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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : An meine liebe Mama


03.11.2003, 12:03
Hallo liebste Mama,
morgen ist nun Dein Geburtstag. Der erste ohne Dich. Ich bin so unendlich traurig. Wie soll ich diesen Tag bloss schaffen. Soll ich ihn feiern, oder soll ich in tiefer Trauer an Deinem Grabe stehen. Ich weiss es nicht. Du willst bestimmt, das wir nicht traurig sind, aber Du fehlst uns so sehr. Seit über 7 Wochen bist Du nicht mehr da. Es ist ein komisches Gefühl. Du bist körperlich nicht da, doch fühle ich Dich trotzdem. Zwar nicht jeden Tag, aber wenigsten ab und zu. Wann schenkst Du mir wieder einen Traum mit Dir? Es wäre so schön. Dann fühl ich mich Dir so nah. Vielleicht spürst Du auch Dein Enkelkind?! Es fängt langsam an zu strampeln. Ich werde dann immer ganz traurig. Du hast Dich doch so sehr darauf gefreut.
Nächstes Wochenende fahren wir Deine Mutter besuchen. Oma geht es nicht sehr gut. Sie weint sehr viel. Sie wird wohl nie darüber hinwegkommen, das ihr Kind von uns gegangen ist. Ich werde sie ganz doll drücken und ihr sagen das sie nicht traurig sein soll. So wie Du es mit mir neulich im Traum gemacht hast. Vielleicht tröstet sie das ein wenig.
Ich hätte nie gedacht das alles so endet. Vor 10 Wochen sassen wir noch zusammen beim Chinesen. Wer hätte gedacht, das unser gemeinsames Leben so schnell vorbei sein wird. Ich hab es zwar begriffen, aber es fällt mir trotzdem schwer.
Papa hat mich neulich gelobt. Da hab ich Deine Kohlrouladen nachgekocht. Er hat gesagt: Es schmeckt wie bei Mutter`n. Das hat mich richtig stolz gemacht. Hast mir doch noch was gutes beigebracht. Seitdem versuche ich ab und zu ein Essen von Dir nachzukochen. Damit nicht alles untergeht in dieser katastrophalen Zeit.
Es ist alles so neu für mich. Manchmal hab ich das Gefühl, als ob ich Dein Ersatz werden soll. Aber Dich kann man einfach nicht ersetzen. Ich kann bloss alles so machen, wie Du es gemacht hättest. Es ist manchmal schwer 2 Haushalte zu führen. Aber wenn sich alles wieder eingespielt hat, wird sich das dann auch ändern.
Ich warte schon wieder auf ein Zeichen, vielleicht bin ich Dir zu ungeduldig. Bist bestimmt genervt von soviel "Gedrängle". Aber Du fehlst mir so sehr. Und nicht nur mir.
Ich hab Dich doch so unendlich lieb.

04.11.2003, 13:38
Hallo liebste Mama,

heut ist nun Dein Geburtstag. Du hättest 46 Jahre alt werden sollen. Doch leider ist das Schicksal wieder einmal nicht auf unserer Seite. Ich bin seit gestern tieftraurig gestimmt, habe sehr viel geweint. Ich würde Dich heute so gerne in den Arm nehmen und mit Dir diesen Tag feiern. Du feierst ihn bestimmt, schliesslich bist Du von allen Schmerzen und Qualen erlöst. Doch für uns wird es ein sehr trauriger Tag. Nachher gehen wir an Dein Grab, bringen Dir einen super schönen Blumenstrauss und zünden eine Kerze für Dich an. Oh Mama, wieso tut es bloss so weh? Wann wird der Schmerz weniger? Wahrscheinlich nie.

04.11.2003, 14:09
Hallo Tina,

Deine Mutter ist bestimmt verdammt stolz auf ihre Tochter. Weisst Du, meine Mutter ist mit 46 gestorben (im Januar) und der Schmerz über ihren Verlust ist manchmal kaum noch ertragbar. Ich muss mir auch immer wieder sagen, daß sie jetzt keine Schmerzen mehr hat und das ist so etwas, wie der letzte Strohhalm, an den ich mich klammere. Deine Worte haben mich sehr berührt, und das Gefühl, "Ersatz" werden zu müssen, kenne ich ganz gut. Mein Vater starb vor ein paar Jahren (er war auch erst 37) und ich habe dann seine Aufgaben übernommen. Übernehmen wollen, so gut es ging. Aber irgendwann merkt man, daß das nicht möglich ist, denn da ist ja noch das eigene Leben...

Es ist bestimmt für Euch alle sehr schwierig zur Zeit und gut, wenn Ihr als Familie zusammenhaltet. Ich wünsche Dir sehr, daß der Schmerz über den Verlust irgendwann wieder ein klein wenig der Freude über das neue Familienmitglied weichen kann...:-)

Ich schicke Dir eine Umarmung und wünsche Dir und Deiner Familie ganz viel Kraft!!

Liebe Grüsse
Sandra

04.11.2003, 19:40
Hallo Tina und sandra,

euro worte haben mich sehr berührt. es ist schrecklich, wenn man hört, wie jung menschen sterben müssen und wieviel leid sie ertragen müssen. meine mutter ist auch mit 35 jahren an krebs gestorben, da war ich zwei jahre alt. mein vater ist im dez. an krebs gestorben, mit 62 jahren.
er ist 2 tage vor meinem und 8 tage vor seinem geb. gestorben. ich habe auch angst vor der zeit im dezember.

liebe grüsse
anja.w

04.11.2003, 20:49
Hallo Tina,
ich muß nun auch schon seit 6 Wochen ohne meine Mama sein. Ich verstehe Dich sooo gut. Irgendwie wollen wir Töchter wohl auch immer versuchen, das Schiff nicht ganz untergehen zu lassen und die Familie zusammen zu halten. Hatte heute einen sehr schlechten Tag.. gestern auch.. Bin seit einer Woche völlig erkältet, hab jetzt meinen Kleinen auch noch angesteckt, 2 Nächte kaum geschlafen und mein Vater verschenkt die Sachen meiner Mama.. Hat mich völlig fertig gemacht! Da will ich am Freitag die Sachen aussortieren und der Kleiderschrank ist schon halb leer. Die ältesten Klamotten hätte er nur weggegeben.. der Putzfrau..
Dann sagt gestern meine Tante, sie hätte sich ja so gefreut, daß mein vater ihr die Mundharmonika gegeben hätte. war auch nicht ausgemacht. Und ich??? Jahrelang war ich nur auf das Wohl meiner mami bedacht, habe mich immer hinten angestellt, nun sorge ich mich wieder um meinen Vater weil er so einsam ist, stelle mich wieder hinten an und sage, na ja, soll er oft hier sein auch wenn es nicht passt, er ist so allein. Und was macht er?? Einsichtig war er auch nicht, hab ihm natürlich gesagt wie traurig mich das alles macht. Hat so was von Bassar!! War echt ein Schock für mich..
Na ja, alles zusammen geht aufs Gemüt.Dann kommt noch die dunkle und gemütliche Jahreszeit, der Gedanke an Weihnachten etc..Bin froh daß wie uns hier immer treffen können und denke eine Selbsthilfegruppe täte mir gut. Hat sich da vielleicht schon mal jemand erkundigt? Weiß gar nicht wie man da dran kommen soll.. Lese übrigens gerade "Heilende Trauer" von van Praagh und bin völlig gefesselt, es hilft mir sehr!
Bis bald wieder im anderen Forum
Meli

