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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Friedlich einschlafen - trotz Krebs


21.01.2003, 12:37
Als bei meiner Mutter (75) die Diagnose Bronchialkrebs, Metastasen in Knochen und Leber feststand, habe ich alles gelesen was ich finden konnte und bin hier gelandet. Der Krebs war inoperabel.
Eine Strahlentherapie zerstörte zwar einige Metastasen, in den 6 Wochen hatten sich aber schon wieder neue gebildet. Sie ist knapp 9 Monate nach der Diagnose gestorben. Wir rechneten mit Ersticken, Brechen der Knochen im Rücken, Querschnittslähmung. Wir haben uns auf das Schlimmste gefaßt gemacht. Vor 8 Tagen wurde sie als Pflegefall aus der Klinik entlassen. Man sagte ihr, sie sei austherapiert. Wir haben sie zuhause gepflegt - und wenn mir das jemand erzählen würde, ich würde es nicht glauben. Sie ist friedlich eingeschlafen. Sie kam morgens nicht mehr richtig zu sich und hat einfach weitergeschlafen. Mittags hat sie immer langsamer geatmet. Meine Schwester sass bei ihr. Sie hat noch einmal die Augen aufgemacht, versucht nach ihrer Hand zu greifen, und aufgehört zu atmen. Vielleicht tröstet das alle, die Angst vor dem Tod haben.
Gabi

21.01.2003, 13:40
Liebe Gabi,

ersteinmal mein aufrichtiges mitgefühl.

das, was du beschreibst, ist mir auch so gegangen. beide, mein mann wie meine mutter, sind auf eine friedliche art und weise eingeschlafen. das ist etwas, was es mir in der verarbeitung ungemein hilft.

ich weiss, dass worte dich im moment nicht trösten können, darum einen spruch, den ich für meine mutter (hab ich mal irgendwo gelesen) auf der trauerfeier hab lesen lassen:

Sie hat das Leben überwunden
ist nun befreit von Schmerz und Pein
denkt oft an sie in stillen Stunden
und lasst sie immer bei euch sein

ich mag diesen satz: es besser für sie, den oft die lieben mitmenschen sagen um zu trösten, nicht. weil ich finde, niemand, ausser demjenigen selbst, kann sagen, was besser ist oder nicht (aber das ist nur eine persönlich meinung). das einzige, was ich für mich sagen kann ist, ich weiss nicht, was ihr vielleicht erspart geblieben ist. und meinem mann habe ich auch einen spruch geschrieben, der mir manchmal, wenn ich wieder hadere, hilft:

Wenn liebe loslassen bedeutet
wenn leben Leiden bedeutet
dann musste ich loslassen
denn du hast genug gelitten.

ich wünsche dir und deiner familie alles erdenklich gute und viel kraft für die zukunft.

Viele Grüße
Heike

21.01.2003, 20:48
Liebe Heike (Gitti),

Du hast Deinem Mann einen wunderschönen Spruch geschrieben, es trifft es genau.
Ich hatte ähnliche Gedanken, wie Du, konnte es nur nicht so schön ausdrücken.
Heute vor 5 Wochen ist er gestorben und vergangene Nacht habe ich das erste Mal richtig von ihm geträumt. Ich habe ihn gesehen, zwar auch schon von seiner Krankheit gezeichnet, aber so, wie er, als er noch lebte, damit umgegangen ist. Als er sich noch bewegen konnte, fröhlich, ausgelassen, der Pausenclown (andere sollten nicht merken, wie schlecht es ihm eigentlich geht)! Ich habe ihn beobachtet und bewundert, bis er zu mir kam, mich in den Arm nahm und mit in den Mittelpunkt der anderen Menschen zog.
Musik war sein Ein und Alles und wir haben Musik gemacht, mit einem Computer und einem Riesenbildschirm, auf dem alle Titel zu sehen waren, so daß sich jeder etwas aussuchen konnte.
UND ER HATTE EINEN RIESEN SPASS DARAN!
Seltsam, nicht?
Jetzt hab' ich mich "verquatscht", gehört eigentlich nicht hierhin, sorry.
Aber vielleicht haben wir durch das friedliche Einschlafen unserer Lieben und deren Ruhe, die dann auf einmal zu spüren war (so ist es mir ergangen), etwas mitbekommen und festhalten dürfen.

