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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Krebs, und dann???


26.04.2003, 10:35
Hallo zusammen,

Ich bin eine derjenigen, die es geschafft haben. Ich hatte Morbus Hodgkin 2b mit Risikofaktoren und habe meine Therapie im Oktober letzten Jahres erfolgreich beendet. Natürlich ist meine Freude darüber riesig, aber die Angst bleibt. Die Angst davor, dass der Krebs wieder zurückkommt.

Für mich ist diese Sache Krebs also immer noch nicht beendet und noch immer ein riesen Thema. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an den Krebs denke. Allerdings habe ich das Gefühl, dass Freunde, Familie usw. das nicht mehr so ganz nachvollziehen können. Für die bin ich ja wieder gesund, also Thema erledigt. Es interessiert niemanden mehr, wie es mir geht und es kann auch keiner nachvollziehen, daß ich mit dem Thema nicht einfach so abschließen kann. Es interessiert niemanden, was ich dabei fühle, dass meine Freundin nun schwanger ist und ich vielleicht keine Kinder mehr bekommen kann. Es kann niemand nachvollziehen, dass ich vor den Nachsorgeuntersuchungen ein seelisches Wrack bin. Ich merke, dass ich mich einfach noch austauschen muss, über die Sache reden muss. Ich möchte damit aber auch niemandem auf den Wecker gehen, so nach der Art: Jetzt fängt die schon wieder mit ihrem Krebs an, jetzt ist doch aber auch mal wieder gut!

Hat jemand damit Erfahrungen gemacht, hilft hier vielleicht eine Selbsthilfegruppe. Mit Betroffenen zu reden hat mir immer viel gebracht. Danke für Antwort

Liebe Grüße
Nicole

26.04.2003, 22:36
Hi Nicole,

erstmal vorweggeschickt: ich finde nicht, dass man es nur dann "geschafft" hat, wenn man Krebs hatte und gesund bleibt. An Krebs zu sterben ist bestimmt keine leichtere Sache als mit Krebs zu leben und kann nicht heißen, verloren zu haben.

Jedenfalls herzlichen Glückwunsch dazu, dass du im Moment gesund bist! Ich kenne mich mit Morbus Hodgkin überhaupt nicht aus und weiß nicht, was z.B. 2b bedeutet und welche Risikofaktoren es dabei gibt aber ich wünsche dir, dass du auch gesund bleibst!
Mir geht es ähnlich wie dir, ich habe nach Brustkrebs meine Therapien fast abgeschlossen, zische im Juni ab in die Anschlußheilbehandlung und versuche mich mit meiner Krebserkrankung zurück im Leben einzurichten. Am Anfang dachte ich noch, dass diese Erkrankung hoffentlich überwindbar und danach abschließbar wäre und ins selbe Horn blies auch mein Umfeld, natürlich gutgemeint. Aber irgendwann hab ich gemerkt, dass es so nicht funktioniert, jedenfalls nicht für mich. Ich denke heute, dass der Krebs ein Teil von mir bleiben wird und dass ich meine Auseinandersetzung damit irgendwie im Alltag unterkriegen muß. Ich glaube, viele Freunde und Angehörige sehen dass nicht gerne so, weil sie uns natürlich Gesundheit wünschen und selbst Angst und Sorgen um uns haben, die sie gerne überwinden würden anstatt sie in ihren Alltag zu integrieren. Das finde ich verständlich aber leider reduziert sich die Zahl derer, mit denen man offen und unverklemmt über Krebs und und die Angst zu sterben sprechen kann dadurch beträchtlich. Und vielleicht kennst du auch die Situationen, in denen man Freunde und Familie lieber beruhigt, damit sie sich nicht sorgen anstatt ihnen die eigene Angst zu zeigen. Auch nicht die klügste Methode.
Ich mußte so lachen, als du dich selbst als seelisches Wrack vor den Nachsorgeuntersuchungen beschrieben hast! Genauso basele ich im Moment durch die Gegend, es dauert noch zwei Wochen bis zu meiner nächsten.
Mich hat die Krebsdiagnose mit sovielen Ängsten und Fragen konfrontiert, dass ich entschieden habe, mich an einen Therapeuten zu wenden, weil ich professionelle psychologische Hilfe haben wollte. Ich dachte auch, dass ich dadurch meinen Heilungsprozess positiv beeinflussen kann. Mit Glück war gleich der erste, den ich nach Empfehlung kontaktiert habe, gut. Ich fühle mich in dieser Therapie aufgefangen, ich kann ohne Rücksicht nur über mich sprechen und über alles, was mich beschäftigt, ermutigt und ängstigt und viel positives für mein Alltagsleben mit/nach Krebs daraus ziehen. Ich habe keine Erfahrung mit Selbsthilfegruppen, aber eine Therapie mit einer/m gescheiten Therapeutin/en würde ich dir ans Herz legen.

