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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kein Idiot sein und nicht nerven


Veranda
29.01.2010, 09:30
- wie geht das?

Hi all,

eine sehr enge Freundin hat eine schlimme Diagnose bekommen, so schlimm, dass sie es uns noch nicht mal genau sagen kann. Anscheinend Lebermetastasen. Wies halt so geht, aus heiterem Himmel.
Wir (Frau und ich) sind nun sehr aufgeregt, und sofort fallen uns 32000 Sachen ein, die wir tun, schenken und vor allem SAGEN koennen.
Ich hab aber Angst, Muell zu reden. Will sie natuerlich missionieren mit "positivem Denken", autogenem Training und meinen fernoestlichen Weisheiten.
Ausserdem denken meine Frau und ich, dass die Kranke - sie ist schon lang exxxtrem unter Stress - an ihrer Einstellung was aendern sollt, sich mehr um sich kuemmern und so.
Ihr merkt vielleicht, was ich will: ich brauch Ideen fuer Sachen, die (seelisch) echt helfen, und ich will sie auf keinen Fall NERVEN. Ich wuerd alles tun, was ihr wirklich was bringt - ich wuerd sogar meine Klappe halten.

Kann mir jemand aus eigener Erfahrung Beispiele sagen, wie man sich als Freund verhaelt, so dass es HILFT?!? Will mit meinem Betroffenheits-Helfer-Syndrom ja nicht mich selber besser fuehlen, sondern der Kranken nuetzlihc sein.

Gruesse
Veranda

PetraK
29.01.2010, 10:33
Hallo Veranda,

als Krebskranker weiß man die erste Zeit meistens selbst nicht, was man eigentlich will. Da gibt es Tage, da geht man nicht mal ans Telefon, weil man einfach mit niemandem reden will und jede Frage oder Hilfe nur nervt und schon am nächsten Tag ist man vielleicht tödlich beleidigt, weil sich keiner meldet (so ging es mir jedenfalls). Am schlimmsten fand ich persönlich die (sicher gutgemeinten) Phrasen:"du schaffst das, wird schon wieder, du mußt nur wollen" etc. Familie und Freunde konnten mir am besten damit helfen, dass sie mir zu verstehen gaben, dass sie da sind, wenn ich sie brauche, aber dass ich ihnen das dann auch zu verstehen muß, weil sie konnten natürlich nicht hellsehen........Klar ist es richtig, dass es nicht gut ist, wenn eure Bekannte stressige Lebensumstände hat, aber so kurz nach der Diagnose ist man gar nicht fähig, da was zu ändern. Aber auch das wird später sicher möglich sein....Macht ihr klar, dass ihr für sie da seid, aber erdrückt sie nicht mit Hilfe, sondern bittet sie, euch Zeichen zu geben......

Liebe Grüße

Petra

Veranda
29.01.2010, 10:50
Hi Petra,

th@nxx erstmal fuer die Antwort!
Ich hab die halbe Nacht im Web gewuehlt, und ueberall steht halt: man muss positiv denken usw.
Ich dacht mir aber schon, dass das so Phrasen sind. Nur: MIR selber haben manche "Psycho-Techniken" bei Depression tierisch heftig geholfen, aber ich weiss, dass gutgemeintes Geschwaetz immer problematisch ist (Ratschlaege sind auch Schlaege...); aber man will halt was machen und weiss nicht was...

Erstmal DANKE fuer Deine offenen Worte. Ich werd versuchen, erstmal ueber die nexten Tage und Wochen dauernd zu zeigen, dass ich echt fuer sie da bin. Nur: WIE man das am besten zeigt, darueber bin ich mir nicht klar...

Wenn sich schon die Hilflosigkeit als Freund so uebel anfuehlt, wie uebel muss es erst fuer sie sein, Dreck verdammter...

Gruss & Danke,
Veranda

Sunni
29.01.2010, 11:29
Hallo Veranda,

ich kann dich sehr gut verstehen, ich hatte das gleiche Problem mit meinem Vater. Ich wollte helfen, ich wollte, dass er alles tut und habe recherchiert und recherchiert, bin bei Ärzten herumgerannt und vieles mehr. Mein Vater hat jegliche Behandlungen abgelejnt und ich dachte, vielleicht kann ich ihn zu Alternativen überzeugen.
Allerdings bin ich zur Erkenntnis gekommen, dass ich gar nichts zu wollen habe. Also lasse ich ihn tun (auch wenn ich manchmal denke, ich drehe durch) und signalisiere ihm immer wieder, dass ich seine Entscheidungen akzeptiere, aber jederzeit für ihn da bin, egal wofür er sich noch entscheidet. Für diese Erkenntnis hätte ich fast selber einen Psychiater gebraucht.
Und wie schon gesagt wurde. sage deiner Freundin, was du weißt, und dann lasse sie selbst entscheiden. Das wichtigste ist doch, dass sie weiß, dass du jederzeit für sie da bist, auch wenn sie nicht auf deine Vorschläge eingeht.
Ich denke auch, dass man sich in dieser Situation als Betroffener sammeln muß und da ist es gut, sich an jemanden wenden zu können, aber auch seine Ruhe zu haben, wenn man das Bedürfnis verspürt.
Alles Gute
Sunni

gilda2007
29.01.2010, 11:35
Wenn man hier im Forum ist, merkt man, dass jeder anders tickt, daher ist es mit Patentrezepten zu schwierig. Einige beschweren sich, dass die Umwelt nicht richtig auf sie eingeht, andere möchten so "normal" wie möglich behandelt werden.

Ich hatte auch tierischen Stress, als ich die Diagnose bekam, todkranke Mutter, Job in Gefahr, Beziehung fast am Ende. Mich nervten Tipps zur Therapie. Danach fragte ich selbst, da wollte ich nicht die Adressen von 1000 Heilpraktikern und Heilern. Irgendwann macht man sich dann auf den Weg, der äußerst lang ist.

Mir hat es geholfen, wenn die Leute sich merkten, wann ich Chemo hatte. Meine Freunde richteten sich nach meinem Rythmus - in der Chemowoche nur Telefonate, die zweite Woche mal sehen, die dritte Woche nette Verabredungen. Dann gings von vorne los. Meine Freunde hörten zu, aber erhielten meinen Alltag auch aufrecht, indem sie mich weiter selbst entscheiden ließen, was ich machen kann/will und was nicht. Verstehst du, was ich meine?

So nach und nach - auch mit Hilfe einer Psychologin - beseitigte ich eine Baustelle nach der anderen. Meine Mutter hat (fast ein Wunder) überlebt, ich habe den Job verloren und bin glücklich darüber und meine kaputte Beziehung endete in einer glücklichen Ehe. Das geschah in den letzten drei Jahren, aber der Krebs ist natürlich weiter präsent.

Was mir nicht geholfen hätte: Zwanghaft positiv zu denken. Positiv denkt man, weil man glücklich ist, nicht weil man "muss". Es gibt übrigens Untersuchungen, dass die Einstellung recht wenig mit dem Verlauf der Krankheit zu tun hat. Viel Glück, es ist klasse, wenn man tolle Freunde hat. Sie waren und sind mein Fels in der Brandung :winke:

Sunni
29.01.2010, 11:56
Liebe Gilda,

das hast du gut beschrieben. Vor allem, was das positive Denken betrifft, kann ich dir nur zustimmen.
Nach langem Hadern mit mir selbst was meinen Vater betrifft (und das ging von Tränen und Wutausbrüchen im stillen Kämmerlein bis zur Depression) ist mir nämlich bewußt geworden,dass ICH mich besser gefühlt hätte, wenn mein Vater irgendetwas unternommen hätte und gleichzeitig natürlich, dass es nicht darum geht, wie ich mich fühle, sondern wie mein Vater sich fühlt. Und er kommt mit seinem Entschluß sehr gut zurecht. Das ist das allerwichtigste. Kein Angehöriger hat das recht, dem Betroffenen die Verantwortung abzunehmen. Bedingungslos für den Betroffenen nach seinen Wünschen da zu sein, ist vermutlich die richtige Lösung. Dazu gehört halt auch oft, sich zurückzuhalten.
Alles Gute
Sunni

Barbara_vP
29.01.2010, 12:13
Huhu
als ich damals 2003 meine Diagnose bekam, konnte ich die Ratschläge nicht hören und mir war es oft einfach wichtig jemanden zu haben mit dem ich wie vor der Diagnose über alltägliche Dinge reden zu können und nicht über Krankheit.
Ich bin selbst auf die Leute zugegangen, wenn ich es wollte. Fragen "wie geht es dir" konnte ich zum Beispiel nicht hören. das Angebot "du kannst jederzeit anrufen, wenn du mich brauchst" war sehr hilfreich.

