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Siv
09.03.2007, 05:24
Hallo erst mal :),

ich habe das Forum erst jetzt entdeckt, aber genau zum richtigen Zeitpunkt scheint mir. Ich versuche mal, mich so kurz wie möglich und hoffentlich klar zu fassen, denn ich brauche dringend ein paar Ratschläge, aber einfach auch die Möglichkeit meine Gedanken zu formulieren.

Um es nicht zu einem Roman ausarten zu lassen, versuche ich mich so kurz wie möglich, aber ausführlich wie nötig zu fassen. Mein Hauptproblem ist jedoch, dass ich nur sehr wenige „echte“ Informationen habe, in der Regel aus zweiter Hand, von meiner Mutter, die sich in medizinischen Dingen nicht sehr gut auskennt, dazu später mehr.

Obwohl mein Vater (69) seit 07. November 2006 im Krankenhaus liegt, wurde uns die Diagnose Speiseröhrenkrebs erst im Januar mitgeteilt und da eigentlich auch nur indirekt. Auf die Einzelheiten einzugehen, würde jetzt den Rahmen sprengen.

Die momentane Situation sieht so aus, dass mein Vater innerhalb der letzten Monate 6 Operationen hinter sich gebracht hat. Der Tumor wurde in der 4. Operation entfernt, laut des Chefarztes großflächig, so dass keine befallenen Zellen mehr vorhanden sein sollen. Aufgrund diverser Komplikationen bei der OP musste die Verbindung zwischen Speiseröhre, Magen, Dickdarm, Dünndarm in drei Schritten vorgenommen werden. Diese schweren Operationen hat mein Vater mittlerweile überstanden, der Verdauungstrakt ist soweit wieder hergestellt.
Aufgrund einer Fistelbildung die nicht heilen wollte, wird er nach wie vor intravenös ernährt, hat um die 20 kg abgenommen und ist körperlich sehr schwach. Heute soll nun die Fistel zugemacht werden und eventuell eine Magensonde gelegt werden.
Aufgrund seines schwachen Zustandes können im Moment noch keine weiteren Nachfolgebehandlungen wie Chemo bzw. Bestrahlung erfolgen und laut der Ärzte ist – im Gegenteil zu der Aussage nach der OP - die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Krebs gestreut hat. Aber definitiv sagen können sie nichts, da weitere Untersuchungen in dem momentanen Zustand meines Vaters nicht möglich seien.

Das wären meine ersten Fragen: Ist das so richtig? Dass Nachbehandlung zur Zeit nicht möglich ist, das scheint aufgrund seines Zustandes außer Frage, aber inwieweit trifft das auch auf Untersuchungen bezüglich Metastasenbildung zu? Welche Möglichkeiten gibt es hierzu, wie aussagekräftig sind sie und wie belastend sind sie für einen Patienten? Gibt es dazu Links im Internet oder Literatur?

Mein Vater scheint gerade jeden Lebensmut verloren zu haben und sein größter Wunsch ist es nach Hause zu kommen. Aufgrund seiner körperlichen Konstitution scheint dies kaum möglich zu sein (intravenöse Ernährung, kann nur mit einem Gehwagen und in Begleitung 2-3 x am Tag den Stationsgang auf und ab gehen, braucht Hilfe bei der Körperpflege), aber ich würde trotzdem gern wissen, ob es da eine Option gibt? Es ist nicht so, dass meine Eltern im Überfluss leben, aber eine gewisse Pflege auf privater Ebene könnten sie sich leisten.
Er wünscht sich so sehr noch 3 Monate zu Hause leben zu dürfen! Scheiße, ich muss schon wieder heulen ... So was zu hören ist einfach ...