Liebe Grüße von Sanni

27.04.2003, 20:30
Liebe Nicole,
genau wie dir geht es mir im Moment. Habe Brustkrebs, Therapien waren im November 2002 beendet, Reha im Februar 2003 auch und nun gelte ich für alle Verwandten und Bekannten als gesund.
Gespräche über die Krankheit sind nicht mehr erwünscht, man kann sagen, alle sind wieder zur "Tagesordnung" übergegangen.
Ich aber längst nicht!
Natürlich ist da immer die Angst vor einem Rückfall, natürlich ist dieses Flattern vor den Nachsorgeuntersuchungen und natürlich bin ich nicht in der Lage, alles für mich zu behalten.
Also, was tun?
Nun, in Sachen meiner Krankheit habe ich mir das Internet als "Helferlein" ausgesucht.
Hier kann ich mich mit Betroffenen austauschen, niemand lacht hier über meine Ängste und ALLE verstehen mich hier.
Ich glaube, das Netz ist wirklich die einzige Möglichkeit, aus diesem Dilemma rauszukommen.
Klar, mein Mann ist an meiner Seite und ist eine große Stütze, aber er hat selbst große Angst. Angst, mich zu verlieren. Da will ich einfach nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen.
Obwohl ich noch keine einzige Frau aus dem Internet kennen gelernt habe, fühle ich mich mit jeder Einzelnen tief verbunden. Krebs verbindet, glaube ich....:-)

Im Übrigen habe ich zu allen Verwandten und Bekannten den Kontakt stark eingeschränkt. Wir haben einfach zu wenig Gemeinsamkeiten mehr.
Weh tut mir nur, dass meine Mutter ebenfalls nichts mehr von der Krankheit wissen will. Aber vielleicht kann sie nur nicht damit richtig umgehen.

Du siehst, du bist nicht alleine mit diesen Problemen.

Bussi für dich :-), schreib lieber hier, was dich bedrückt!

27.04.2003, 22:12
Hallo Sanni, auch ich habe Brustkrebs. Jetzt nach Abschluß der Chemo ( Bestrahlung folgt noch ) merke ich doch, dass mein Hauptproblem nicht mein körperlicher sondern mein seelischer Zustand ist.
Für die körperlichen Schwächen bekomme ich alle Rücksichtnahme der Welt, aber wenn mir wieder mal die Nerven durchgehen oder ich meine gesamte Zukunft mit einem großen Fragezeichen sehe, kann meine Familie das nur schwer nachvollziehen - sie ist ja auch zu sehr mitbetroffen. So richtig besprechen kann ich meine Ängste mit ihnen nicht, das zieht sie dann auch mit runter.
Also trage ich mich mit dem Gedanken , einen Therapeuten aufzusuchen. Nun meine Fragen: Wie kommt man an einen solchen, braucht man eine Überweisung und zahlt die Kasse ? Was kann der überhaupt tun ? Im Krankenhaus nach der Op hatte ich ein Gespräch mit der dortigen Therapeutin, die hat mich die ganze Zeit reden lassen und fasste dann immer zusammen was ich gesagt habe, das half mir überhaupt nicht.

28.04.2003, 08:59
Liebe Sanni,
liebe Norma,

erstmal herzlichen Dank für Eure schnelle Rückantwort. Es tut doch gut zu hören, dass man mit seinem Problem nicht alleine dasteht und es andere gibt, denen es auch so ergeht.

Das mit dem "geschafft" war natürlich so nicht gemeint, ich wollte nur irgendwie ausdrücken, dass ich die ganze Sache hinter mich gebracht habe, worüber ich natürlich sehr froh bin. Deswegen der Ausdruck "geschafft".

Ich denke, dass es den Menschen um mich herum nicht egal ist wie es mir geht, sie können meine Gefühle nur nicht mehr nachvollziehen. Körperliche Schmerzen, die Anstrengungen der Therapie das alles hat man sehen können, aber die seelischen Leiden, die jetzt übrig geblieben sind, die kann man halt nicht sehen. Außerdem ist das gröbste ja geschafft, wieso sollte man sich da mit dem Thema Krebs weiter beschäftigen. Es ist ja auch eine Konfrontation für die anderen und ich glaube die möchte jetzt niemand mehr. Und was die Familie betrifft: Auch bei mir ist es so, dass ich nicht noch mehr "Öl ins Feuer" gießen möchte, da ich weiß wie schwer es meinen Eltern fällt. Ich möchte sie da irgedwo auch vor noch mehr Sorgen bewahren.