05.11.2003, 15:08
Liebe Sandra, anja.w, Meli und alle anderen "heimlichen Leser",

eigentlich wollte ich in diesem Forum nur an meine liebe Mama schreiben, aber es ist so verdammt schön, wenn mir jemand seine tröstenden Worte schreibt. Das ging heute runter wie Öl. Gestern Abend war es auf dem Friedhof noch mal sehr schwer, aber im Ganzen kann ich froh sein, das der Tag ohne stundenlange Heulkrämpfe abgelaufen ist. Und es war gut, das er so schnell vorbei war.
Liebe Sandra, liebe anja.w,
ihr habt bestimmt das doppelte Leid zu ertragen wie ich. Denn schliesslich habe ich meinen Paps noch. Wenn ich daran denke, das er vor etlichen Jahren beinahe an einem Herzinfarkt gestorben wäre, krieg ich die Kriese. Ich wüsste nicht, ob es mir dann noch so halbwegs gutgehen würde. Beide Elternteile zu verlieren ist noch schlimmer. Danach ist man der nächste der gehen muss, so fühlt man sich bestimmt. Ihr habt jedenfalls mein vollstes Mitgefühl.
Ich hab so oft das Gefühl, als ob man nicht endlich mal an was anderes denken soll. Sich nicht jeden Tag mit dem Verlust beschäftigen soll. Aber man ist in seinem eigenen Käfig aus Schmerz, Angst und Trauer gefangen. Jeden Tag schiessen einem die Bilder in den Kopf. Man weiss kaum noch, was vor der Krankheit war. Die Bilder sind wie ausgelöscht, man hat fast nur noch die schlimme Zeit im Kopf. Das macht mich oft so fertig. Wenn ich Abends im Bett liege, kommt oft die Erinnerung an das ganze Elend. Nicht mal im Schlaf kann man sich erholen.
Ja, es ist der einzige Trost den man hat - das sie von ihren Qualen erlöst ist. Das es endlich vorbei ist. Das ist das einzige was einen aufbaut. Ich glaube jeder von uns sieht der Weihnachtszeit mit einem Horror entgegen. Überall sieht man fröhliche, glückliche Menschen. Man fragt sich, warum die es nicht erwischt hat. Eigentlich bescheuert, aber die Bitterkeit ist nun mal Allgegenwärtig. Man kann sich sein Leben halt nicht aussuchen. Nicht mal die "Reichen" sind davor bewahrt. Schaut euch Grönemeyer an. Jedesmal wenn ich ein Lied von ihm höre, oder ihn irgendwo sehe, muss ich daran denken wie machtlos wir doch alle sind. Keiner kann dem Krebs entkommen. Keiner. Gesundheit kann man sich nicht kaufen.
Liebe Meli, ich kenn Dich ja aus dem anderem Forum. Ich bin geschockt über die Aktion von Deinem Vater. Ich kann zwar verstehen, das er die Sachen loswerden will, aber das hätte man zusammen entscheiden müssen. Mein Pa hat nach 3 Wochen die Sachen loswerden wollen. Ich hab dann alles alleine aussortiert, aber das war abgesprochen. Es war vollkommen richtig, das Du ihm die Meinung gegeigt hast. Du hast schliesslich auch ein Recht darauf über ihre Sachen mitzubestimmen. Wenn man schon den gemeinsamen Lebensinhalt verliert, sollte man wenigstens danach ein wenig zusammen halten.
Ich hatte mal ein wenig gesurft um mir eine Selbsthilfegruppe zu suchen, aber die meisten sind nur für Betroffene. Irgendwie ist da auch die Scheu da. Das man sich vor anderen aussprechen muss. Hier fällt mir das viel leichter. Da merkt keiner, wenn ich beim Schreiben weine.
Ich bin dankbar für jede Antwort.
Viele lieben Grüsse

05.11.2003, 15:21
Hallo liebste Mama,

Dein Grab strahlt in einem Blumenmeer. Es ist so schön, das wir es so farbenfroh gestalten konnten. Nichts ist schrecklicher als ein tristes Grab. Es war gestern Abend sehr schwer für uns. Wir mussten wieder alle weinen. Wir leiden alle sehr unter Deinem Verlust. Aber heute geht es mir persönlich wieder etwas besser. Auch weil Dein Enkelkind ganz schön aktiv ist. Es tritt mich jetzt in regelmässigen Abständen. Ach, wenn Du das doch mitkriegen könntest. Dann würde es mir auch nicht so schwer fallen. Heute habe ich noch nicht einmal geweint, das ist rekordverdächtig. Sonst gab es keinen Tag ohne Weinattacken. Du wärst bestimmt stolz darauf, wie sehr ich mich manchmal im Griff habe. Selbst Dein Mann und Dein Sohn tragen alles mit Fassung. Jedenfalls scheint es so. Aber Du weisst ja wie das mit dem verbergen ist?! Man zeigt nicht gerne sein Leid. Du hast uns nie daran teilhaben lassen, wolltest uns damit schützen. Und ich bin Dir sehr dankbar dafür, auch wenn ich deswegen ein schlechtes Gewissen habe. Jetzt weiss ich jedenfalls, das es Dir gut geht, das Du nie wieder solche Schmerzen haben wirst. Das macht mich froh.
Ich bin unendlich dankbar das Du meine Mutter bist. Ich hab Dich lieb.

06.11.2003, 02:45
Liebe Mama, auch ich trauere um dich, Tag für Tag, Stunde um Stunde, jede frei Minute widme ich dir, all das schöne in meinem Leben, all der Lebensmut, meine Fröhlichkeit all dies ist mit dir gegangen. Mein Leben es ist nur noch grau, kein Trost groß genug um meine Trauer zu lindern ... noch sind die Kräfte da um mit Fassung im Leben zu stehen um die heile Fassade aufrechtzuerhalten .. oder sollte ich besser sagen ..vorzutäuschen.. um nicht ganz zusammenzubrechen. Doch auch diese Kräfte schwinden, ich spüre es Tag für Tag stirbt wieder ein kleiner Teil von mir. Ich versuchte ebenso für meine Familie da zu sein, mich ein wenig um sie zu kümmern auch einfach nur für sie greifbar zu sein, so wie ich es dir an deinem Sterbebett versprochen habe. Ich sehne mich nach dem Tag an dem ich nicht in Tränen ausbrechen muss wenn ich an dich Denke, wie schön es doch wäre wenn ich mich an all die schönen Dinge in deinem Leben erinnern könnte und es mir ein lächeln aufs Gesicht zaubern würde. An all die guten Zeiten, an dein Lachen und unser gemütliches Beisammensein....
Oft wenn ich an deinem Grab stehe denke ich mir wie toll es doch wäre wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, ich würde dich so gerne noch einmal in den Arm nehmen, dich drücken.. halten, dir sagen das ich dich lieb habe .. ich würde dich nie wieder loslassen!!
..... wieder überkommen mich die Erinnerungen der letzen Tage im Krankenhaus, es ist so schlimm wenn ich daran denke, wie wir alle so hilflos am Bett standen und um dich geweint haben und wie fassungslos ich jetzt noch bin warum es gerade dich erwischen musste, als hättest du nicht schon genug in deinem ach so kurzem Leben leiden müssen. Es hat sich eingebrannt, wie eine Narbe, es wird sicher nie heilen da bin ich mir sicher, auch die Zeit nicht denn zu sehr habe ich dich geliebt als das ich die jemals vergessen könnte.
Am Dienstag war doch dein Geburtstag, ich bin extra früher von der Arbeit gekommen da ich dich doch so gern im hellen besuchen wollte .. es wird so verdammt schnell dunkel hier und ich kann dich nicht immer so oft besuchen wie ich möchte...
Ich stand einfach nur an deinem Grab und habe bitterlich geweint .. ich konnte keine klaren Gedanken fassen und hab mir immer nur die selbe Frage gestellt .. warum warum warum .. später waren wir dann nocheinmal da und haben eine Kerze für dich angezündet, möge sie dir im dunklen leuchten und dir ein wenig Wärme zu dieser kalten Jahreszeit spenden. Deine Tochter hat dir einen wunderschönen Blumenstrauß auf dein Grab gestellt und glaub mir du würdest dich sehr freuen wenn du sehen könntest wie liebevoll sie sich um dein Grab kümmert, es sieht so farben- und lebensfroh aus, nicht so karg und trostlos wie fast all die anderen dort.....
....heute werde ich dafür etwas länger arbeiten müssen, ich bin froh das ich von dieser Seite her volle Unterstützung habe und meine Leute kümmern sich wirklich rührend um mich um mir möglichst viel Ablenkung zu schaffen. Meine Arbeit ist auch Momentan der einzige Ort wo ich wirklich lachen kann, ich glaub ohne meine Arbeit würd ich das nicht durchstehen, um so schwerer wird es dann zum Abend hin, wenn ich weiss das ich gleich wieder bei dir bin um dir mit Tränen in den Augen eine gute Nacht zu wünschen....
Seit deinem Geburtstag geht's bei mir rapide bergab, hab heute sogar mein Geschäftsessen sausen lassen weil mir nicht wirklich nach feiern und gute Laune zu mute ist. All meine Hobbies die ich einst so geliebt habe sind für mich gestorben, ja ich muss mich sogar quälen damit ich etwas für mich mache. Ich bin ganzschön deprimiert und ich denke das merkt man mir mittlerweile auch an ........ und ich habe auch Angst, Angst das sich Paps überarbeiten könnte, ich rede viel auf ihn ein, doch irgendwie sieht er nur in der Arbeit trost, ja er flüchtet sich regelrecht in die Arbeit, ich versuch ihm da so viel wie möglich zu helfen doch habe auch ich mit mir selbst zu kämpfen .. ich wünschte ich könnte einmal so sein wie du es warst liebe mutti, ihn kurz zurechtstutzen damit er wieder zu sinnen kommt ... habe ich doch so große Angst das Ihm irgendwann mal etwas passiert .. es würde mir das Herz brechen.