Alles Gute für euch und eure Freundin

Barbaar

Veranda
29.01.2010, 12:25
Hi all,

die ersten Postings jetzt haben mich schon weiter gebracht.
Ich geb unserer Freundin erstmal bloss die Info, dass es das Forum hier ueberhaupt gibt (sie is eh noch im Krankenhaus).
Dann werd ich einfach Besuch anbieten, so oft es geht, und regelmaessig telefoniern. Ne konkrete Hilfsmoeglichkeit (Kinderbetreuung) machen wir auch.
Bin Euch sehr dankbar fuer Eure Tipps. Bin natuerlich selber kein Heiliger, in der kommenden Zeit verlieren wir hier bei uns sicher alle mal die Nerven, aber das plan ich einfach mit ein.

Ich les grad das Forum rauf und runter: ich find, wenig Leute hier schreiben, was sie sich von ihrer Umgebung wirklich wuenschen. Weil die Situation fuer uns - auch fuer die Kranke - so neu ist, ist das das volle Minenfeld.

Noch ein paar Fragen: so Selbsthilfe-Buecher, soll man die schenken? Ich weiss auch nicht, ob ich zeigen soll, wie schlimm ich das finde (macht ihr vielleicht Angst)...

Gruesse, th@nxxx fuer jeden Hinweis,
Veranda

Sunni
29.01.2010, 12:31
Lieber Veranda,

so alltägliche Hilfen wie Kinderbetreuung sind glaube ich wichtiger als gute Ratschläge. Das macht ihr richtig.
Selbsthilfebücher kannst du auch schenken, aber nicht immer nachfragen, ob sie sie schon gelesen hat und was sie davon hält.

Liebe Grüße
sunni

Andorra97
29.01.2010, 13:22
Hallo,
ich selbst war immer zurückhaltend, wenn jemand in meinem Umfeld so eine Diagnose bekommen hat. Ich wollte demjenigen nicht zu nahe treten, ihn möglichst nicht darauf ansprechen aus Angst das Falsche zu sagen usw.

Seit wir selbst betroffen sind merke ich aber, dass ich es sehr nett und anrührend finde, wenn Menschen sich einfach nach unserem Befinden erkundigen oder einfach nur pauschal sagen: "Wenn irgendetwas ist, scheut euch nicht zu fragen. Wir helfen gerne."
Das sind mir eigentlich die Liebsten. Ich nehme die angebotene Hilfe nicht oft an, aber ich habe ein gutes, sicheres GEfühl, dass wenn etwas mit Klaus ist, ich z.B. die Kinder zur Nachbarin bringen kann.

Was ich gar nicht mag: Ratschläge wie wir alles besser machen und positiver sehen können. Wir sehen eigentlich schon alles so positiv wie es möglich ist bei dieser Krankheit, aber ich hasse es wirklich, wenn mir jemand erzählt, es "ist bestimmt gar nicht so schlimm" und wenn ich dann sage: "Doch, genau so schlimm ist es" kriege ich zu hören, ich sähe alles zu schwarz.
Das sind die, die mir auf die Nerven gehen!
Oder wenn analysiert wird, wieso Klaus ja quasi selbst Schuld an seiner Krankheit ist, weil er ja so ein Typ ist. :mad: Das hasse ich auch!

PetraK
29.01.2010, 14:40
Hallo Veranda,

das mit der Kinderbetreuung ist eine tolle Idee und besonders an Tagen von z.B. Chemo mehr als Gold wert. Mir hat es damals super geholfen, das an solchen Tagen eine gute Bekannte meine Tochter vom Kindergarten abgeholt hat und ich mich dann ein paar Stunden alleine "gehenlassen" konnte, ohne mein Kind damit zu belasten.
Mit den Büchern ist das so eine Sache. Ich hab in der akuten Phase ganz viel gelesen, aber eher Ratgeberbücher mit Infos und Tips. Später und auch jetzt noch kann ich auch gut Bücher von Betroffenen (es gibt da sehr gute) lesen. Da die nicht immer gut ausgehen, kann das auch belastend sein, da kommt es ganz drauf an, was für ein Typ eure Bekannte ist. Es gibt hier im Forum (ich weiß jetzt nicht genau wo) auch eine Seite mit empfehlenswerten Büchern....

Ich finde es übrigens toll, dass du dir so viele Gedanken machst, wenn mehr Menschen so denken würden, wäre für uns Krebskranke einiges einfacher...

Liebe Grüße

Petra

Veranda
29.01.2010, 20:25
War heut mittag im Krankenhaus und hab Eure Tipps beherzigt. Wir haben mehr als zwei Stunden gequatscht und ich glaub, sie will vor allem normale Gesellschaft. Schwarzer Humor war OK (das fand ich cool).

Gottseidank sind wir nicht die einzigen Freunde, die sie hat. Eigentlich sind alle drumrum wie auf Verabredung in ne Art grimmige Entschlossenheit verfallen, ihr da durch zu helfen, egal wie. "Nicht bedraengen" hab ich auch ungefaehr 1000 mal gehoert heute.

Haette gern noch mehr Ideen dafuer, was die Drumrum-Leute, die selber nicht betroffen sind, machen oder sagen koennen (oder was man besser laesst). Wie gesagt, die ersten Tipps waren hilfreich, danke.

Grimmig entschlossen
Veranda

lonelein
30.01.2010, 10:55
hallo veranda,
erstmal, ich finde es gut, dass du dir hier rat holst, bevor man blind drauf los rennt.
tipps und tricks, wie meine vorschreiber schon sagten....jeder tickt anders.
das positive ist, wenn man von anfang an dabei ist, sozusagen mit in die neue situation reinwachsen kann. unsere liebsten sind zwar krank aber eigentlich geben die meinsten zu verstehen, was sie wann wollen.

ratgeberbücher...mmmhhh ist so ne sache. ich glaube am einfachsten ist es, einfach zu fragen. denn in den meisten kliniken liegt eh die blaue reihe aus.
für euch ist denke ich wichtig, falls stimmungssc hwankungen auftreten, dieses einfach nicht zu hoch zu bewerten.
ich habe keine ahnung, wei oft mein brüderchen mich plötzlich weggeschickt hat, er sagte, ich würde ihn nerven und solle nicht jeden tag vorbei kommen, im nächsten moment klingelte das telefon und er fragte, wo ich bleibe :)

so sind sie halt ...lach...

wichtig ist nur, dass einem klar ist, dass es keine erkältung ist, die in 3 wochen vorbei ist, sondern langandauernder stress ist.
frag sie einfach, was sie möchte, was sie sich wünscht, ABER ganz wichtig...pflegt eure eigene seele auch.

so...viel geschrieben :)

wünsche trotzalledem ein schönes wochenende

lone

Veranda
30.01.2010, 22:19
Hey all,

wir alle - Freunde und Verwandte - werden grad ordentlich glattgeschliffen. Man verliert nen Haufen Illusionen, bin mal gespannt, wer von uns langfristig wirklich verlaesslich ist. Die Aerzte enttaeuschen - die haben mehr als ein halbes Jahr nichts gecheckt, obwohl sie bleich wie der Tod durch die Gegend gewankt ist und geblutet hat wie sonstwas.
Der Onkologe sollte schon am Donnerstag da sein und war bis jetzt nicht da; ab Montag Strahlentherapie.
Wie ich mich verhalte? Bisher kommt am besten an: NORMAL. Ich bring ihr alles mit, was nuetzlich sein kann (ein Schreib-Block ist wichtig im Krankenhaus, hab ich gelernt) und ich hab auch schon ne erste "du nervst"-Reaktion gekriegt :-/
Unterhaltungselektronik will sie gar nicht, schade, ist mein Spezialgebiet...