Mein Problem ist, dass ich überhaupt keine Ahnung habe, wie ich seine Situation einschätzen soll / kann / muss. Die Gespräche mit dem Chefarzt laufen immer zwischen meinen Eltern und ihm. Mein Vater ist aufgrund seines schwachen Zustandes nicht in der Lage - will es wohl auch nicht wissen, was für ihn atypisch ist (da ist keine Wertung dabei, weiß ja selber nicht, wie ich in so einer Situation reagieren würde) - entsprechende Fragen zu stellen. Meine Mutter ist eher so veranlagt, dass sie den Ärzten vertraut, nicht sehr viel nachfragt und auch nicht viel medizinisches Wissen hat.
Ich selbst habe bis jetzt keinen Anlass den behandelnden Ärzten nicht zu vertrauen, würde aber gern einige Fragen beantwortet haben.
Das Dilemma dabei ist, dass meine Mutter es nicht will, wenn sie es auch nicht offen ausspricht, dass ich das Gespräch mit dem Arzt suche. Wohl weil sie weiß, dass ich meine Fragen sehr klar formulieren kann, damit ich auch Antworten erhalte. Ich will sie auf keinen Fall unter Druck setzen, und sie damit noch mehr belasten, als sie es schon ist, aber andererseits habe ich keine Ahnung wie viel Zeit mein Vater noch hat. Und ich würde gern – wenn es denn nicht mehr lange sein sollte – seinen Wunsch erfüllen, dass er nach Hause kann.
Ich habe zeitlich die Möglichkeit dies entsprechend zu unterstützen. Meine Schwester wäre dazu, in dem ihr möglichen zeitlichen Rahmen, ebenfalls bereit. Und meine Mutter würde dies befürworten, wenn sie wüsste, dass er nicht mehr viel Zeit hat. Aber ihr seht, es ist ein Teufelskreis, denn genau das weiß ich / wissen wir ja nicht, weil sie nicht die entsprechenden Fragen stellt / stellen kann.

Wie kann ich aus diesem Kreislauf herauskommen, um meinem Vater und meiner Mutter, aber auch mir gerecht zu werden? Über jeden Tipp wäre ich dankbar. Ich komme einfach nicht weiter ...

In den letzten Monat war ich für meine Mutter und Schwester so etwas wie der „Fels in der Brandung“. Das ist / war vor allem für meine Mutter wichtig, da sie dies für meinen Vater - sonst schon nicht sehr mitteilsam – sein musste, aber auch wollte, da er sonst niemand wirklich an sich ranlässt. Das konnte ich auch irgendwie relativ „locker“ erfüllen, da ich die Möglichkeit des nahenden Todes beiseite geschoben habe. Meine „Überlebens“strategie sozusagen, da ich sonst nicht handlungsfähig gewesen wäre und das für meine existenzielle Sicherung notwendig war. Jetzt habe ich vor zwei Tagen einen großen beruflichen Auftrag weitestgehend erledigt und jetzt bricht alles über mich herein.
Habe zwei enge Freundinnen, die hatten selbst Brust- bzw. Schilddrüsenkrebs (vor 3 bzw. 4 Jahren und haben es gut überstanden), bei denen ich auch schon sehr nahe erfahren musste, wie es ist mit dieser Krankheit umzugehen. Aber beim eigenen Vater ist es irgendwie noch mal anders (auch wenn meine Beziehung sonst zu ihm sehr zwiespältig ist, aber das dränge ich zur Zeit absolut in Hintergrund und das ist für mich auch so in Ordnung).
Sie helfen mir soweit sie können, aber in Bezug auf meine Fragen können sie mir nicht wirklich helfen, weil ich Informationen brauche, die sie nicht haben.
Sowohl über praktische Tipps, weitere Informationsquellen aber auch psychische Unterstützung würde ich mich freuen.

Das Ganze ist jetzt doch länger geworden, als ich wollte, aber das musste wohl raus.
Danke an alle, die bis hierher durchgehalten haben.

Liebe Grüße,

Siv

Siv
09.03.2007, 05:50
Hallo,

jetzt melde ich mich gleich noch einmal, aber ich habe vergessen eine Frage zu stellen: Mein Vater hat diesen Husten mit zähflüssigem Schleim. Davon habe ich hier jetzt schon in ein paar Beiträgen gelesen. Bedeutet das im Zusammenhang mit Krebs speziell Speiseröhrenkrebs etwas Bestimmtes? Ist oder kann das die Ursache einer Lungenentzündung sein?

Danke,

Siv

irmgard05
09.03.2007, 09:09
Hallo, liebe Siv! Es tut mir sehr leid, dass dein Vater auch erkrankt ist. Allzuviel kann ich dir nicht als Hilfe anbieten,auch weil ich im Augenblick nicht soviel Zeit habe mehr zu schreiben, aber ich möchte dir vor allem sagen, dass du hier sicher eine gewisse Unterstützung finden wirst, eine Möglichkeit deine Gefühle und dein Wissen bzw. Unwissen zu sortieren. Die Schwierigkeit mit seinen Kindern vollständig offen zu reden, erlebe ich auch. Ich selbst habe 3 erwachsene Kinder
und bin vor 1 1/2 Jahren operiert worden. Das hat sicher auch mit der Nähe zu tun, die ich für meine Kinder empfinde. Je weiter weg(emotional) jemand von mir ist, desto leichter fällt es mir oft mit ihm darüber zu reden. Mein Mann stellt da eine große Ausnahme dar, auch da ist es natürlich schwer. Aber bei den Kindern ist es besonders schwer, denn sie bleiben letztendlich immer in der Position unsere Kinder zu sein, auch wenn ich sie als erwachsene Menschen sehe.
Ich dir und deiner Familie insbesondere deinem Vateralles Gute, die Energie und Kraft mit der Krankheit umzugehen. Irmgard

