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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Warum mußte sie so leiden?!


24.02.2003, 12:39
Hallo an alle,

ich habe schon ein paar Mal hier Beiträge geschrieben, und mich immer über die Antworten und Hilfen gefreut. Heute muß ich mal etwas loswerden: Es ist so schön, wenn einige Hinterbliebene schreiben, daß das Familienmitglied ganz friedlich eingeschlafen ist. Ich werde nicht fertig damit, wie meine Mutter die letzten 2 Wochen (eigentlich waren es 2 Jahre, aber die letzten 2 Wochen haben sich potenziert...) leiden mußte. Es fing damit an, daß ihr in einer Operation mit örtlicher Betäubung der rechte Lungenflügel (linker voll Wasser) kollabierte und sie deswegen ein „durchgangssyndrom“ erlitt. Das heißt, als wir sie besuchten, hat sie uns nicht erkannt, redete wirres Zeug, als wäre in ihrem Kopf ein einziger Alptraum. Mein Vater meinte, so was wäre für den Betroffenen nicht so schlimm (er ist Arzt) aber für meine Mutter war es ein Horrortrip. Von da an ging es steil bergab, sie konnte gar nichts mehr alleine machen, klagte über Schmerzen, obwohl ihr schon per Infusion Morphium und ein Betäubungsmittel verabreicht wurden... Sie war zu der Zeit noch im Krankenhaus, und die Ärzte fanden das Vorhaben meiner Schwester gut, sie ins Hospiz zu bringen. Es war in der Hinsicht gut, daß ihr durch den anstrengenden Transport vielleicht noch ein paar Wochen Leidenszeit genommen wurden.
Auf alle Fälle weiß ich jetzt, was „todmüde“ wirklich bedeutet. Sie wachte im Hospiz auf, atmete ganz flach mit vielen Aussetzern, war aber trotzdem total unruhig und wälzte sich von einer Seite auf die andere. Dann wollte sie sich aufsetzen, und es brach mir fast das Herz, wie sie dasaß: Die Augen halbgeschlossen, der Mund ganz spitz und weit auf, nach Atem ringend... Das ist das Bild, das ich vor mir habe, wenn ich an sie denke. Ihr absolutes Leiden, mit dem Hilferuf an uns: „Helft mir!“, und das schon im Krankenhaus. Wieso darf man jeden Hund einschläfern, der leiden muß!? Und die eigene Mutter kann einfach nicht mehr und fleht nach Hilfe, das Leiden zu verkürzen – und man darf nur dabeisitzen und zusehen, ihr die Hand halten und sagen, wir dürfen ihr nicht helfen.
Die letzte Zeit im Hospiz war einfach furchtbar. Ich habe einen kleinen Sohn, deswegen konnte ich nur zeitweise bei ihr sein. Die erste Zeit war wirklich schön, wir umarmten uns und sie sagte, es sei der schönste Abschied, den sie je hatte. Aber dann war sie immer weniger bei Sinnen, und das Sterben an sich fand ich so schlimm, da sie durch die Medikamente immer mehr halluzinierte und uns irgendwann nicht mehr erkannte (zumindest zeitweise)... Da hatte ich auch einen Riesenstreit mit meiner Schwester, weil ich damit einfach nicht mehr fertigwurde. Auch mein Sohn (damals 7 Wochen) merkte meine Anspannung und schrie nur noch, wenn ich das Haus verließ. Meine Schwester sagte, sie mache das ja auch nicht zum Spaß und ob ich wohl dann nicht mehr „auftauchen“ würde. Vergaß dabei aber, daß sie diejenige war, die sich entschieden hatte, meine Mutter im Hospiz zu pflegen. Wir hatten den Riesenstreit, als ich entschied, nicht mehr ins Hospiz zu kommen – ich wußte, daß dieser Besuch auch für meine Mutter der letzte war, wußte, daß sie sterben würde in der Nacht. Was dann auch der Fall war.
Ich habe (hatte :-( ) ein sehr intensives Band zu meiner Mutter, wir waren uns sehr ähnlich. Und deswegen bin ich der Meinung, daß es mein Mutter es nicht gewollt hätte, wenn ich heulenderweise neben ihrem Bett gesessen wäre. Heute sagt meine Schwester, es war eine Extremsituation in der man extrem reagiert und das sollte man vergessen. Aber ich bin der Meinung, daß sich erst in Extremsituationen zeigt, wie ein Mensch IST. Und ich weiß nun, daß ich bei Personen, die mir nahestehen und die ich liebe, nicht stark genug bin, zuzusehen, wie sie langsam krepieren, wie es bei meiner Mutter der Fall war. Auf alle Fälle weiß ich nicht, wie ich damit fertigwerden soll, daß sie so absolut leiden mußte (ich weiß ja, daß ich es nicht ändern konnte). Das große WARUM...
Das mußte ich mal loswerden, ich bin froh, daß es dieses Forum gibt.

Eure Antje alias Sabine alias Sabine-Antje

24.02.2003, 14:15
Liebe liebe Antje-Sabine,

ich finde es gut, dass Du Dir den Schmerz mal von der Seele geschrieben hast. Diese Bilder werden Dir wahrscheinlich noch längere Zeit immer wieder vor Augen sein. Und Dich wird dann die Trauer heftiger denn je überkommen.
Meine Mutti durfte auch nicht friedlich einschlafen, wie sie sich es immer gewünscht hatte. Ich höre heute noch ihren letzten furchtbaren Schrei bevor es zu Ende war. Sie starb im Juli 02.
Ich holte sie aus dem KH, damit sie zu hause im Kreise meiner Familie sterben durfte. Wir haben sie rund um die Uhr gepflegt und eingebettet in viel Liebe. Und das war das Wichtigste für sie, zu wissen, dass sie mit so viel Liebe gehen durfte.
Deine Mutter hat Dich verstanden, denn jede Mutter kennt ihre Kinder, weiss wieviel sie tragen und ertragen können. Es ist viel schlimmer für eine Mutter zu spüren, dass ein Kind nur da ist, weil sie stirbt. Meine Mutter wusste, dass es mir das Herz bricht, einfach nur da zu sein und nicht helfen zu können (wir begleiteten meinen Paps fast 9 Monate). Sie wollte nicht, dass ich an ihrem Bett weine, so habe ich mich zum Lächeln gezwungen.
Meine Liebe, auch ich habe meine Geschwister in dieser Extremsituation kennengelernt. Daran nage ich heute noch.

Ich drück Dich ganz fest....................

liebe Grüsse,
Jutta

24.02.2003, 14:23
dein bericht hat mich sehr berührt.
ich habe auch meinen bruder (43) und meine mutter (68) sterben sehen und besonders bei meiner mutter (die auch in meinen armen gestorben ist) kann ich das bild nicht mehr aus dem kopf kriegen wie sie im hospiz so teilnahmslos, ausgezerrt, haarlos, schwer atmend und dünn vor mir lag...meine starke, lebensfrohe mama!!!!
auch heute nach schon über einem jahr krieg ich das bild nicht aus dem kopf und sehe sie leider nicht mehr so wie sie eigentlich war. bei meinem bruder ist das etwas anders weil ich bis auf den letzten tag noch mit ihm sprechen konnte, vielleicht lag es dran?

bitte mach dir keine vorwürfe, wir alle die kranken und gesunden durchleben das schlimmste was einem passieren kann und vieles wird dann eben gesagt, getan, oder nicht und ich glaube ganz egal wie es kommt man redet sich ein nicht genug getan zu haben.

ich trauere jetzt erst so richtig und manchmal ganz leise schleicht sich ein heller gedanke mit ein das ich das gefühl habe sie waren stolz auf mich und ich habe es richtig gemacht.

wollte das nur mal so schreiben und ich hoffe du gehst gut mit dir um denn es dauert leider sehr lange bis man wieder an etwas schönes glauben kann aber irgendwann werden wir auch wieder gute erinnerungen haben.

alles liebe b.

