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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : LEUKÄMIE - mein Papa musste sterben


20.08.2003, 13:57
Mein Papa ist am 23.Juni an Leukämie (AML)gestorben. Es ist für mich einfach schrecklich, weil ich mir die ganze Zeit Gedanken mache, ob wir nicht alles für ihn getan haben. Er bekam letztes Jahr im Sept. nach erfolgreicher Chemo einen Rückfall und wurde mit Hochdosis-Chemo behandelt. Leider kam er nicht mehr auf 0% und somit gaben die Ärzte die Hoffnung und somit meinen Vater auf. Es sah so gut aus anfangs, am Beginn nach erfolgreicher Chemo filterten sie seine Stammzellen heraus und sagten uns, dass diese eingefriert werden und bei einem Rückfall transplantiert werden. Leider ist es nie dazu gekommen und ich bin wirklich sehr fertig, da ich ständig denke, ich habe nicht alles probiert.
Irgendwie wenn ich darüber nachdenke, war alles wie in einem Traum, es ging alles sehr schnell, die Zeit und als er dann gestorben ist, dann war auf einmal wieder alles viel klarer, besser gesagt kurz davor.
Man spricht mit dem oder mit dem oder schreibt im Internet und bekommt Tipps - eine Woche vor seinem Tod bekam ich den Tipp, dass wir einen Krebsspezialisten aufsuchen sollten, doch es war dann schon zu spät und jetzt mach ich mir halt Vorwürfe. Ich hab zwar, als es hieß "Leider, wir können nichts mehr tun" noch in anderen Kliniken angerufen und die meinten auch, dass man höchstwahrscheinlich nichts mehr machen könne. Wäre ich doch einfach drangeblieben, doch für mich war es jedes Mal so schlimm, wenn ich wo anrief und die sagten mit dann immer: es sieht schlecht aus, das wollte ich nicht hören, das war so schlimm.
Wir haben nebenbei noch vieles ausprobiert; Handauflegen; Naturheilmittel und alle sagten immer, das wird schon wieder - ich war stets positiv, doch es half alles nichts mehr, die beschissene Krankheit war stärker.
Ich verstehe nur eins nicht bis heute, warum die Ärzte nicht do noch versucht haben zu transplantieren.
Man ließ ihn einfach im Stich und er war zu hilflos um zu begreifen und sich zu wehren, da er behindert war, besser gesagt, taubstumm, sonst wäre sicher viel anders gelaufen.
Sogar eine Psychotherapie bei der Krebshilfe haben wir mit ihm gemacht, wenigstens hat es ihm gefallen, weil wir von dieser Frau viele Tipps erhielten und er durch sie auf Kur fuhr mit meiner Mam und es war sehr schön für die zwei!!!
Es ist einfach komisch, wenn man daran denkt, dass der Mensch, den man so sehr liebt, nicht mehr da ist, es ihn nicht mehr gibt, da drehe ich fast durch!!!