HeikeHH
09.03.2007, 13:19
Hallo Siv,

kurz zu mir: mein Vater hat(te) ebenfalls diese Krebsart, wurde nicht operiert, aber mit Chemo und Bestrahlung behandelt. Seit Dezember 06 (nach ca. 9 Wochen Krankenhaus) ist er wieder zu Hause und hoffentlich weiter auf dem Weg der Besserung. Die erste Nachuntersuchung war ohne Befund.

Um einzuschätzen, ob die Nachuntersuchungen im jetzigen Zustand deines Vater möglich sind, müsstet du wissen, welche Untersuchungen die Ärzte planen. (Bei meinem Vater war es z.B. eine Magenspiegelung, HNO-Untersuchung unter Narkose und Blick in die Lunge unter Kurznarkose, dann noch verschiedene CTs.) Vielleicht sind bei deinem Vater auch Narkosen notwendig und dazu ist er zu schwach? Könnte es deshalb sein?
Du müsstest wirklich mit dem Arzt reden, vielleicht alleine - ohne die Mutter - oder mit deiner Schwester?? Vier Ohren hören mehr als zwei und wenn Entscheidungen getroffen werden sollen, bist du nicht alleine damit. Wenn deine Mutter das nicht möchte, dann vielleicht aus den Gründen, die irmgard genannt hat? Aber sie muss auch verstehen, dass Du wissen willst, was mit deinem Vater passiert. Vielleicht würde es ihr letztendlich doch eine Last nehmen, wenn du und deine Schwester gut informiert seid??? Ich weiß nicht, wie du diese Hürde am besten nimmst, aber es ist für dich wichtig.

Dass dein Vater seinen Lebensmut nach so vielen Wochen im Krankenhaus verloren hat, ist mehr als verständlich!! Mein Vater war "nur" 9 Wochen drin und wollte zum Schluss nur noch nach Hause, er war fix und fertig, die Behandlung war köperlich und seelisch eine sehr belastende Tortur; ich habe ihn das erste Mal im Leben weinen sehen. Das war schrecklich. Als er dann endlich zu Hause war, ist auch sein Optimismus langsam wieder zurück gekommen.

Wenn dein Vater von der intravenösen Ernährung weg ist und eine Magensonde bekommen kann (die hatte mein Vater bereits vor der Behandlung setzen lassen und hat sie immer noch), kann er sich damit problemlos zu Hause mit Nahrung versorgen.

Wenn es der größte Wunsch deines Vater ist, endlich nach Hause zu kommen, dann versucht einen Weg zu finden (warum geht redet er von 3 Monaten?). Kann das Krankenhaus Pflegedienste nennen? Uns wurde z. B. vom Krankenhaus eine Pflegerin genannt, die die Magensonde "wartet", meine Mutter hat sich das nicht zugetraut und mein Vater kann es selber nicht. Ihr findet sicher auch selber den passenden Dienst, wenn der Arzt euch sagt, wie die medizinische Betreuung zu Hause sein muss. Erst wenn du mit dem Arzt redest, kannst du erfahren, was möglich ist. Wenn ihr alle drei bereit seid, euren Vater zu Hause zu betreuen, dann drängt beim Arzt darauf, eine Lösung zu finden. Sollte es nämlich nicht lebensgefährlich für ihn sein, das Krankenhaus zu verlassen, man dort derzeit sowieso abwarten muss , dann kann er sich doch genauso zu Hause körperlich erholen und fit werden, für evtl. Chemo und /oder Bestrahlung. Zu Hause wird es ihm bestimmt schneller besser gehen.

Ich wünsche dir, dass das Gespräch mit dem Arzt zustande kommt und ihr eine Lösung findet, die deinem Vater den Lebensmut zurückgibt. Hier bist du mit deinen Fragen und Ängsten auf jeden Fall gut aufgehoben. Mir hat das Forum sehr geholfen, diese schwere Zeit zu überstehen.
Viele Grüße, Heike

_Viola_
09.03.2007, 19:45
Hallo Siv,

es tut mir sehr leid, dass auch Dein Vater an Speiseröhrenkrebs erkrankt ist.

Vielleicht kann ich Dir einige Deiner Fragen beantworten.