Mutti ich hab dich ganz doll lieb, ich werd dich nie vergessen!

Oje jetzt ist es schon fast 3 Uhr, und ich muss doch so früh raus ... fast ein Jahr bin ich nun schon hier, hab viel gelesen, viel für meine Mutti gesucht und habe auch letztendlich den Entschluss gefasst hier meinen Teil dazu zu schreiben....

06.11.2003, 14:20
Danke, liebe Mutter, danke,
danken will ich immerdar,
danken will ich allezeiten,
egal was kommt, was ist, was war!

Danke für die grosse Liebe,
die Du deinem Kinde gabst,
danke auch für manche Hiebe,
leicht hab ich´s Dir nicht gemacht!

Danke für die tausend Ängste,
die meinetwegen Du erlittst,
dank für alle Kummertränen,
danke, das du littest mit!

Dank sei Dir für alle Sorgen,
für Deine Treue in der Not,
danke für den Weg zum Morgen,
dank Dir kam alles recht ins Lot!

Danke für die Traurigkeiten,
dank für Unannehmlichkeiten,
dank sei Dir für alle Leiden,
dank für gross und kleine Freuden!

Danke für Dein warmes Lächeln,
dank für Zuneigung und Trost,
danke, liebe Mutter, danke,
dass Du Dich selbst nach hinten schobst!

Und ruh´n nun Deine güt´gen Hände,
liegst in der Erde kühlem Grab,
Dank sag ich, Dank ohne Ende,
Danke! Dank, dass es Dich gab!

07.11.2003, 11:18
Hallo liebste Mama,

heute geht es mir schon besser. Gestern war ein schlechter Tag, hab mich in den Schlaf geweint. So schlimm war es lange nicht mehr. Doch nun hat ein neuer Tag angefangen und den will ich nicht so schlimm erleben. War auch schon an Deinem Grab. Nachher geh ich auch noch einen Weihnachtsstern für Dich kaufen. Er soll Dein Grab noch schöner strahlen lassen. Habe Angst vor Sonntag. Was wird uns wohl dort erwarten? Ich hoffe Oma hat nicht überall Bilder von Dir aufgehangen. Auch wenn ich Dich liebe, ich kann es im Moment nicht ertragen in Deine Augen zu sehen. Es tut so verdammt weh. Da wünscht man sich die Zeit zurück, doch leider wird alles weitergehen. Ohne Dich, was ich nie für möglich hielt. Wie soll das werden, wenn das Baby da ist? An wen soll ich mich wenden, wenn ich was nicht weiss? An meine Schwiegermutter? Um Gottes Willen, da müsste ich bekloppt sein. Ich kann mich gut erinnern, wie wir uns gemeinsam über alles aufgeregt haben. Ich hab mich bei Dir immer so sicher und verstanden gefühlt. Und jetzt wo Du nicht mehr da bist, verschwört sich "da drüben" alles gegen mich. Alle wissen es besser, wie ich mein Leben zu leben habe, wie ich mich nun fühlen soll.Wie kann man bloss so von Eifersucht und Blindheit gelenkt sein? Aber die werden meine Wut und Enttäuschung noch zu spüren kriegen. Irgendwann ist der Bogen überspannt und dann gibt es kein Zurück mehr. So oft in letzter Zeit hab ich mich verteidigen müssen, ich fange langsam an zurückzubeissen. Das hab ich wohl von Dir, da bin ich auch sehr froh drüber. Ich hab schon so manches hinnehmen müssen, doch in Zukunft will ich alles anders machen. Ich ertrage es nicht länger die Fassade aufrecht zu erhalten. Ich hab auch oft das Gefühl, als ob ich nur noch verbittert bin. Ist ja auch kein Wunder. Da ist man noch so jung und eine Welt liegt in Trümmern vor einem. Das ist alles nicht gerecht und trotzdem müssen wir unser Schicksal so hinnehmen und es aktzeptieren. Versuchen das Beste daraus zu machen. Doch wann wird es endlich besser, wann höre ich auf zu weinen, wann kann ich wieder einmal nicht traurig sein?
Mama, Du fehlst mir so unendlich!

10.11.2003, 10:52
Hallo liebste Mama,

gestern waren wir nun endlich nach so langer Zeit Deine Mama besuchen. Es sieht noch immer alles genauso aus wie früher. Bis auf Omi ihr Zimmer. Es gibt soviele bewegende Eindrücke, die ich erstmal verarbeiten muss. Am Grab Deines Vaters waren wir auch. Ich hab noch nie soviel Blumen auf einmal gesehen. Wo man auch hinschaute, überall Blumen. Aber wir brauchen uns keine Vorwürfe hier machen. Dein Grab ist das schönste auf dem Friehof. Und bald wird es noch schöner. Wir haben Dir wieder Blumen und Kerzen mitgebracht. Damit es nicht so dunkel ist, falls wir mal später hinfahren. Deine Mama mussten wir gestern leider anlügen. Es tut mir so leid, aber sie soll nicht wissen, wie traurig Du wegen Deinem Enkelkind warst. Das wollen wir ihr ersparen. Im April kommt sie uns alle dann besuchen. Da freue ich mich so sehr drauf. Sie wird uns allen eine grosse Hilfe sein. Ich hab Dich gestern so oft wiederentdeckt. Besonders bei Deiner Mama. Es ist schön zu sehen, wie Du in anderen weiterlebst. Heute war ich auch schon an Deinem Grab, aber nur kurz. Nachher fahre ich nochmal hin, Dir eine Kerze bringen und ein bisschen Ordnung machen. Die Leute latschen immer wieder über´s Geharkte um zu glotzen. Das gefällt mir überhaupt nicht. Aber ich komme Dich ja gerne besuchen, also will ich nicht meckern. Ich kann schliesslich sehr dankbar dafür sein, das ich die beste Mama der Welt hatte, bzw. immer noch tief in meinem Herzen habe. Ich hätte Dich zwar lieber lebendig vor mir, alles würde mir leichter fallen, aber leider ist es nun mal so wie es ist. Langsam muss man anfangen mit dem Schmerz zu leben. An manchen Tagen fällt es mir leichter und dann gibt es die Tage wo ich mich nur verkriechen könnte um zu heulen. Ich hätte nie gedacht, das Du uns so früh verlässt. Es ist so verdammt ungerecht und es tut so schrecklich weh.

10.11.2003, 12:08
Ich könnte Tage lang von Dir erzählen,
ohne Deinen Namen auch nur einmal zu erwähnen.
Unter Schmerzen oder unter Tränen,
würde Dein Name als meine Linderung dienen.
Jede Deiner Bewegungen sind erstrebenswert,
und jede Stunde mit Dir ist so lebenswert.
Nichts ist vergleichbar mit dem was Du gibst,
mit dem was Du zeigst und wie Du lebst, wie Du liebst.

Ich kenne nichts, ich kenne nichts,
das so schön ist wie Du.

Schöne Tage mit Dir sind kostbar,
so kostbar wie der Weg zum Morgenstern.
Ich zelebriere sie wie einen Festtag,
an dem ich immer wieder neues von Dir lern.
Im Moment ist es das schönste Dich zu kennen,
Dich zu kennen ist wie das beste das ich hab.
Verzeih mir, aber dieses sag ich noch mal,
Deinen Namen zu nennen ist das schönste das ich sag.

Ich kenne nichts, ich kenne nichts,
das so schön ist wie Du.