24.02.2003, 15:58
Hallo Ihr Lieben!
Ich möchte Euch fragen,ob Ihr mich in Kürze bei Euch aufnehmt ???Ich rechne jeden Moment mit dem Anruf,das meine geliebte Ma eingeschlafen ist.Da ich auch ein kleines Kind von 2 Jahren habe,kann ich nicht bei ihr sein.Mein Pa,meine ältere Schwester und ich wechseln uns ab.Die Ärzte lassen Ma nicht aus der Klinik,sie würde alleine den Transport nicht überstehen.Wenn ich weiß,das ihr mich willkommen heißt,erzähle ich gerne meine Erfahrungen,falls ihr sie denn lesen möchtet.Bis dahin sende ich liebe Grüße Birgit

24.02.2003, 17:23
Hallo Birgit,

JEDE/R ist hier jederzeit willkommen. Es hilft uns Allen über unseren Schmerz, Trauer, Wut, Erinnerungen usw. zu schreiben.

bis dahin, eine feste Umarmung,
Jutta

24.02.2003, 20:44
Liebe Sabine,
wir hatten das "Glück", dass mein Vater, nach vielen Wochen voller Schmerzen in der Woche vor seinem Tod endlich ohne Schmerzen war und auch friedlich sterben durfte. Dafür sind wir dankbar.
Eigentlich möchte ich Dir aber nur bezüglich Deiner Schwester schreiben. Vergiß wirklich nie, dass es eine Extremsituation ist und die Gefühle, die man an dem Menschen der stirbt, nicht auslassen kann, müssen trotzdem irgendwo hin, dazu gehört nicht nur Verzweiflung, manchmal z.B. auch Wut. Von diesem WARUM, dass einen zerfrisst, mal ganz abgesehen.
Dies alles zerrt so an den Kräften, die Emotionen steigern sich ins unermessliche und für den Menschen der sterben muss, wollen wir ja stark sein. Da werden, meist an besonders nahestehende Menschen, schon einmal Sachen gesagt, die wirklich nicht so gemeint waren und man erwartet manchmal, dass der andere in der Situation einfach genauso fühlt und reagiert. Ist nun mal nicht so. Meine Schwester und ich sind oft so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Wir hatten in der Zeit, als es meinem Vater schmerzmäßig am schlechtesten ging, unseren allergrößten Streit, haben dann aber wirklich erkannt, dass unsere Gefühle und Erwartungen mit uns durchgegangen sind. Und ich bin heute so dankbar, dass es sie gibt. Vielleicht wollte Deine Schwester nur auf Ihre Art etwas tun, um nicht zu verzweifeln. Ich hoffe, ihr verliert Euch nicht in Eurer Trauer. Denn sie leidet bestimmt genau wie Du. Ganz liebe Grüße. Lilly

25.02.2003, 09:09
Liebe Sabine,
ich finde Deinen Beitrag gut! Denn ich finde es ist das allerwichtigste, dass du in der Lage bist, die Dinge, die Dich so belasten von der Seele zu schreiben.
So richtig einen Rat kann ich Dir auch nicht geben, daß Du nicht in deine Mama so gestorben ist, finde ich einfach verständlich. Das ist glaube ich auch das härteste, was man jemanden zumuten kann.
Ich hatte meine Mutti am Donnerstag, bevor sie gestorben ist auch im Krankenhaus besucht, als plötzlich das Herz völlig gesponnen hat (sie hatte kurz vorher eine schwere Operation durchzustehen) Und an diesem Tag hing, das Leben meiner Mutti schon am seidenen Faden, Ich bin an diesem Tag nur relativ kurz bei ihr geblieben, obwohl ich genau wußte, dass sie´sterben wird. Ich konnte einfach nicht und es nagt heute noch sehr an mir, dass ich da nicht bei ihr geblieben bin. Am Sonntagmorgen hat meine Schwester mich angerufen und wir sind in windeseile (ich wohne 1 Autostunde entfernt) zu meiner Mutti gefahren. Ich weiß nicht, was sie gehört hat, aber als ich ihr sagte, sie soll jetzt loslassen und ihre Mutti erwartet sie dann, da ist ihr Herz wirklich langsamer geworden und hat irgendwann aufgehört zu schlagen.
Mit den Zweifeln, ob es an dem Donnerstag richtig war nach hause zu fahren.Ich denke aber auch, daß gerade unsere Mütter wissen, was sie für Töchter haben, und was sie uns zumuten können und dürfen. Und ich denke es ist bei Deiner Mutti so, wie bei meiner Mutti, dass Du als das heulende Elend neben ihr sitzt, das hätte sie sicher nicht gewollt. So sind Mamas nun mal
Den Problemen, mit Deiner Schwester, würde ich versuchen (leichter gesagt als getan) keine so grosse Bedeutung beizumessen, denn ich denke, ihr alle braucht viel viel Zeit. Und irgendwann, könnt ihr beide vielleicht mit anderen augen sehen. Ich denke lass Euch wirklich die Zeit, die ihr braucht.

Ich wünsch Dir viel Kraft.
Alles Liebe Sylvia

25.02.2003, 09:13
Liebe Birgit,
ich denke, ich spreche für alle anderen hier, wenn ich sage, wir nehmen Dich eigentlich nicht gern hier auf und uns wäre es lieber, Du müßtest hier nicht schreiben.
Aber wenn es so sein soll, dann bist Du herzlich willkommen.
Ich drück Dich ganz ganz fest und wünsch Dir Stärke und Kraft für Deinen/Eueren Weg.
Sylvia

26.02.2003, 09:46
Hallo Jutta,
ich finde es im doppelten Sinne stark von Dir, daß Du Deine Mutter nach Hause geholt hast. Waren Deine Geschwister wohl sauer deswegen? Übrigens hat meine Mutter auch immer gesagt, sie möchte nicht leiden müssen, wenn es zu Ende geht. Hat sie sehr oft gesagt...

Hallo b.,
es ist sicher deswegen der Fall, weil Du sie leidend gesehen hast. Wäre sie friedlich eingeschlafen, wäre es wahrscheinlich anders. Es tut mir in der Seele leid, daß Du auch Deinen Bruder verloren hast... Meine Mutter wurde auch nur 68 Jahre alt.

Hallo Birgit,
dazu ist das Forum doch da! Was meinst Du, was ich schon zu Zeiten, als meine Mutter noch lebte, geschrieben habe und Hilfe bekam von so vielen lieben Menschen in diesem Forum... Manchmal reicht es eben nicht, mit Freunden zu reden. Besonders, wenn sie die Antwort auf die Frage: "Wie gehts" eigentlich gar nicht hören wollen. Es ist gut, daß Du Dich mit Deinen Verwandten abwechseln kannst, schon wegen dem Zwerg...

Hallo Jutta, Lilly und Sylvia,
es mag sein, daß meine Schwester und ich sehr unterschiedlich sind. Sie entschied von Anfang alles für sich, im gleichen Atemzug stellte sie ihre Entscheidungen in Frage und wurde fuchtig, wenn sie kritisiert wurde. Sie wollte meine Mutter zu Hause pflegen, und verplante meinen Vater (er ist von meiner Mutter geschieden, war aber ihr Arzt), seine Freundin (ist Krankengymnastin, sollte sie massieren) ohne ihnen das zu sagen. Das hatte sie sich auch "für sich" entschieden. Sie hätte mir garantiert die Hölle heiß gemacht, wenn ich unsere "todkranke" Mutter, wie sie mir gegenüber betonte, wenn sie mich unter Druck setzen wollte, nicht so oft wegen meinem Sohn hätte pflegen können. Sie machte mir die Hölle heiß, weil ich nicht mit meinem Neugeborenen/Kaiserschnittnarbe ins Krankenhaus wollte (meine Mutter sah ihn zu Hause). Sie zählte ein paar Wochen später im Krankenhaus die Leute auf, denen gegenüber sie keine "Mauer" aufgebaut habe, weder mein Vater noch ich waren dabei (sie sah mich bei der Aufzählung auch gar nicht an). Wahrscheinlich deswegen, weil wir sie in ihrem Vorhaben, Mutter zu Hause zu pflegen, nicht unterstützten. Sie wäre alleine gewesen, und hätte nur zeitweise Unterstützung (Hospizverein, Pflege...) gehabt. Sie hatte, als meine Mutter ins Hospiz sollte, mich am nächsten morgen in der Früh angerufen, sie hätte so komisch vom Hospiz geträumt und ob es denn die richtige Entscheidung gewesen sei, ich solle doch im Krankenhaus anrufen und nachfragen, ob man das rückgängig machen könne, was natürlich nicht mehr ging. War auch gut so! Als ich im Hospiz sagte, eigentlich läge da nur noch eine Hülle und unsere Mutter wäre schon nicht mehr da - das sei mein Eindruck, zerlegte sie mich und ließ mein Gefühl überhaupt nicht gelten. Meine Schwester ist ein absolut rationaler Mensch, und sie zelebrierte das Sterben meiner Mutter auf eine Art und Weise, die mich schockierte. Wenn meine Mutter sich aufsetzte, klammerte sie sich an sie und gab ihr Küsse – ich hatte den Eindruck, meine Mutter KONNTE gar nicht loslassen, weil meine Schwester so klammerte. Und die Freundin von meinem Vater, mein Vater und mein Mann sind der gleichen Meinung – meine Schwester wäre Amok gelaufen, wenn sie unsere Mutter daheim gepflegt hätte. Mein Vater sagte später zu mir, er hatte ernsthaft Sorgen gehabt, daß meine Schwester einen Nervenzusammenbruch bekäme. Vielleicht hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie nur selten unsere Mutter besuchte (schon wegen der Entfernung), aber man kann doch nicht aus Egoismus und schlechtem Gewissen entscheiden. Das kann nur schief gehen. Alles in allem war es zu 99 Prozent egal, was ich sagte, dachte oder kritisierte, meine Schwester ließ meine Meinung nicht gelten, dachte nicht einmal darüber nach, und bügelte mich mit ihrer Argumentation nieder.
Das ist leider nur ein GERINGER Auszug aus den Dingen, die passiert sind. Es tut mir im nachhinein so vieles weh. Deswegen werde ich meine Konsequenzen ziehen und nur noch absolut oberflächlichen Kontakt zu ihr halten.
Jetzt habe ich mich mal so richtig ausgekotzt, hat gut getan ;-) , vielleicht könnt Ihr meinen Standpunkt verstehen...

Ich muß das alles noch verarbeiten, ist am 27. Februar erst 2 Monate her :-( ... Wie gesagt, es dauert sicher noch lange, bis wieder andere Bilder zum "Vorschein kommen".