Diese Schleimbildung hatte mein Vater auch. Es kann sein, dass es noch mit den vielen Operationen zusammenhängt. Durch die künstliche Beatmung hatte mein Vater lange Schwierigkeiten den Schleim loszuwerden. Das hat sich aber mit der Zeit gegeben. Wichtig ist richtiges Abhusten. Allerdings kann es auch von der Lunge kommen. Mein Vater hatte eine Lungenentzündung und da war es mit diesem zähflüssigen Schleim ganz schlimm. In der Klinik musste er täglich inhalieren. Das hat auch etwas geholfen.

Am besten wäre es, wenn Du mal selbst mit den Ärzten reden könntest. Sprich doch noch mal mit Deiner Mutter. Sag ihr dass Du Dir sorgen machst und deshalb die genaue Diagnose wissen willst. Ich war bei jedem Arztgespräch dabei und auch sonst habe ich alles mit den Ärzten beredet. Meine Eltern waren froh, dass ich das übernommen habe, denn durch dieses Forum und das gesamte Internet hatte ich mich mit der Krankheit sehr vertraut gemacht.

Ich kann mir vorstellen, dass Dein Vater nach Hause möchte. Mein Vater wurde auch künstlich, über einen Port, ernährt. Der Pflegedienst kam jeden Tag und hat die Nahrung an- und abgeklemmt. Mein Vater wollte in den letzten Wochen nur noch Ruhe haben, deshalb hatte ich mich schulen lassen. Wenn er aus der Klinik wieder nach Hause gekommen wäre, hätte ich das übernommen. Es ist auch gar nicht schwer. Wichtig ist vor allen Dingen die Desinfektion.

Der Pflegedienst wurde von der Krankenkasse bezahlt. Ebenfalls wurde die gesamte Nahrung übernommen. Auch ein Pflegebett muss Euch zur Verfügung gestellt werden.

Ich hoffe, dass es Deinem Vater bald wieder besser geht. Falls Du noch Fragen hast, dann melde Dich. Ich helfe Dir gern.

Alles Gute und viel Kraft für Dich, Deine Familie und natürlich für Deinen Vater.

Liebe Grüße
Viola

Siv
14.03.2007, 03:54
Liebe Viola, Irmgard und Heike,

erst mal vielen Dank für eure lieben Worte. Es tut einfach gut sich verstanden zu fühlen und auch Antworten zu bekommen.
Die Situation hat sich leider verschlechtert. Eigentlich sollte bei meinem Vater ja am Freitag die Wunde mit der Fistel zugemacht und eventuell eine Magensonde gelegt werden, aber von einem auf den nächsten Tag haben sich bei ihm die Blutgerinnungswerte massiv verschlechtert, so dass es unmöglich war den Eingriff durchzuführen. Das hat ihn natürlich noch mehr in sein Loch versinken lassen, jetzt ist er fast teilnahmslos.
Meine Mutter wird auch immer mutloser, sieht die Situation als aussichtslos, hat es auch genauso ausgedrückt.
Und ich bin so zwiegespalten. Einerseits sehe ich, wie mein Vater immer mehr abbaut, so dass auch bei mir allmählich Hoffnungslosigkeit eintritt, andererseits gibt es - zumindest laut meiner Mutter - keine neuen Befunde, die dies stützen würden.
Ich war daher vor zwei Tagen an dem Punkt, dass ich beschlossen hatte, das Gespräch mit dem behandelnden Professor zu suchen, ohne vorab meine Schwester und Mutter zu informieren, weil ich hier nur Gegenwehr vermute. Ich habe mich natürlich gefragt, wie es mir an der Stelle meiner Mutter damit ginge, und toll fände ich das auch nicht. Ich habe mich aber auch gefragt, wie ich das an Stelle meines Vaters empfinden würde und bin mir sicher, dass ich das von ihm auch erwarten würde, wäre ich in seiner Situation. Und umgekehrt bin ich mir auch sicher, dass es ihm ebenso geht (so sicher, wie man sich eben in so einer Situation sein kann ...).
Durch die schlechten Blutwerte wurde jetzt aber der Chef-Internist vom Chirurgen zugezogen, eine Sonografie vorgenommen, bei der man keine Metastasen entdeckt hat. Auch eine CT wurde auch vorgenommen, das Ergebnis liegt allerdings noch nicht vor. Das hat mich bis jetzt davon abgehalten, das Gespräch zu suchen. Vor zwei Tagen hätte ich das Gespräch führen können, jetzt bin ich wieder am Zweifeln.
Aufgrund eigener Erfahrungen bezüglich Krankheiten (allerdings nicht in dieser lebensbedrohlichen Form) weiß ich, dass man Antworten nur erhält, wenn man konkret nachfragt, sich selbst informiert und dann Entscheidungen trifft. Und dass dann eher etwas in die "Gänge" kommt.
Mein Mutter sieht Ärzte eher noch als "Halbgötter in Weiß", die man nicht in Frage zu stellen hat. Sie hat Angst sie zu verärgern. Wobei ich eigentlich durchweg positive Erfahrungen gemacht habe, bei meiner eigenen Geschichte. Aber es ist halt einfach schwieriger, wenn es einen nicht selbst betrifft.
Ihr seht, ich bin immer noch zu keiner Entscheidung gekommen, aber ich arbeite daran :rotier2:.