Kanns immer noch nicht so recht fassen. Aber jetzt sind wir halt auf dem Ball, jetz muessen wir tanzen...

Die lange Zeit der Fehldiagnosen regt mich furchtbar auf, komm mir vor wie in der Dritten Welt ... aber das ist wahrscheinlich was fuer nen andern Thread.

Gruesse, wer noch was weiss - erleuchtet mich,
Veranda

PetraK
30.01.2010, 23:35
Hallo Veranda,

deine Freundin ist jetzt gerade im Krankenhaus? Auch wenn sie keine Unterhaltungselektronik will, würde sie sich vielleicht über einen MP3 Player freuen, auf den du ihre Lieblingsmusik spielst. Oder spannende Krimis oder was sie sonst noch mag,( fand ich im Krankenhaus immer schön....)

Liebe Grüße

Petra

Veranda
31.01.2010, 09:40
Hi Petra,

des Problem is: mit Krimis haben wir sie schon zugeschuettet. Fernseher hat sie am Bett, sie is net so der Musikfreak. Wir (ihr Ehemann und mehrere andere Freunde und ich) hatten gestern Kriegsrat, und ein echtes Problem wird sein, dass wir alle denken, sie muesste was an ihrer Einstellung aendern.

ABER DAS WILL SIE BESTIMMT NICHT HOEREN.

Und da gehts wieder los: wir denken, wir muessten mit ihr mal grundsaetzlich reden, dass sie sich dauernd ueberlastet. Zum Beispiel hat sie am dritten Tag nach der Diagnose, voll mit Schmerzmitteln, schon wieder am Handy gehangen und versucht, Arbeit zu erledigen.

SIE versucht halt gerade, sich erst mal zu fangen und wieder sie selber zu werden, klar, nach dem Schock.

Nur ist vielleicht nicht viel Zeit: ein Tumor hockt inoperabel in der Leber, der kann nur im Wachstum gehemmt werden. Es ist also kaum moeglich, erst mal monatelang zuzuschaun, wie sie nix aendert. Und im Krankenhaus ist schon die medizinische Versorgung ziemlich spaerlich, psychologische gibts gleich gar nicht.

is schwer zu loesen: hilfts ihr mehr, wenn wir sie machen lassen - oder muessen wir zu ihrem eigenen Besten mal was zu ihr sagen, was ihr total ueberhaupt net passt?

Ratlos ratlos ratlos
Veranda

Andorra97
31.01.2010, 10:46
Hallo Veranda,
ich würde sie jetzt erst mal machen lassen. Glaub' mir, sie wird ihr Leben innerlich selbst schon sehr in Frage stellen.
Mein Mann z.B. ist irgendwann von selbst gekommen und hat das Thema angesprochen. Aber auch erst nach einer Weile. Erst musste er mal den Schock verdauen und dazu gehörte für ihn auch, erstmal so "normal" wie möglich zu sein. Alles sollte genauso weitergehen wie bisher.
Dass das Leben eben nicht weitergeht wie bisher, das wusste er schon, aber es dauerte eine Weile, bis er den Gedanken zugelassen hat.

Seid einfach für sie da. Man muss nicht immer um das Thema rumreden und so tun, als sei alles in Butter, aber man muss es auch nicht zerreden. Ich selbst hatte das Gefühl, man muss sehr genau versuchen die Stimmung herauszufinden. Manchmal merkt man, dass der andere reden will, manchmal will er nur abgelenkt werden. Man muss halt ein bisschen feinfühlig sein, was gerade ansteht.

Am schlimmsten sind die Menschen, die sich zurückziehen und sich nur von selbst gar nicht mehr melden. Es gibt gute Freunde, die ich seit Klaus seine Diagnose hat nicht mehr gesehen hat. Dabei bin ich noch mehrmals auf sie zugegangen, weil ich dachte, sie seien vielleicht nur zurückhaltend. Aber ich glaube manche Menschen wollen einfach mit dem Thema nix zu tun haben und rennen davor weg.

Sunni
31.01.2010, 11:09
Lieber Veranda,

gut gemeint, ist nicht immer gut getan.
Wenn sie bestimmte Dinge jetzt nicht hören will, werdet ihr keinen Erfolg haben, wenn ihr ihr sagt, was angeblich nicht richtig läuft bei ihr. Sie wird höchstens auf Durchgang schalten und es kostet euch allen nur unnötige Energie. Und die Frage ist ja auch die, woher wißt ihr so genau, was für sie das Beste ist? Ihr glaubt es, zu wissen.
Vielleicht denkt sie ja darüber nach und fängt von selbst an, darüber zu sprechen, wenn der erste Schock vorbei ist. Und manchmal ist es auch so, dass es besser ist, wenn Fremde mit ihr darüber reden. Deshalb wäre es schon gut, wenn die Klinik einen Psychoonkologen hätte. Vielleicht spricht der Ehemann mal mit den behandelnden Ärzten.

Ich weiß, die Situation ist zum Davonlaufen.

Liebe Grüße
Sunni

lonelein
31.01.2010, 11:38
hey,
ich stimme meinen beiden vorschreibern zu....gebt ihr zeit. diese erkrankung bedeutet für alle immer: warten warten warten.....es ist schwierig immer ruhig zu bleiben und sich auf die zunge zu beißen, aber die zeit der gespräche wird bestimmt kommen, oftmals dann, wenn wir nicht damit rechnen.

alles liebe
kirsten

gilda2007
31.01.2010, 11:57
Hallo Veranda,

seht es doch mal so: Ihre Welt bricht gerade zusammen und ihr wollt ihr noch das letzte Stückchen Normalität rauben. Wie hört sich das an? Sie "muss" jetzt erst mal gar nichts, außer die Dinge in ihrer eigenen Geschwindigkeit tun, und die bestimmt sie ganz alleine. Zu allem Stress soll sie auch noch von heute auf morgen ihre alten Verhaltensweisen ändern? Die geben ihr wahrscheinlich gerade Halt und das Gerüst, erst mal nicht völlig zusammenzubrechen. Das meinte ich in meinem früheren Post "irgendwann macht man sich auf den Weg".

Aber das macht man selbst. Diese Krankheit ist eine lange (sehr lange) Reise zu sich selbst, da solltet ihr euch besser raushalten. Ihr wollt alle was tun, aber das hört sich mehr nach Aktionismus an. Sie wird die Dinge in der Reihenfolge angehen, die für sie richtig und wichtig ist. Erst mal Therapien abwägen, mit den Nebenwirkungen klar kommen usw. Wie (und ob) sie ihr Leben ändern will, das kann sie auch noch später klären. Vieles ändert sich von ganz alleine, dafür "braucht" sie euch nicht.

Sie bestimmt das Tempo und die Themen! Sie muss auch nicht permanent beschäftigt werden. Sicher braucht sie auch einfach Ruhe. Ich habe alle Ratgeber etc. zur Seite gelegt und nicht reingeschaut. Irgendwann verbrachte ich dann eine ganze Nacht im Internet, danach wollte ich erst mal wieder keine Informationen usw.

Sie "muss" ihre Einstellung nicht ändern. Ihr denkt vielleicht, dass es gut wäre. Aber das ist was anderes. Die Therapien sind so anstrengend, da merkt man von ganz alleine, was einem gut tut und was nicht. Und meine Ärzte sagte immer, man solle so aktiv wie möglich bleiben. Also bremst sie nicht unnötig aus! Ich wollte erst während der Chemo arbeiten, dann merkte ich, dass mein Arbeitsplatz kein Ort zum gesundwerden ist. Aber das merkte ich selbst :tongue

So, das wurde etwas lang, aber vielleicht konnte ich rüberbringen, was gemeint ist.

