.
Beides ist ähnlich gut.

Du hast die Möglichkeit, einfach bei einem Therapeuten
einen Termin auszumachen.
5 Probetermine zahlt die Kasse pro Therapeut, ohne dass ein
Antrag gestellt werden muss.
Da kannst du auch herausfinden, ob eine Therapie sinnvoll ist oder
eher nicht.

Indira
04.06.2006, 14:54
Hallo Bell!

Wenn ich Dich da richtig verstanden habe, hast Du bislang nur in der Reha bzw. Kur eine Therapie gemacht. Dann wäre es Dein erster Antrag für eine Therapie - oder?

Falls Du doch schon eine ambulante Therapie in den vergangenen zwei Jahren gemacht haben solltest, hängt es davon ab wieviele Stunden Du gemacht hast. Bei einer Verhaltenstherapie kannst Du bis maximal 80 Stunden bekommen, erst dann beginnt die zwei Jahresfrist inder die Kasse nicht mehr zahlt. Bei einer tiefenpsycholoischen oder gar analytischen Therapie sind es wesentlich mehr Stunden!

Wenn Du festgestellt hast, dass Dir die Gespräche gut getan haben und Dir nun fehlen, würde ich nicht zögern einen Antrag zu stellen!!!
Dein Hausarzt kann Dir eine Überweisung dazu ausstellen und Du brauchst ihm nicht bis ins Detail erklären warum Du eine Therapie möchtest - Du hast einen Anspruch darauf, wenn es Dir psychisch nicht gut geht und Du glaubst die Therapie kann Dir dabei helfen!

Ich bin schon sehr lange in Therapie, hab in der zweijährigen Wartezeit in größeren Abständen auch noch weitergemacht und die Stunden dann selbst bezahlt.

Ich wünsche Dir ganz viel Erfolg und vor allem gute Besserung!!!

LG Indira

Bell
05.06.2006, 13:31
Hallo Ihr Lieben,


schön, dass ihr mir geantwortet habt. Es ist für mich ein schwieriges Thema.
Ich habe bisher nur bei der zweiten onkologischen Jugend-Reha eine psychologische Therapie gemacht. Diese sah so aus, dass ich 2-3 Gesprächstermine pro Woche (insg. 4 Wochen) bei einer Psychologin hatte. Ich war ja erst sehr skeptisch wie die Jahre zuvor auch. Aber zu diesem Zeitpunkt fühlte ich bereit für solch eine Therapie, die man mir zuvor aber schon mehrmals angeboten hatte. Sei es die damalige Hausärztin, als ich die Diagnose bekommen habe oder auch die Onkologin, als ich die Chemo so schlecht vertragen habe. Aber ich dachte immer, dass alles wieder gut wird, wenn alles vorbei ist.
Ich weiß nicht, was es für eine genaue Therapie war. Ob nun tiefenpsychologisch oder eine Verhaltenstherapie-keine Ahnung.
Ich weiß nur, dass die Reha von dem Rentenversicherungsträger bezahlt wurde und nicht von der KK.
@Piratte
Ich kann einfach so 5 Termine bei einem Psychologen machen, ohne dass die KK es genehmigt? :confused:
Ich bin gesetzlich versichert.

Ich denke, es ist auch schwer einen richtigen Therapeuten zu finden.
Auf der Reha hatte ich echt Glück. Sie war echt nett und wir haben so gute Gespräche geführt. Ich war richtig ausgeglichen und fühlte mich wohl in meiner Haut. Auch wenn manche Gespräche einfach sehr aufwühlend waren und mich emotional sehr getroffen haben. Aber es tat so gut einfach zu reden.

@Indira
Ja, wie oben schon beschrieben, ich habe noch keinen Antrag auf eine psych. Therapie gestellt. Meine erste Erfahrung mit solch einer Therapie war auf der Reha.
Worin besteht denn der Unterschied zwischen einer Verhaltenstherapie, einer tiefenpsych. Therapie und analyt. Therapie? Ich habe da überhaupt keine Ahnung.
Ich muss der Hausärztin nicht mal genau erzählen, warum ich eine Psychotherapie machen möchte???? Ich kann es fast nicht glauben. Aber sie wird doch fragen, warum es mir psychisch nicht gut geht. Ich dachte, sie muss dann den Antrag stellen auf diese Therapie, in dem sie erläutert, warum und weshalb...