VIELEN Dank für Eure lieben und tröstenden Worte!

Eure Antje

26.02.2003, 10:45
Hallöchen Antje,
finde gut, dass Du Dich mal ausgekotzt hast. Wo sonst kannst Du diese Gedanken und die aufgestaute Wut loslassen? Alle um Dich herum sind mit der Trauer konsumiert (jeder aud seine/ihre Art).
Für mich gehören solche Themen genauso zur Trauerbewältigung. Es ist verdammt hart, die geliebte Person zu verlieren, und dazu noch ein Geschwisterteil. Kenn ich. Habe zu meinen nicht mal mehr einen oberflächlichen Kontakt. Versuchte zu reden, zu erklären und auch zu verstehen, aber es wurde ganz massiv abgeblockt, und als ich dann auch noch persönlich angegriffen wurde, war das Mass für mich voll.
Ich glaube nicht einmal, dass der Grund ist, dass ich meine Mutti nach hause holte, sondern viel mehr dahinter steckt. Sie wollten sie ins Pflegeheim abschieben. Erst jetzt werden mir die Reaktionen klar, welche ich nach der Begleitung bei meinem Paps hatte. Ich nehme an, es ist schwer für sie zu ertragen, dass ich die Kraft und das Verständnis dafür hatte, und sie nicht. Ich habe niemanden je einen Vorwurf gemacht, denn das kann nicht jeder, und ich respektiere jedermanns Einstellung und Handhabung.Man muss für sich selbst die Entscheidung treffen, welchen Weg man geht und damit leben.

Nimm Dir Zeit, versuche Dich auf DAS zu konzentrieren, was DIR wichtig ist. Und wenn Du kannst, trauere auch um die Einstellung Deiner Schwester (ändern kannst Du sie nicht) - ich habe momentan nur Mitleid mit meinen Geschwistern.

Liebe Grüsse,
Jutta

26.02.2003, 11:24
Liebe Antje(Sabine),

hört sich schlimm an, was du da so schreibst.

Es ist halt leider nicht immer so, dass man ähnlich fühlt und denkt, nur weil man miteinander verwandt ist.

Auch bei meiner Schwester und Mutter gab es vor und nach dem Tod meines Vaters Dinge, die ich absolut nicht nachvollziehen kann - die mich zornig machen und mir in der Seele weh tun.

Aber ich denke, du kannst deine Schwester nicht ändern. Vielleicht wird sie selbst einmal eine Erfahrung machen, die ihre Sichtweise verändert. Inzwischen würde auch ich nur losen Kontakt pflegen. Nicht sosehr wegen des Grolls, sondern um mich selbst zu schützen. Ich habe gelernt, mich von Menschen die meiner Seele nicht guttun (zumindest emotional) fernzuhalten.

Zum Glück ist es bei meiner Schwester und Mutter nicht so schlimm, aber auch da gibt es Dinge, die ich nicht anspreche, weil ich weiß, dass unsere Ansichten zu weit auseinandergehen.

Wichtig ist, dass du für dich (nur darauf kommt es an) sagen kannst: ich habe alles - so gut ich es konnte - für meine Mutter getan. Und ich bin sicher, das hast du. (und da ich selbst Kinder habe, verstehe ich auch wie schwer diese Zeit für dich war,wo du ja auch noch dein Baby bekommen hast) Deine Mutter ist sicher stolz auf dich!

Alles Liebe und lass den Kopf nicht hängen!
Afra

26.02.2003, 14:06
Hallo Antje,

ja finde es auch gut, daß du Dich hier auskotzt und ausserdem finde ich auch zu recht, Ich denke, das war eine ganz schön nervige Zeit für Dich, die emotionale Belastung der Krankheit Deiner Mutti und dann auch noch Deine Schwester. Sicher hast du Recht im Moment nur noch einen losen Kontakt zu ihr zu halten, ich denke Du brauchst Zeit für Dich und Deine Gedanken, sicher auch für Deinen kleinen Zwerg und Deine Familie und da ist es bestimmt fehl am Platz, wenn Du Dich auch noch mit Deiner Schwester belastest. Ein kluger Mensch hat mal gesagt, seine Freunde kann man sich aussuchen, seine Verwanden leider nicht.

Alles Liebe für Dich und Deine kleine Familie
Sylvia

26.02.2003, 15:31
Hallo Ihr Lieben!Tja,so schnell "sehen" wir uns wieder.Erstmal vielen Dank,das ihr mich so lieb aufgenommen habt.Für heute nur ganz kurz.Meine Ma ist gestern morgen um 4.00 Uhr eingeschlafen.
Momentan geht es mir mies,aber ich melde mich demnächst wieder.
Liebe Grüße und vielen Dank nochmal. Birgit

26.02.2003, 15:49
Hallo Birigt,

mein aufrichtiges Beileid.

Bitte melde Dich mit was immer Dir wichtig ist, und Du unsere Ohren & Herzen benötigst.

ganz liebe Grüsse
und viel Kraft,
Jutta

26.02.2003, 19:40
Liebe Birgit,
auch ich möchte Dir mein aufrichtiges Beileid aussprechen!

Wir warten auf Dich! Melde Dich, wenn Du Dich dazu in der Lage fühlst, wir "hören" Dir zu.

Für die nächste zeit wünsch ich Dir auch viel Kraft
Sylvia

27.02.2003, 20:14
Liebe Birgit,
es tut mir unsagbar leid für Dich. Ich hoffe, wenn Du Dich schlecht fühlst und Du jemanden zum Zuhören brauchst, weißt du, dass hier immer jemand ist.
Liebe Grüße Lilly

28.02.2003, 10:13
Liebe Birgit,
ich wünsche Dir alle Kraft und Stärke, die Du jetzt brauchst, um diesen Verlust zu verarbeiten. Es wird wahrscheinlich immer ein Loch in Deinem Herz bleiben, aber dieses Loch wird mit der Zeit kleiner, aber nie verschwinden.
Ich habe dieses Gedicht in den Unterlagen meiner Mutter gefunden, und finde, es ist wunderschön...

Der Tod hat keine Bedeutung –
ich bin nur nach nebenan gegangen.
Ich bleibe, wer ich bin,
und auch Ihr bleibt dieselben zusammen.
Was wir einander bedeuten, bleibt bestehen.
Nennt mich bei meinem vertrauten Namen.
Sprecht in der gewohnten Weise mit mir
und ändert Euren Tonfall nicht!
Hüllt Euch nicht in Mäntel aus Schweigen und Kummer –
lacht wie immer über die kleinen Scherze, die wir teilten.
Wenn Ihr von mir sprecht, so tut es ohne Reue
und ohne jegliche Traurigkeit.
Leben bedeutet immer nur Leben –
es bleibt so bestehen –
immer – ohne Unterbrechung.
Ihr seht mich nicht, aber in Gedanken bin ich bei Euch –
irgendwo, ganz in der Nähe – nur ein paar Straßen weiter.
Henry Scott Holland (1847-1918)

Liebe Grüße von Antje

28.02.2003, 10:30
Liebe Birgit,

auch ich wünsche dir, dass du den Tod deiner Mutter einmal so sehen kannst wie Antje es mit diesem (wie ich finde- wunderschönen) Gedicht beschrieben hat.

Alles Liebe und vie Kraft
Afra

28.02.2003, 12:24
Liebe Birgit,
ich fühle mit dir und wünsche dir alle Kraft der Welt für die nächste Zeit. Ich kann sehr gut deinen Schmerz nachempfinden, ich habe meine Mama am 12.02.03 verloren und fühle auch diesen furchtbaren Schmerz.
Ich drücke dich ganz fest und bin in Gedanken bei dir.
Herzliche Grüße
Ulrike

Kückeline
28.02.2003, 14:46
Liebe Birgit,
auch von mir einen dicken Knuddler und mein herzliches Beileid.
Kann es auch gut nachempfinden, habe meine Mutti am 10.01.03
verloren.