Stefans
31.01.2010, 12:55
Hallo,

vorab erstmal sorry an Veranda, ich bin halt für klare Worte unbeliebt...

ein echtes Problem wird sein, dass wir alle denken, sie muesste was an ihrer Einstellung aendern.

ABER DAS WILL SIE BESTIMMT NICHT HOEREN.
Gut so. Spontan fällt mir dazu ein: für wie blöde haltet ihr sie eigentlich? Sie liegt im Krankenhaus, weiss, dass sie schwer krank ist. Und hat jeden Tag endlos Zeit, darüber nachzudenken. Und genau das wird sie tun. Aber Menschen gegenüber, von denen sie spürt, dass die alle denken, sie sollte lieber das und das tun, wird sie das natürlich kaum äußern. Viel zu anstrengend und ausserdem sinnlos in so einer Krise - noch gegen echten Meinungs-"Gegenwind" ankämpfen? Da wird sie wohlweislich besser Schweigen. Das "echte Problem" ist euers, nicht ihres!

SIE versucht halt gerade, sich erst mal zu fangen und wieder sie selber zu werden, klar, nach dem Schock.
Schon mal dran gedacht, dass sie jetzt gerade, in ihrer Situation, völlig _sie selbst_ ist ?

Nur ist vielleicht nicht viel Zeit: ein Tumor hockt inoperabel in der Leber, der kann nur im Wachstum gehemmt werden. Es ist also kaum moeglich, erst mal monatelang zuzuschaun, wie sie nix aendert.
Wieso ist das "kaum möglich". Es ist ihr Tumor, und sie muss damit klarkommen. Was sie "ändern" will oder nicht, ist ihr Ding. Glaubst du ernsthaft, dass sich ein inoperabler Tumor davon beeinflussen läßt, dass die Patientin "was an ihrer Einstellung aendert" ?!?!

Mir ist nicht klar, worum es dir eigentlich geht. Sicher, es ist schwer, jemanden, den man liebt, leiden zu sehen. Und zu glauben "der macht das doch falsch, das weiss ich besser". Noch schwerer ist es, zu akzeptieren, dass nur der Kranke über sich und seine Zukunft entscheidet. Und dass das "wir alle denken, sie muesste..." nicht nur völlig gegenstandslos ist, sondern gegenüber dem Kranken eine Unverschämtheit.

Frag sie "was möchtest du, was können wir für dich tun?". Aber behalte das "wir alle denken, du solltest" bitte für dich. Weil es nicht um dich oder "euch alle" geht, die so schlau denken. Sondern ausschließlich um die Betroffene.

is schwer zu loesen: hilfts ihr mehr, wenn wir sie machen lassen - oder muessen wir zu ihrem eigenen Besten mal was zu ihr sagen, was ihr total ueberhaupt net passt?
Was ist daran schwer zu lösen? FRAG SIE! Und wenn sie sagt, ich möchte das und das, aber das und das nicht, und über das und das möchte ich nicht sprechen. Dann sollte das doch wohl klar genug sein.

Ich kann dir nur dringend raten, deine eigene Motivation zu hinterfragen, wenn du ernsthaft glaubst, du "müßtest" einem Todkranken "zu seinem eigenen Besten" etwas sagen, was ihm "nicht passt". Was ist deine Rolle: Missionar oder Seelsorger?

Meine Frau ist vor gut einem Jahr an Brustkrebs gestorben. Und mit das Angstrengendste im Vierteljahr vor ihrem Tod, als klar war, dass sie sterben muss, war: die Menschen abzuwehren, die alle (natürlich nur zum Besten meiner Frau!) dachten, sie müsste das und das... da doch optimistisch sein, da noch den Professor x mit neuer Therapie y konsultieren, da noch Gottvertrauen entwickeln, da nicht den Mut verlieren, sich da gesund ernähren, da noch die nächste Chemo anfangen, sich da schonen, aber da noch Energie entwickeln... usw. usf.

Und alles Theoretiker. Denen es im Grunde gar nicht darum ging, meiner Frau zu helfen. Sondern darum, dass sie selbst ein Problem damit hatten, hilflos zuzusehen, wie ein Mensch stirbt. Dass man dieses Problem hat, ist mir verständlich. Aber in der Situation konnten wir diese Art von Gesundbetern, Schönrednern und Tipps-in-allen-Lebenslagen-Absonderern nicht mehr ertragen. Im Telefon kamen sie auf die blacklist, und vor'm Krankenzimmer habe ich sie persönlich abgewiesen.

Übrig blieben die Menschen, die meine Frau und ihre Art, mit ihrer Krankheit umzugehen, akzeptiert und respektiert haben. Das waren zum Glück auch noch einige.

Viele Grüße,
Stefan

Andorra97
31.01.2010, 14:58
Meine Frau ist vor gut einem Jahr an Brustkrebs gestorben. Und mit das Angstrengendste im Vierteljahr vor ihrem Tod, als klar war, dass sie sterben muss, war: die Menschen abzuwehren, die alle (natürlich nur zum Besten meiner Frau!) dachten, sie müsste das und das... da doch optimistisch sein, da noch den Professor x mit neuer Therapie y konsultieren, da noch Gottvertrauen entwickeln, da nicht den Mut verlieren, sich da gesund ernähren, da noch die nächste Chemo anfangen, sich da schonen, aber da noch Energie entwickeln... usw. usf.

Und alles Theoretiker. Denen es im Grunde gar nicht darum ging, meiner Frau zu helfen. Sondern darum, dass sie selbst ein Problem damit hatten, hilflos zuzusehen, wie ein Mensch stirbt. Dass man dieses Problem hat, ist mir verständlich. Aber in der Situation konnten wir diese Art von Gesundbetern, Schönrednern und Tipps-in-allen-Lebenslagen-Absonderern nicht mehr ertragen. Im Telefon kamen sie auf die blacklist, und vor'm Krankenzimmer habe ich sie persönlich abgewiesen.

Übrig blieben die Menschen, die meine Frau und ihre Art, mit ihrer Krankheit umzugehen, akzeptiert und respektiert haben. Das waren zum Glück auch noch einige.


Das muss ich einfach mal alles zitieren, weil ich es so gut finde, was Du da schreibst, Stefan. Danke Dir dafür!

Veranda
31.01.2010, 21:27
Vielen Dank an Euch alle fuer klare Worte. Wirklich ein sehr ehrliches und nuetzliches Forum hier, th@nxxx!!!

Aaaahalso, ich mach das jetzt wirklich genau so. Ich naeh mir den Mund zu, behalte meine Weisheiten fuer mich, und ich werd versuchen, so feinfuehlig oder aufmerksam zu sein wie moeglich.

Ich werd selber positiv denken und sie nicht belehren. Wir wohnen in derselben Stadt, wir koennen ne Menge Praktisches machen (tun wir auch schon).

Von diesem Forum hab ich ihr schon erzaehlt, da hat sie gelacht.
Ehrlich gesagt, ein ganz winziges Bisschen belehrend sein musste ich heut, aber ich verspreche, das war das letzte Mal *Schwoerende-Finger-hochhalt*

Und sie war auch nicht sauer :-)

Morgen geht die Strahlentherapie los, ich besuch sie dann wieder.

Wo Ihr Recht habt: stimmt, ich weiss ja gar nicht, was fuer sie am Besten ist. Ich glaub, man WILL nur so unbedingt irgendwas machen koennen. Immerhin seid Ihr hier gute Ratgeber!!! Weil, Krebs hin, Krebs her, ich will ja nicht nur, dass sie gesund wird, sondern auch gern ihr Freund bleiben.

Uebrigens hab ich ne psychoonkologische (komisches Wort) Gruppe gefunden hier in Ravensburg, da geht sie dann auch hin, nehm ich an.