Claudia

20.08.2003, 15:42
Liebe Claudia,
auch ich habe einen geliebten Menschen durch AML verloren! Es war mein Partner. Er ist am 26.Januar gestorben an einer Abstoßungsreaktion durch die transplantierten Stammzellen seiner Schwester.
Vor 2 Jahren hat es angefangen. Die erste Chemo hat auch nicht seine richtige Wirkung gezeigt, und nur durch einen sehr guten Arzt haben sie eine weitere Chemo durchgeführt, und schließlich kam es zur ersten erfolgreichen Transplantation.
Es wurden uns 1 1/4 Jahre geschenkt, in denen wir eine sehr schöne und intensive Zeit hatten. Er war wieder sehr gut drauf, konnte wieder arbeiten, Sport machen, und es war alles schon beinahe verdaut.
Dann bei einer Nachuntersuchung haben die Ärzte herausgefunden, daß die Blutwerte auffällig seien, und es stellte sich das schlimmste heraus, was je hätte passieren können. Er hatte einen Rückfall.
Doch da er noch so jung war, ging die ganze Prozedur von vorne los. Auch diesmal gab es Schwierigkeiten mit der Chemo, und man hat wieder etwas neues ausprobiert, die Antikörpertherapie. Scließlich wurde dann die Stammzelltr. ein zweites mal durchgeführt.
Es lief alles so gut. Wir haben wieder gemeinsame Pläne geschmiedet.
Doch dann ein Tag vor Weihnachten ging es ihm schlecht, und es wurde immer schlimmer.
Nach langer Zeit im Krankenhaus, ist er schließlihc an einer Abstoßungsreaktion gestorben.
Ich habe es auch mit Handauflegen und allem möglichen versucht, und es tat ihm auch jedes Mal gut.
Ich mache mir auch manchmal Vorwürfe, aber deswegen, weil ich denke, ob wir nicht zuviel haben machen lassen.
Vielleicht hätte er es noch schöner gehabt, ohne lange Krankenhausaufenthälte, wenn wir diese "harte" Therapie nicht nocheinmal durchgeführt hätten, sondern unsere Zeit mehr zuhause oder woanders genossen hätten.
Doch dann hätte ich mir andere Vorwürfe gemacht.
Ich glaube also nicht, daß die Ärzte deinen Vater im Stich gelassen haben, oder du nicht genug versucht hast, um ihm zu helfen.
Leider ist es die aggressivste Leukämieform, und leider hat sie uns 2 geliebte Menschen genommen, egal was wir auch getan hätten.
Ich hoffe sehr, daß dein Pa nicht allzusehr leiden mußte.
Ich wünsche dir viel Kraft und drücke dich!

20.08.2003, 16:54
Liebe Claudia!
Es tut mir sehr sehr leid, dass ihr auch eine so schwere Zeit durchstehen musstet. Es tut so sehr weh, einen geliebten Menschen zu verlieren. Mein Partner ist Anfang des Jahres nach zweijähriger Krankheit gegangen und ich vermisse ihn jeden Tag. Ich wünsche dir und deiner Familie, dass ihr die Kraft habt, die nächsten Monate zu überleben... Erzähle viel von deinem Vater, vielleicht hilft es ein bisschen. Alles Liebe, Julia

20.08.2003, 21:13
Hallo Jenny, hallo Julia!

Vielen Dank für eure Antworten!
Es ist wahr, dass das die agressivste Leukämieform ist und das war auch sehr schrecklich für mich! Oft habe ich schon gesagt, hätte er doch einen Tumor gehabt, den hätten sie rausschneiden können, doch beim Blut ist das eben nicht so! Aber jeder Krebs ist schrecklich und ein Tumor ist eben auch nicht weniger gefährlich! Nur finde ich das alle so unfair, doch es hilft alles nichts, es ist nunmal vorbei und man kann nichts mehr ändern!

Vielleicht haben wir auch zuviel ausprobiert, Handauflegen,.....
Doch man will halt auch nicht aufgeben! Mein Vater wollte nicht mehr leben, das hat er zumindest zu meiner Mutter gesagt, ca. 1 Woche bevor er gestorben ist! Ich weiß nicht, ob er das wirklich so gemeint hat, weil mir hätte er das nie gesagt, weil ich war ja immer die treibende, die sagte: "Komm, wir schaffen das!"
Es ist ein Trost, wenn man weiß, dass mein Vater eigentlich selbst nicht mehr wollte, doch nur ein kleiner für mich halt!
Von meinem Vater erzählen ist gut gesagt, weil eigentlich fragt keiner wie es mir jetzt geht ohne ihn! Ich hab nach seinem Tod, als das Begräbnis war, ein paar mal mit Freunden gesprochen; sie hören zu, doch keiner sagt was und mich interessiert es eigentlich nicht darüber zu reden, weil die verstehen das ja sowiso nicht!
Jedes Mal wenn ich zu meiner Mutter fahre, könnte ich heulen, weil ich immer an ihn denken muss - sie sucht eine kleinere Wohnung, das wird dann auch nochmals schwer, wenn man alles aufgibt, doch da muss man eben durch!
Ich wünsche euch alles alles gute und ich danke euch nochmals für eure Antworten, es tut gut, wenn man mit jemandem schreiben kann!
Ich kann verstehen wie ihr euch fühlt, für euch ist es sicher noch schwerer, weil es eure Partner waren! Für mich war mein Papa auch der wichtigste, meist wird einem das liebste genommen - ;-(

Alles liebe euch beiden!