Einen lieben Gruß
Heike Kückelhaus

28.02.2003, 17:44
Liebe Birgit,
auch ich möchte Dir mein Beileid zum Verlust Deiner Mutter aussprechen und Dir viel Kraft für die kommende Zeit wünschen. Auch ich weiß, wie schmerzlich es ist einen geliebten Menschen zu verlieren. Hier im Forum kannst Du aber Deine Gefühle und Gedanken niederschreiben, in dem Bewußtsein verstanden zu werden. Das hat schon vielen hier geholfen.
Alles Liebe und Gute
Josi

02.03.2003, 00:11
Habe meinen Vater(62Jahre ,100kg schwer) am 27.2.03 durch Lungenkrebs im Endstadium verloren .Wir waren(2Söhne, 2Schwiegertöchter und meine Mutter) die letzte Woche Rund um die Uhr bei ihm und versuchten ihm den nötigen Beistand zu geben.Unser Vater hat ungefähr4 Tage vor seinem Tot aufgehört zu kämpfen,hat nichts mehr gegessen hat sich von allen Angehörigen verabschiedet und hat auf seinem Tot gewartet .
Ungefähr 15 Stunden vor seinem Tot wurde unser Vater an einen Morphiumtropf angeschlossen der stetig erhöht wurde so das unser Vater nach kurzer Zeit nicht mehr ansprechbar war und wir dachten das unser Vater nun irgendwann ruhig einschläft.
Doch ca.2 einhalbstunden vor seinem Tot fing unser Vater an um sein Leben zu kämpfen und führte einen elendigen Menschen unwürdigen Todeskampf.Und wir waren dabei und konnten außer ihm die Hand zu halten nur hilflos wie gelähmt zusehen und hoffen das er bewußt davon nichts mitbekommt.Dies war für uns Angehörigen ein lebendig gewordener Alptraum ,sogar unserem Vater seine behandelnde Ärtzin brach in Tränen aus als unser Vater erlöst war .Wir machen uns nun die größten Vorwürfe unserem Vater nicht vorher auf einem anderen Weg geholfen zu haben .Weil so wie unser Vater starb hat kein Mensch verdient zu sterben

02.03.2003, 04:13
Hallo Wolfgang & Familie,
zuerst einmal mein aufrichtiges Beileid.
Es ist so furchtbar grausam, wenn man mit ansehen muss, wie ein geliebter Mensch solch eine Qual hat, den letzten Schritt zu tun. Dein Vater hat in diesen Stunden seine ganze Kraft und Energie aufgebracht um weiterzuleben. Auch wenn er sich schon von Euch verabschiedet hatte.
Ich kann Euch nachempfinden, und wünsche Euch, dass ihr im Laufe der Zeit, dieses schlimme Bild als eine große Stärke Eures Vater, als den Wunsch noch zu bleiben in Erinnerung behalten könnt.
Für Euren Vater war es sehr gut zu wissen, dass ihr seinen Weg mit ihm gegangen und alle bei ihm gewesen seid. Versucht Euch keine Vorwürfe zu machen, ist leichter gesagt als nachempfunden und verstanden. Redet miteinander, lasst Eure Trauer und Entsetzen zu.

Meine Mutti musste auch so gehen, und heute sage ich mir, so gewaltig und intensiv wie sie gelebt hat, so stark sie ihre Schicksale im Leben gemeistert hat, so ist sie auch von uns gegangen. Das hilft mir mit der Erinnerung an ihren Todeskampf umzugehen.

Ich wünsche Euch ganz viel Kraft.

ganz liebe Grüsse,
Jutta

02.03.2003, 13:02
Hallo an alle,

jetzt bin ich auch hier. Seit bereits 3 Monaten verfolge ich einige Berichte und hatte auch schon zum Thema Gehirnmetastasen geschrieben. Alles umsonst, meine Mutti (68 Jahre) ist am 25.02.2003 gestorben. Sie ist an ihren Lungenmetastasen erstickt und es war grauenhaft. Ich werde diese Bilder nie vergessen und quäle mich seit Tagen, kann nicht mehr schlafen und essen.

Sie hat 6 Jahre mit dem Krebs gekämpft und eigentlich auch ein sehr lebenswertes Leben gehabt. Bis plötzlich im Dezember Verwirrungen auftraten aufgrund von Gehirnmetastasen. Sie bekam im Januar Bestrahlungen und hat diese nicht mehr vertragen. Sie wurde von Tag zu Tag schwächer und der Krebs konnte sich im Körper ausbreiten. Zum Schluß hatte sie derartige Luftprobleme. Die letzten 3 Wochen war sie im Krankenhaus und ich war die ganze Zeit bei ihr. Leider bin ich die einzige Tochter und mein Vater starb bereits im Januar 97 qualvoll an Leberkrebs, so daß ich sie nicht mehr heimholen konnte, weil ich es alleine nicht geschafft hätte. Ich hätte mir so sehr Geschwister gewünscht, die mich dabei unterstützt hätten.

Im Moment bin ich einfach nur leer, weil ich 2 so liebe Menschen und tolle Eltern auf so ein unwürdige Weise habe sterben sehen müssen. Es tut so verdammt weh.

Liebe Grüße heike

02.03.2003, 17:20
Liebe Mitleser und Mitleidende,
ich habe meinen Mann vor knapp einem Jahr verloren und fühle mich auch heute noch, als sei ich mit ihm gestorben. Das nur zur Erklärung!
Auch mein Mann hatte einen äußerst qualvollen Tod erlebt (und zwar bewußt) und sein Todeskampf war entsetzlich. Man sah förmlich, wie er sich mit aller Macht am Leben festhalten wollte...und man steht hilflos daneben und kann ihm nicht wirklich helfen.Ich "klage" in diesem Moment die Ärzte an, die es nicht fertigbringen diesen Menschen einen friedlichen und würdigen Tod zu ermöglichen. Ich finde, wir in Deutschland sollten uns an der Schweiz und der Niederlande ein Beispiel nehmen, und diesen Patienten, die in einem so absolut hoffnunglosen Zustand sind und sich derart quälen auf ihren EIGENEN WILLEN hin, einen sanft herbeigeführten "künstlichen" Tod gönnen. Ich weiss, dass ich mit dieser Ansicht in ein Wespennest steche,- aber Mitleser, die ebenfalls so von ihren Ärzten im Stich gelassen wurden bezgl der Todesstunden des geliebten Menschen, verstehen vielleicht mein Anliegen.
Jeder Mensch sollte das Recht auf ein SELBSTBESTIMMTES Ende in Würde und Frieden UND ohne Qualen haben.
Mir selbst gehen diese schrecklichen Bilder vom Todes meines Mannes nie mehr aus dem Gedächtnis.
Eine traurige und verzweifelte Schreiberin,
Nadine

02.03.2003, 21:21
Lieber Wolfgang, liebe Heike,
ich sende Euch mein herzliches Beileid.
Kann gut verstehen, was nun in Euch vor geht.
Auch ich habe meine Mutti am Krebs verloren.
Angefangen hat es im Jahre 2000 mit Weichteilkrebs in der linken Brust.
Dann im Juli 2002 Metastasen in Lunge und Leber.
An meinem Geburtstag am 08.08.02 kam die Nachricht, Metastasen im Kopf.
Zum Schluß war der ganze Körper befallen.
Meine Mutti war gelähmt, weil auch die Wirbelsäule befallen war.
Oh mein Gott es tut so unheimlich weh, wenn ich daran denke, wie meine Mutti immer mehr zerfallen ist.
Wie Sie gekämpft hat, weil Sie nicht sterben, sondern leben wollte.
Am 10.01.03 habe ich meine Mutti im Alter von 56 Jahren an diese beschissene Krankheit verloren............
Entschuldigt bitte, eigentlich wollte ich Euch doch etwas Trost spenden.

Ich wünsche Euch von ganzem Herzen, die Kraft, die nächste Zeit durch zu stehen.
In Gedanken sind sie bei uns, auch wenn das nur ein schwacher Trost ist.

Ich drücke Euch und sende liebe traurige Grüße

Heike Kückelhaus / Kückeline

02.03.2003, 21:40
Hallo, Heike,
hallo, Kückeline,
es gibt keinen Trost. Mein Vater ist am Montag an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben, Freitag war Beerdigung. Ein Jahr hat er gekämpft und sich immer noch vorrangig um Andere gekümmert. Die letzten Tage waren grausam. Meine Ma ist nun allein; sie hat noch viel mehr von dem beschissenen Krebs mitbekommen als ich. Morgen gehe ich wieder zu meiner Arbeit. Weiß jetzt schon, was mich für Lächerlichkeiten erwarten werden. Habe Angst vor den Kondolenzbesuchen, vor dem Alltag, vor dem Vergessen. Ich bin so traurig. Ich liebe ihn so und will es nicht begreifen.

02.03.2003, 21:57
Liebe Gudrun,
begreifen, ja begreifen kann ich es auch nicht.
Auch ich liebe meine Mutti und es tut unheimlich weh.
Auch wie Du geschrieben hast, dieses Vergessen.
Alles um einem herum geht einfach weiter, so als wäre nichts geschehen.
Man muß funktionieren.
Ja, ich funktioniere aber dass ist auch alles.
Es scheint nichts mehr einen Sinn zu machen.
Und doch, ich habe noch eine Aufgabe, ich muß mich um meinen Papa kümmern.
Meinen Papa, der nun auch alleine ist und zudem noch krank ist.

Ich wünsche Dir alles Liebe und Gute für Deinen ersten Arbeitstag.

Einen traurigen Gruß und einen dicken Knuddler
Heike Kückelhaus / Kückeline

03.03.2003, 08:53
Liebe Kückeline,
liebe Gudrun,

erstmal auch mein aufrichtiges Beileid für euch. Auch ihr habt schreckliches erlebt und durchlebt jetzt alles genau wie ich. Man kann kaum Worte dafür finden.

Meine Mutti wird erst nächste Woche beerdigt. Im Moment muß ich so viel schreckliche Dinge erledigen und außerdem noch ihre Wohnung auflösen, die ich zum 31.3. gekündigt habe. Ein ganzes Leben in 4 Wochen. Ich gehe auch erst am 13.3 wieder arbeiten und bin froh, daß ich einen Chef habe, der mich in den letzten Wochen so unterstützt hat, daß ich die letzte Zeit nur für meine Mutti dasein durfte. Ich habe auch Angst davor, wieder arbeiten zu gehen und zurück in den Alltag zu müssen.