Drueckt uns allen die Daumen!!

1000 Gruesse, von meinem Schazz und unsrer kranken Freundin,

Veranda

Viki
31.01.2010, 21:42
Hallo Veranda,

so wie ich das sehe, machst du dass schon richtig. Seid immer für eure Freundin da. Wie du schon schreibst, helfen ihr praktische Dinge jetzt am meisten.
Den Kampf mit der Krankheit muss sie jetzt erst mal alleine führen. Sie weiß doch, dass ihr immer für sie da seid und wird sich schon melden, wenn sie noch etwas mehr von euch braucht.

Meine Mutter als Betroffene sagt heute noch oft, dass sie uns so dankbar ist, dass wir ihr Luft gelassen haben und sie das Gefühl hat, ganz allein selbstbestimmt mit sich und der Krankheit umgehen zu können. Sonst hätte sie sich entmündigt gefühlt.
Sie spricht alle Untersuchungsergebnisse mit mir sachlich durch und ich betreibe, soweit von ihr gewünscht, alle weiteren Recherchen. Ihre Entscheidungen finde ich nicht immer okay, aber sie ist ein selbstbestimmter Mensch. Daran kann doch die Krankheit nichts ändern.

Wenn deine Freundin weiß, dass ihr immer bereitsteht, wenn sie euch braucht, ist das sehr viel, was ihr ihr gebt. Und allein dass kann ihr eine Stütze sein.

Ich wünsche dir, besonders aber deiner Freundin,
das Beste für die weitere Zukunft

Viki

Stefans
01.02.2010, 12:57
Hallo Veranda,

Vielen Dank an Euch alle fuer klare Worte. Wirklich ein sehr ehrliches und nuetzliches Forum hier, th@nxxx!!!
Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Mir ist da gestern einfach die (immer noch schmerzhafte) persönliche Erinnerung mit mir durchgegangen. Bin ja auch nur ein Mensch :kuess:

Ich denke, du kennst deine Freundin selbst am besten, hast auch ein gewisses Feingefühl, und wirst dann schon das richtige tun. Pragmatische Hilfe (wie bei Kinderbetreuung) ist immer gut. Ich hätte damals viel besser einen brauchen können, der für uns einkauft (und das zuverlässig und pünktlich erledigt) als drei, die gute Tipps vorrätig haben. Talk is cheap :cry:

Wo Ihr Recht habt: stimmt, ich weiss ja gar nicht, was fuer sie am Besten ist. Ich glaub, man WILL nur so unbedingt irgendwas machen koennen.
Natürlich. Und es ist schwer, einen geliebten Menschen leiden zu sehen. Und natürlich ist man da (gerade als Mann) sofort auf der Suche nach Lösungen. Aber das ist der Kranke selbst doch auch. Und seine Lösungen sind vielleicht nicht deine. Sich dann zurückzunehmen und sich zu vergegenwärtigen, um wen es eigentlich geht, ist eine schwierige "Daueraufgabe".

Viele Grüße,
Stefan

Moonlady
01.02.2010, 14:55
Hallo Veranda,

bisher hab ich hier nur mitgelesen und Dich bewundert, weil Du so aktiv nach Hilfestellungen im Umgang mit Deiner lieben Freundin suchst, weil Du zwar so gerne helfen möchtest, aber nicht genau weißt, wie Du das anstellen sollst, weil Du nicht mit der Tür ins Haus fallen willst ... und und und.

Es gibt - glaube ich - nicht viele, die so nachdenklich zu dieser schlimmen Thematik sind wie Du!

Ein Satz von Dir hat mich sehr berührt: "Ich glaube, man will nur so unbedingt irgendwas machen können."

Genau das ist es! Als Angehöriger steht man nämlich irgendwie daneben und muss einfach Zuschauer sein. Der Kranke ist derjenige, der Entscheidungen trifft, der genau weiß, wie es ihm geht, und was er will oder nicht will. Ich kenne beide Seiten, die des Angehörigen (da hab ich durchaus auch unter dieser Hilflosigkeit gelitten) und die des Kranken (da war ich für meine Angehörigen oft nicht leicht zu verstehen, das kann ich Dir versichern!) und weiß deshalb um die beiderseitigen Schwierigkeiten, die manchmal den Umgang miteinander prägen.

Wichtig waren für mich Menschen, die "da waren", die mit mir zusammen gelacht, geweint oder geschwiegen haben (je nach Stimmungslage), die ich um Hilfe bitten konnte, wenn ich sie brauchte, die sich aber nicht aufdrängten mit irgendwelchen guten Ratschlägen, die ich so gar nicht hören wollte.

Und außerdem hatte ich "externe" Gesprächspartner (z.B. gab es da eine wunderbare Klinikseelsorgerin - nein, es ging nicht um "christliche Themen dabei, sondern eigentlich um "Lebenshilfe - und gute Psychotherapeuten), mit denen ich "neutral" und ohne meine Angehörigen vielleicht zu verletzen über das sprechen konnte, was mich bewegt. Das waren für mich Menschen, die nicht werten, die nicht verletzt sind (Angehörige sind das manchmal), die nicht in die Situation involviert, aber trotzdem mitfühlend und wegweisend waren.

Und manches, was andere schon lange meinten, dass ich ändern solle (z.B. mich nicht ständig zu überfordern), hat sich irgendwann von selbst erledigt, weil ich nämlich auf meinen Körper hören musste, der nicht mehr so wollte, wie ich es vorher gewohnt war.

Also, sei einfach da, so wie Du es ja eigentlich schon die ganze Zeit tust! Ich finde es auf jeden Fall toll, wenn man solche Freunde hat, die zu einem stehen, auch in schwierigen Zeiten!

Liebe Grüße


Barbara

Veranda
01.02.2010, 19:04
Liebe Barbara, liebe alle,

wir bereiten uns hier alle noch vor - der richtige Rumms kommt ja erst noch. Heut war der erste Tag Strahlentherapie, weiss noch nix, weil sie noch nicht zu erreichen war; meine Frau geht nachher hin (um Acht muss sie ja im Zimmer sein).
Wenn sie Schmerzen hat, duerfen wir nicht ZU mitleidig gucken, hab ich gemerkt - das machts, scheints, irgendwie schlimmer. Ich werd sie das aber noch fragen.
Wenn ich die Antworten hier im Forum richtig verstehe, wuenschen sich eigentlich alle Beachtung, Respekt und Aufmerksamkeit; und, dass die andern FRAGEN. OK...

Ich werd als Dankeschoen an alle, die mir geantwortet haben, noch posten, was fuer ANTWORTEN ich von ihr gekriegt hab.

immer noch grimmig entschlossen
Veranda

Veranda
04.02.2010, 08:50
Hi all,

unser Gegner heisst: karzinogenes Platten-Epithel mit Metastasen in der Leber, in einem Lymphknoten und im Knochen. Haben die Schlauberger bei jeder Vorsorgeuntersuchung seit Jahren (!) und bei ner Sonographie der Leber alles nicht gefunden, trotz schwerer Symptome.

Die sind immer noch am tomographieren um sich ihre Zielscheibe moeglichst genau zu malen.

Wir glotzen hier alle ziemlich bloed, unsre Kranke nimmts sehr mutig auf. Wir haben Anweisung von ihr, uns um die Vorgeschichte gar keine Gedanken zu machen, das sei rueckwaerts gedacht. Wir solln nach vorn denken (mach ich ja).

Ich wexxel jetz dann zu den andern Threads, damit thematisch kein Durcheinander entsteht.
Herzlichen Dank an alle fuer klare Worte, ich haett mich ohne Euch nicht so schnell einstellen koennen - und ich hab jetzt (hoff ich) ne gute Vorstellung, was man besser NICHT sagt. Ich nehm aus diesem Thread mit:

1) ich belehre nicht und behalt auch alle "Weisheiten" fuer mich
2) ich helfe PRAKTISCH, das ist auch am besten gegen das Drecks Ohnmachtsgefuehl
3) ich bin so echt wie moeglich zu ihr
4) ich nehm ihr nicht das Denken und keine Entscheidungen ab, sie is nur grade krank, nicht bescheuert.