Jetzt habe ich aber noch ein paar Fragen, wäre schön, wenn ihr mir da auch weiter helfen könntet:

@Viola
Ich kann mir vorstellen, dass Dein Vater nach Hause möchte. Mein Vater wurde auch künstlich, über einen Port, ernährt. Der Pflegedienst kam jeden Tag und hat die Nahrung an- und abgeklemmt. Mein Vater wollte in den letzten Wochen nur noch Ruhe haben, deshalb hatte ich mich schulen lassen. Wenn er aus der Klinik wieder nach Hause gekommen wäre, hätte ich das übernommen. Es ist auch gar nicht schwer. Wichtig ist vor allen Dingen die Desinfektion.

Rein vom Vorgehen her, traue ich mir das schon zu. Wie ich aber schon im Ursprungsbeitrag geschrieben habe, ist mein Verhältnis zu meinem Vater recht zwiespältig. Das ist zwar zur Zeit sehr stark in Hintergrund getreten und ich möchte seine Wünsche, so weit es geht, erfüllen. Aber bestimmte Dinge zu erledigen, die körperliche Nähe verlangen würden, würde meine persönlichen Grenzen eindeutig überschreiten. Und da muss ich einen Strich ziehen, zum eigenen Schutz.

Der Pflegedienst wurde von der Krankenkasse bezahlt. Ebenfalls wurde die gesamte Nahrung übernommen. Auch ein Pflegebett muss Euch zur Verfügung gestellt werden.
Wann kann ich das beantragen? Wer muss mir die erforderliche Notwendigkeit bestätigen? Kann ich die Pflege zu Hause u.U. auch gegen die Meinung der behandelnden Ärzte durchsetzen?

@Heike
Du schreibst:
Du müsstest wirklich mit dem Arzt reden, vielleicht alleine - ohne die Mutter - oder mit deiner Schwester??

S.o., meine Schwester ist übrigens dagegen, ohne das Wissen meiner Mutter das Gespräch mit dem Chefarzt in seiner Sprechstunde zu suchen.

Dass dein Vater seinen Lebensmut nach so vielen Wochen im Krankenhaus verloren hat, ist mehr als verständlich!! Mein Vater war "nur" 9 Wochen drin und wollte zum Schluss nur noch nach Hause, er war fix und fertig, die Behandlung war köperlich und seelisch eine sehr belastende Tortur; ich habe ihn das erste Mal im Leben weinen sehen. Das war schrecklich. Als er dann endlich zu Hause war, ist auch sein Optimismus langsam wieder zurück gekommen.
Dass er seinen Lebensmut verloren hat, kann ich verstehen. Genauso wie seinen Wunsch nach Hause zu kommen. Und meine Hoffnung ist eben genau die, die Du von Deinem Vater geschildert hast: Dass bei meinem Vater auch der Optimus zurückkehrt und er auch wieder die Kraft findet zu kämpfen. Ihm ist in seinem Leben selten etwas geschenkt worden, er hat immer kämpfen müssen. Das kann er. Aber nicht, wenn er in einem Bett gefesselt ist, in einer ohnmächtigen Situation, die für ihn kaum zu ertragen ist. Da sind wir uns, auch wenn es mir nicht gefällt, sehr ähnlich.