Paßt gut auf eure Ma und Pa auf und helft Ihnen so gut wie möglich mit dem schweren Verlust fertigzuwerden. Meine Mutti ist kurz nach Papas Tod an Krebs erkrankt. Ich bin schon damals der Meinung gewesen, der Krebs kam, weil sie den Tod nicht verkraftet hat. Die Ärzte haben mir auch damals bestätigt, daß es ein schnellwachsender Tumor im Darm ist, der erst kurzfristig auftrat. Ich hasse diese Krankheit und was sie aus einem Menschen machen kann.

Ich lese im Moment die Bücher von Elisabeth Kübler-Ross und Moody. Ich versuche mir vorzustellen, daß es meinen Eltern jetzt besser geht und sie wieder zusammen sind. Leider bin ich ein sehr realistischer Mensch und glaube immer nur an das was ich sehe und greifen kann, aber ich arbeite an mir. Es muß doch irgendwas geben woran ich noch glauben kann.

Ich wünsche euch was und drück euch ganz fest.

Lieben Gruß Heike

03.03.2003, 09:22
Liebe Kückeline,

ich hab noch was vergessen zum Thema Aufgabe.

Auch ich hatte es zu meiner Aufgabe gemacht, für meine kranke Mutti dazusein. Ein sehr lieber Arzt hier im Krankenhaus in Frankfurt, der uns in den letzten Jahren immer wieder auf der Onkologischen Station begleitet hat und den ich sehr gut kenne, hat mich sofort nach Muttis Tod letzten Dienstag ins Arztzimmer geholt. Ich denke, keiner wußte besser wie er, daß ich das Gefühl hatte, ich habe bei meiner Aufgabe versagt.

Dieser Arzt hat so einfühlsame Worte gefunden und mich gebeten, mir eine neue Aufgabe zu suchen und nicht daran zu zerbrechen, daß ich das Gefühl habe, versagt zu haben. Genau das, habe ich aber in dem Moment gedacht. Er hat es immer wiederholt und ich habe kaum zugehört. Mit ein paar Tagen Abstand, kann ich seine Worte jetzt besser fassen. Er hat sehr schnell erkannt, was in mir vorging.

Im Moment weiß ich noch nicht,was meine neue Aufgabe sein wird,aber ich weiß, ich brauche eine neue Aufgabe und ich möchte gerne helfen und zwar dort, wo Not angesagt ist.

Lieben Gruß Heike

03.03.2003, 12:28
Hallo Heike,

mach Dir keine Vorwürfe - Du hast ALLES getan was Du tun konntest. Hört sich für Dich im Moment vielleicht lasch an, aber: Jedem Menschen sind Grenzen gesetzt, und wenn man gegen Krebs kämpft, hat man einen (zum großen Teil, wie Du lesen kannst) unbesiegbaren und hinterhältigen Feind vor sich. Ich habe alle Hochachtung vor Dir, daß Du die Kraft hattest, Deine Mutter zu begleiten.
Ich weiß nicht, was Du von Beruf bist, aber es gibt die Möglichkeit, ehrenamtlich in Hospizen tätig zu sein. Da kann man Angehörigen und Betroffenen den "letzten Weg" mit psychischer und physischer Hilfe leichter machen. Wir waren dankbar für die Menschen, die uns und unserer Mutter geholfen haben.

Liebe Grüße von Antje

03.03.2003, 12:45
Hallo an alle,
es ist so traurig, was Ihr schreibt. Und dann immer das Warum - warum mußte der liebste Mensch so leiden? Der Tod an sich ist vielleicht Erlösung, aber das Sterben kann eine Qual sein... Und das macht es einem um so schwerer - wenn man damit fertig werden muß, daß derjenige nicht "in Frieden" gehen konnte.

Wolfgang, meine Mutter hatte auch gewußt, daß es hoffnungslos ist. Sie konnte nur nicht loslassen, und die letzte Woche (nach unserem schönen Abschied) war ein aussichtsloser Kampf mit hin und her wälzen, aufsetzen und zwischendurch, wenn die Schmerzen zu stark wurden, der Ruf: "Helft mir!" Ich habe auch das Morphium in Verdacht. Es heißt, es gibt einem halluzinogene (sagt man so?) Träume. Wenn das so ist, hatte meine Mutter einen Alptraum nach dem anderen. Z. B. zeigte sie in eine Ecke und murmelte: „Lauter schlechte Engel“. Leider weiß man nie vorher, wie der geliebte Mensch gehen wird, man klammert sich an jeden Strohhalm, besonders wenn die Ärzte sagen: Sie wird durch das Morphium nichts mitkriegen.

Nadine, ich bin ABSOLUT Deiner Meinung! Und ich denke auch, daß diejenigen, die so ein qualvolles Sterben nicht als Angehörige erlebt haben, so eine Situation nicht beurteilen können. Ich habe im Verwandtenkreis mal gesagt, wenn es erlaubt gewesen wäre, hätten wir ihr geholfen. Teilweise haben die Leute wirklich die Nase gerümpft, nach dem Motto "wie kann man nur?!" !

Heike, es tut mir so unsagbar leid, daß Du die Situation ganz alleine tragen mußtest. Wenn Du "reden" willst, findest Du hier Menschen, die Dir (vielleicht) ein bißchen helfen können. Einfach die Trauer zu formulieren macht es zumindest zeitweise etwas leichter.

Gudrun, ja, es kommt einem alles irgendwie lächerlich vor. Es relativieren sich viele Probleme, die man vorher hatte. Und wenn ich über einen Schnupfen oder Kopfweh klage, sehe ich meine Mutter vor mir und denke, wieviel Leid kann - muß - ein Mensch ertragen.

Kückeline, es ist doch klar, daß man nicht nur Trauer sondern eine gehörige Portion Wut empfindet. Das ist mehr als verständlich, denn diese Wut beinhaltet doch auch die Hilflosigkeit, weil man nur zusehen konnte, wie ein geliebter Mensch so abgrundtief leiden mußte.

Liebe Grüße an Euch alle von Antje

03.03.2003, 13:17
Liebe Mitlesende und Mitleidende,
Es fällt mir so unsagbar schwer mich mit der Art und weiße wie mein Vater sterben mußte abzufinden.
Ich als ältester Sohn meines Vaters mußte ihm versprechen das er nicht ersticken muß das ich dies verhindern würde,und Ich habe mich auf die Aussage der Ärzte verlassen das mein Vater von allem nichts bewußt mitbekommen würde.
Aber nachdem mein Vater quallvoll ersticken mußte und Ich nur hilflos wie gelähmt zusehen konnte mache Ich mir die größten Vorwürfe mein Wort meinem Vater gegenüber nicht gehalten zu haben und ich weiß nicht wie ich jetzt weiter damit klarkommen soll.

03.03.2003, 14:12
Hallo!

Ich bin neu hier. Mein Vater ist am 1.3. gestorben,er hatte Speiseröhrenkrebs. Allerdings ist er nicht an dem Krebs selbst gestorben, sondern an naja ..so genau konnten die Ärzte das auch nicht sagen. Auf jeden Fall hatte er am Schluss noch eine Lungenentzündung und das war wohl zuviel. Er kam dann auf die Intensivstation. wo er genau wie eure Angehörigen anfing sich zu wehren. Daraufhin gab man ihm Morphium und er beruhigte sich wieder.Nach ein paar Stunden wurde er zum Sterben auf die Normalstation gelegt, dort fing er wieder an sich aufzubäumen.Wir konnten das nicht mit ansehen und sprachen mit der Ärztin. Sie gab ihm ein sehr starkes Beruhigungsmittel und von da an schlief er noch 8 Stunden, seine Atemzüge wurden immer seltener, bis er dann ganz aufhörte zu atmen und sein Kopf auf die Seite fiel. Ich hab keine Ahnung was die Ärztin ihm genau gegeben hat, aber so habe ich erfahren dürfen, das es auch anders geht.

03.03.2003, 14:35
Hallo auch ich bin neu hier. Meine mutter starb auch wie bei christine am 1.3...sie hatte metastasen in der Lunge, Leber,knochen,und im Hirn,die ärzte konnten nicht feststellen wo der Hauptherd lag.Vor 1 Woche sagte meine Mutter zum 1.Mal dass sie endlich sterben wolle, sie hatte 9Monate gekämpft.von da an ging es bergab.sie fing an Wirr an zu sprechen und hatte sehr starke Schmerzen, so dass wir sie ins Krankenhaus einliefern mussten.am Freitag hatte sie mühe mit atmen,sie bekam all halbe stunde eine Morphiumspritze, zusätzlich hatte sie noch Pflaster.die Schmerzen wurden immer schlimmer sie wollte sich die kleider vom leib reissen und windete sich im Bett und rief immer "helft mir haltet mich!!..am abend war sie so schwach dass sie nur noch da lag und schwer atmete.mein Vater und ich blieben die ganze nacht bei ihr.Um 5.15uhr hatte ich keine Kraft mehr ich war total erschöpft. mein vater schickte mich nach hause mit dem Versprechen dass er mich sofort anrufen würde wenn es meiner mutter schlechter gehen würde.ich fuhr nach hause und legte mich sofort schlafen. um 6.00uhr rief mich meine schwester an und teilte mir mit dass meine mutter gestorben sei.sie hatte Blut erbrochen und atmete dann einfach nicht mehr..zuerst machte ich mir vorwürfe dass ich nicht länger geblieben bin..aber mein Vater meint dass meine Mutter mir den Anblick ersparen wollte und erst gehen konnte als sie mit meinem Vater alleine war..