Th@nxx an alle, bin sehr froh, dass ich Euch gefragt hab.
Gruesse & keep fighting,
Veranda

lonelein
04.02.2010, 09:03
guten morgen,
wollte dir nur sagen, deass die einstellung von eurer freundin und von euch sehr gut ist. bitte verzweifel nicht, sollte sie mal :*ich will nicht mehr tage* haben.
wünsche euch viel kraft für den kampf und grüße an eure freundin.
lone

chaoskatze
04.02.2010, 11:19
Erst mal - finde es toll, wie ihr vorgeht. Die Kinderbetreuung ist klasse. Ansonsten mag ich persönlcih immer am meisten, wenn mir jemand einfach ganz ruhig und ganz banal sagt: wenn du hilfe brauchst oder irgendwas, meld dich einfach. Und dann wieder über was anderes redet. Weißt, dass ich mich nicht gezwungen fühle, darauf zu reagieren und mich "zwangszubedanken" oder sowas. So weiß ich, derjenige meint es wirklich so und will sich nicht toll fühlen, weil er ja so ein lieber Mensch ist oder so...
Und ansonsten - Normalität. Was witziges von der Arbeit erzählen, oder wie es einem selbst gerade geht. Nur nicht ständig das Thema totlabern.

Veranda
03.03.2010, 22:23
Hi all,

aeh... ich braeucht nochmal nen Rat

Der Krebs unserer Freundin ist katastrophal ernst. Chemo geht nicht wegen Entzuendungen und Fieber, die Metastasen in der Leber haben unter der Bestrahlung sogar nen explosionsartigen Wachstums-Schub hingelegt.
Kurz, die "normale" Behandlung geht gar nicht.

Mir kommts vor, als ob sie selbst das voellig ignorieren wuerde. Wenn sie halbwegs fit ist, erledigt sie nen Haufen Papierkram fuer andere, sonst liegt sie da und daemmert vor sich hin.
Sie will nicht ueber die Krankheit sprechen, lehnt Therapie und Seelsorge ab, im Prinzip tut sie, "als waer nix".

Mir sagt aber jeder Arzt und jeder Therapeut, dass es wichtig waere, sich auch seelisch zu wehren, und dass es die Tumore nur befoerdert, wenn man die Krankheit ignoriert.

Wir haben das bisher 100%ig ihr ueberlassen (ich hab mich auch nach allen Tipps hier aus dem Forum gerichtet und ihr kein Gespraech aufgedrueckt). Ich red nur ganz normal mit ihr, so wie sie das will, wenn ich sie besuch.

Aber jetzt frag ich mich: vergeben wir da nicht eine Chance, wenigstens seelisch etwas gegen den Krebs zu machen? Oder, wenn man schon sagt, wir geben auf und machen nichts - waere es dann nicht wichtig, mal ueber den Tod zu reden?

Denn so wie es jetzt aussieht, will sie ein paar freundliche Besuche, viel schlafen und dann weg sein. Aber speziell fuer ihr Kind waer doch wichtig, dass man ein paar Vorbereitungen fuer die Zeit DANACH trifft, oder?

Und fuer sie - sollte man nicht versuchen, sie aufzuruetteln? Will sie ja nicht zu irgendeiner Religion bekehren, ich hoer nur dauernd, dass es die Chancen verbessert, wenn man sich aktiv gegen die Krankheit wehrt... und das sagen die Aerzte, nicht irgendwelche Esoterik-Spinner...

Aeh... Ideen?
Zeit wird naemlich gerade knapp.

Total verwirrt und ratlos,
Veranda

Lila Mieze
04.03.2010, 10:59
Hallo Veranda,

ich denke jeder hat seine eigene Strategie mit der Erkrankung umzugehen. Und davon auszugehen, das ein Therapeut oder Seelsorger Einfluss auf die Entwicklung der Erkrankung deiner Freundin hat -ihren Kampfeswillen stärkt- halte ich für unwahrscheinlich. Kein Mensch möchte sterben, d. h. jeder Mensch kämpft wenn sein Leben bedroht ist ums Überleben. Wie auch immer das bei jedem einzelnen aussehen mag. Manche halten vielleicht ihren normalen Alltag mit Arbeit und allem drum und dran soweit es geht aufrecht, weil ihnen gerade diese Normalität Kraft gibt. Vielleicht ist gerade das für sie im Moment so wichtig, weil sie eben nicht aufgibt, sondern weil sie genau dieses Leben liebt und weiter führen will. (Das ist nur gemutmaßt.)
Ich kann absolut nachvollziehen, dass es dir "in den Fingern juckt", besonders in Hinblick auf ihr Kind und die nötige Absicherung. Auch das sie diese Dinge noch nicht in Angriff nimmt ist ein Zeichen das sie kämpft und noch nicht aufgegeben hat. Vielleicht tut sie es leise und still. Und das heißt nicht automatisch das sie nicht kämpft. Für Regelung, der aus deiner Sicht wichtigen Dinge, wird eine Zeit kommen. Und glaub mir, deine Freundin weiß wann es soweit ist. Gönn ihr die Zeit, auch wenn es schwer fällt, die sie so selbstbestimmt verbingen kann, mit ihrer Arbeit und allem was für sie dazu gehört.

Viele Grüße,
Lila

Andorra97
04.03.2010, 11:42
Hallo Veranda,
es ist ihre eigene Entscheidung, ob sie noch kämpfen will oder nicht. Irgendwo muss es auch erlaubt sein aufzugeben.
Allerdings würde ich das Thema Testament, Versorgung des Kindes und auch ihre eigene Versorgung im Pflegefall bei ihr ansprechen. Wenn sie nicht darauf eingeht, dann ist das ebenfalls ihre Entscheidung, aber ihr habt es versucht.
Einfach wird das aber sicher nicht und ich wünsche Dir viel Kraft dafür.

gilda2007
04.03.2010, 12:27
Eure Freundin hört sich so an, als sei sie immer eine selbstbestimmte und kluge Frau gewesen. Das solltet ihr ihr nicht plötzlich absprechen. Ich halte es für ziemlichen Blödsinn, dass man Tumore besser bekämpfen kann, wenn man zu einer Therapie oder Gesprächen überredet oder gar gezwungen wird. Wenn das Bedürfnis nicht da ist, ist es halt nicht der richtige Weg. (Exkurs: Selbst bei Sport weiß man inzwischen, dass mehr schädliche Stresshormone ausgeschüttet werden, wenn derjenige sich innerlich dagegen wehrt, es also völlig kontraproduktiv ist). So schwer es ist, es ist ihr Leben und ihre Entscheidung. Ich sehe es auch so, dass es ihre Art zu kämpfen ist. Alles zu regeln kann auch Aufgeben bedeuten!

Stefans
04.03.2010, 13:54
Mir kommts vor, als ob sie selbst das voellig ignorieren wuerde. Wenn sie halbwegs fit ist, erledigt sie nen Haufen Papierkram fuer andere, sonst liegt sie da und daemmert vor sich hin.
Sie will nicht ueber die Krankheit sprechen, lehnt Therapie und Seelsorge ab, im Prinzip tut sie, "als waer nix".
Meine Frau wollte, als ihr klar war, dass sie sterben muss, mit dem Onkopsychologen (oder wie immer der sich nannte) auch nichts zu tun haben. Sie wollte nur eines: Normalität, Alltag, soweit wie möglich. Das mag Aussenstehenden vielleicht als verwerfliches "so tun, als wär nix" erscheinen.