Wenn es der größte Wunsch deines Vater ist, endlich nach Hause zu kommen, dann versucht einen Weg zu finden (warum geht redet er von 3 Monaten?). Kann das Krankenhaus Pflegedienste nennen? Uns wurde z. B. vom Krankenhaus eine Pflegerin genannt, die die Magensonde "wartet", meine Mutter hat sich das nicht zugetraut und mein Vater kann es selber nicht.
Diese 3 Monate sind irgendwann mal in einem Gespräch gefallen, frag mich bitte nicht wie meine Mutter auf diesen Zeitraum gekommen ist. Das sind alles Horrorszenarien im luftleeren Raum. Denn von ärztlicher Seite gibt es da keine Aussage zu. Im Zusammenhang mit der heutigen Sonografie, bei der keine Metastasen entdeckt wurden, ist es noch unwahrscheinlicher ...
Mir ist klar, dass kein Arzt eine genaue Prognose geben kann, selbst wenn ich persönlich mit ihm rede. Aber ohne Wissen von irgendwelchen Werten oder anderen Fakten, anhand derer man eventuell einschätzen kann, wie die Situation tatsächlich aussieht, ist das ganze reine Spekulation. Aber aus welchen Gründen auch immer, will meine Mutter nichts genaueres wissen. Und ich frage mich natürlich auch, habe ich ein Recht darauf dies zu fordern, wenn es sie so offensichtlich nicht will?
Was die Pflegedienste betrifft, ich habe mir schon die entsprechenden Adressen hier aus der Umgebung besorgt und erste Gespräche geführt. Wenn das Thema wird, werde ich vorbereitet sein und das zügig in die Wege leiten können (Ein Vorteil, den ich als Sozialpädagogin habe. Denn obwohl ich in anderen Bereichen gearbeitet habe, kenne ich ne Menge Kollegen, die mir da gut weiterhelfen können).

@Irmgard
Ich selbst habe 3 erwachsene Kinder
und bin vor 1 1/2 Jahren operiert worden. Das hat sicher auch mit der Nähe zu tun, die ich für meine Kinder empfinde. Je weiter weg(emotional) jemand von mir ist, desto leichter fällt es mir oft mit ihm darüber zu reden. Mein Mann stellt da eine große Ausnahme dar, auch da ist es natürlich schwer. Aber bei den Kindern ist es besonders schwer, denn sie bleiben letztendlich immer in der Position unsere Kinder zu sein, auch wenn ich sie als erwachsene Menschen sehe.
Im Moment geht es mir weniger darum, dass wir über bestimmte Dinge reden. Mein Vater war diesbezüglich schon immer verschlossen, und das erwarte ich auch nicht von ihm. Wie es ihm geht, sehe ich, wenn ich ihn besuche. Diese Leere in den Augen, oder die Tränen, die sich ohne jeden Anlass in seinen Augenwinkeln sammeln... Da muss ich nicht mehr reden.
Und meine Mutter redet sehr offen mit mir. Ich weiß, dass ich eine wichtige Stütze für sie bin, genau deshalb fällt es mir ja so schwer, meinen eigenen Wünschen zu folgen und das direkte Gespräch mit dem Chefarzt zu suchen. Ich will ja beiden gerecht werden. Und wer bin ich, der entscheiden kann, was richtig für meine Eltern ist? Meine Mutter ist die erste und einzige Bezugsperson für meinen Vater: Welches Recht habe ich da, mich einzumischen?
Aber da Du Mutter von drei Kindern bist und selbst diese Krankheit gehabt hast: Wenn diese Frage nicht zu intim ist (ich würde mich auch über Antwort per pn freuen), würde ich gern wissen, wie Du es empfinden würdest /empfunden hättest, wenn Deine Kinder Deinen Partner und seine Wünsche bezüglich Deiner Krankheit und der Informationsübermittlung übergangen hätten?

Ist schon wieder ein sehr langer Text geworden, aber da sieht man halt, Schreiberling am Werk ;).

Viele Grüße,

Siv

HeikeHH
14.03.2007, 13:36
Hallo Siv,

du scheinst wirklich sehr mit dir zu kämpfen, was das Gesprächen mit dem Arzt angeht. Du schreibst, dass deine Mutter sehr offen mit dir redet, aber warum kann sie dann nicht mit dir über deinen Wunsch nach mehr Informationen reden?
Es ist schonmal eine gute Nachricht, dass bei den bisherigen Untersuchungen keine Metastasen gefunden worden sind und auch sonst derzeit keine Ergebnisse vorliegen, die zur Schwarzmalerei berechtigen würden und trotzdem tut es deine Mutter, wenn ich dich richtig verstehe.

Was das Arztgespräch angeht schreibst du:
Ich habe mich aber auch gefragt, wie ich das an Stelle meines Vaters empfinden würde und bin mir sicher, dass ich das von ihm auch erwarten würde, wäre ich in seiner Situation. Und umgekehrt bin ich mir auch sicher, dass es ihm ebenso geht (so sicher, wie man sich eben in so einer Situation sein kann ...).

Das heißt, dass du dir eigentlich sicher bist, dass dein Vater wollte, dass du dich "einmischst".

Aufgrund eigener Erfahrungen bezüglich Krankheiten (allerdings nicht in dieser lebensbedrohlichen Form) weiß ich, dass man Antworten nur erhält, wenn man konkret nachfragt, sich selbst informiert und dann Entscheidungen trifft. Und dass dann eher etwas in die "Gänge" kommt.

