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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Lebermetastasen nach Dickdarm-Ca.


marina01
10.11.2006, 16:00
Hallo,

ich bin seit heute neu hier angemeldet, nachdem ich schon einige Tage hier mitgelesen habe.

Zur Zeit pflege ich meine Schwiegermutter, die im Dez. 05 an einem Dickdarmtumor operiert wurde. Sie ist 80 Jahre alt. Aufgrund ihres Alters lehnte sie eine anschließende Chemotherapie ab. Das wollte sie sich in ihrem Alter nicht mehr antun, da sie eh nicht mehr lange leben würde. Im August diesen Jahres wurde 3 Lebermetastasen bei ihr festgestellt. Wieder lehnte sie Chemo und weitere Untersuchungen ab.

Seit 3 Wochen hat sich ihr Zustand auf einmal rapide verschlechtert. Sie wurde schwach und wollte eigentlich immer nur ins Bett. Seit Anfang letzter Woche liegt sie nur noch. Zur Toilette steht sie noch auf, obwohl ihr das sehr schwer fällt. Den Toilettenstuhl meidet sie, wenn möglich. Essen mag sie so gut wie gar nichts mehr. Trinkt aber fast täglich eine Flasche hochkalorische Nahrung. Morphium-Pflaster der Stärke 50 bekommt sie jetzt. Auch ist Wasser im Bauch, wofür sie Wassertabl. bekommt. Mal ist es mehr, mal weniger,heute ist der Bauch ganz hart und man kann deutlich die harte Leber fühlen. Sie ist eine ganze Liebe und klagt überhaupt nicht.

Kann man über den weiteren Verlauf etwas sagen? Wahrscheinlich nicht, da jeder Mensch anders ist.

Robert32
11.11.2006, 08:59
Hi,

von Deiner Schilderung her, kommt mir sofort das Bild des Indianers in den Sinn, der auf den Berg geht, weil er weiß, daß die Zeit gekommen ist.

Wenn Deine Schwiegermutter den Willen hat diesen Weg zu gehen, solltet Ihr sie unterstützen bis zur letzten Minute. Sonst kann ich nur die
wie so oft hier angesprochene Schmerztherapie bzw. palliative Pflege
empfehlen, wie auch immer das in eurer Gegend umzusetzen ist.

Hochkalorieprodukte wie Fresurbin haben wir auch meinem Vater gegeben.
Die Wirkung, so sagte man uns, wäre gerade bei Leberpatienten, sehr gering,
weil der Körper sich auch gar nicht mehr in der Menge nimmt, was er braucht. Ich sage dazu, daß es in jedem Fall besser ist dem Körper überhaupt etwas anzubieten, weil diese Drinks oft das Einzige sind, was die Patienten zu sich nehmen wollen.

Wassereinlagerung im Bauchraum sind ein ein Zeichen dafür, daß die Leber einen Teil ihres Dienstes nicht mehr verrichten kann, nämlich das Enzym zu bilden, was das Wasser in den Zellen bindet.
Wohlgemerkt ist das eine Einschätzung eines Nichtmediziners.

Spontan habe ich aber keine Idee, was man machen kann um den Weg zu erleichtern als für ihn da zu sein und ihm beinahe jeden Wunsch zu erfüllen.

marina01
11.11.2006, 11:41
Hallo Robert,

vielen Dank für Deine Antwort. Eine Frage hätte ich noch. Was versteht man genau unter palliativer Pflege? Die Pflege bis zum Tod, gibt es denn da was besonderes, was man noch machen kann?

Ja, sie trinkt Fresubin. Ist aber das einzige, was sie zu sich nimmt und sie wird von Tag zu Tag schwächer. Ich werde jetzt wohl Anfang der Woche auch ein Pflegebett besorgen, da es absehbar ist, daß sie bald nicht mehr aufstehen kann.

Gestern hat sich mein Mann das erste Mal so richtig um sie gekümmert, sprich mit ihr auf die Toilette gegangen usw. Er kann das nicht immer, da er beruflich eingespannt ist. Da ist ihm zum ersten Mal wohl so richtig bewußt geworden, wie es um seine Mutter steht und er ist jetzt total fertig. Ich bete, daß er das einigermaßen durchsteht, denn er ist trockener Alkoholiker. Das er dadurch jetzt nicht wieder aus der Bahn geworfen wird.