Lg
Claudia

21.08.2003, 16:32
Liebe Claudia.
Ich weiß wie du dich fühlst.
Meine Frau ist auch an Leukämie gestorben.
4 Chemos hat sie bekommen dann war sie in Remission.
Wir hatte ein bischen Zeit geschenkt bekommen wie bei Jenny.
Dann kam die Nachricht.
Rückfall.
2 erneute Chemos.
Keine Wirkung.
Blutwerte im Keller.
Transplantation nicht möglich.
Die Ärzte hatten keine Hoffnung mehr.
Wir haben auf eine erneute Chemo bestanden aber jetzt im Nachhinein weiß ich das es keine Hoffnung mehr gab.
Wir wollten die Hoffnung nur nicht aufgeben aber es war leider zu spät.
Ich habe mich auch gefragt ob ich nicht noch mehr für sie hätte tun können aber hätten wir etwas anderes gemacht würden wir uns auch Vorwürfe machen wie Jenny schon geschrieben hat.
Ich denke es ist normal das man sich Vorwürfe macht das man nicht alles getan hat.
Uns ist das Liebst genommen worden und wir waren machtlos.
Dieses nichts tun können ist das Schlimmste.
Mittlerweile weiß ich das ich mir keine Vorwürfe machen darf denn wir wollten etwas tun aber wir konnten nicht.
Die Krankheit hat uns keine Chance gelassen zu helfen.
Zumindest konnten wir unseren Engeln nicht die Schmerzen abnehmen aber wir waren bei ihnen und ich denke das war auch eine große Hilfe.
Du hast deinem Vater geholfen und du hast nicht zu wenig getan.
Bei mir hat es lange gedauert bis ich mir keine Vorwürfe mehr gemacht habe.
Es ist leicht zu sagen das man sich keine Vorwürfe machen soll aber ich möchte dir Mut machen und dir sagen das diese Vorwürfe irgendwann weniger werden.
Der Krankheit sollte man Vorwürfe machen denn sie war es die uns und unsere Engel und auch die Ärzte hilflos macht.
Deine Freunde können es nicht verstehen was du gerade durchmachst.
Sie haben so etwas noch nicht erlebt.
Wenn sie dir sprüche sagen wie:
Es geht schon weiter, oder
Er hat es nun besser dort wo er ist.
meinen sie es sicher nicht böse.
Sie wissen es nicht besser und sicher sind auch sie in gewisser Weiße hilflos.
Nur wer selber einen Menschen verloren hat kann verstehen wie es dir jetzt geht.
Ich schicke dir viel Kraft und wünsche dir alles Liebe.
Jörg

22.08.2003, 10:01
Hallo Jörg!
Vielen Dank für deine Antwort!
Es tut mir wirklich sehr leid, das mit deiner Frau! Wie lange ist es her???