Mir sagt aber jeder Arzt und jeder Therapeut, dass es wichtig waere, sich auch seelisch zu wehren, und dass es die Tumore nur befoerdert, wenn man die Krankheit ignoriert.
Etceterablablaundsoweiter. Was besagte Ärzte und Therapeuten grundlegend von eurer Freundin unterscheidet: sie sind nicht persönlich betroffen. Und wissen deshalb aus eigener Erfahrung nicht, wovon sie reden. Und nach meiner Erfahrung ist es leider typisch für eine bestimmte Kategorie von Helfern, dass sie ihre eigenen klugen Ratschläge viel wichtiger finden als die Entscheidung des Kranken. Und manchmal, noch viel schlimmer, beleidigt vorwurfsvoll reagieren, wenn ihre angelernte Weisheit nicht angenommen wird: "Ja, sie _wollen_ wohl nicht mehr kämpfen und gesund werden ?!?!" Klasse.

Aber jetzt frag ich mich: vergeben wir da nicht eine Chance, wenigstens seelisch etwas gegen den Krebs zu machen? Oder, wenn man schon sagt, wir geben auf und machen nichts - waere es dann nicht wichtig, mal ueber den Tod zu reden?
Wenn das für deine Freundin eine "Chance" oder "wichtig" ist, dann wird sie das tun. Wenn nicht, dann nicht.

Total verwirrt und ratlos
Nur allzu verständlich. Aber du wirst deine Ratlosigkeit, Verwirrung, Verzweiflung, Trauer usw. nicht dadurch mindern können, indem du dir überlegst, was für die Kranke gerade nach Expertenmeinung "wichtig und richtig" wäre.

Viele Grüße,
Stefan

suri12
04.03.2010, 17:36
Aber jetzt frag ich mich: vergeben wir da nicht eine Chance, wenigstens seelisch etwas gegen den Krebs zu machen? Oder, wenn man schon sagt, wir geben auf und machen nichts - waere es dann nicht wichtig, mal ueber den Tod zu reden?

Denn so wie es jetzt aussieht, will sie ein paar freundliche Besuche, viel schlafen und dann weg sein. Aber speziell fuer ihr Kind waer doch wichtig, dass man ein paar Vorbereitungen fuer die Zeit DANACH trifft, oder?

Hallo Veranda,

ich finde das super, dass du dir so viele Gedanken um eure Freundin machst, aber hier gehst du vielleicht doch ein wenig zu weit: Kannst du auch nur annähernd erahnen, wie es in eurer Freundin aussehen mag mit solch einer Diagnose? Wie tief der Schock sein muß, unter dem sie steht? Um nicht total zusammenzubrechen muß sie nach außen hin alles aufrechterhalten, was auch nur halbwegs nach Normalität aussieht. Es ist ihr Geländer, an dem sie sich entlanghangelt. Tag für Tag. Kennst du ihre Gefühle ihr Kind betreffend? (Ich weiß nicht wie alt es ist.)

Du hast gar kein Recht mit ihr über ihren Tod zu sprechen. Wenn sie - in einigen Wochen oder Monaten - vielleicht so weit ist, darüber sprechen zu können und zu wollen, dann ist es okay.

Wenn jemand mit mir über meinen möglicherweise bevorstehenden Tod sprechen würde, obwohl ich ihn dazu nicht aufgefordert habe, egal ob guter, langjähriger Freund, ich wäre entsetzt über seine Brutalität. Ich glaube, diesen Menschen würde ich nie wieder sehen wollen.

Vielleicht befindet sich eure Freundin noch in der Phase der Verdrängung. Dazu hat sie ein Recht, egal wie lange diese Phase dauern mag.Es ist doch ihr Leben, ihre Erkrankung, ihr Leidensweg, und möglicherweise ihr Sterben und ihr Tod.

Auch wenn du es gut meinst: Es muß ihr so vorkommen, als hättest du sie schon abgeschrieben. Bitte denke immer darüber nach, wie es dir in so einer furchtbaren Situation gehen würde. Vielleicht würdest Du auch viel schlafen und nur freundliche Besuche haben wollen, weil du deine Realität nicht aushalten kannst.

Eure Freundin geht einen einsamen Weg. Worte können helfen, trösten, heilen. Sie können aber auch unendlich verletzen und die innere Einsamkeit der Kranken noch erhöhen. Bitte sei barmherzig mit ihr.

Liebe Grüße,

Suri

Andorra97
04.03.2010, 20:56
Hm, ich sehe das ein bisschen anders, weil ich es schon anders erlebt habe. Meine beste Freundin ist auch an Krebs gestorben (innerhalb von 4 Wochen nach der Diagnose) und wir haben lange und ausführlich über alles gesprochen, was ihre Kinder und ihren Mann anging. Sie hat quasi noch jedem ihrer Freunde die "Aufgaben" zugeteilt, die sie sich vorgestellt hat.

Auch mit meinem Mann habe ich schon "alles" besprochen, was es zu besprechen gibt. Dabei geht es ihm ja momentan ganz gut. Aber ich musste wissen, was er sich vorstellt bezüglich der Zukunft unserer Kinder und auch seiner eigenen Zukunft, für den Fall, dass er sich selbst nicht mehr äußern kann.

Ich halte das schon für wichtig, dass man das Gespräch sehr offen sucht. Natürlich darf man sie nicht bedrängen, aber ich persönlich hasse es mehr, wenn Freunde so tun, als sei gar nichts, wenn sie zu uns kommen. Das hat etwas von Vogel-Strauß-Politik. Stecken wir alle mal kurz den Kopf in den Sand, dann ist vielleicht alles nicht so schlimm.

Wenn es aber doch so schlimm ist, wie Veranda schreibt, und die Freundin eben vermutlich gar keine Wochen oder Monate mehr hat? Dann würde ich schon in irgendeiner Weise versuchen auf eine andere Gesprächsebene zu kommen. Wenn sie dann deutlich macht, dass sie das nicht wünscht, dann hat man es versucht.

Veranda
04.03.2010, 22:26
Hi all,


th@nxx fuer Eure Antworten!
Ich moechte, dass Ihr wisst, dass ich mich wirklich nach Euren Tipps richte. Wenn man nicht direkt betroffen ist, kommt man halt auf bloede Ideen...
Auch wenn die Situation jetzt ne andere als am Anfang ist, werd ich also weiterhin nichts zu ihr sagen und einfach schaun, ob sie irgendwann von selber damit ankommt. Ich versteh es sogar ein bisschen - Ratschlaege sind halt auch Schlaege.

Was mich so verrueckt macht, ist, dass die "normale" Behandlung auf so viele Hindernisse stoesst, da sucht man eben nach irgendeinem anderen Ansatzpunkt.

Vielen Dank jedenfalls fuer die klaren Worte. Aeh, meine Frau hatte genau dasselbe gesagt - dass ich mich ja zurueckhalten soll - aber *raeusper* ich hab ihr natuerlich nicht geglaubt...

Also nochmal: danke. Unsre Kranke hat uebrigens nun mehrfach Blutkonserven und Cortison gekriegt, und beides tut ihr offensichtlich gut. Ich werd sie halt weiterhin besuchen und mit ihr harmlos rumbloedeln, dass kann ich wenigstens. Und das nervt sie nicht: sie schmeisst einen in aller Ruhe raus, wenn sie keinen Bock mehr hat ("Du darfst ja wieder kommen").

Und ein Geschenk fuer werd ich organisieren, mit allen Freunden zusammen. Muss meinen Aktionismus ja irgendwohin ableiten...

Ausserdem glaub ich immer noch, dass sie wieder wird. Ich werd in diesem Thread schreiben, wie es weitergeht.

Gruesse an alle,
Veranda

Stefans
05.03.2010, 15:41
Aber jetzt frag ich mich: vergeben wir da nicht eine Chance, wenigstens seelisch etwas gegen den Krebs zu machen?
Gibt es da ein "wir"? Es gibt jemanden, der am Krebs sterben wird. Und viele andere in seinem Umfeld, die weiterleben dürfen - und auch irgendwie mit ihrer Ohnmacht klarkommen müssen. Und die, finde ich immer, sollten sich sehr genau überlegen, was (bzw. wen) sie eigentlich meinen, wenn sie "wir" sagen.

