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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Eine kleine Weihnachtsgeschichte für Euch


14.11.2002, 19:43
MELVINS STERN

Melvin war ein Engel.
Kein besonders bedeutender Engel. Er sass nicht zur rechten Hand Gottes.
Wenn alle Engel sich versammelten und sich niedersetzten, um Gottes Weisheit zu vernehmen, blieb Melvin im Hintergrund stehen.
Melvin stand da, mit Eimer und Besen, und wartete.
Und wenn er irgendwo ein Staeubchen entdeckte, rannte er gleich hin und kehrte es in seinen Eimer.
Es war keine besondere Aufgabe, wirklich nicht. Engel sind schrecklich sauber. In tausend Jahren konnte es einmal vorkommen, dass einmal eine kleine Feder von irgendwo herabschwebte. Aber Melvin war sofort zur Stelle und kehrte sie auf.
Er waere ja eigentlich lieber Wolkenwaescher gewesen.
Oder noch lieber Sternputzer.
Jedesmal, wenn am himmlischen Anschlagbrett eine freie Stelle angezeigt wurde, war Melvin als erster da.
Aber wenn er dann den Wolkenschrubber nehmen und die Wolken abschrubben sollte, war das Ding so gross, dass Melvin selbst unter die Borsten geriet und geschrubbt wurde.
Und auch die Putztücher der Sternputzer konnte Melvin kaum hochheben.
Wenn es ihm einmal gelang, dann blaehte sich das Riesentuch auf und hüllte ihn in seine grossen, weichen Falten, so dass er überhaupt nicht mehr zu sehen war.

Aber Melvin gab nicht af. Und eines schönen Tages - wer haette das gedacht -, war er nicht nur als erster da, um sich zu bewerben.
Er war sogar der einzige.
>Was denn, bin ich zu früh?< fragte Melvin den Engel vom Dienst.
Der Engel vom Dienst sah gar nicht vom grossen Hauptbuch auf, sondern schrieb weiter, Zeile für Zeile, mit dem grossen Federkiel.
>Nein<, sagte er.
>Oder bin ich zu spaet?< fragte Melvin.
Der Engel vom Dienst malte den Querstrich des Buchstabens T und setzte einen Punkt auf das i.
>Du bist rechtzeitig gekommen<.
Er hielt Melvin ein Putztuch hin.
>Geh zehn Millionen Meilen in westlicher Richtung und dann einen Schritt nach links. Da findest du den Stern, dem du zugeteilt worden bist.<
Melvin traute seinen Ohren kaum.
Er war Sternputzer geworden.
Und seinen Augen wollte er auch nicht trauen: Das Putztuch hatte genau die richtige Grösse für seine Haende.
>Es ist nur ein sehr kleiner Stern<, sagte der Engel vom Dienst.
>Willst du die Arbeit übernehmen?<
>Oh ja, natürlich!< rief Melvin.
>Gut. Alle anderen haben naemlich abgelehnt.<

Es war auch wirklich kein Stern, mit dem ein Sternputzer viel Aufsehen erregen konnte. Er war schon sehr, sehr klein und glaenzte nur matt.
Aber er war alles, was Melvin sich je gewünscht hatte.
Er putzte seinen Stern morgens und nachmittags.
Und spaet abends, wenn die anderen Sternputzer ihre Poliertücher schon weggelegt hatten, wischte und rieb Melvin immer noch weiter.. Wenn er dann schliesslich nach Hause gehen wollte, konnte er sich kaum losreissen.
Immer wieder kam er zurück und wischte noch einmal mit dem Aermel über den Stern.
Und ganz allmaehlich, nach und nach, viele Tage, viele Jahre, vielleicht zweitausend Jahre spaeter, fing Melvins glanzloser Stern zu glaenzen an.
Der Himmelsstrich, wo er stand, war früher finster und unheildrohend gewesen. Nun wurde er heller und freundlicher. Melvin war bei seiner Arbeit so froh, dass die Zeit verging wie im Fluge. Und er haette auch bestimmt nichts von dem grossen Wettbewerb erfahren, wenn sein Freund Gamaliel ihn nicht besucht haette.
Aber Gamaliel kam zu Besuch, und als er sah, wie Melvins Stern glaenzte und funkelte, sagte er:
>Du solltest dich mit deinem Stern an dem grossen Stern-Wettbewerb beteiligen, Melvin.<
Melvin sah sich nach seinem Stern um. >Er ist sehr klein für einen Wettbewerb.<
>Von gross oder klein war nicht die Rede<, sagte Gamaliel.
>Du hast da einen sehr schönen, strahlenden Stern, Melvin.<
>Das stimmt<, sagte Melvin.
Diesmal war Melvin aber nicht der erste in der Reihe.
Nein, er war der Aller-Allerletzte. Vor ihm standen die grossen Sternputzer-Engel, einer immer noch grösser und maechtiger als der andere.
Und jeder trug einen riesengrossen, leuchtenden Stern.
Gamaliel stiess Melvin mit dem Ellenbogen an.
>Vielleicht haetten wir doch nicht herkommen sollen<, flüsterte er.
>Grösse allein macht's nicht<, sagteMelvin, und rieb über seinen Stern.

Die lange Reihe der Sternputzer rückte langsam vor und zog an Gottes Thron vorbei.
Und bei jedem der grossartigen, glitzernden Sterne, die ihm vorgeführt wurden, schüttelte der Herrgott den Kopf.
>Nein, nein<, sagte er. >Das ist nicht der richtige für einen Geburtstag.<
Schliesslich war nýr noch Melvin übrig.