Marina

Robert32
11.11.2006, 23:50
Das besondere an palliativer Plege ist, dass es über die Leistung eines normalen Pflegedienstes hinaus geht. Der Name leitet sich von Latainischen ab und bedeutet soviel wie "Mantel". Und darum geht es auch im Prinzip. Einen schützenden Mantel über dem Patienten und der Familie auszubreiten und durch die Situation zu geleiten. Im Detail bedeutet das auch eine umfassende Betreuung mit einem Stück psychologischer Unterstützung.
Eigentlich müsste sowas wegen der zeitintensiven Pflege stationär gemacht werden, es soll aber auch Einrichtungen geben, die das so weit möglich zuhause machen.

Mein Vater hat 32 Jahre kein Alkohol getrunken. Ein Pfleger hat ihm einige Tag vor seinem Tod zum Abendessen eine Flasche Bier besorgen wollen. Da hat er dem Pfleger seine Geschichte erzählt. Seine Geschichte kannten sonst nur Leute aus dem "Verein". Wenn Dein Mann auch dabei ist, kennt er sicher das Gebet bzw. den Grundleitsatz. Ich glaube daraus lässt sich viel Kraft schöpfen, wahrscheinlich ist er desshalb ja auch das Credo.

marina01
14.11.2006, 19:13
Robert,

vielen Dank für Deine Infos. Habe mich mal kundig gemacht. In unserer Stadt gibt es noch keine Palliativversorgung. In Pflegediensten gibt es vereinzelt Kräfte, die darin ausgebildet sind, aber noch kein umfassendes Netz. In unserer Nachbarstadt ist ein Krankenhaus, welches eine Palliativstation hat. Aber kann man da so einfach hin, sollte eine Krankenhausbehandlung erforderlich werden?

Bei uns geht es eigentlich täglich weiter bergab. Schwiemu wird jeden Tag schwächer. Heute hat sie kaum von ihrer hochkalorischen Nahrung getrunken. Was sie viel trinkt ist Wasser und Kaffee. Wenn sie auch auf nichts Appetit hat, aber Kaffee will sie haben und bekommt sie auch. Das größte Problem ist jetzt, daß seit einer Woche ihre Verdauung stockt. Wir haben schon alle möglichen Mittel ausprobiert. Die Ärztin war heute da und hat nochmal ein anderes Medikament zum Abführen aufgeschrieben. Aber bisher hat es auch nicht angeschlagen. Habt ihr Tipps in solchen Sachen. Lactulose bekommt sie täglich 2 x, Laxoberal Tr. noch dazu. Microklyst hat nichts gebracht und heute haben wir so Carbon-Zäpfchen versucht, die schäumen im Darm und sollen dadurch die Darmtätigkeit anregen. Half bis jetzt aber auch nichts. Es ist Stuhlgang im Darm, war tastbar, zum Ausräumen aber wohl zu weich.

silverlady
14.11.2006, 22:46
hallo Marina
entschuldigung das ich mich hier einmische aber bei Verdauungsstörung hilft oft ganz einfaches Michzucker. Das kann einfach in den Kaffee eingerührt werden aber auch in Quark, Jogurt oder auch in Kompott. Wichtig ist dabei nur es regelmässig zu verabreichen. Das hilft oft besser wie Abführmittel.
Ich offe es hilft auch bei euch

liebe grüße und alles Gute
silverlady

Robert32
15.11.2006, 09:35
Das Problem hat sich uns so nicht gestellt.
Mein Vater hatte erst Verstopfung im Krankenhaus
und da hat das Personal die Arbeit übernommen, und
das hat auch funktioniert. Einem gesunden Meschen würde
ich zu Sauerkraut und Apfelwein in Kombination raten,
aber das hilft euch ja nicht wirklich weiter.

In die Palliativstation wird man sich nicht einfach einweisen lassen.
Bei uns war das in Mainz eine Glückssache. Mein Vater hatte anscheinend
eine Entzündung im Körper, die ihn so geschwächt hat, dass es den Anschein hatte, dass er stirbt. Dann haben wir den Notarzt geholt, der meinen Vater nach Mainz in die vormals behandelnde Abteilung einwies. Nachdem er da stabilisiert wurde, kam er in die palliative Abteilung, wo er zuerst auch nur 2 Wochen bleiben sollte. Letztlich hat er uns dann die Entscheidung abgenommen, was dann mit ihm passieren soll.

Ich bin fest davon überzeugt, daß nicht der Krebs die Todesursache war, sondern sein Herz hat aufgegeben. Mein Vater hatte schon zwei Herzinfarkte
und so ist das nur wahrscheinlich.

marina01
16.11.2006, 15:46
Danke Euch allen für die Antworten.