"Ich kenne nichts" - Xaviar Naidoo

13.11.2003, 13:29
Liebe Mama,

gestern waren es nun 2 Monate her, das Du nicht mehr da bist. Es ist so verdammt hart mit allem umzugehen. Gestern früh haben wir erfahren, das Dein Enkelkind ein Junge wird. Ich konnte mich über alles gar nicht richtig freuen. Ich bin so unendlich traurig, das Du Dein Enkelkind nie im Arm halten wirst. Ich konnte gestern an nichts anderes denken, ich hab den ganzen Tag nur geweint. So wie jetzt gerade auch. Es tut so weh. Nicht mal die Vorfreude auf´s Baby kann meinen Schmerz ein wenig lindern. Es macht mir alles so zu schaffen. Ich hab mir alles so schön ausgemalt. Es hätte alles so toll sein können und nun? Nun falle ich von einem Loch ins nächste. Ich wünschte ich hätte einen Ausschalter für meine Gefühle, dann müsste ich nicht mehr so leiden. Dann würde alles viel einfacher sein.
Und immer wieder kommt die Frage: Wieso gerade Du? Womit hast Du das verdient? Hätte nicht jemand anderes gehen können? Es gibt doch soviel alte Menschen. Das ist so unfair. Aber ich stehe als junger Mensch nicht alleine da. Soviele habe ihre Mütter schon an dieser beschissenen Krankheit verloren. Es ist alles so ungerecht. Und nach 2 Monaten besteht immer noch sowas wie Fassungslosigkeit. Mir kommt alles so wie gestern vor. Da sassen wir noch zusammen auf dem Sofa, da hab ich für Dich gekocht. Und nun bin ich Mittag für Mittag alleine. Keiner kommt mehr aus dem Schlafzimmer gerannt. Ich wünschte ich würde aus diesem Alptraum endlich aufwachen. Aber der Alptraum ist Tag für Tag Realität. Es ist so schwer in dem ganzen Schmerz und in der Bitterkeit an sowas wie das eigene Leben zu denken. Ich fühl mich wie in einer Endlosschleife. Jeden Tag die gleichen Bilder vor Augen. Ich will nicht daran denken, aber es funktioniert einfach nicht. Sie sind eingebrannt. Ich versuche mich an schöne Zeiten zu erinnern, aber die schrecklichen Bilder aus dem Krankenhaus drängen sich immer wieder nach vorne. Es tat so weh Deinen kleinen dünnen Körper dort im Bett liegen zu sehen. Ich kann es nicht vergessen. Es verfolgt mich jede Nacht. Ich wünschte ich könnte wieder anfangen ein normales Leben zu führen. Aber bis ich mit mir selber im Reinen bin, dauert es bestimmt noch eine Weile. Ich möchte mal wieder an Dich denken und dabei lächeln können. Das fehlt mir so sehr. Lachen und mal wieder fröhlich sein. Das scheint für mich aus dem Gedächtnis gestrichen zu sein. Vielleicht ist es auch nicht richtig Dir jeden Tag meine Gedanken anzuvertrauen, aber ich muss es doch irgendwo loswerden. Es frisst mich sonst auf.
Ich vermisse Dich so unendlich.

Deine Dich liebende Tochter

17.11.2003, 12:09
Meine liebste Mama,

am Sonnabend haben wir nun Dein Grab eingedeckt. Es strahlt immer noch voller Blumen. Sie sehen so schön aus wie Du. Im Moment habe ich meine Traurigkeit ein wenig unter Kontrolle. Bin gerade sehr mit dem Baby und dem drumherum beschäftigt. Da kann ich gar nicht zur Ruhe kommen.
Es fehlt mir so sehr mit Dir zu reden, ich fühle mich so leer. Alles dreht sich nur noch ums Baby, keiner fragt wie es mir geht. Ich fühle mich so beschissen. Will einfach nur meine Ruhe haben, will meine "fast Verwandschaft" am liebsten nicht mehr sehen. Sie nerven mich mit allem so sehr. Es war so schön wo ich mich noch an Deiner Schulter ausheulen durfte. Jetzt muss ich mich alleine durchkämpfen. Das kostet mich sehr viel Kraft. Manchmal wünsche ich mir, ich wäre nicht schwanger geworden. Dann könnte ich mich voll in meine Trauerbewältigung reinstürzen, dann würden mich alle in Ruhe lassen. Und jetzt bimmelt ständig das Telefon, weil sie alle das Kind haben wollen. Keiner denkt daran wie es in mir aussieht. Das ist egal. Und wenn ich mal was erzähle, wird das Thema gewechselt. Das ist wohl zu unangenehm. Ich bin so wütend und enttäuscht. Oh Mama, mir fehlt alles so sehr. Du fehlst mir so sehr. Ich könnte vor Wut platzen. Manchmal wünsche ich mir, es hätte einen von ihnen erwischt. Dann wüssten die mal, was Schmerzen sind und wie der Hase läuft. Dann könnten die endlich mal begreifen. Aber die schlechten Menschen werden immer verschont. Wie Du es gesagt hast. Mit einer Bitterkeit in der Stimme, die ich nie vergessen werde. Es ist alles so ungerecht.
Ach wärst Du doch bei mir, es wäre alles so einfach...

19.11.2003, 08:06
Allerliebste Tina,

mir stehen die Tränen im Auge. Du hast mich als Aussenstehende mit Deinen Briefen sehr gerührt.
Ich hatte eine "schreckliche" Kindheit. "Meine" Eltern haben mich misshandelt und ich wünsche denen den Tot. Ich weiss, dass man soetwas niemals sagen darf, aber wenn Eltern einen Kind das ganze Leben schwer machen, dann....?......heute leide ich unter psychischen Qualen...jede Nacht aufs Neue.
Mittlerweile habe ich einen grossen Sohn (10 J.) der mich über vieles hinweg trösten kann. Ich liebe ihn abgöttisch ! ! Jede Stunde meines Lebens mit meinen Sohn, lebe ich in vollen Zügen. Ich gebe ihm das, was ich in meiner Kindheit nie bekommen habe. L I E B E !
Das Wichtigste ist, dass ich Gefühle zeigen kann, dank meiner lieben Omi; die mittlerweile auch schon 12 Jahre tot ist. Ganz oft muss ich an ihr denken. Sie war die wichtigste Person in meinen Leben. Heute vermisse ich meine Omi noch viel mehr, als früher ! Gedanklich bin ich immer bei ihr. Ich habe ihr vieles zu verdanken....auch meine positive Lebenseinstellung von heute. Sie hat mir sehr viel Kraft und Zuversicht mit auf meinen Wege gegeben. Ich danke ihr dafür. Manchmal gehe ich in die Kirche und zünde für ihr Kerzen an, als Zeichen der Liebe. Eigentlich habe ich den Glauben an Gott verloren, aber hin und wieder denke ich, dass Gott nicht überall im Leben gleichzeitig sein kann.
Auch Du liebe Tina, wirst eines Tages wieder glücklicher Leben können. Du hast viele positive Erinnerungen von Deiner Ma und das ist sehr wichtig und wird Dich irgendwann jeden Tag aufs Neue beglücken....ohne traurig zu sein !
Sterben gehört zum Leben nun mal dazu. Es ist verdammt traurig, aber auch Trauer zeigen ist völlig normal ! Mir kommen auch heute noch die Tränen, wenn ich intensiv an meine Omi denke und meinen Sohn von ihr erzähle. Sie war für mich die Retterin in der Not... stets mein E n g e l .
Für Deine weitere Zukunft wünsche ich Dir viel Kraft ! und Zuversicht ! Irgendwann fällt es Dir leichter von Deiner Ma zu erzählen......ich weiss, dass meine Worte in Deiner jetzigen Situation nur ein schwacher Trost seien können, wenn überhaupt.........................
Lass Dich umarmen ! ! !
Einen ganz lieben Gruss von Eva

(bin übrigens Krebspatient, hoffe, dass ich keinen Rückfall mehr bekomme. Denn sonst wäre mein Sohnemann auch alleine, ohne Mutti)