Wahrscheinlich geht es vielen Leuten so und sie machen sich Vorwürfe, dass sie nicht alles getan haben - bei mir ist es eben so! Jeden Tag wünsche ich mir, es ist alles nur ein Traum und der Tod ist nicht wirklich, doch wenn es mir dann kommt; der Gedanke daran ist sehr schrecklich, am liebsten würde ich schreien, sehr laut!!!!
Ich bin einfach der Meinung, dass die Ärzte nicht alles für meinen Vater getan haben! Die haben ja eh ihr Geld mit ihm verdient und ich bin der Meinung, dass ihm sicher irgendeine Klinik, ein Spezialist helfen hätte können! Ich weiß, es ist zu spät um darüber nachzudenken, aber es beschäftigt mich einfach jeden Tag!
Ich habe mit einem Jungen mal Mails geschrieben, dessen Vater auch AML hatte. Bei ihm schlug die Chemo von Anfang an nicht an und die Ärzte gaben auf! Sie sagten, er habe max. 6 Monate! Es war zu der Zeit, als bei meinem Vater nichts mehr zu machen war! Ich dachte mir, ah, also mein Vater wird noch so ca. 6 Monate leben und es waren 5 Monate nach letzter Chemo! Es spielt keine Rolle, weil er musste ja trotzdem ständig ins Spital, hatte sicher kein schönes Leben danach! Naja, is ja egal!
Auf jeden Fall, kurz darauf meldete sich der Junge wieder bei mir per Mail und teilte mir mit, dass sie seinen Vater doch transplantieren trotz Krebszellen und es hat funktioniert!!
Sicher ist jeder Mensch, jeder Körper anders und es kommt auf die Vorbehandlung drauf an, doch ein guter Arzt kann Leben retten, das ist meine Meinung!!!! Es ist natürlich ein großes Risiko, die Transplantation, doch auch ein Arzt muss kämpfen für ein Leben!
So sieht es momentan aus mit meinen Gefühlen - große Ratlosigkeit, obwohl alles schon zu spät ist, nimmt mich der Tod wirklich sehr mit!
Mein Vater bekam damals im Spital auf einmal riesige Schmerzen im Knie, es war geschwollen und wenn man draufgriff, dann schrie er! Es war schon zu der Zeit, als die Ärzte mit mitteilten, dass er Blutungen in Lunge, Magen und wahrsch. auch Darm hätte und er jederzeit sterben könne!
Am nächsten Tag schaute alles wieder besser aus, wie durch ein Wunder - ich hoffte jeden Tag auf ein Wunder!
Ja, und sein Knie, das war was! Sie fingen dann an ihm Morphium zu geben, weil die Schmerzen so groß waren! Er veränderte sich, war lustig, doch am Schluss nicht mehr ansprechbar, doch hoffe ich, dass er keine Schmerzen mehr hatte!
Ich weiß gar nicht, wie er eigentlich gestorben ist, aber wahrscheinlich an Blutungen!!!??? Aber wie das passiert, weiß ich auch nicht! Ich hab mir nur gedacht, es ist ja eh egal, er ist an Leukämie gestorben! Ich habe drauf bestanden, dass sie ihn nicht obduzieren, weil ich nicht wollte, dass sie ihm jetzt wo er tot ist, noch was antun und sie da noch was lernen durch ihn!
Wahrscheinlich klingt das alles recht komisch, was ich da schreibe, aber ich kanns nicht ändern, mich beschäftigt so viel!