Aber gerade in dem Augenblick, als Melvin mit seinem Stern vor den Herrgott treten wollte, erscholl ein Trompetenstoss.
Der Himmel erzitterte, und die Engel erhoben mutlos die Haende.
Der Erzengel Gabriel war gekommen, um sich mit seinem Stern an dem Wettbewerb zu beteiligen. Und der Erzengel Gabriel gewann jeden Wettbewerb.
Mit seiner grossen, goldenen Trompete in der rechten Hand und dem prachtvollen Stern in der linken, schritt Gabriel durch die Reihen der Engel.
Er hielt Gott seinen Stern hin, und der Stern blitzte und funkelte in allen Farben, die es je gegeben hatte und die es je geben würde. Dann trat Gabriel zurück und wartete darauf, zum Sieger ausgerufen zu werden.
Aber der Herrgott, der alles sieht, sah Melvin dastehen und warten.

>Der Wettbewerb ist noch nicht abgeschlossen<, sagte er.
>Komm, Melvin. Zeig mir deinen Stern.<
Melvin trat vor und hielt seinen Stern hoch.
Der Herrgott sah zu dem Stern herab, der ruhig und freundlich strahlte, und er nickte ein paarmal und laechelte.
>Du hast es verstanden, Melvin<, sagte der Herrgott.
>Das ist der richtige Stern.<
Alle Engel im Himmel jubelten und Gabriel liess seine goldene Trompete erschallen.

>Komm mit mir<, sagte der Herrgott.
Melvin fasste seinen Stern fester und lief hinter dem Herrgott her, der quer durch den Himmel schritt.
Ab und zu sah der Herrgott sich um und betrachtete Melvins Stern und sein warmes freundliches Licht.
>Doch, der wird ihm gefallen<, sagte er.
>Der wird ihm bestimmt gefallen.<
Schliesslich blieb der Herrgott vor einem dunklen, weiten Wolkenloch stehen.
>Stell ihn hierher, Melvin. Ja so. Genau so.<

>Wie gut er dahin passt<, sagte der Herrgott. >Sein Licht macht alles froh, was er bescheint. Sieh nur, Melvin. Sieh nur.<
Melvin gab seinem Stern noch einen letzten Wischer mit dem Aermel. Und dann, waehrend der Stern noch strahlender und heller aufleuchtete, sah er hinab - auf die kleine Stadt Betlehem.

15.11.2002, 07:21
Hallo Jinny,

danke für diese wunderschöne Geschichte.

Werde sie mir ausdrucken- wird dieses Jahr unsere Weihnachsgeschichte werden.

Liebe Grüße und alles Gute
Li(ane)

15.11.2002, 09:12
Hallo Jinny,

ich finde deine Sternenputzergeschichte schön. Werde sie mir ausdrucken.
Danke und liebe Grüße
Ingrid

15.11.2002, 19:17
Liebe Jinny,
vielen Dank für Deine schöne Geschichte.

Sie zaubert ein Lächeln in die Herzen....

Deine Sonja

17.11.2002, 20:11
Hallo jinny,
ich werde sie kopieren und unter meinen Arbeitskollegen und freunden verteilen. Deine Geschichte ist wunderschön, danke! Zaubert die richtige stimmung heut, denn ich werde meinem Freund gleich einen Weihnachtskalender basteln...
Ein kleines Weihnachtsbussi für dich!
ks-schnecke

21.11.2002, 13:03
Hallo Jinny
wunderschöne Weihnachtsgeschichte, hab sie mir auch kopiert. Für meine Selbsthilfegruppe für die Weihnachtsfeier.
Vielleicht sehen wir uns bei nächsten Hannovertreff.
Liebe Grüße
Maryjoe(Marlies)

22.11.2002, 00:12
Danke Jinny!
Ich hab diese schöne Geschichte kopiert, werde sie nur noch etwas illustrieren und meinen Enkelchen (8 10) senden! Sie Freuen sich bestimmt!
Liebe Grüße Ruby

23.11.2002, 03:13
hallo Jinny,
eine wirklich besinnliche Geschichte. Danke, das war mal schoen.
Ute

24.11.2002, 14:24
Hallo Ihr Lieben,

ich freue mich riesig, dass ich Euch damit eine kleine Freude machen konnte.

Ganz liebe Grüße und einen schönen Sonntag, sprich einen guten Start in die Woche.

JINNY

20.12.2002, 14:03
Hallo Jinny, Im Februar gibt es den nächsten Hannovertreff, vielleicht schaffst Du es dann zu kommen, wäre schön.

Einen schönen 4. Advent

Maryjoe(Marlies)

JINNY
20.12.2002, 19:50
Liebe Marlies,

oh wie schön, Februar sieht bei mir noch gut aus, würdest Du so lieb sein und mir dann das Datum mailen ?

Tut mir ganz schrecklich leid, wenn ich mich die letzte Zeit nicht gemeldet habe, hatte ein wenig Kummer und viel um die Öhrkes.

Liebe Grüße und ich freue mich auf das Treffen
JINNY

PS: Lieben Dank das Du trotzdem an mich denkst, auch wenn ich mich nie melde :-)

25.12.2002, 15:36
Liebe Jinny,
danke für die wunderschöne Weihnachtsgeschichte. Mein Sohn, 10, hat sie gestern abend seinen Großeltern und mir vorgelesen. Es war einfach nur schön. Frohe Weihnachten.
Liebe Grüße, Bettina

26.01.2003, 15:22
Hallo Jinny,

hier zur INFO:

Nächster Hannovertreff am 08.02.2003, um 16:00 in der holl. Lalaostube in der Innenstadt.
Sonst maile ich Dir mal meine Telefonnummer, zwecks Absprache.

Einen schönen Sonntag noch und danke für die mail,


Liebe Grüße
Maryjoe(Marlies)