Jedenfalls danke nochmal für Eure Tipps, ich glaube ich werde mich auch hier im Netz mit anderen austauschen.

Viele liebe Grüsse
Nicole

28.04.2003, 22:00
Hallo Nicole
noch ein kleiner Tip, probier doch mal aus, ob der Chat auf dieser Seite was für dich ist.
Da kann man nochmal ein bißchen direkter sprechen und sich austauschen.
Nochmal alles Liebe und Gute für dich!

Hallo Anke*seventytwo*
man braucht keine Überweisung für einen Therapeuten. Du kannst dich direkt mit einem erstmal telefonisch in Verbindung setzen und einen Termin vereinbaren.
Die Krankenkasse zahlt zunächst immer ohne Antrag 5 Stunden, wenn der betreffende Therapeut ein Vertragspartner der Kassen ist. Deshalb liest der- oder diejenige auch zunächst deine Versichertenkarte ein, damit er ab der ersten Stunde mit der Kasse abrechnen kann.
Man kann in diesen 5 Stunden verschiedene Dinge checken: Z.B. Fragen nach der Ausbildung des Therapeuten stellen oder fragen, ob er schon mit an Krebs erkrankten Menschen gearbeitet hat, deine Situation schildern, in der du dich befindest, spüren, ob die Chemie stimmt und du kannst dich über die verschiedenen Möglichkeiten und Ansätze von Psychotherapie oder psychologischer beratung informieren. Diese 5 Stunden müssen nicht bei einem Therapeuten verbraucht werden. Man kann direkt nach dem ersten Termin einen anderen Therapeuten "ausprobieren", für den dann wieder 5 Stunden zur verfügung stehen. Wie oft man das wiederholen kann, bis sich die Kasse meldet, weiß ich allerdings nicht.
Ach, auch noch wichtig, zu checken, ist, welchen Terminrahmen dir ein Therapeut bieten kann. Kann er dir einen festen wöchentlichen Termin anbieten zu einer Zeit, die dir paßt oder gäbe es z.B.eine Wartezeit vorher mit oder ohne unregelmäßigen Terminen.
Der weitere Verfahrensweg sieht dann so aus, das der Therapeut, für den du dich entscheidest, bei deiner Kasse die Übernahme einer Therapie von wahrscheinlich zunächst 25 Stunden beantragt. Das gilt als Kurztherapie und wird so gut wie immer in ca. drei Wochen genehmigt. Sind diese Stunden verbraucht, muß neu beantragt werden, wenn ihr beide der Meinung seid, die Therapie fortführen zu wollen.
Vor dem ersten Antrag mußt du einmalig bei deinem Hausarzt oder Gyn einen sogenannten Konsiliarbericht ausfüllen lassen. Das ist ein Vordruck, der an den Therapeuten und die Kasse zurückgeht und in dem dir die gesundheitliche Möglichkeit für eine Therapie bescheinigt wird.
So war der Verfahrensweg bei mir. Ich bin nicht privat versichert.

Wenn es keine Erfahrungswerte aus dem Bekanntenkreis gibt muß man sich wohl erstmal auf das try and error-Verfahren einlassen, um jemand zu finden, mit dem man arbeiten möchte. Es gibt Listen ortsansässiger PsychologInnen und TherapeutInnen bei den praktischen Ärzten und natürlich im Telefonbuch auf der Ärztetafel unter Psychotherapie.

Was kann ein Therapeut tun?
Ich kann nur aus meiner Erfahrung sprechen.
Meiner hilft mir dabei, im Gespräch nachzudenken. Gesprächstherapie halt. Er fragt nach, verstärkt manche Dinge oder spiegelt mir Sachen zurück, die ich gesagt habe, damit ich sie nochmal in einem anderem Licht betrachte. Er bestärkt mich auch darin, meinen Emotionen nachzufühlen und informiert mich über verschiedene psychologische Zusammenhänge. Tja, und er hat mir ziemlich schnell vermittelt, dass es auf meine Eigenverantwortung ankommt. Er sagt mir nicht, wie ich meine Probleme lösen kann oder meine Ängste überwinden aber er hilft mir, sie zu erkennen und mir zu überlegen, was ich tun kann. Dadurch fühle ich mich unterstützt dabei, nach der Krebsdiagnose mein Leben wieder in die eigene Hand zu nehmen und auch neu zu ordnen. Das läuft noch nicht besonders rund, aber eigentlich gehts wirklich voran.

So, jetzt hab ich mich etwas verfaselt aber ich hoffe, du kannst für dich ein paar Infos rausziehen. Viele liebe Grüße von Sanni

29.04.2003, 22:44
Danke Sanni, ich denke, ich gehe es mal an. Schaden kanns ja nicht.