19.11.2003, 12:50
Liebe Eva,

ich danke Dir für Deinen Beitrag. Es tut mir sehr leid das Du soviel schlechtes in Deiner Kindheit miterleben musstest. Es ist bestimmt sehr schwer damit zurechtzukommen. Ich finde es gut das Du trotz allem so einen Lebensmut und Willen hast. Ich beneide Dich um Deine positive Lebenseinstellung. Ich wünschte ich könnte besser in die Zukunft blicken.
In einem Infoblatt einer Selbshilfegruppe stand mal ein Gedicht drin. Ein Satz davon lautet: Sag mir nicht das Gott was damit zu tun hat, wenn ich meine Kinder zurücklassen muss. Ich bin zwar nicht für und auch nicht gegen die Kirche, aber der Satz gibt mir oft zu denken. Meine Einstellung zum Tod hat sich auch sehr geändert. Ich habe jetzt keine Angst mehr davor. Ich weiss das jemand auf mich wartet. Das würde mir den Abschied um einiges leichter machen. Hört sich vielleicht komisch an, aber wenn man sich intensiv mit dem Leben nach dem Tod beschäftigt sieht man alles mit anderen Augen.
Ich wünsche Dir von ganzem Herzen das Du nie mehr einen Rückfall erleiden musst. Es berührt mich sehr, wie Du mit Deinem Sohn umgehst. Wie Du ihn mit der Oma bekannt machst. Ich hoffe ich kriege das bei meinem Sohn auch hin. Ich will das er seine Oma kennt, auch wenn sie physisch nicht anwesend ist. Das wird zwar auch nicht einfach werden, aber das werde ich schon schaffen.
Ich würde mich freuen, wenn Du mir ein bisschen mehr von Dir erzählen würdest.
Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute.
Viele liebe Grüsse
Tina

19.11.2003, 14:32
Liebe Tina,
schön, dass Du so schnell zurück geschrieben hast. Irgendwie finde ich, dass ich mich in Deinen Zeilen wieder erkenne. Du schreibst, dass Du nicht unbedingt von der Kirche abgeneigt bist und auch nicht „ dafür“ stimmen kannst. Mir geht es ebenso. „Meine“ Eltern haben damals immer so getan, als ob sie gläubig waren. Das Gegenteil haben sie aber getan ! Weißt Du, deshalb lebe ich heute mit der Kirche im Zwielicht. Mittlerweiler denke ich mir, dass ich trotz allem gläubig sein kann. Ich suche immer die Mitte, nur es gelingt mir nicht wirklich. Auch im Leben habe ich Schwierigkeiten die goldene Mitte zu finden. Meistens übertreibe ich…aber immer im positiven Bereich, sagt zumindest mein lieber Freund.
Viele Eigenschaften habe ich von meiner Omi ganz unbewusst übernommen. Sie war stets gerecht und auch ich mag keine Ungerechtigkeit unter Menschen, besonders nicht unter Kindern. Ich schaue auch nicht weg, wenn ich weiss, dass irgendwo in der Nachbarschaft die Bombe einschlägt. Lach in einer Grossstadt gibt es keine Nachbarschaft, jeder lebt für sich anonym. Damals ist mir ein Junge aus der Klasse meines Sohnes sehr negativ im Augenschein gefallen. Als ich mein Sohn vor der Arbeit zur Schule gebracht habe, da fiel mir ein Kind auf. Mein Sohn sagte mir, dass der Junge aus seiner Klasse sei und ein Aussenseiter ist. Mit ihm wollte niemand spielen; nun; er sah optisch sehr „runtergekommen“ aus…..eigentlich darf mit diese Worte gar nicht im Munde nehmen. Er hatte eine Leggings an die erstmal viel zu kurz erschien…lach ein Junge im Alter von 8 Jahren….echt peinlich und einen Strick Pullover der viel zu eng und kurz war. Mir war sofort klar; hier stimmt definitiv etwas nicht ! In mir schoss sofort Wut auf und so schlug ich meinen Sohn vor, den Jungen mal bei uns ein zu laden. Er sträubte sich zuerst, aber als ich ihn vieles klarer gemacht habe, so war er mit meinem Vorschlag einverstanden. Ich bin damals aus allen Wolken gefallen, als ich sein „Wesen“ kennen gelernt habe. Er war stumm, als ob einer ihn verboten hätte zu sprechen ! Ich fragte ihm nach einen Getränk, liess ihn die Wahl und er hatte in allen Dingen keine eigene Meinung. Ich schaute mich den Jungen in den nächsten Wochen genauer an. Bei Regenwetter lief er im T-shirt und überhaupt seine Kleidung war nicht in Ordnung (zu eng zu klein). Eine Bekannte von mir, hat dann mal Kontakt mit seiner Mutter aufgenommen und ihr vorgeschlagen, dass sie deren Kind mal vernünftig einkleiden wollte. „Sie“ hatte zuerst Angst, dass das Jugendamt dahinter stecken könnte….wenn man sich nichts Vorzuwerfen hat, dann muss ja nicht dieser Gedanke „Jugendamt“ aufkommen. Gesagt getan….meine Freundin(verdient gut und hat ein grosses Herz) hatte sich in der Stadt mit deren Sohn getroffen. Es wurden viele Kleidungsstücke gekauft. Sie unterhielt sich eine ganze Weile mit der Mutter. Es stellte sich heraus, dass das seine Stiefmutter sei und das seine Eltern den Jungen abgegeben haben, weil sie Alkoholiker seien. Tina halt Dich fest !!!!! Sie aber war kein Deut besser und roch sehr nach Alkohol. Wieder hatten sich meine Vermutungen bestätigt…nun man muss heutzutage aufpassen, was man da macht. Also beschloss ich mich an einen meiner freien Nachmittage, mit meinen Sohn die Mutter zu besuchen. Sie hatte mir nur einen Spalt die Türe geöffnet und meinte im Morgenmantel (lach das war am Nachmittag) sie käme gerade aus die Dusche und hätte jetzt keine Zeit. Bis Dato hatte ich dahinter auch nichts Schlechtes vermutet. Ich wartete nicht lange und versuchte es an einen anderen Tag noch einmal. Es passierte das Gleiche. Sie stand wieder mal im Bademantel vor mir und ich vermutete sie wollte mich nicht reinlassen, da in ihrer Wohnung bestimmt der letzte Chaos herrschte. Zwischendurch erkundigte ich mich intensiv über das Kind. Ich erfuhr, dass sein Stiefvater auch sehr viel trank und mit diesem Wissen war ich auf „180“….ich wollte nichts mehr den Zufall überlassen…das arme Kind !!!!!!!!
Da ich beruflich nicht ständig morgens arbeiten musste , so beschloss ich , den Jungen mit meinen Sohn morgens zur Schule ab zu holen. Ich klingelte und man öffnete uns nicht die Türe. Ich klingelte bei einer anderen Familie um in das Haus zu gelangen. Als ich oben vor der Türe stand, hörte ich ein weinen. Ich sagte mir ….bloss nicht in Panik verfallen. Das Kind hatte keinen Schlüssel und war eingeschlossen…purer Wahnsinn. Plötzlich tauchte aus dem nichts seine Stiefmutter hinter mir auf. Sie meinte nur, das sie morgens putzen gehe (lach mit rot lackierten langen Fingernägeln und so neckisch angezogen ?...wenn ich nicht lache !) . Diesmal hätte sie vergessen den Schlüssel bei den Jungen zu lassen. Ab diesen Zeitpunkt gingen bei mir alle Lichter an. Ich tat so, als ob ich ihr glauben schenkte und nahm den Jungen mit zur Schule. Mit seiner Klassenlehrerin nahm ich direkt Kontakt auf und so schalteten wir sofort das Jugendamt ein. Es war offensichtlich …das Kind wurde psychisch „misshandelt“.
In den nächsten Wochen stellte sich heraus, dass keiner der beiden „Elternteile“ sich wirklich um das Wohl des Kindes gekümmert hat. Und das nennen sich Pflegeeltern ??
Jetzt liegt der ganze Fall schon drei Jahre zurück. Wir wohnen in einem anderen Bezirk und wie ich von anderen lieben Menschen weis, lebt der Junge in einem Heim (hoffe es geht ihn besser). Sein Pflegevater ist verstorben und deren Mutter lebt auch woanders. Da mein Sohnemann nie richtigen Kontakt zu den Jungen hatte, so hat sich leider alles im Sande verlaufen. Was ich mit dieser Geschichte sagen möchte ? Ich schaue n i e weg, wenn ich merke „hier“ läuft etwas falsch. Mein Leben war immer knallhart und die inneren Wunden heilen nie ! ! Besonders an Geburtstagen oder an Weihnachten wird mir bewusst, wie mies „meine“ Mutter war. Ich musste meine Geschenke abgeben….für Aussenstehende nicht nachvollziehbar !!!!!! Verrückt !
…………………………………………………………………ohne Worte………………………………………………………………………………
So für heute mache ich erstmal Schluss, denn ich muss gleich weg.
Einen schönen Abend wünscht Dir Eva
(lach bitte nicht über Fehler, denn ich habe diesen Brief im Schnelldurchgang geschrieben *ggg* Zeitmangel)