Du hast gar kein Recht mit ihr über ihren Tod zu sprechen.
(...)
Wenn jemand mit mir über meinen möglicherweise bevorstehenden Tod sprechen würde, obwohl ich ihn dazu nicht aufgefordert habe, egal ob guter, langjähriger Freund, ich wäre entsetzt über seine Brutalität. Ich glaube, diesen Menschen würde ich nie wieder sehen wollen.
Kommt immer drauf an, denke ich. Mit meiner Frau habe ich, als klar war, dass sie sterben muss, rechtzeitig alles geregelt, was zu regeln war. Ich habe Freunde, die würde ich in diesem Fall sofort direkt darauf ansprechen. Andere vorsichtig, andere gar nicht.

Mir z.B. darf jeder alles sagen, immer. Wenn ich es nicht hören will, mache ich das schon ganz unmissverständlich klar. Ich würde eher Leute nicht mehr sehen wollen, bei denen ich spüre, dass ihnen was auf der Seele / Zunge liegt, sie sich aber nicht trauen, es auszusprechen.

Aber so unterschiedlich ist das eben. Weswegen Veranda hier auch keine "guten" Tipps bekommen kann. Weil nur er uns besagte Freundin wissen, wie sie am besten miteinander umgehen.

Viele Grüße,
Stefan

Veranda
05.03.2010, 17:50
Hi all,

was mir auffaellt: wenn jemand so krank wird, gibt es sofort drumrum das "WIR" - womit sich meist die Leute drumrum selber meinen, und "die Kranke".
Als wuerde ein Mensch, der krank wird, irgendwie sofort nicht mehr dazu gehoeren.
Ich muss selbst grad erst raffen, dass ich da funktionier wie ein Karibu in seinem Rudel, das kranke Wesen wird gleichmal ausgegrenzt. Und dann wird die eigene Ohnmacht und das Zusehn-Muessen an der Kranken abreagiert.

Das haett ich ohne das Forum aber gar nicht bemerkt und wahrscheinlich auch noch die Beziehung zu unsrer Freundin gekillt (und die zu meiner Frau sehr belastet, die beiden sind echt wie Schwestern). Ich platz zwar bald vor unterdruecktem Helfersyndrom, aber die Freundschaft hat nix abgekriegt.
Insofern war und bin ich froh, dass es das Forum gibt. Thnx

Veranda

P.S. ich schreib immer meine Kuerzel, sorry, is Gewohnheit
Thnx, th@nxx = Danke
:-X bedeutet nen zugeklebten Mund

suri12
05.03.2010, 22:13
Lieber Veranda,

jetzt möchte ich dir doch mal ein dickes Kompliment machen: Ich finde es super, wie du dein Verhalten reflektierst und ich kann so gut verstehen, dass du dich nicht einfach mit einer Situation abfinden möchtest. Nach dem uns anerzogenen Motto: Da muß man doch was tun... Auch deine Anteilnahme am Schicksal eurer Freundin rührt mich sehr.

Ja, jeder Mensch ist anders, reagiert anders. Was für den Einen genau richtig ist, bedeutet für den Anderen eine Verletzung seiner Intimsphäre.

Ich persönlich komme am besten mit Menschen zurecht, die in der Lage sind, über ihre Gefühle zu reden. Aber nicht jeder kann oder will das. Dann muß ich akzeptieren, dass es mit diesen Personen keine tieferen Gespräche geben kann.

Ich glaube, dass aufrichtiges Interesse, Anteilnahme und Einfühlungsvermögen dir die richtigen Worte geben, um mit eurer Freundin richtig umzugehen. Ich bin sicher, du schaffst das, denn du gehörst zu ihren guten Freunden, die sich viele Gedanken um sie machen.
Und wenn dann mal ein Satz nicht ganz gelingt spürt sie trotzdem, du meinst es wirklich gut mit ihr.

Liebe Grüße,
Suri

kugelig1970
08.03.2010, 15:43
Hallo Veranda,

nun muss ich mich doch auch einmal zu Wort melden.

Mir ging es letztes Jahr ganz genauso wie Dir. Eine sehr gute Freundin ist erkrankt (und leider mittlerweile auch verstorben).

Auch sie wollte nicht sprechen. Bis zum Schluss nicht. Nicht mit mir und auch nicht mit niemand anderen.

Mir ist das auch unheimlich schwer gefallen, ich bin eher jemand, der über Gefühle, Emfpindungen und Ängste sprechen muss.
Aber das wäre mein Weg gewesen, nicht ihrer. Mir ist es um so schwerer gefallen, weil ich neben ihren Schwestern die einzige Person war, die sie noch besuchen durfte.
Ich habe ihr schon zu Beginn ihrer Erkrankung diese Begleitung angeboten (in Form von "ich bin immer für Dich da"), sie hat sie angenommen.....
Und gerade deshalb dachte ich "wir müssen darüber sprechen", nein, mussten wir nicht. Sie hat den für sie passenden Weg gefunden und das wird Eure Freundin auch.

Ich glaube, gerade zum Schluss haben meine Freundin und ich sehr viel über die Augen kommuniziert.

Lass Deine Freundin ihren eigenen Weg finden. Menschen sind unterschiedlich und gehen unterschiedlich mit Situationen um.
Wenn Rede- und Hilfebedarf habt, wird sie ihn schon anmelden, ihr könnt nicht mehr als anbieten.

Ich wünsche Euch weiterhin viel Kraft und einen schönen Umgang miteinander.
Bietet weiterhin Hilfe an (oftmals auch so etwas profanes wie füttern, meine Freundin war dankbar dafür, hätte aber ohne Angebot nie danach gefragt) und gebt sie ihr wenn gefordert.
Ansonsten lachen, leben und lieben wie immer.

liebste Grüße Kerstin

Stefans
09.03.2010, 14:56
wenn jemand so krank wird, gibt es sofort drumrum das "WIR" - womit sich meist die Leute drumrum selber meinen, und "die Kranke".
Als wuerde ein Mensch, der krank wird, irgendwie sofort nicht mehr dazu gehoeren.
So negativ sehe ich das nicht. Bei dem "wir" geht es m.E. nicht um Ausgrenzen - sondern einfach darum, dass jeder Mensch erstmal nur das wirklich be-greifen kann, was er selbst mal so oder ähnlich erlebt hat und daher unmittelbar nachfühlen kann.

Als meine Frau todkrank war, ist mir der Umgang mit ihr nicht schwer gefallen. Wir waren seit über 20 Jahren zusammen, kannten uns gegenseitig in- und auswendig und waren uns recht ähnlich. Nicht schwer, so jemanden zu verstehen und seine Wünsche zu respektieren. Ich habe aber auch Freunde, die ich ebenfalls seit 25 Jahren kenne... und bei denen ich ratlos "wie das Schwein vorm Uhrwerk" stehen würde, wenn sie plötzlich todkrank wären.

Und dann wird's schwer. Besonders, wenn der Kranke nicht "Klartext reden" möchte.

Viele Grüße,
Stefan

Mariesol
10.03.2010, 18:49
Ein erkrankter Mensch kommt an seine ganz persönliche Grenze...diese kann ganz unterschiedlich gesteckt sein.
Mein Vater hat unterschiedliche Phasen durchlaufen...verdrängen,verhandeln...einen Deal mit den Göttern machen ( wenn ich noch wenigstens...dann werde ich auch!)
verzweifeln, annehmen, in sich selbst zurückziehen, akzeptieren,Abschied nehmen. Aber er selbst hat nie vom sterben gesprochen. Obwohl er z.B. sagte wo er gene begraben sein will und auch wie er seine Trauerfeier gestaltet haben möchte. Dieses Gespräche klangen jedoch eher beiläufig...ich hätte niemals gewagt selbst aktiv übers Sterben zu sprechen.
Bei meiner Freundin war es ganz anders...sie wollte übers Sterben reden und hat auch sehr aktiv alles geregelt, was ihr Kind und alles drum herum betraf.
So sind Menschn unterschiedlich und wir können nur liebevoll begleiten.

Mariesol