..also wie ihr seht sind die Krankenhäuser hier in der Schweiz,kein Deut besser als bei euch in Deutschland..


in stiller Trauer sandra G-

03.03.2003, 15:49
Lieber Wolfgang,
Mach Dir BITTE keine Vorwürfe, auch wenn Du Deinem Vater ein Versprechen gegeben hast. Aber wie solltest Du sein Leiden in den letzten Stunden verhindern, wenn Du gar nicht wußtest, was auf Dich zukommt? Und wie hättest Du es denn verhindert? Am Ende hättest Du Riesenprobleme bekommen, wenn Du "nachgeholfen" hättest. Und das hätte Dein Vater doch nicht gewollt?!
Das mit dem "Nachhelfen" haben wir ernsthaft überlegt, und ich war im Krankenhaus nah dran, die Schmerzpumpe so einzustellen, daß einfach eine viel größere Dosis in meine Mutter gepumpt worden wäre. Was hätten die Ärzte wohl gemacht? Mich natürlich angezeigt, da es schließlich ein Verbrechen hierzulande ist, wenn man einem Menschen das Leid ersparen will. Schizophren, nicht wahr?!
Denke daran: Dein Vater ist jetzt irgendwo bei Dir und will sicher nicht, daß Du Dir das Leben schwer machst. Er kann doch verstehen, daß Du nur das tun konntest, was Du getan hast. Und wird froh sein, Du ihn auf seinem Weg nicht allein gelassen hast.
Liebe Grüße von Antje

03.03.2003, 17:59
Hallo Antje und alle anderen,

es ist erschreckend, wenn ich sehe, wieviele von uns zur Zeit den gleichen Schmerz durchleben. Ich denke, wir alle, haben etwas erlebt, was wir nie vergessen werden. Jeder von uns muß nun seinen Weg finden und versuchen auf seine Art weiterzuleben. Es ist aber schön, daß wir uns zumindest gegenseitig helfen können, das Erlebte irgendwie und irgendwann zu verarbeiten, in dem wir es niederschreiben und rauslassen können.

Antje, ja Du hast recht,ich habe mir auch schon überlegt, evtl. einen Hospizkurs zu machen. Einige Frauen aus der Krebs-Selbsthilfegruppe meiner Mutter haben so einen Kurs und ich kann mir dort Informationen darüber holen.

Nadine, ich gebe Dir recht,jeder Mensch sollte das Recht auf ein SELBSTBESTIMMTES Ende in Würde und Frieden UND ohne Qualen haben. Ich habe Ende November einen Bericht im Fernsehen gesehen über die Schweiz. Es gibt dort eine Vereinigung mit dem Namen D....... Leider weiß ich nur noch, daß er mit D anfängt. Sehr viele Deutsche waren schon dort und angeblich will man es sogar verbieten. In was für einem Land leben wir eigentlich??

Christine, ich glaube, ich weiß was man Deinem Vater gegeben hat. Das Mittel heißt Haldon und ist ein starkes Rauschmittel. Zumindest spricht Deine Schilderung dafür. Ein solches Mittel hat man meiner Mutter auch zeitweise gegeben, allerdings hat man sie damit in eine Art Tiefschlaf versetzt zu einem Zeitpunkt, als sie noch ansprechbar war, und das fand ich unmöglich.

Sandra, was wir unter würdigem sterben verstehen muß man selber in die Hand nehmen. Dabei hilft kein Krankenhaus und der Patient muß es selber wollen. Wie gesagt, es gibt eine Vereinigung in der Schweiz und an die muß man sich wenden solange der Patient noch selber entscheiden kann, es aber keine Hoffnung mehr besteht zur Heilung.

Tja, ich drück euch für heut ganz fest. Jetzt wird es schon dunkel und das ist im Moment für mich besonders schlimm.

Liebe Grüße Heike

03.03.2003, 19:39
Liebe Mitleidende,
wie Heike schrieb, ein würdiges Ende muß der Betroffene noch SELBST entscheiden können und das bedeutet RECHTZEITIG.Man kann es leider nur selbst in die Hand nehmen bzw. liebevolle Menschen haben, die die Zivilcourage und die Liebe aufbringen irgendwie zu helfen. Es ist ein Armutszeugnis für unsere Mediziner, dass sie vor lauter Angst vor der "Obrigkeit" nicht in der Lage sind Menschlichkeit walten zu lassen. Ich bin kein bösartiger Mensch, bin aber im Verlauf meiner Erfahrungen leider zu dem Schluß gekommen, dass diese Ärzte ES wohl erst am eigenen Leibe oder beim Liebsten, das sie haben, erleben müssen um den "Stein ins rollen" zu bringen, damit sich in Hinsicht würdevolles und wirklich schmerzloses Sterben in diesem Lande etwas tut.
Die Gesellschaft in der Schweiz heisst, soviel ich weiss: "Dignitas" und es gibt , glaube ich noch "Exit". Auch in den Niederlanden soll es wohl "Hilfsmöglichkeiten" geben.Ich bin wie Antje der Meinung, dass nur ein Mensch, der seinen liebsten Menschen so qualvoll hat leiden und sterben sehen, das Recht hat, sich wirklich kritisch über diese Meinung zu äußern. Ich denke, wir ALLE wollten unsere Angehörigen solange wie möglich "behalten", aber sie so qualvoll leiden und sterben zu sehen.....Ich fühle mich als Versager, dass ich das bei meinem Mann "zugelassen" habe. Einem Tier wird geholfen,- einem Menschen nicht! Ist ein Mensch eher dazu bestimmt qualvoll zu sterben? Ich habe viele Mediziner (es gibt sicherlich auch Ausnahmen) in Punkto Schmerztherapie und Erleichterung der letzten Stunden als unfähig und (oder) feige erlebt. Ich selbst würde mich in dieser Situation nicht mehr der Hand eines Arztes anvertrauen! Nur uns als Laien sind diesbezgl Grenzen gesetzt und das erschwert das würdevolle und schmerzlose Sterben noch mehr.Das alles hört sich hart und verbittert an! Ich BIN hart und verbittert geworden, als ich mir den Leidensweg und den Tod meines Mannes und im Vergleich dazu die "Hilfe" der Ärzte hilflos ansehen mußte.
Es gibt sicher auch andere Beispiele, aber ich schreibe momentan in DIESER Rubrik und das ist meine Meinung dazu, entstanden aus meiner (unserer) traumatischen Erfahrung.
Es tut mir leid, Euch zusätzlich bedrückt zu haben, aber wenn niemand irgendwann einmal den Mund aufmacht wird sich in dieser Beziehung nie etwas ändern. Man sagt zwar, der Tod gehört zum Leben, aber hat man damit gemeint, dass der Mensch ELEND und WÜRDELOS sterben muß (von den Altersgruppen, die betroffen sind, mal ganz zu schweigen)?
Es tut mir für Euch alle sehr leid, diese Worte sind absolut unzureichend um wirklich auszudrücken was ich fühle,aber ich weiss selbst, dass es in dieser Situation keinen wirklichen Trost gibt.
Nadine, die selbst auch von Eurem Unglück betroffen war und es seelisch noch ist.

03.03.2003, 21:00
Liebe Nadine,
ja, ich lese Deine Wut, Deine Verbitterung, weil Du einen lieben Menschen verloren hast. Trotzdem dürfen wir in diesem Maße din Ärzte nicht anklagen. Sie haben einen Eid geschworen. Sie DÜRFEN dem Leben KEIN Ende machen, selbst, wenn sie es wollten. Glaube mir, daß sie oft genug selbst hilflos davorstehen, weil sie nicht wissen, wie sie ihren Patienten noch helfen sollen.
So sind nun mal unsere Gesetze und wer von uns will allen Ernstes über Leben und Tod entscheiden.
Ich wollte es nicht!
Ich selbst habe vor kurzem meinen geliebten Partner verloren an dieser gemeinen Krankheit. Auch ich hatte Angst davor, daß er evtl. ersticken muß. Ich habe meine Bedenken geäußert. Er bekam starke Schmerz- und Beruhigungsmittel und schlief dadurch fast den ganzen Tag. Wenn er zwischendurch erwachte, hatte er schlimme Panikattacken -Atemnot-, bekam dann sofort eine zusätzliche Beruhigungsspritze, schlief dann wieder ein. Ganz schlimm wurde es am Nachmittag bevor er starb, da halfen die Spritzen nicht mehr und wie Christine beschreibt, bekam er zusätzlich ein Mittel in die Infusion gespritzt. Er schlief ein und wachte nicht mehr auf. Auch ich weiß nicht, wie dieses Mittel hieß, man hat mir auch nichts gesagt, was ich übrigens auch sehr bedaure. Haldol bekam er sowieso, es gehörte zur Schmerztherapie.
Deshalb gibt es für mich nur eine Möglichkeit, nämlich, sich mit den Ärzten auseinanderzusetzen, was sie tun können, um das Sterben zu "erleichtern".
Und "leicht" ist es mit Sicherheit für niemanden. Ich glaube, daß der Kampf auch im Unterbewußtsein stattfindet. Ich bin mir sicher, daß Heinz lange bevor ich es überhaupt bemerkte, schon längst mit sich selber abgeschlossen hatte. Gekämpft hat er trotzdem.