Grüße
Claudia

22.08.2003, 15:38
Liebe Claudia.
Der Tod meiner Frau ist nun fast 8 Monate her.
Ich kann dir nur eins sagen.
Wenn du schreien willst dann mach es.
Lass deine Gefühle raus und lass auch deine trauer zu.
Das man sich Vorwürfe macht ist normal.
Bei mir war es auch nicht.
Ich muss aber die Ärzte etwas in Schutz nehmen.
Ich arbeite als Tierarzthelfer und habe deswegen auch mit Ärzten zu tun.
Ich denke du hast eine riesen Wut im Bauch.
Eine Wut warum dein Vater so früh gehen musste.
Warum er so leiden musste.
Ich kann diese Wut verstehen denn ich habe diese Wut auch gehabt.
Manchmal habe ich diese Wut auch jetzt noch.
Jetzt stelle ich dir mal eine Frage.
Wenn du genau überlegst worauf hast du Wut?
Was macht dich wütend?
Ich habe auch eine Wut auf die Ärzte gehabt aber wenn ich nun überlege war das gar nicht das was mich so wütend gemacht hat.
Die Wut hatte ich auf die Krankheit.
Sie war es die mich so hilflos machte und die auch die Ärzte hilflos machte.
Ich konnte meiner Frau nicht helfen und das war einfach nur schrecklich.
Diese Krankheit hat es nicht zugelassen das ich ihr helfe und sie hat es auch nicht zugelassen das du deinem Vater helfen konntest.
Selbst den Ärzten hat diese Krankheit Grenzen gesetzt.
Man kann sich gar nicht vorstellen das sich Ärzte auch hilflos fühlen können aber solche Krankheiten wie Krebs oder Aids machen selbst Ärzte ratlos.
Es gibt schwarze Schafe die nur auf das Geld aus sind und sich nicht um den Menschen kümmern.
Ich möchte nicht alle Ärzte in Schutz nehmen.
Auch meine Frau und ich habe solche Ärzte kennengelernt und wir hatte auch mit ihnen zu kämpfen.
Deine Wut kann ich verstehen denn ich habe sie selber gefühlt.
Ich habe aber gemerkt das meine wut einen ganz anderen Ursprung hatte als die Ärzte.
Die Ärzte sind nicht Schuld an dem Tod deines Vaters.
Diese scheiß Krankheit ist schuld und so schlimm es auch ist selbst die Ärzte kommen an ihre Grenzen.
Bei so einer Krankheit kann man nicht immer vorbestimmen was kommt und wie es weiter geht und das ist das schlimme.
Es gint keine Medikament mit dem man sämtlichen Krbesarten heilen kann und man kann nur versuchen den Krebs zu besiegen.
Ich denke die Ärzte haben getan was in ihrer Macht stand aber sie haben es nicht geschafft genau wie sie es nicht geschafft haben meine Frau zu heilen.
Der Krebs hat es nicht zugelassen und das ist einfach nur schrecklich.
Habe Wut.
Wut auf den frühen Tod deines Vaters und auf die Krankheit aber bitte verliere nicht das vertrauen in die Ärzte.
Ich hoffe ich habe dich nun nicht verärgert mit dem was ich geschrieben habe.
Ich habe gemerkt das die Schuld nicht die Ärzte trifft sondern diese Krankheit die einen Hilflos macht.
Ich wünsche dir viel Kraft für alles was noch kommen mag.
Freundliche Grüße von Jörg

22.08.2003, 20:06
Liebe Claudia,

wenn ich deine Berichte lese, dann erkenne ich meine Gedanken manchmal sehr gut wieder! Mir ging es- und geht es auch heute noch oft so- daß ich auf die Ärzte stinkwütend bin!
Es kommen immer wieder diese schrecklichen
Erinnerungen auf, als die Ärzte meinten, sie hätten jetzt noch 12 Blutkonserven für ihn, mehr könnten sie nicht anfordern, da er eine so seltene Blutgruppe habe.
Ich war so gelähmt und geschockt in diesen Momenten. Jetzt noch denke ich manchmal, was wäre gewesen, wenn sie ihm mehr Blut gegeben hätten? Aber jetzt spüre ich innerlich irgendwie, daß das alles nicht zu seinem frühen Gehen geführt hat. Sein Körper war schwach, es kamen soviele Dinge zusammen.
Es ist furchtbar und grausam, aber aus irgendeinem Grund hat es so sein müssen, daß Tom so früh schon gehen mußte.
Ich werde nie verstehen warum, denn alles war so wunderschön, und wir hätten sicher ein wunderschönes Leben zusammen gehabt- mit Höhen und Tiefen(das würde ich mir mehr wünschen, als alles andere auf der Welt!).
Mir hilft der Glauben, daß unsere Lieben immer noch bei uns sind, anders als damals, aber noch genauso nah.
Es war am Anfang sehr sehr schwierig, und ist es auch heute noch! Es kommen soviele Höhen und Tiefen und manchmal kommt man wirklich an seine Grenzen. Es bringt dir wirklich nichts, wenn man so kurz danach sagt, es wird schon wieder, das Leben geht weiter.
Ich möchte dir aber auch versuchen etwas Mut zu machen, daß der Schmerz und die Wut mit der Zeit an Stärke verlieren.
Vielleicht tut es dir und deiner Mutter gut, wenn ihr viel zusammen darüber redet.Mit den Menschen, die bei am Schluß eng zusammen waren, als wir uns von Tom verabschiedet haben, fühle ich mich immer noch stark verbunden. Es tut mir immer so gut, wenn ich mit ihnen zusammen bin.
Meiner Erfahrung nach bringt es am Anfang wirklich nicht allzuviel, wenn man mit Freunden darüber redet, weil sie selber auch mit der Situation überfordert sind, und ich wahnsinnig empfindlich auf alles reagiert habe.
Irgendwann ergibt es sich, daß man ein schönes Gespräch über den Menschen führt, den man so vermisst und an den man schöne Erinnerungen hat.