Wie kommt man denn an einen guten Therapeuten? Habt ihr Adressen von euren Ärzten bekommen?

Ich tue mich noch schwer, mit meinem Anliegen zur Ärztin zu gehen. Ich mein, ihr kennt doch diese Vorurteile. Bin ich denn psychisch krank, wenn ich solch eine Therapie mache? Die Frage ist sicher naiv, aber solche Gedanken schwirren immer noch in meinem Kopf herum, obwohl ich bereits mit einer Psychotherapie eine positive Erfahrung gemacht habe.

Danke noch mal für eure Worte!

LG Bell

Noa
05.06.2006, 13:45
Hallo Bell, ich kann mich meinen Vorrednern anschließen. Es gibt auch die Möglichkeit vor Ablauf der zwei Jahre eine weitere Therapie von der Kasse genehmigt zu bekommen. Dazu muss aber der (die) Therapeut(in) eine entsprechende Begründung der Kasse schreiben.

Infos hierzu kann man auch von der Dr. M. Scheel Stiftung in Köln bekommen.

http://www.krebshilfe.de/

E-Mail: deutsche@krebshilfe.de

Liebe Grüße

Günter

Indira
05.06.2006, 14:09
Hallo Bell!

Ja, es ist richtig - es reicht wenn Du Deinem Hausarzt sagst das Dich die Erkrankung und der zu bewältigende Alltag belastet und Du in der Reha positve Erfahrungen mit einer Psychotherapie gemacht hast. Dein Hausarzt stellt ja auch nicht den Antrag bei der Krankenkasse, das macht der Psychotherapeut und der braucht bei der ersten Antragstellung kein Gutachten o.ä. erstellen, dass wird erst bei Verlängerungsanträgen notwendig!
Dein Hausarzt braucht Dir nur eine ganz normale Überweisung ausstellen!
Du siehst, ist also kein Problem eine Therapie zu bekommen.
Und es ist auch richtig, dass Du die ersten 5 Sitzungen zur Probe bekommst um zu testen, ob der Therapeut für Dich der richtige ist, ob Du mit ihm zufrieden bist. Falls nicht, kannst Du ohne Weiteres einen anderen Therapeuten aufsuchen.

Ich hab mich damlas auch davor gescheut einen Therapeuten in Anspruch zu nehmen, kann Dich von daher gut verstehen. Aber es ist vollkommen unnötig, es gehen mehr Leute als Du glaubst zu einem Therapeuten und da ist gar nichts schlimmes dabei - wirklich nicht!!! Du tutst Dir etwas Gutes damit und es nehmen nicht "nur" psychisch Kranke eine Therapie in Anspruch, sondern auch Leute ,die bei ihrer Problembewältigung Hilfe benötigen - dafür sind Therapeuten da! Also es gibt überhaupt keinen Grund sich deshalb zu schäme o.ä.!!!

Der Unterschied zwischen Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch und analytisch besteht ganz kurz gesagt darin, dass die Verhaltenstherapie mehr im Hier und Jetzt verweilt und die anderen beiden Richtungen weiter in die Kindheit zurückblickt und dort nach Ursachen sucht (bes. bei der analytischen)

Die Verhaltenstherapie arbeitet manchmal auch mit keinen oder größeren Übungen z.B. Bewältigung der Angst, muß aber nicht so sein. Auch hier steht das Gespräch an erster Stelle!

Das war so ganz grob der Unterschied - und wie gesagt bei VT bekommt man maximal 80 Stunden bei der analytischen können es schon mehrere hundert sein!

Ich wünsche Dir sehr, dass Du Dich recht bald dazu entschießen kannst - ich möchte auf meine Therapie zur Zeit nicht verzichten - sie kann soooo hilfreich sein!!!

Die Krankenkassen müßten Listen von Therapeuten mit kassenärztlicher Zulassung in Deiner Nähe haben - dort könntest Du mal nachfragen! Aber wenn Du magst kannst Du auch deinen Hausarzt danach fragen, manchmal können die auch welche empfehlen.