Wolfgang, und allen anderen, denen es so ergangen ist, bitte keine Schuldgefühle.
Wir stehen doch alle hilflos davor. Mein Vorwurf geht eher an die Ärzte, die eigentlich einen besseren Überblick über die Situation haben sollten, als wir. Und zwar IM RAHMEN ihrer Möglichkeiten.
Wir als Angehörige konnten nur eins tun, für unsere Lieben da sein und ihnen wenn möglich noch ein paar kleine Wünsche erfüllen.
Die schrecklichen Bilder aus dem Krankenhaus werden noch lange da sein, wütend machen, ja.
Aber unsere Lieben müssen jetzt nicht mehr leiden, es wird ihnen gut gehen und sie werden immer bei uns sein.

Allen hier viele liebe Grüße
Mucki

03.03.2003, 21:17
Liebe Mucki,

eine Frage zu Deinen Worten:

Mir wurde von den Ärzten gesagt, daß Haldol nur zur Beruhigung gegeben wird, da meine Mutter auch aufgrund ihrer Gehirnmetastasen sehr unruhig war. Immer wenn sie ansprechbar war, habe ich sie nach Schmerzen gefragt und sie hatte keine, auch als Haldol abgesetzt wurde. Was Du hier schreibst, sind ganz neue Perspektiven für mich, die ich im Moment nicht zuordnen kann. Wurde ich hier von den Ärzten belogen??

Liebe Grüße Heike

03.03.2003, 22:45
Hallo, Heike, erst mal ein paar Dinge zu Haldol, die ich gefunden habe:

Wirkstoff: Haloperidol (Butyrophenon Neuroleptikum)

Handelsname: Buteridol, Duraperidol, Haloperidol-ratiopharm, Serenace, Serenase

Einsatzgebiete: schizophrene Psychosen, Erregungszustände

Anmerkungen: Das Standartmedikament bei psychotischen Erregungszuständen. Wenig vegetative Nebenwirkungen, dafür aber ausgeprägte motorische Störungen (Parkinson ähnliche Symptome die bei einem Besuch auf einer akuten psychiatrischen Aufnahmestation sofort auffallen).
Haloperidol wurde 1958/1959 von Paul Jansen entwickelt und auf den Markt gebracht. Es sollte dem einige Jahre früher eingeführtem Chlorpromazin angeblich an "Spezifität" bei Schizophrenien überlegen sein. Diese Ansicht liegt nahe wenn man die hohe Affinität der Substanz zu den Dopamin-Rezeptoren im Gehirn (Schizophrenie als Störung des Dopaminstoffwechsels) bedenkt. In den vielen klinischen Studien die bisher durchgeführt wurden war jedoch kein Neuroleptikum wirklich effektiver als Chlorpromazin in der Behandlung der Schizophrenie. (http://www.epsy.de/haldol.htm)



Hallo, an alle,
ich habe heute mal wieder ein bißchen in meiner Firma vorbeigeschaut. Gearbeitet habe ich nämlich kaum, weil mich alles nur angekotzt hat. Freitag wurde mein lieber, lieber Vater beerdigt und heute habe ich Berge von Papier auf dem Schreibtisch über lauter dummes Zeug. Es war wohl ein Fehler dahinzugehen. Aber zuhause sitze ich stundenlang da und starre die Wand an. Ich war auch abends noch bei meiner Mutter. Die hat jetzt Angst um mich und ich um sie. Wir sind nur fertig. Ich habe ihn einfach nur lieb und hoffe, daß er gleich um die Ecke schaut. Sie wohl auch. Die letzten Tage kann ich nicht vergessen. Es war schlimm. Ich habe gesehen, wie er leidet ohne einen Ton zu sagen; er war auch die ganze Zeit geistig voll da. Was soll ich das beschreiben. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Ich weiß nicht, ob meine Ma es schafft, ob ich es schaffe. Er war doch unser größter Schatz.

Gudrun

03.03.2003, 23:41
Liebe Mucki,
zunächst einmal mein Beileid zum Tode Deines Partners. Ich selbst weiss, wie schwer es zu ertragen ist.Ich habe meinen Mann vor fast einem Jahr verloren und es geht mir schlechter denn je.Aber das soll hier nicht das Thema sein.
Ich würde nur gerne etwas "geraderücken", wir haben uns mißverstanden.Ich wollte nicht, dass die Ärzte dem Leben meines Mannes ein Ende setzen. Selbst während seiner letzten Stunden kämpfte ER um sein Leben,- er wollte es behalten. In Bezug auf meinen Mann sprach ich von wirksamer Schmerztherapie und BERUHIGUNG in den letzten Stunden,- denn er wurde fast "wahnsinnig" vor Qual (wohl in erster Linie auch seelischer Qual). Bei uns gab es nichts wie schlafen etc. Mein Mann war bei Bewußtsein,- er bat immer wieder darum schlafen zu dürfen. Aber dem wurde nicht entsprochen.Und die Medikamente, die man ihm gab stellte ihn noch nicht einmal ruhig.Wohl dem, der in seinen Tod hineinschlafen darf!Das war es, was er wollte, und ich ihm auch gewünscht hätte. Ich sprach, wie wohl auch einige der Schreiber vor mir, eben von genau der entgegengesetzten Situation. Nämlich bei Bewußtsein qualvoll (körperlich und seelisch)seinem Ende entgegenzugehen- und zu sehen.
Und allgemein meinte ich, dass der Patient natürlich SELBST bestimmen sollte, wann für ihn der Punkt erreicht ist, an dem er es nicht mehr aushält und nur noch gehen will (und solche Fälle gibt es auch!)Und ich spreche natürlich auch von Schwerstkranken, die stark leiden wie z.B. Krebskranke im Endstadium.Nur der Patient alleine sollte über SEIN Leben entscheiden können. Und die Ärzte haben auch den Eid geschworen, Leiden zu lindern und Menschen zu helfen. Aber genau in dieser Hinsicht hapert es häufig. Wenn Du mit Deinem Partner bessere Erfahrungen gemacht hast, sei froh. Wir und viele andere Betroffene hatten nicht das "Glück"!Ich denke, wir alle wollen zunächst einmal unsere Lieben "behalten", wenn aber das wirklich nicht mehr möglich ist, dann möchte man doch einen sanften, friedlichen Weg, wie zum Beispiel einen ruhigen, langen Schlaf.Es ist grauenvoll genug den Leidensweg eines Menschen mitzuerleben, aber ihn auch noch qualvoll in den Tod gehen zu sehen. Das darf man NIEMANDEM antun. Kein Mensch hat es verdient so elend zu sterben, wie es manche tun. Und DAGEGEN wehre ich mich!
Ich gebe zu, ich bin verbittert, verzweifelt und traurig über die Art und Weise, wie man meinen Mann hat sterben lassen (auch über das Verhalten verschiedener Ärzte), dennoch spreche ich nicht nur für mich sondern auch für die Fälle, denen es ebenso ergangen ist.
Ich wünsche Dir alles Gute,
Nadine

04.03.2003, 04:17
Hallo Nadine,
ich kann Deinen Zorn und Deine Einstellung nachempfinden, so wie viele hier, welche die Qual des Todes miterlebt haben.
Als ich bei meiner Mutter ganz deutlich sah, dass in punkto pallitative Alternative nichts getan wurde, habe ich sie nach hause geholt. Sie hatte keine Schmerzen, dafür sorgte ihre Hausärztin. Es war ihr qualvoller seelischer Schmerz sterben zu müssen, der letzte Schrei nach dem Leben, der heute noch in mir sitzt. Beim ersten Hausbesuch der Ärztin brachte sie mir die Informationshefte vom Hospiz mit, die Phasen des Gehens.
Meine Mutti hatte sich eine Sammlung von Schlaftabletten zugelegt, für den Fall der Fälle. Doch sie war ja nicht einmal mehr imstande sich alleine zu drehen usw., wer hätte ihr diese geben sollen? Hätte ich ihr den Todesmix zubereiten sollen? Hätte es die Ärztin machen sollen? Wir wären Beide gesetzlich belangt worden. Und wer beruhigt das Gewissen? Kommen nicht die Gedanken jetzt schon nach dem Tode, habe ich alles in meiner Macht stehende getan um zu helfen, zu lindern???? Welch ungeheures Schuldgefühl würde da die Hinterbliebenen zerfleischen? Wie viele Menschen hätten wirklich die Kraft, ob sterbend oder zurückbleibend, diesen Weg zu gehen? Hängen wir nicht Alle so sehr am Leben, dass immer noch ein Fünkchen Hoffnung (ob nun realistisch oder nicht) oder den starken Glauben an die Hoffnung gibt vorhanden ist?
Glaubst Du nicht, dass ein Arzt, welcher diese Situation hat zu seinen möglichen Mitteln greift?? Ich schon, denn ich weiss es aus dem Bekanntenkreis. Und wie viele Ärtze sind nicht nur wegen ihren Überstunden zu Alkoholiker und Drogenabhängigen geworden? Da dürfte niemand eine Studie beginnen!!
Verstehe mich nicht falsch, ich bin absolut FÜR ein humanistisches Sterben und den sofortigen Ausbau der pallitativen Medizin, und wäre an vorderster Front dabei darum zu kämpfen, um alles in meiner Macht stehende zu tun. Deshalb begann ich bei mir, ich meldete mich zum ehrenamtlichen Hospizdienst an, werde die Schulungen so bald als nur möglich beginnen, nachdem ich meine gesundheitliche Situation geregelt habe. Ich bin der Meinung hier schon einen winzig kleinen Teil beitragen zu können, und auch mit zu kämpfen, für was ich einstehe.
Leider sitzen in vielen Köpfen noch die Erinnerungen an die grausigen Ereignisse vom 2. Weltkrieg, und das hemmt uns Deutsche am MEISTEN. Ebenso die Unmacht der Hinterblieben, der Weisskittel ist für viele Menschen immer noch ein Halbgott und hat das Wissen.
Der Schmerz lähmt, und viele Menschen haben nicht die Möglichkeiten und das know-how, wie sie sich informieren, um dann vor den Ärzten Rückrat zu bieten. Und wehe sie tun es!! Mein letztes Beispiel, "ich werde nur noch mit ihrem Hausarzt diskutieren" wurde ich abserviert und stehen gelassen.
Nadine, sprech mit dem Hospizdienst, anderen evtl. vorhandenen pallitativen Dienste, schau wo DU Deinen Beitrag leisten kannst. Den Wut bewegt Berge. Und je mehr Menschen diese Wut konstruktiv umsetzen, um so mehr können wir gemeinsam tun um endlich ein würdevolles Sterben in die Wege zu leiten.