Da stimme ich dir voll zu und du hast dir die Antwort zu deiner Frage "Spreche ich mit dem Arzt?" damit selbst gegeben. Mach es dir nicht zu schwer und stelle deinen Vater in den Vordergrund, nicht Mutter und nicht Schwester. Es gibt in der Familie auch keine "Rangfolge" des Informationsrechts. Deine Mutter und deine Schwester müssen verstehen, dass du wissen willst, wie es um deinen Vater steht, um dann herauszufinden, wie du ihm am besten helfen kannst. Es kann nicht sein, dass nur von dir Verständnis für deren Gefühle haben sollst.

Wenn du das Gespräch mit dem Arzt suchst, dann kann Folgendes passieren:
- deine Mutter (und die Schwester) sind beleidigt/vorwurfsvoll/böse auf dich !?
- dir geht es besser, du bist ganz aktuell informiert
- deinem Vater kann es nur nützen und du kannst dich dafür einsetzen, dass er zumindest für eine Genesungsphase und den körperlichen und seelischen Aufbau -bis zu einer dann gefunden Therapie- nach Hause kann.

Liebe siv, ich will dir nicht mit dieser Antwort zu Nahe treten. Ich hoffe, du kannst es als das lesen, was ich damit bezwecke: Dir mit deinen eigenen Worten vor Augen halten, dass du die richtige Entscheidung bereits getroffen hast, jetzt aber noch umsetzen musst.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft für die kommende Zeit,
Heike

ulla46
14.03.2007, 14:06
Liebe Siv,
der Krebs bringt alle Betroffenen in einen Ausnahmezustand mit vielen Ängsten und Unsicherheiten. Das beste Mittel dagegen ist meiner Erfahrung nach eine Konzentration auf die Fakten. Dann kommen auch keine dubiosen und Angst auslösende "Prognosen" zustande. Wenn das CT ausgewertet ist, werden sicherlich Entscheidungen bezüglich der Therapie fällig. Dann würde ich auf jeden Fall mit einem Arzt sprechen. Ich habe das Gefühl, das ist ganz wichtig für dich, damit du mehr Klarheit bekommst und mit der Krankeit besser umgehen kannst. Deine Frage: Was ist richtig für meine Eltern? wirst du niemals beantworten können. Wie auch? Aber die FRage, was ist das beste für dich in diesem Fall, kannst du vielleicht beantworten und wenn es für dich gut ist, mehr Infos zu erhalten, dann hol sie dir.
Ich bin selbst auch betroffen und Mutter von 2 erwachenen FRauen und wir haben nach der Diagnose uns zusammengesezt und darüber gesprochen wie es weiter gehen soll. Ich habe meine Vorsorgevollmacht und mein Patiententestament aktualisiert und wir habe uns versprochen, offen und aufrichtig miteinander zu sein. Das hat sehr geholfen und uns viel Nähe gebracht.
Ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen. Ich wünsche dir, deinem Vater und deiner Familie alles Gute auf dem schwierigen Weg!
Ulla

_Viola_
14.03.2007, 19:14
Hallo Siv,

gleich erst mal zu Deinen Fragen.

Der Pflegedienst wurde von der Klinik beauftragt. Auch die Ernährungsberaterin wurde uns von dort vermittelt. Vorher hatte ich schon mit unserem Hausarzt gesprochen, der hätte das auch veranlasst.

Ich drücke die Daumen, dass bei der CT nichts gefunden wird. Sonografie wurde bei meinem Vater auch immer gemacht, aber nicht um eventuelle Metastasen festzustellen. Da ging es eher um die Organe wie Nieren, Leber etc.

Man merkt, wie Du mit Dir ringst. Gewissheit wirst Du allerdings erst haben, wenn Du mit den Ärzten gesprochen hast. Für mich wäre es unerträglich gewesen, wenn ich nicht genau über alles bescheid gewusst hätte. Meine Eltern waren froh, dass ich das alles in die Hände genommen habe. Mein Vater hat immer darauf bestanden, dass ich bei den Besprechungen dabei bin. Wenn ich arbeiten musste, hat er den Termin verschoben. Die Ärzte fanden das auch alle in Ordnung. Auch habe ich von allen Untersuchungen bzw. von den jeweiligen Befunden Kopien gemacht.

Als mein Vater dann nach Dessau in die Klinik gekommen ist, war das von großem Vorteil. Sie hatten gleich alle Befunde vorliegen und mussten nicht erst mit Magdeburg kommunizieren.

