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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : AML/Knochenmarktransplantation ja od. nei


05.05.2003, 22:49
Hallo,
mein Name ist Philipp Kounis.
Hintergrund: Es geht um meinen 65-jaehrigen Vater der seit Februar mit AML behandelt wird. Seitdem hat sich viel getan - leider im negativen Sinne.
Situation: Heute erklaerte mir der Chefarzt, dass auch die 2. Chemotherapie wirkungslos blieb. Er schaetzt die Remissionsrate bei einer Knochenmarktransplantation als gering ein. Ich wurde ausfuehrlich ueber pro & contra aufgeklaert. Ich benoetige jetzt eine neutrale Stellungnahme.
Frage: Ist eine Knochenmarktransplantation eine letzte, realistische Chance auf Besserung seiner jetzigen Situation oder sollte mein Vater eine Weiterbehandlung ablehnen?

Ich bin hin und her gerissen, was fuer meinen Vater das Beste ist.
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Ueber Antworten bin ich sehr dankbar,
Philipp Kounis

11.05.2003, 19:26
Hallo Philipp!

Nun, du möchtest einen neutralen Beitrag zu dem Thema, ich werd´ mein Bestes geben dies zu verwirklichen ! :)
Mein EHRLICHER Rat: Dein Vater sollte eine Weiterbehandlung und eine evtl. KMT auf gar keinen Fall ablehnen!!!
In der Behandlung von Leukämie, unabhängig ob der Art der Krankheit, kann die KMT eigentlich als einizige, realistische Heilungschance neben der Chemotherapie angesehen werden. Ich weiß nicht, inwieweit du dich mit der Krankheit deines Vaters auseinander gesetzt hast, über welches Hintergrundwissen du also verfügst; von daher fang ich nochmal kurz "im Urschleim" an. :)
Leukämie wird durch eine genetische Veränderung der Stammzellen("Mutter aller Zellen") ausgelöst, was bewirkt, dass die ursprünglich weißen Blutkörperchen mutieren und sich unkontroliert vermehren, was auf auf Dauer zur Verdrängung der anderen lebenswichtigen Blutzellen und ohne Behandlung zum Tode des Betroffenem führt.
Die Chemotherapie bewirkt genaugenommen nur eine Zerstörung der mutierten Blutzellen (sog. Blasten)in Blut und Knochenmark; der Ursprungsherd, sprich die genetisch defekten Stammzellen, ist damit allerdings nicht beseitigt, was eine Chemo auch zu keiner Dauerlösung macht (außer in einigen wenigen Ausnahmen)
Gehen wir also vom Regelfall aus, so kehrt die Krankheit irgendwann zurück, spätestens wenn die Chemo aufgrund der vielen Nebenwirkungen abgesetzt wird.
Eine Knochenmarktransplantation hingegen (kurz: KMT) garantiert zu 80-90% eine vollständige Heilung der Krankheit. Ist nämlich ein geeigneter Spender gefunden, so werden nach vorhergehenden Untersuchungen und Behandlungen, um das eigene blutbildende System und die fehlerhaften Stammzellen zu zerstören(u.a. Hochdosis-Chemo, Bestrahlung, usw.), gesunde Stammzellen dem Patienten übertragen. Diese siedeln sich dann nach und nach weder im Knochenmark an und beginnen neue und diesmal gesunde Blutzellen zu produzieren.
Das Restrisiko eines erneutem Auftreten der Leukämie ist zwar vorhanden, jedoch ist dieses nicht größer als bei einem gesundem Menschen an Leukämie zu erkranken.
Nun, du hattest um einen recht neutralen Beitrag gebeten. Ob mir das jetzt geglückt ist, kannst nur du mir sagen;
Aber ich hoffe dass ich euch bei eurer bzw. deines Vaters Entscheidung helfen konnte.
Vieleicht ist ein letzter Satz für ihn ganz hilfreich, falls er noch immer unentschlossen ist:
Wer kämpft, der kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren. (Berthold Brecht)
Auf deinen Vater gemünzt würde es heißen, dass eine Weiterbehandlung abzulehnen ein vorschnelles Aufgeben und somit Scheitern bedeutete, die KMT aber zumindest eine Chance auf Leben ist. Mach ihm das klar, denn nur er kann entschieden was für ihn getan werden soll.