Ich würde diese SCHEISS Krankheit am liebsten zerfetzen und darauf herumtrampeln!

Ich wünsche dir alles liebe!
Jenny

23.08.2003, 21:46
Hallo Jenny, hallo Jörg!

Es ist schwer, doch ihr habt mir etwas Mut gegeben und mir geholfen, dass ich nicht die Schuld an mir suchen sollte, dass er hat gehen müssen. Sicher will man, dass man dem geliebten Menschen helfen kann, doch wenn es nicht sein will, dann sind einem eben die Hände gebunden. Er hat viel durchmachen müssen, mein Papa und es hat ihm gar nicht gefallen. Das schlimme war immer, dass er immer die Schuld bei sich gesucht hat. Nachdem er einen Rückfall hatte, meinte er, vielleicht habe er sich falsch ernährt und falsche Sachen getrunken. Es ist ja auch noch dazugekommen, dass er Alkoholiker war und er von dem Tag an der Diagnose, also auch schon Wochen davor, als es ihm zu Hause schon schlecht ging, bis zu seinem Tod (das waren 1 1/2 Jahre) keinen Tropfen Alkohol getrunken hat. Es war anfangs etwas schwer, da er ja Entzugserscheinungen hatten, die sich äußersten, dass er etwas aggressiv war, aber er war stark!
Ich hab mir im Nachhinein gedacht, dass ich ihm das vergönnt wäre, wenn er sich vor seinem Tod nochmals richtig angesoffen hätte! Ich denke für jeden ist es schwer, wenn man einen schlimme Diagnose erfährt, ich glaube, da würde jeder mal gerne einen Rausch haben und den Kummer runterschlucken! Ich war sehr stolz auf ihn, dass er nie was trank, doch hätte ich mir für ihn gewünscht, dass er das noch erlebt hätte.
Wut: Ja, ich weiß auch nicht genau auf wen bzw. warum ich Wut habe!? Die Krankheit macht mich wütend und dass es genau mein lieber Papa war, der sich soviel mitmachen musste! Aber irgendwann wird wahrscheinlich diese Wut auch etwas nachlasse, was sie ja schon etwas hat, weil ihr mir ja geschrieben habt, dass die Ärzte auch machtlos sind bei dieser Krankheit, aber ganz weg ist sie trotzdem nicht - doch mir geht es dank euch wirklich schon besser!
Liebe Jenny, heißt das, dass dein Freund bis zu seinem Tod nur noch 12 Blutkonserven zur Verfügung hatte? Das ist natürlich auch sehr schlimm, doch bei dieser Krankheit, wenn alles seinen Lauf nimmt, treten sehr viele schlimme Infektionen auf, weil ja die weißen Blutkörperchen so rasant steigen!
Als mein Vater die inneren Blutungen hatte und die dann doch noch irgendwie gestillt waren, war kurz darauf wieder dasselbe, aber dieses Mal trat das Blut aus dem Genitalbereich auf, ich hoffe, es widert keinem an, doch irgendwie muss ich das los werden! Das war das letzte Mal, dass sie ihm Blutplätten gaben, sonst bekam er nur noch Morphium und Vitaminpräperate - was das noch für einen Sinn hatte, außer dass er zum Schluss einen riesengroßen Bauch hatte, vor lauter Flüssigkeit, weiß ich nicht! Doch ich habe auch manchmal gedacht, wenn sie ihn noch genauso weiterbehandelt hätten, als sonst auch, dann hätte er sicher noch ein paar Tage länger gelebt, doch was sind ein paar Tag? Für uns wäre es schön gewesen, doch für einen todkranken wäre es sicher nur Quälerei gewesen.
Wenn es nicht mehr sein will, dann wünscht man sich nur mehr, dass er nicht mehr allzuviel leiden muss und ich hoffe sehr, dass das so war!