liebe Grüsse,
Jutta

04.03.2003, 08:12
Hi ihr Lieben,

Haldol ist ein Neuroleptikum; das heißt es hat dämpfende Wirkung = nimmt die Angst, Erregung, bzw. eventuelle Halluzinationen (es ist kein Schmerzmittel). Je nachdem in welcher Kombination Medikamtente gegeben werden, potenzieren sie sich unter Umständen gegenseitig - deshalb ist die Wirkung auch nicht bei jedem Patienten gleich (ist auch so erwünscht).

Mein Vater bekam - als er schon sehr starke Atemnot durch eine starke nicht mehr behandelbare Herzschwäche hatte - Vendal als Dauerinfusion. Das ist ein Morphinpräperat; auch das bekam er gegen die Angst und zur Beruhigung (Schmerzen hatte er keine). Man muss sich allerding bewußt sein, dass alle diese Medikamente auch Nebenwirkungen haben. Im Falle von Vendal bewirkt die gewünschte Sedierung auch eine Atemdepression (d.h. die Atmung wird langsamer und flacher). Wird der Patient unruhig, muss die Dosis gesteigert werden (es wäre sonst z.B. bei meinem Vater zu Panikattacken und extremer Atemnot gekommen). Was das für die Atmung bedeutet, muss ich euch nicht sagen.

Man (der Arzt) muss sich also schon sehr genau überlegen wann was, in welchem Ausmaß gegeben werden kann. Ich denke nicht, dass es so einfach ist, wie der Laie sich das vorstellt.
Es gibt sicher wie in jedem Beruf solche und solche Ärzte. Sie aber generell zu verteufeln finde ich aber trotz eventuell schlechter Erfahrungen nicht richtig.

Auch ich bin in solchen Fällen, wie ihr sie leider erleben musstet, für Sterbehilfe. Das Problem ist halt (neben dem Eid) auch ein eventueller Mißbrauch. Nicht alle empfinden dem Sterbenden gegenüber eine solche Liebe wie wir hier es tun (oder getan haben). Leider.Auch das muss man sehen.

Ich wünsche euch viel Kraft
Alles Liebe
Afra

04.03.2003, 11:22
Hallo Heike,
ja, Haldol ist ein Beruhigungsmittel. Es hemmt die Angst- und Erregungszustände.
Habe nochmal nachgesehen, will nichts falsches schreiben.
Heinz bekam dieses Mittel in Zusammenhang mit Dilaudid (Schmerzmittel).
Und zwar in flüssiger Form durch einen Port. Genau gesagt setzte es sich wie folgt zusammen:
7 Amp. Dilaudid + 1 Amp. Haldol, tagsüber 1 ml/h und nachts 2 ml/h.
Das war zuletzt die Dosis, die ihm seine Schmerzen und seine Ängste einigermaßen nahm. Wie gesagt, in den letzten Tagen spritzte man ihm noch zusätzliche Beruhigungsmittel. Ob es Haldol war, kann ich nicht sagen, war nicht mehr in der Lage nachzufragen. War nur froh, daß er nicht mehr so leiden mußte.

Liebe Grüße
Mucki

04.03.2003, 11:40
Hallo Nadine,
Du hast in Deinem ersten Beitrag von einem "künstlich" herbeigeführten Tod geschrieben. Das War's wohl, das mich so antworten ließ.
Nein, ich verstehe Dich voll und ganz.
Ich finde es schrecklich, wenn Menschen so elend sterben müssen. Und hier können die Ärzte wirklich etwas tun. Warum das nicht überall so ist, kann ich nicht verstehen. Da sollte wirklich etwas getan und umgedacht werden, Du hast vollkommen recht.
Wie man sieht, gibt es ja wirklich Möglichkeiten, das Sterben zu "erleichtern".
Es tut mir sehr leid für Dich und all die anderen, die sowas Schreckliches miterleben mußten.
Von Herzen wünsche ich Dir, daß "diese" Bilder in Deinem tiefsten Innern irgendwann verblassen werden.

Ganz ganz liebe Grüße und sei umarmt
Mucki

04.03.2003, 17:19
Ich bin auch der Meinung, dass Ärzte sich mehr mit dem Sterben auseinandersetzen müssten. Denn ich hatte den Eindruck, sie verdrängen noch mehr als wir Angehörigen, wenn nicht mehr zu helfen ist.
Psychisch am Ende musste ich mich mit den Ärzten rumstreiten, meinen Vater, der wegen Bestrahlungen ein paar Tage im Krankenhaus bleiben musste, wieder mit nach Hause nehmen zu dürfen.
Ich stieß auf totales Unverständnis und außerdem noch auf ein Kompetenzgerangel zwischen Oberarzt und Stationsarzt. Letztendlich haben wir ihn quasi gegen den Willen der Ärzte mitgenommen. Er wollte doch so gern wieder heim. Hatte jeden Tag gleich als erstes gesagt, jetzt sind es nur noch ... Tage. Eigentlich erwarte ich von Ärzten Unterstützung und Hilfe. Aber ich habe immer wieder den Eindruck, Hauptsache irgendwie therapiert, egal wie qualvoll. Ich glaube dass dies vorallem bei den Ärzten an den Unis oder auch normalen Krankenhäusern so ist. Viel Glück hatten wir mit dem Urologen und unserem Hausarzt. Als nichts mehr zu therapieren war, haben sie uns vorallem seelisch unterstützt und darauf geachtet, dass mein Dad eine gute Schmerztherapie erhalten hat. Dankbar war er in dieser Zeit vorallem für das Cannabis. Ist es nicht schlimm genug, was sie schon an seelischem Schmerz aushalten müssen, da darf es doch nicht sein, dass sie auch noch körperlich so leiden müssen. Immer wenn ich darüber schreibe, kommen so viel Erinnerungen hoch. Es tut so weh. Lilly

05.03.2003, 08:14
Hallo,

wenn ich Eure Beiträge so lese, wächst in mir der Eindruck, daß jeder von uns seine private kleine Hölle mit sich herumträgt. Da hilft es wenig, zu sagen, demjenigen geht es jetzt da, wo er ist, besser... Auch wenn ich an die schönen Zeiten mit meiner Mutter denke, kommen im gleichen Moment die Bilder im Hospiz hoch.
Es ist schon beängstigend, in welchem Maße man von den Ärzten abhängig ist! Unser Vater ist zum Glück Arzt, war auch der behandelnde Arzt von meiner Mutter. Wir konnten also immer fragen, und er hat uns auch von Anfang an (2001) darauf vorbereitet, daß diese Art von Krebs eine der hinterhältigsten ist (Man fand bei ihr den Haupttumor nicht, der die Metastasen gestreut hatte).
Mit den Ärzten im Krankenhaus hatten wir Glück: Sie verwendeten keine lebensverlängernden Mittel (außer Eiweißinfusion) und spritzten ihr jederzeit, wenn sie es verlangte, ein Schmerzmittel zu ihrer Schmerzpumpe.
Ich habe mit meinem Vater gesprochen, und er sagte, dieses absolute Leid in den letzten Tagen/Stunden ist auch das Leiden an dem Wissen "ich muß sterben" und das Wissen, dem Tod entgegengehen zu müssen. Und absolut nichts dagegen tun zu können...

Liebe Grüße von Antje

willem68
28.03.2003, 12:19
genau die frage stelle ich mir auch zu meiner frau, sie hat 6 wochen lang nicht mehr sprechen können, aus momentanem zeitmangel kann ich nicht länger srchreiben. mail mir mal. gemeinsame trauer macht es ja etwas leichter.
wim airbus32@aol.com (meine private mail)