Wie ist denn überhaupt seine Einstellung in der Hinsicht?

Ich hoffe ich konnte euch beiden helfen und drücke natürlich beide Daumen und alle Zehen mit, dass es ihm bald besser geht! :)

Falls du noch Fragen hast, schreib mir doch einfach eine Mail: Shakarano@aol.com

Liebe Grüße
DieTine

24.05.2003, 18:14
Hallo Philip,
niemand kann deinem Vater die Entscheidung abnehmen. Ich denke die Ärtze werden ihn genau über die Risiken einer Transplantation aufklären. Die sind nämlich sehr hoch, und es ist leider nicht alles so klar wie DieTine das schreibt. Es stimmt das durch eine Transplantation die Chance die Krankheit tatsächlich zu besiegen größer sind. Doch dein Vater ist für diese Art der Behandlung schon "sehr alt". Je älter man ist, desto größer sind die Risiken. Ich spreche leider aus Erfahrung, meine Mutter hatte ALL und hatte nach langem Zögern einer Stammzellentransplantation(entspricht einer KMT) zugestimmt, es war ihre einzige Chance. Sie war 59 Jahre alt und ist leider 3 Wochen nach der Transplantation gestorben. Ich will keine Ängste schüren, aber man muß genau wissen welches Risiko man eingeht und danach seine Entscheidung treffen.Meine Mutter hatte gute Ärtze die sie Beraten und Begleitet haben. Ich hoffe deinem Vater geht es ebenso. Letzendlich muß man als Angehöriger die Entscheidung des Betroffen akzeptieren,auch wenn es nicht leicht fällt.
Alles Gute Lilli

25.05.2003, 01:42
Hallo Philip,
eigentlich kümmern wir uns nach selbst gemachten Erfahrungen um die Wünsche von Kindern. Ich will Ihnen trotzdem versuchen neutral auf Ihre Frage zu antworten. Als ich vor 2,5 Jahren nach Hilfe für einen an einem Gehirntumor erkranketen Jungen suchte, sprach ich mit einem Arzt, der mir sagte, dass man immer behandeln könne aber die Chance auf Heilung sehr gering bis fast gar nicht gegeben sei. Nachdem ich die Frage nach dem Allgemeinzustand als gut beantworten konnte, riet mir der Arzt folgendes:
"Sie befinden sich auf einem Weg, der zu Ende geht und das Ende ist in Sicht. Wir können versuchen den Jungen zu behandeln aber diese Behandlung wird seine Lebensqualität und seine "Gesundheit" vorerst gänzlich zunichte machen. Und der Erfolg ist eher unwahrscheinlich. Vertrödeln Sie nicht Ihre Zeit auf Krankenhausfluren und nicht im Auto um irgendwo zu einer Klinik zu fahren. Nutzen Sie die Ihnen verbleibende Zeit so gut und intensiv wie möglich."
Ähnliches will ich Ihnen Raten. Wenn Ihr Arzt Sie über Risiken und Chancen aufgeklärt hat, nutzen Sie die Ihnen bleibende Zeit mit Ihrem Vater so gut Sie und er es können.
Egal wie Sie sich entscheiden, wir wünschen Ihnen alles erdenklich Gute. www.strahlemaennchen.de
E.Junge

25.05.2003, 10:21
Liebe Tine, Lilli und E. Jung,
Nochmals ganz herzlichen Dank fuer Ihre Anteilnahme!
Seit meinem Beitrag im Krebs-Kompass hat sich mein Vater fuer die KMT entschieden. Genauer gesagt ist es eine Stammzelluebertragung. Wir hatten wahnsinniges Glueck, einen Familienspender zu finden. Dadurch haben sich die Risiken vermindert und die Chancen auf Heilung sind gestiegen. Mein Vater haelt sich z.Zt. wacker.

Mit freundlichsten Gruessen,
Philipp Kounis