Zu den "Halbgöttern in Weiß" kann ich nur sagen, dass auch meine Eltern großen Respekt vor den Ärzten hatten. Aber das sind auch nur Menschen wie wir. Und wenn ich der Meinung war, dass die Behandlungsmethoden, besonders die Medikationen, nicht in Ordnung waren, dann habe ich das den Ärzten gesagt. In Magdeburg bin ich dabei auch mal etwas lauter geworden, aber dann ging es auch anders. Auch ein Arzt kann Fehler machen und er hat es dann auch eingesehen und mein Vater hat andere Medikamente bekommen. Man darf sich nur nicht alles gefallen lassen. Im Dessauer Klinikum hatten wir diese Probleme nicht. Zum Glück hatten bzw. haben wir ein sehr gutes Verhältnis zu unserem Hausarzt. Wenn ich Fragen hatte, dann war er immer für uns da. Ich konnte ihn jederzeit anrufen und wir haben dann alles besprochen.

Die Entscheidung kann Dir keiner abnehmen. Aber ich verstehe nicht, warum Deine Mutter und Schwester was dagegen haben, wenn Du mit dem Arzt sprichst. Den Kopf in den Sand stecken ist bei dieser Krankheit nicht angebracht.

Es tut mir sehr leid, dass Du in dieser Lage bist. Ich würde Dir sehr gern helfen. Handle einfach nach Deinem Gefühl. Du wirst Dich sicher für den richtigen Weg entscheiden. Ich drücke Dir die Daumen.

Alles Gute für Dich, Deine Familie und Deinen Vater!

Liebe Grüße
Viola

Siv
21.03.2007, 01:10
Hallo,

ich möchte allen danken, die mir hier versucht haben zu antworten, zu helfen, mich zu unterstützen.

Jetzt brauche ich keine Fragen mehr stellen. Mein Vater ist in der Nacht von Freitag auf Samstag gestorben. Einfach so. Plötzlich.

Donnerstags habe ich mit meiner Mutter noch darüber gesprochen, dass ich Antworten brauche.
Ich habe ihn besucht, er war im Vergleich zu den Tagen zuvor nicht mehr apathisch, sogar richtig lebendig, hat sich wieder an den Gesprächen beteiligt. Ich hatte das Gefühl, er hatte wieder Lebensenergie gefunden.

Freitags kamen die Ergebnisse, CT keine Metastasen, auch die weiteren Untersuchungen sahen soweit gut aus.

Nachts um 2:30 Uhr kam der Anruf meiner Mutter. So habe ich sie noch nie erlebt. Völlig fassungslos, voller Schmerz, in Tränen aufgelöst. Und ich habe es gar nicht glauben können. Ich habe nur funktioniert. Es ist irgendwie immer noch nicht bei mir richtig angekommen. Er ist nicht an den Folgen des Tumors gestorben. So wie es aussieht, war es ein Schlaganfall. Aber das macht es auch nicht besser.
Wir sind ins Krankenhaus und haben uns von ihm verabschiedet. In seinem Zimmer. Bis morgens um 7:00 Uhr sind wir geblieben, dann sind wir gegangen. Wir wollten nicht erleben, wie er abgeholt wird.

Am Donnerstag ist die Beerdigung. Ich weiß noch nicht, wie ich die überstehen werde.

Bis jetzt waren wir mit Formalitäten beschäftigt, richtig zur Ruhe gekommen bin ich / sind wir noch nicht. Es ist alles so surreal.

Werde mich hier sicherlich nochmal melden, aber jetzt muss ich Schluss machen, ich kann nicht mehr.

Grüße,

Siv

ulla46
21.03.2007, 10:47
Liebe Siv,
mir fehlen die Worte, deshalb nur ein stiller Gruß...
Ulla

elke64
21.03.2007, 16:15
Liebe Siv,
ich möchte Dir mein tief empfundenes Beileid ausdrücken. Niemand kann deinen Vater zurückbringen, aber vielleicht erleichert der Gedanke, dass Du mit Deiner Trauer nicht alleine bist. Für den traurigen Tag, der Dir noch bevorsteht, wünsche ich Dir viel Kraft. Fühl Dich gedrückt.
Ein stiller Gruss
Elke

irmgard05
21.03.2007, 18:58
Liebe Siv, auch von mir für dich und deine Familie ein stiller Gruß. Irmgard

HeikeHH
22.03.2007, 15:02
Liebe siv,

auch von mir mein herzliches Beileid, es tut mir so leid für euch. Viel Kraft sende ich dir und deiner Familie für diese schwere Zeit.
Heike