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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : warum?


22.04.2003, 16:23
Hallo.
Vielleicht einfach mal schreiben?
Letzte Woche haben wir eine Freundin mit 39
beerdigt, heute erfahre ich im Gespräch mit
dem behandelnden Arzt meiner Mutter (nächste
Woche 68, Darmkrebs, Rezidiv inop. im kleinen
Becken), dass sie eher Monate als Jahre zu
leben hat. Und ich weiss nicht mehr weiter.
Sie hört auf meinen Rat, aber was soll man
raten.
Bin ich zu optimistisch, wenn ich denke, dass
sie noch spazieren gehen kann, wenn sie nur
an sich arbeitet und jeden Tag einen Schritt
mehr macht?
Soll ich sie und meinen Vater drängen, über den
Tod und alles zu reden, obwohl vor allem er
es vermeidet?
Und wieder meine Frage: warum? Auf die es, ja
ich weiss, doch keine Antwort geben kann.
Viel besser geht es mir jetzt nicht, auch wenn
ich einen Bruchteil geschrieben habe...
Soll ich auf den Knopf drücken und losschicken
oder lieber löschen?


Ich schicke es.
carpe diem - das gilt für ALLE
Claudia

23.04.2003, 00:38
Liebe Claudia,
ich kenne die Situation gut! Meine Mama ist vor 10 Monaten an Magen- und Bauchfellkrebs erkrankt, es bestand von Anfang an keine Hoffnung. Trotzdem haben wir ihr immer wieder Mut gemacht, sind immer optimistisch geblieben und wollten die Tatsache einfach nicht wahr haben, dass sie gehen muss. Es gibt doch immer wieder Wunder, warum nicht bei uns? Und wenn sie selbst anfing vom Tod zu sprechen, haben wir immer dagegen gehalten. Vor 4 Monaten ist sie gestorben. Heute habe ich das Gefühl, wir hätten über den Tod sprechen sollen, insbesondere wenn sie selbst damit anfing. Aber wie macht man das, wenn man es selbst nicht wahrhaben will? Man verdrängt es und sagt sich, es wird schon alles wieder gut! Vielleicht fühlt Dein Vater ebenso! Meine Mama ist deshalb, weil wir immer noch Hoffnung hatten, für uns plötzlich gestorben. Wir konnten uns nicht verabschieden und ich bereue heute, dass ich nicht mit ihr über den Tod gesprochen habe und die Zeit, in der sie vielleicht nicht mehr da sein wird. Ich hätte ihr so gern noch vieles gesagt; vielleicht hätte sie auch gern darüber gesprochen - über ihre Ängste, Gefühle, Gedanken?! Natürlich ist es sehr schwierig, dieses Thema anzugehen. Warum soll man mit einem Lebenden über dessen Tod sprechen? Das haben wir immer vermieden, wir waren vielleicht zu optimistisch. Vielleicht löst sich Dein Problem von allein: Wenn Deine Mama über den Tod und alles reden möchte, solltet ihr darauf eingehen und nicht dagegen angehen mit aufmunternden Sprüchen.

liebe Grüße
Kiki

23.04.2003, 11:45
Vielen Dank, Kiki!
Bin nächste Woche wieder bei meiner
Mum, sie hat Geburtstag! Gestern haben
wir alle gemeinsam beschlossen, dass sie
mit der Chemo jetzt vier Wochen aussetzt,
damit sie vielleicht wieder mehr Kraft
bekommt (Kachexie), wenn sie mehr essen kann.
Vielleicht gibt sich dann eine Gelegenheit
mal über "alles" zu sprechen.
Dir / Euch gilt auch mein Beileid. Sei nicht
zu hart mit Dir und bedauere nichts zu sehr,
meine Freundin sagte letzte Woche noch kurz vor
ihrem Tod: wir sehen uns wieder, dann haben wir
noch ganz viel Zeit zum reden.
Scheiss-Krankheit!
viele liebe Grüße
Claudia

23.04.2003, 13:13
Liebe Claudia,
ich wünsche Euch eine schöne Geburtstagsfeier, genießt sie und schiebt die Krankheit mal in den Hintergrund. Lasst es einfach laufen - wenn die Gelegenheit für ein Gespräch kommt, nutzt sie, wenn nicht, ergibt sie sich sicher zu einem späteren Zeitpunkt. Wenn Deine Mutter das Bedürfnis danach hat, wird sie es Euch zeigen. Und vielleicht möchte sie an ihrem Geburtstag auch erst mal alles vergessen. Es ist sicher schwer, die richtigen Worte zu finden, ohne den Patienten zu verletzen oder zu entmutigen. Sollte es zu einem Gespräch kommen, wünsche ich Dir viel Kraft dafür! In jedem Fall solltest Du aber ein Gespräch mit Deinem Vater suchen. Die Angst und Ungewißheit vor dem was kommt oder evtl. kommen könnte, wird durch Gespräche in jedem Fall etwas entschärft und man lernt besser, mit der Krankheit umzugehen.

Ich denke fest an Euch! Ihr werdet es sicher schaffen!

Kiki


Kiki