19.11.2003, 16:33
Liebe Eva,

Du bist eine bewundernswerte(hab ich das richtig geschrieben?) Frau. Wenn doch bloss alle Menschen so wären wie Du. Dann würde die Welt nicht so schlecht sein und die Leute würden besser miteinander klarkommen. Doch die Leute sind alle feige, haben Angst sich zu äussern und meistens wird man doof angeglotzt, wenn man was sagt. Und dann soll man sich in diese tollen Gesellschaft noch eingliedern. Durch Deine eigenen Lebensgeschichte und Deine Erfahrungen kannst Du einfach nichts anderes tun als den Mund aufzumachen. Und das finde ich richtig so.
Früher konnte ich nicht verstehen, wie man seine Mutter schlecht behandenln kann, wie man sein eigen Fleisch und Blut den Tod wünschen kann. Jeder hat zu bestimmten Menschen eine enge Bindung. Bei mir war es die Mama, bei Dir die Oma. Man muss immer den Hintergrund wissen um sich ein Bild darüber zu machen, warum er den Menschen nicht mag. Das Gefühl spielt bei mir eine sehr grosse Rolle. Trotzdem gibt es viele Leute die selbst das nicht zu schätzen wissen. Man merkt erst nach dem Tode was man verloren hat. Mein Freund und seine Familie können es überhaupt nicht nachvollziehen, warum ich jeden Tag niedergeschlagen bin und keinen sehen will. Sie können nicht wissen, wie sehr ich meine Mama geliebt habe. Sie haben alle nicht so ein inniges Verhältnis zu ihren Müttern gehabt, wie es bei mir der Fall war. Wollen mir aber erzählen, das sie das alles kennen und mich voll verstehen. So ein Schwachsinn. Für mich macht es einen grossen Unterschied ob jemand mit 80 einschläft oder mit 45. Mit 80 hat der Mensch ein Leben gehabt. Es dreht sich dabei jetzt nur ums Alter, nicht um die Beziehung zum Menschen. Nicht das Du mir jetzt böse bist. Neulich hat eine 89jährige Frau gesagt, das sie gar kein Interesse daran hat noch älter zu werden. Sie lebt seit über 20 Jahren ohne ihren Mann. Irgendwann ist man bereit zu sterben und in eine andere Welt zu gehen. Auch um all seine Lieben wiederzusehen. Mein Freund war über ihre Aussage geschockt, aber ich kann sie voll verstehen. Sie Sehnsuch ist nun doch manchmal stärker als der Halt auf Erden.
Darf ich Dich was fragen? Wie gehst Du und Dein Sohn mit dem Thema Tod um? Ich habe so viele Berichte gelesen, das die Kinder sehr schwierig sind und aus Angst um die Mama sehr viel böse Sachen sagen. Traf das bei euch beiden auch zu? Es war bestimmt nicht einfach sich damit auseinanderzusetzen. Mama und ich haben nur einmal über das Sterben gesprochen und selbst da wollte ich es einfach nicht wahrhaben, das dieser Moment kommen wird. Und er ist gekommen. Leider viel zu schnell. Oder soll ich sagen es war besser, weil sie nicht mehr leiden muss? Ich bin in dieser Hinsicht auch zweigeteilt. Auf der einen Seite vermisse ich sie und auf der anderen Seite bin ich froh, das all das ganze Leid vorbei ist. Ich wünschte ich wäre besser auf Mama eingegangen. Dann hätte ich gewusst, wie es wirklich in ihr aussah. Sie hat viel vor uns verheimlicht. Auch um uns zu schützen. Und trotzdem frage ich mich oft ob ich ihr eine gute Tochter war. Ich hätte viel mehr mit ihr über die Krankheit reden sollen. Aber jetzt ist es zu spät.
Besonders viel Unterstützung habe ich im Moment nicht. Mein Freund reagiert mit Eifersucht, weil ich versuche die Familie zusammenzuhalten. Das macht es mir im Moment auch nicht gerade einfach. Gerade jetzt wo ich schwanger bin. Als ich erfahren habe das ich schwanger bin, habe ich mich so sehr gefreut. Du glaubst gar nicht wie glücklich ich war. Und nun ist alles durch Mama´s Tod gedämpft. All die Vorfreude aufs Kind ist sehr gering. Ich hab mir alles ganz anders vorgestellt. Ich wollte das mama das noch miterlebt. Aber aus der Traum. Pech gehabt. So ist das Leben nun mal. Ich hoffe das ich irgendwann ohne Bitterkeit denken kann. Im Moment bin ich auf die ganze Welt sauer, das lasse ich voll an meinen Schwiegereltern aus. Sie haben sich nie dafür interessiert, wie es mir und meiner Mama ging. Jahrelang wurde nur gedrängelt und gequängelt, das endlich ein Enkelkind her soll. Das mache ich ihnen heute noch zum Vorwurf, das wird auch immer so bleiben. Nie wurde nach meinen Gefühlen gefragt, immer haben sie nur sich gesehen. Das hat es mir nicht gerade einfach gemacht. Und jetzt wo sie wissen das ein Enkel kommt, können sie nichts anderes machen als mich zu terrorisieren. Wenn das so weiter geht, krieg ich noch die Kriese. Am liebsten würde ich wegziehen, aber das geht nicht. Ich will meine Familie nicht zurücklassen. Ausserdem kann ich dann nicht mehr zum Friedhof. Das würde mir sehr fehlen.
Es tut mir leid, wenn ich Dir ein bisschen Müll von meiner Seele anvertraue, aber das hilft mir ein bisschen. Sag mir einfach, wenn ich Dir auf den Keks gehe.
Nun muss ich auch Schluss machen, das Baby soll ja bald ein ordentliches Zimmer haben.
Eine liebe Umarmung schickt Dir
Tina

19.11.2003, 21:00
Liebe Tina,

diesmal fange ich den Brief mit "positiven" Zeilen an. Meine Frage zuerst.....wann kommt Euer Baby zur Welt ? Wie alt bist Du und woher kommst Du ?
Ich komme aus Köln und lebe seid knapp 3 1/2 Jahren in einer netten, festen Partnerschaft. Wir lieben und respektieren uns sehr. Vor meiner Krankheit, war unsere Beziehung auch schon stabil und das ganze hat uns noch enger zusammen geschweisst. Trotz vielen Spätfolgen die ich von meiner OP davon getragen habe lieben wir uns , als seien wir frisch verliebt, wie am ersten Tage. Ein Mann für Leben....nein ! mein Mann fürs Leben...*gg*. Wie Du siehst ich bin glücklich. Jetzt stellt sich die Frage....wie kann ich helfen ? Überleg........vielleicht kann ich Dich mit meiner positiven Energie verzaubern ? Alles wird gut !
Du schreibst,dass Dein Freund Dich nicht verstehen mag, wenn Du in voller Trauer bist. Ich denke schon, dass Dein Freund und deren Familie mit Dir trauert; vielleicht ein bissl anders, als Du (nicht falsch verstehen).
Anderseits kann ich nicht nachvollziehen, warum Dich Deine "Schwiegereltern" terrorisieren ????? Was läuft momentan bei Euch schief ? Sorry, ich möchte Dir nicht zu nahe treten.
Weiter schreibst Du.....Du würdest niemals Deine Heimat verlassen, denn dann könntest Du nicht mehr zu Deiner Mutti am Grabe. Weisst Du, auch hier kann ich Dich mit Deiner Aussage verstehen. Damals wohnte ich noch in der Nähe meiner "verstorbenen Omi". Aber ich bin nicht täglich zu ihr gegangen...nein, das konnte ich psychisch nicht auf Dauer !!! Seid vielen, vielen Jahren wohne ich viele hunderte Kilometer von "ihr" entfernt. Das allerschönste ist, dass meine Oma gedanklich oder auch in meinen stillen Gebeten immer ! bei mir ist, ganz egal wo auch immer ich wohnen mag. Vielleicht wäre ein "Ortswechsel "gar keine schlechte Idee. Okay wobei ich sagen muss, dass Deine liebe Ma auch noch nicht lange tot ist und Du so noch in tiefer Trauer steckst....Deine Gedanken sind momentan auch noch völlig normal ! ! ! Warte mal ab, wenn Dein Baby zur Welt kommt. Du hast die ersten Monate händevoll zu tun und das wird Dich erstmal ein wenig ablenken, gar Dein Leben einen neuen Sinn geben. Da bin ich mir absolut sicher ! Übrigens hast Du mal in leuchtende Kinderaugen geschaut ??? Dein Baby wird Dein Kopf verdrehen und Du wirst stolze M u t t i sein! ! Ist das nicht wunderbar ????
Ich will nicht damit sagen, das Du den Tod Deiner Mutti verdrängen sollst ...Irrtum, denn sie wird auch weiterhin in Dir Lebensfreude erwecken.Selbstverständlich zum positiven !!!!!!!!!!
Jetzt werde ich mich noch ein bissl mit meinen Sohn beschäftigen, wenn das möglich ist, denn er spielt sehr gern auch alleine.....wo ?..lach oft an unsere heiss geliebte Play Station.
Ich drücke Dich und melde mich immer wieder, wenn Du dann möchtest.