29.06.2003, 18:27
Hallo Nicole,

leider kann ich dir nicht so recht weiterhelfen, nur denke ich, daß es sehr viel bringt über dieses Themas so oft wie möglich zu reden und sich bewusst vor Augen hält, welche Krankheit man hat oder hatte, ohne aber in völlige Ängste von weiteren Krankheiten zu verfallen.

Aber eigentlich schreibe ich dir aus einem anderen Grund. Vor einer Woche wurde mir die Diagniose Morbus Hodgin im Stadium 2a mitgeteilt. Es wäre schön näheres von dir zu erfahren, gerade was die Chemo und Strahlentheraphie betrifft.

Vielen Dank schon mal in der Hoffnung du meldest dich
bei mir. joerg.lunze@t-online.de

Dir wünsch ich alles Gute
Viele Grüsse
Jörg

01.07.2003, 15:43
Hallo Jörg,
Du hast Dich hier im Forum Rehabilitation und NAchsorge gemeldet. Vielleicht hast Du inzwischen gehört, daß Dir im Anschluß an Chemo-und/oder Starhlentherapie eine Nachsorgerehamaßnahme zusteht. Sprich den Arzt oder den Sozialedienst des Krankenhauses, in dem Du Deine Behandlung machst darauf an. Sie können Dich informieren und die MAßnahme mit Dir zusammen in die Wege leiten.
Deine weiteren Fraegen zu Deiner Erkrankung müßtest Du unter einer anderen Überschrift stellen. Sieh' mal ins Forum für Morbus Hodgkin. Hier wird eher nur über Reha diskutiert.
Gruß von Robie

30.07.2003, 18:06
Hallo!
Ich habe jetzt nicht alle Antworten zu deinem Beitrag gelesen. Aber ich kann dir sagen. Von Krebs wird man nicht "geheilt" auch wenn man ihn überlebt. Er bleibt immer ein Teil von dir. Bei mir ist es jetzt 25! Jahre her. Ich bin nie zu einer Nachsorge gegangen. Ich war erst 9 als ich es überstanden hatte, und hatte keine Ahnung. Aber auch jetzt, bei jedem kleinen Zipperlein kramen die Ärzte meine ganze Krankengeschichte hervor, sehen mich nur noch als (EX-) Krebskranke. Ich komme nicht dazu es zu vergessen. Ich habe auch schon "Spätfolgen" Operationen hinter mir: Narbenbrüche der alten OP- Narben, Zyste infolge der Chemo- Therapie.
Es läßt einen nie los, aber ich habe auch nach 25 Jahren niemanden gefunden, der mit mir über diese Zeit reden wwill.
Die mich erst später kannten wollen, das ich nicht mehr daran denke, die mich früher kannten, wollen selber nicht mehr daran erinnert werden.
Wir werden es nie los....

14.08.2003, 14:32
Hallo Nicole,
auch ich hatte Morbus Hodgkin 3a. Bei mir ist es sogar noch etwas länger her wie bei dir.September 2001 war meine letzte Chemo danach hatte ich noch Bestrahlung.Ja und wie bei dir wurde meine Behandlung erfolgreich beendet.

Doch die Freude darüber konnte ich nicht lange geniessen den plötzlich kam eine unbeschreibliche Angst anstelle dieser Riesenfreude überlebt zu haben. Eigentlich dachte ich das es sicherlich nur die erste Zeit so währe aber leider muss ich mir jetzt selber eingestehen das das nicht so ist. Die Angst, sie bleibt!! Angst wieder daran zu erkranken oder womöglich gesagt zu bekommen man hätte irgendwelche Spätfolgen davon getragen.

Bei meinen Freunden will ich dieses Thema auch nicht mehr ansprechen da für die diese Sache auch erledigt ist. Ich bin Gesund und dabei wirds bleiben das sind ihre Gedanken und man kanns ihnen auch nicht verübeln.Tja und bei meinen Eltern spreche ich dieses Thema nicht an weil ich finde das sie schon genug gelitten haben in dieser schweren Zeit. Und so bleibe ich wie du auch alleine mit meiner Angst. Ich verdränge diese Angst immer bis zur nächsten Nachsorge und bin wie du sagst so 3- 4 Tage vorher ein Wrack!!
Aber das gehört wohl dazu !!
Also hoffe du fühlst dich jetzt nicht mehr so alleine mit deiner Angst!

Gruß
Daiana

P.S. Würde mich über eine Mail von dir freuen
sebastian.katzer@gmx.de

15.08.2003, 13:30
Hallo Daiana,
was hält Dich von professioneller Unterstüzung ab? PSychologen könnte Dich in der Bewältigung Deiner Angst gut unterstützen. Allein ist das kaum zu schaffen, ohne daß es immense Kraft kostet.
Gruß von Birgit