Also, vielleicht hatte dein Freund noch etwas länger zu leben gehabt, doch was hätte es ihm noch gebracht??? Hat er gewusst, dass er sterben muss???
Ich habe meinem Vater nichts gesagt, vielleicht meine Mutter, weil die ließ im Spital sofort den Pfarrer kommen, als es ihm sehr schlecht ging, das war 2 Tage vor seinem Tod, er hatte hohes Fieber! Vielleicht hat sie da was gesagt, aber später gefragt, warum der Pfarrer da war und wir sagten zur Krankensalbung und er sagte nur: Ach so!
Ich weiß nicht, aber ich denke, es macht einen Unterschied, ob man es selber weiß oder nicht, weil auch wenn es derjenige spürt, dass er nicht mehr lange hat, aber nicht wirklich von einem Arzt weiß, kämpft er trotzdem bis zum Schluss ums Überleben!

Schöne Grüße
Claudia

24.08.2003, 17:13
Liebe Claudia,

ich bin sehr froh, wenn wir dir auch nur ein kleines bißchen helfen können. Mir hat es auch sehr viel gebracht, daß ich meinen Kummer ein wenig mit den anderen teilen konnte, und sah, daß es bei ihnen auch mal bergauf, mal bergab geht.
Ich denke, das mit den Blutkonserven hätten die Ärzte nicht gemacht, wenn sie nur einen Funken Hoffnugn gesehen hätten. Das möchte ich ihnen nicht unterstellen. Wenn ein wirklich total besonderer Arzt nicht verordnet hätte, daß man noch die ganz anderen Medikament weitergibt, dann wäre er vielleicht schon früher gestorben. Aber diese Zeit war für mich so wichtig.
Ich glaube auch, daß Tom gespürt hat, daß er nicht mehr lange lebt. Vielleicht war es bei ihm auch nur im Unterbewußtsein, aber plötzlich wollte er alle Menschen, die ihm besonders wichtig waren nochmal sehen, und er wurde auch richtig ungeduldig. Wenn ich jetzt im Nachhinein darüber nachdenke, hätte ich es eigentlich merken sollen, daß mein Freund sich anders als sonst verhält, aber ich hatte ja in solchen Dingen auch keine Erfahrung und hab es sowieso bis kurz davor verdrängt. Ich glaube, daß es jeder Mensch spürt, egal, ob man es ihm sagt oder nicht.
Er lag am Schluß im Koma. Die Lunge war durch die Abstoßungsrektion auch angegriffen, und dann haben sie ihn künstlich beatmet.
Aber ich habe deutlich gespürt, daß er noch viel mitbekommen hat.
Gestern hatte ich wieder einen Tag, wo mich die Traurigkeit wieder völlig überrumpelt hat.
Zum Glück hatte ich auch keine Gelegenheit mich durch irgendetwas abzulenken. Heute geht es wieder besser! Das hat wohl so sein müssen!
Ich wünsche dir, daß es auch schrittweise besser geht. Ich gehe jetzt für 3 Wochen weg, aber ich hoffe von dir zu hören.

Alles Liebe!

Jenny