Gruss Eva

20.11.2003, 08:20
Liebe Tina,

ich hoffe, dass Du heute positiv durchstartest. Ich wünsch Dir dabei viel Erfolg !!!!!!!!
Eine liebevolle Umarmung von mir.....bis später.In der Hoffnung,dass Du mir ein Zeichen.

Gruss E V A

20.11.2003, 08:21
....sorry.....ein Zeichen gibst (lach bin wieder mal in Eile..muss zur Therapie !)

20.11.2003, 08:23
sorry..."ein Zeichen gibst" (bin wieder mal in Eile, denn ich muss zur Therapie )*gg*

20.11.2003, 08:25
....alle guten Dinge sind DREI......dachte der Browser spinnt....auweia und das früh am Morgen

20.11.2003, 13:46
Liebe Eva,

heute geht es mir wirklich schon wieder etwas besser. Gestern war kein guter Tag. Hab im Moment wohl zuviel Stress. Nun zu Deinen Fragen.
Ich bin 22, wohne in der Nähe von Berlin und mein Baby kommt Anfang April zur Welt. Es ist sehr schön, wie glücklich Du bist. Das macht mich fast ein bisschen neidisch. Ich bin mit meinem Freund jetzt schon knapp 4 1/2 Jahre zusammen. Am Anfang war alles wunderschön. Wir haben uns nie gestritten und es war einfach toll mit ihm. Dann wurde Mutti so krank und ab da fing eigentlich alles an. Wenn man sich tagtäglich so seine Gedanken über den Verlauf der Krankheit macht und wie alles nun weitergehen soll, verändert man sich sehr schnell. Irgendwie habe ich seitdem meine ganze Lebensfreude verloren. Ich war früher ganz anders. War für alles zu haben, war jedem aufgeschlossen gegenüber, war immer fröhlich und habe das auch jedem gezeigt. Doch als es das erste Mal hiess, das die Chancen zu überleben 50:50 stehen, habe ich mich sehr zurückgezogen. Ich war ja damals erst 19, war völlig überfordert mit der Situation. Sonst hat man sein Leben genossen, hat seinen jugendlichen Blödsinn gemacht und von einen auf den anderen Augenblick muss man erwachsen werden. Das war für mich nicht einfach. Man hat sich soviele Sachen gewünscht. Man wollte normal sein, wollte sein Leben geniessen, wie jeder andere Teenager. Doch durch Mama´s Krebs wurde unser ganzes Leben durcheinander gebracht. Immer hat man die Sorge im Hinterkopf. Jedes Mal war es ein Auf und Ab. Schlägt die nächste Chemo an, muss sie wieder operiert werden ect...
Ich bin dann nach 2 Jahren zu meinem Freund gezogen. Damals konnte ich nicht anders. Es musste sein, ich hab dieses hin und her nicht mehr ausgehalten. Ich wollte auch einen Ort haben, wo ich mich nicht ständig damit beschäftigen musste. Im nachhinein bereue ich es zwar, aber es ist halt nicht zu ändern. Ich war ja trotzdem so gut wie täglich drüben, gerade in dem letzten halben Jahr. Darüber bin ich sehr froh. Ich hatte oft das Gefühl, als ob mein Freund eifersüchtig war. Klar, jetzt war ich gerade zu ihm gezogen und schon musste er mich wieder teilen. Das hat ihm bestimmt nicht gerade gefallen. Ich kann ihn da auch irgendwo doch verstehen. Ich bin am Wochenende oft drüben gewesen, wollte nie zu seinen Eltern. Das hat ihn auch angekotzt. Er musste immer alleine zu seinen Eltern gehen. Ich verstehe mich auch nicht sonderbar mit denen. Das habe ich auch nie verheimlicht. Meinem Freund geht es da genauso. Für ihn ist es nur Pflicht zu seinen Eltern zu gehen. Auch weil sie sich immer in unser Leben einmischen wollen. Und trotzdem wurde gerade dieses Thema sehr oft zum Steitpunkt gemacht. Er hat mir vorgeworfen, das wir nur bei meinen Eltern sind, aber nie bei seinen. Für mich war es aber wichtig bei meiner Familie zu sein, gerade weil ich nicht wusste, wie lange ich Mama noch habe. Das hat er früher nicht eingesehen. Erst als es Ernst wurde hat er langsam begriffen. Ich sag ja nicht das er nicht um Mama trauert, er hat auch daran zu knabbern. Das merke ich schon, aber ich hätte es lieber, wenn er sich mit mir darüber unterhalten würde. Mir hilft das sehr viel. Aber er will sich damit gar nicht auseinandersetzen. Er will das wohl mit sich selber klären. Muss ich auch aktzeptieren. Ich aktzeptiere es aber nicht, das meine Schwiegereltern so tun als ob nichts ist. Für sie heisst es wohl: Aus den Augen, aus dem Sinn. Ich muss dazu sagen, das die beiden Familien sich zwar kannten, aber sich nur an Geburstagen von mir und meinem Freund gesehen haben. Sonst nicht, weil es Mama ja immer so schlecht ging und sie die Gegenwart von denen nicht ertragen konnte. Vor 2 1/2 Wochen hätte Mama ihren 46 Geburtstag gehabt. Da ruft meine Schwiegermutter einen Tag später an und fragt ob wir den Tag schön verbracht haben. Sie hätte mir auch einen Knüppel vor´s Gesicht hauen können. Da hätte sie den gleichen Effekt gehabt. Ich fand das nicht gerade prickelnd. Als ob wir diesen Tag gefeiert haben. Es sind immer diese Kleinigkeiten die mich so wütend und enttäuscht machen. Ich bin mitten in der Trauerbewältigung und ich werde einfach nicht in Ruhe gelassen. Sie wollen unser ganzes Leben bestimmen. Wir sollen doch heiraten, am liebsten noch bei denen mit einziehen, damit sie ihren Enkel um sich rumhaben. Alles wird uns vorgeschrieben. Und wenn ich mich mal wehre und sage, wenn mir etwas nicht passt, werden sie gleich pampig. Dann sind sie gleich beleidigt. Du wärst bestimmt auch entnervt, wenn Du alle 2 Tage angerufen wirst und einen Vortrag über Dein Leben kriegst. Mein Freund hat früh gelernt die Ohren auf Durchzug zu stellen, wenn es da drüben Zoff gab. Aber ich bin nicht gewillt, mich ständig zu beugen, damit ich ihnen ja nicht in die Queere komme. Ich bin nun mal so wie ich bin. Ich will mich nicht verstellen. Deswegen kracht es oft da drüben. Vielleicht lasse ich auch zuviel an mich ran. Vielleicht kannst Du es ja jetzt ein wenig nachvollziehen, was ich mit dem terrorisieren meine.
Ich fühle mich hier an diesem Ort sehr wohl, will gar nicht wegziehen. Ich meinte das bloss im Bezug auf meine Schwiegereltern. Früher haben wir nur 2 Strassen entfernt gewohnt. Da wurde dann jedes Wochenende unangemeldet geklingelt. So lange bis endlich einer aufgemacht hat. Wir sind dann schon extra etwas weiter weggezogen. Das hat auch ganz gut geklappt, aber seitdem sie wissen, das ich ein Kind bekomme wird es wieder schlimmer.
Ich glaube auch das alles besser wird, wenn der kleine Matz erstmal da ist. Dann werde ich bestimmt anders über viele Sachen denken. Und trotzdem wird es nochmal schwer, wenn ich mit dem Baby zum Friedhof muss. Muss ja mein Versprechen einhalten.
Sicher, meine Mama ist auch immer bei mir. Aber ich gehe gerne zum Friedhof. Es ist für mich auch ein Ort der Stille und des Friedens. Es ist ja nicht so, das ich sie nur dort spüre. Eher im Gegenteil. Ihr Körper liegt zwar dort unten, aber ihre Seele ist im Haus meiner Eltern und bei mir drüben, wenn ich schlafen gehe. So empfinde ich es jedenfalls oft. Glaubst Du an ein Leben nach dem Tod? Früher hätte ich allen einen Vogel gezeigt, wenn sie von Zeichen gesprochen hätten. Aber jetzt wo mein ganzer Glauben sich verändert hat, sehe ich alles ganz anders. Auch durch die Berichte von Nah-Tod-Erfahrungen. Als mein Opa gestorben ist, habe ich mich überhaupt nicht mit dem Thema befasst. Das war für mich irgendwie was anderes. Ich muss dazu sagen, das ich meinen Opa über 5 Jahre nicht gesehen hatte. Ich war zwar trotzdem traurig, aber das war alles noch ok. Doch seit Muttis Tod bin ich der festen Überzeugung das es ein Leben danach gibt. Auch weil sie mir ab und zu ein Zeichen schickt. Ich hoffe Du denkst jetzt nicht, das ich völlig durchgeknallt bin. Ich bin wirklich ganz normal. Bis auf meine negative Einstellung (im Moment jedenfalls noch). Hoffe ich werde die auch noch los. Wenn´s nicht klappt muss ich wohl wieder zum Psychotherapeuthen.
Ich glaube ich habe erstmal genug geplaudert. Hoffe ich hab Dich nicht damit überrannt.
1000 liebe Grüsse schickt Dir
Tina