Dir, liebe Gabi, wünsche ich viel Kraft für die nächste Zeit.
Fühlt Euch umarmt


Liebe Grüße
Mucki

21.01.2003, 21:49
Hallo Gabi, Heike, Micki!

Als mein Papa starb war ich nicht bei ihm, das werde ich mir nie verzeihen. Er wurde 67 Jahre und hatte Lungenkrebs.

Ich bin mit meinem Mann und meinem Sohn, obwohl zwei Tage vorher Metastasen im Kopf festgestellt wurden, in Urlaub gefahren. Die Ärzte sagten Papa würde Bestrahlung am Kopf bekommen.
2 Wochen später fiel er ins Koma und nach 2 Tagen Koma starb er.

Mama und meine eine Schwester waren bei ihm und sagte er habe einfach aufgehört zu atmen. Er habe nicht gelitten.
Meine andere Schwester und ich waren nicht bei ihm. Ich bin die jüngste von 3 . Ich wollte mir Papa auch nicht mehr ansehen als er tod war.


Ich denke jeden Tag an ihn und vermisse ihn so sehr.

Ich habe immer das Bild vor Augen als er dasaß und weinte als er den Kopf-Befund bekommen hatte. Er wußte aber nicht genau wie viele Metastasen er im Kopf hatte. Wir wollten nicht das er sich noch mehr verrückt macht und große Angst bekommt.

Aber irgendwie muß ich damit fertig werden.

Jetzt hat ein guter Freund Hodenkrebs und die Angst beginnt wieder.

Liebe Grüße

21.01.2003, 21:57
Hallo Heike,

den Spruch, den du in deiner Antwort an Gabi anführst, hab ich mal vor vielen Monaten ins Forum gesetzt. Ich weiss nicht, ob du ihn da gelesen hast. Er stand in einer Beileidskarte für meine Mum und trifft so sehr auf sie (und viele andere) zu.
Ich war grad nicht darauf gefasst, ihn jetzt zu lesen und bin ein bissel durch den Wind. Es kommt so viel wieder hoch, auch nach über 3 Jahren noch.....

Ich denke, du verstehst mich.

Liebe Grüsse an alle die hier lesen

Petra K. (faya)

23.01.2003, 09:38
Hallo Faya,
dieses Gedicht habe ich in den Unterlagen meiner Mutter gefunden. Wir haben es zu ihrer Beerdigung vorlesen lassen.

Der Tod hat keine Bedeutung –
ich bin nur nach nebenan gegangen.
Ich bleibe, wer ich bin,
und auch Ihr bleibt dieselben zusammen.
Was wir einander bedeuten, bleibt bestehen.
Nennt mich bei meinem vertrauten Namen.
Sprecht in der gewohnten Weise mit mir
und ändert Euren Tonfall nicht!
Hüllt Euch nicht in Mäntel aus Schweigen und Kummer –
lacht wie immer über die kleinen Scherze, die wir teilten.
Wenn Ihr von mir sprecht, so tut es ohne Reue
und ohne jegliche Traurigkeit.
Leben bedeutet immer nur Leben –
es bleibt so bestehen –
immer – ohne Unterbrechung.
Ihr seht mich nicht, aber in Gedanken bin ich bei Euch –
irgendwo, ganz in der Nähe – nur ein paar Straßen weiter.
Henry Scott Holland (1847-1918)

Ich finde es wunderschön.
Liebe Grüße von Antje

23.01.2003, 22:02
Hallo Antje,

dein Gedicht ist sehr schön. Es trifft auch auf meine Mum zu. Ich weiss, sie würde nicht wollen, das wir so traurig sind. Man konnte mit ihr immer viel lachen und sie war für jeden Spass genau wie auch für ernste Gespräche zu haben.

Sie fehlt einfach sehr.

Wann ist denn deine Mum verstorben?

mit einer lieben Umarmung

Petra K.

26.01.2003, 18:56
Hallo Gabi,
im hohen Alter friedlich einzuschlafen, ist eine Gnade. Wenn junge Menschen an dieser schrecklichen Kranheit leiden und sterben, kann der Tod nicht trösten. Er bleibt etwas Unfaßbares und die Angst ist ein ständiger Begleiter.
eine traurige Mutter, die ihr Kind verloren hat.