Ich wünsche Dir alles Gute!!!

LG Indira

Bell
05.06.2006, 15:30
Hallo Günter, hallo Indira,

ich habe schon gedacht, dass ich bereits mit der Hausärztin ins Detail gehen müsste, warum ich denke, dass eine Psychotherapie mir helfen könnte.
Es gibt nämlich einige Faktoren, die mich zum Überlegen bringen, solch eine Therapie zu machen.
Wieviele Anläufe brauchtet ihr um den richtigen Therapeuten zu finden?
Wie schnell bekommt man überhaupt einen Termin beim Psychotherapeuten? Ich habe schon mal was von Wartelisten gehört.

Greifen die unterschiedlichen Therapien nicht manchmal ineinander über?

Deine Worte, Indira, beruhigen mich sehr. Sie machen mir Mut und geben mir die Kraft für letzten Schritt, den ich noch gehen muss. Nämlich der zum Arzt.


Einen lieben Gruß

Bell

Indira
05.06.2006, 15:56
Hallo Bell!

Ja, das stimmt. Leider haben die meisten Therapeuten eine Wartezeit bis zu einigen Monaten. Kann aber sein, dass Du auch Glück hast und es schneller geht!

Ich hatte mit meinen Therapeuten meistens viel Glück, hab nie suchen müssen. Meine jetzige hab ich bei meinen letzten Aufenhalt in einer psychoterapeutischen Klinik kennengelernt, sie hat sich dann mit einer eigenen Praxis selbständig gemacht und so konnte ich bei ihr bleiben. Sie ist Verhaltenstherapeutin, davor habe ich eine Analytikerin gehabt - war aber auch in einer anderen Stadt, mußte wegen Umzug mir damals eine neue Therapeutin suchen.

Also, ich hab alle drei Therapierichtungen, die von der Kasse bezahlt werden schon durch und so groß hab ich die Unterschiede eigentlich nicht empfunden!
Meiner Meinung nach ist die Therapierichtung nicht so wichtig, wie die Patient/Therapeutenbeziehung!

LG Indira

Bell
09.07.2006, 17:39
Hi Indira,

ich habe den Termin beim Psychiater gehabt. Dieser empfiehlt mir eine Gesprächstherapie in Richtung Psychoanalyse.
Medikamente brauche ich erst mal nicht. Ich habe einige Adressen von Psychologen bekommen, bei denen ich nun anrufen muss zwecks Terminabsprache für ein Vorgespräch.
Das Gespräch war schon nervlich sehr anstrengend und der Psychiater hat mich meines Erachten gut eingeschätzt. Ich hoffe nun, dass ich so schnell wie möglich ein Therapieplatz bei einem guten Psychologen bekomme.
Danke noch mal für deine Hilfe!
LG
Bell

Bell
22.08.2006, 08:35
Hallo,

ich habe mich lang nicht mehr gemeldet. Es ist auch viel passiert...
Ich habe einige Vorgespräche gehabt und die eine Therapeutin war mir von anfang an sympathisch. Die Gespräche selber waren/sind schon immer sehr aufwühlend, teilweise fällt es mir schwer über vieles offen zu reden. Aber ich habe beim letzten Gespräch über einen meiner Wutausbrüchen erzählt, was mir sehr sehr schwer fällt (nicht mal meine Freunde wissen davon) und ich bin sicher rot angelaufen, aber sie hat dennoch verständnisvoll mit mir darüber geredet.
Sie würde mit mir eine tiefenpsycholgische Th. machen. Sie erzählte auch was von einem Gutachten. Das hat mich ein wenig verwirrt, aber ich denke, sie wird schon wissen, was sie tut. Ich habe einen Fragebogen erhalten, in dem sehr weitreichende Fragen über mich und mein Umfeld aufgelistet sind.
Wer erstellt denn so ein Gutachten? Sie selber? Was ist denn, wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnt?
Wie lang könnte denn solch eine Th. gehen?
Wo ist der Unterschied zwischen Psychoanalyse und Tiefenpsychologie?
Zurzeit geht es mir echt schlecht...und ich hoffe, dass die Therapie bewilligt wird.
Viele Grüße
Bell