Heute ist ein komischer Tag. Schwiemu will überhaupt nicht wachwerden. Schläft richtig fest. Wie habt Ihr das gemacht. Habt Ihr Eure Lieben geweckt, um zu essen und Medikamente zu geben? Ich hab sie jetzt erstmal schlafen lassen. Ich hoffe, daß wir morgen endlich das Pflegebett bekommen, dann kann man sich ganz anders um sie kümmern. Jetzt im Schlafzimmer ist alles so beengt, da kann man sich schlecht mal dazusetzen. Im Wohnzimmer, wo das Pflegebett hinsoll, ist alles viel freundlicher.

Ich habe den stillen Verdacht, daß sie das Essen verweigert um die ganze SAche zu beschleunigen. Heute hat sie außer Kaffee und Wasser noch nichts zu sich genommen. Oder hat sie einfach keine Appetit? Was macht man dann? Zwangsernähren? Aber sie hat eine Patientenverfügung, daß sie keine lebensverlängernden Maßnahmen möchte. Es ist alles nicht so einfach. Mein Mann und Schwiegervater halten sich da so ziemlich raus, nach dem Motto "du machst das schon". Sind Männer in dieser Beziehung hilfloser?

marina01
17.11.2006, 08:21
Hallo Werner,

meine Schwiegermutter ist nicht im Krankenhaus, sondern hier zu Hause. Daher bekommt sie auch keine Infusion. Die Hausärztin war grad am Dienstag da. Trinken tut sie eigentlich genug, aber halt nur Wasser und Kaffee, aber nichts nahrhaftes. Beim Fresubin-Becher tut sie immer nur so, als wenn sie trinkt. Gestern sagte ich zu ihr: "Du trinkst ja gar nicht richtig." Worauf sie meinte: "Will ich auch nicht." (beim Fresubin). Auf die Frage, ob sie mal etwas anderes möchte, verneinte sie. Auch wird sie so langsam immer wunderlicher. Sieht Sachen, die gar nicht da sind und wird ein wenig bockig. Was man sonst gar nicht von ihr kennt. Die Ärztin meinte, daß könnte von den Giftstoffen der Leber kommen, die auch aufs Gehirn gehen.

marina01
21.11.2006, 00:23
:cry: Sie hat es geschafft und ist heute nachmittag eingeschlafen. Es war schlimm. Zum Schluß hat sie sich wohl noch einmal richtig gegen den nahenden Tod aufgebäumt. Sie hatte wie einen Krampf zum Schluß. Ich hab ihr dann noch ein wenig Morphium gespritzt, sodaß sie friedlich einschlafen konnte.

Ich fasse es immer noch nicht. Zwei Stunden vorher war die Ärztin noch bei ihr und es war nicht erkennbar, daß es so schnell zu Ende gehen würde. Sie meinte auch, mit dem Morphium spritzen könnten wir noch warten, es wäre noch nicht so schlimm. Ich bin fix und alle. Die ganze letzte Nacht habe ich an ihrem Bett gewacht, weil sie schon immer Schaum spuckte. Heute vormittag war sie wieder ganz friedlich. U nd dann plötztlich dies heftige Ende. Nun ist sie aber von allen Qualen erlöst.:cry: :cry: :cry: :cry: :cry:

silverlady
21.11.2006, 06:51
liebe Marina
es tut mir unendlich leid.
Wieder einmal hat der Krebs gesiegt.
ein stiller Gruß

silverlady

Robert32
21.11.2006, 12:47
Auch wenn wir Betroffene irgendwie Zeit haben uns vorzubereiten, kommt
das Ende doch überraschend.

Wenn Du darüber reden willst, findest Du sicher hier ein offenes Ohr und auch Unterstützung.

Ich wünsche euch viel Kraft.

marina01
24.11.2006, 22:56
Heute haben wir noch einmal Abschied von Schwiegermutter genommen. Wir durften sie uns noch einmal ansehen. Anfänglich war ja ein wenig Angst da, aber wir haben es nicht bereut. Im Vergleich zu Montag, wo sie gestorben ist, sah sie heute so friedlich und entspannt aus, als wenn sie schliefe. Vor allem meinem Schwiegervater hat es gutgetan, sie so noch einmal zu sehen. So fiel ihm der Abschied doch ein wenig leichter.

Was mich im Moment sehr beschäftigt ist, daß weder mein Mann noch seine Schwester irgendeine Trauerreaktion zeigen. Mein Mann sagt, so sei nun mal der Lauf der Lebens. Sie war 80 Jahre alt und da geht nun mal ein Leben zu Ende. Er ist ein Typ, der noch nie gut Gefühle zeigen konnte, aber ich dachte, in so einem Fall käme doch mal was. Oder der große Knall kommt noch. Vielleicht am Dienstag bei der Beerdigung. Habt ihr auch schon mal so etwas erlebt?