20.11.2003, 14:24
Meine liebe Mama,

lange ist es her das ich Dir geschrieben habe. Mir ging es nicht sehr gut. Doch heute will ich Dir ein paar Zeilen schreiben. Sie sind zwar nicht von mir, aber sie drücken das aus was ich fühle.

Wörter können nicht ausdrücken was Du mir bedeutest...
manchmal in der Nacht schwelge ich in Erinnerungen...
ich versuche es auszuschalten, aber es kommt immer wieder...
ich kann meine wahren Gefühle nur schwer verbergen...
du kannst Dir all diese Schmerzen nicht vorstellen die ich fühle...
ich würde alles geben, um Dich wieder atmen zu hören...

Bei jedem Schritt den ich mache,
bei jeder Bewegung die ich mache,
jeden einzelnen Tag,
werde ich Dich vermissen.

Es ist schwer zu leben ohne Dich um mich herum...
ich weiss dass Du im Himmel bist und herunterlächelst...
bis zu dem Tag an dem wir uns wiedersehen...
mein Herz ist der Platz an dem Du immer sein wirst...
Erinnerungen geben mir die Kraft die ich brauche um weiterzuleben...
meine Gedanken kann ich nicht beschreiben...
ich wünschte ich könnte den Lauf der Zeit zurückdrehen...
ich kann noch immer nicht glauben dass Du von uns gegangen bist...
ich würde alles geben um Dich wieder atmen zu hören...
ich weiss, dass Du Dein Leben nach dem Tod lebst...

Ich denke an den Tag als Du von uns gingst,
was für ein Leben ist das?!?
Jemand soll mir sagen warum...
Ich werde Dich vermissen

20.11.2003, 19:05
Liebe Tina,

h e r z l i c h e n Dank für Deine netten Zeilen. Bevor ich hier noch persönlicher werde, möchte ich Dich ganz lieb fragen, ob Du Lust auf eine "unbefangene" Brieffreundschaft hast ?
Wenn Du möchtest dann reich mir bei Gelegenheit Deine Mailaddy. Ich würde mich allerdings riesig freuen.

Schlaf gut und träume etwas s ü s s e s......EVA

21.11.2003, 07:53
Liebe Tina,

ganz, ganz viele liebe Grüsse nach Berlin :););) Bist Du schon wach ?

Da ich heute nicht zur Therapie muss, so werde ich diesen Tag nutzen um Weihnachtsgeschenke für meinen Sohn zu besorgen. Ich weiss, dass das ein bissl zu früh ist, aber momentan bekomme ich dank der Karte von "Tommis Omi" 20 % bis kommenden Dienstag. Das lohnt sich sehr !!!!
Machs erstmal guti und ich denke an Dich.
Freu mich wieder von Dir zu hören !

Gruss Eva

21.11.2003, 11:15
Liebe Eva,

ich glaube es wäre wirklich besser, wenn wir per e-mail schreiben. Manches wird dann wohl doch zu privat. Du kannst Dich ja melden, wenn Du Deinen Weihnachtsbummel erledigt hast.

Viele liebe Grüsse
Tina

Martina.Rabe@gmx.net

21.11.2003, 13:04
Meine liebe Mama,

heute ist wieder Freitag. Der Tag an dem Du uns verlassen hast. Ich kann nicht aufhören die Wochen zu zählen. Wie lange wird es mich noch quälen. Es ist wie ein Zwang. Ich will und kann es einfach nicht vergessen. In letzter Zeit kommen zwar immer wieder mal Bilder aus schönen Tagen in meine Gedanken, aber die schlimme Zeit ist immer noch so eingebrannt in meinem Kopf, sie lässt sich nicht verdrängen. Die letzte Zeit habe ich gut hinter mich gebracht. Heute ist es umso schlimmer. Vorhin stand ich an Deinem Grab und konnte es nicht fassen das Du jetzt da unten liegtst. Manchmal habe ich das Gefühl, als ob es mit der Zeit immer schlimmer wird. Ich dachte die Zeit heilt alle Wunden, aber da habe ich mich wieder einmal geirrt.
Ich hasse es so traurig zu sein. Ich möchte endlich mal wieder ein Lächeln auf mein Gesicht kriegen, wenn ich an Dich denken muss. Du willst bestimmt nicht das wir alle so traurig sind und leiden. Ich wünschte es wäre alles einfacher. Ich wünschte Du wärst wieder bei uns. Manchmal frage ich mich auch, wie ich das alles so überstehe, wie ich alles so gut hinkriege. Früher hatte ich eine ganz falsche Vorstellung von dem was uns erwarten würde. Ich dachte es wird schlimmer. Es ist zwar schon schlimm, aber irgendwo ist diese Fassungslosigkeit noch immer da. Sie hält einen davon ab durchzudrehen und auf dumme Gedanken zu kommen.
Ich hätte niemals gedacht, das ich ein Leben ohne Dich hinkriege. Ich habe mich immer davor gefürchtet. Und seit über 2 Monaten sind wir nun ohne Dich. Wie schnell die Zeit vergeht. Mir kommt es so vor, als ob es gestern gewesen ist. Die Zeit rast, doch alles in meinem Kopf scheint stillzustehen. Ich hänge mit meinen Gedanken immer noch im Krankenhaus fest. Kann mich nicht davon lösen und will es irgendwie auch nicht. Ich habe Angst davor zu vergessen. Habe Angst davor Dein Gesicht zu vergessen...
Ich hoffe immer noch auf ein neues Zeichen von Dir. Es ist doch schon so lange her. Meine Kräfte lassen langsam nach. Ich brauche wieder einen Strohhalm. Bitte schick mir einen.
Ich vermisse Dich doch so schrecklich

25.11.2003, 14:06
Jede Nacht

Jede Nacht - hat Deine Augen
Jede Nacht - verlier ich den Glauben
Jede Nacht - hat Dein Gesicht
Jede Nacht - denk ich an Dich
Jede Nacht - von Dir wachträumend
Jede Nacht - den Schlaf versäumend
Jede Nacht - einsam unterm Sternenzelt
Jede Nacht - losgelöst von dieser Welt
Jede Nacht - ist mir so kalt
Jede Nacht - mein Schrei verhallt
Jede Nacht - ein Traum im Nichts verweht
Jede Nacht - eine kleine Hoffnung geht
Jede Nacht - weine ich leise um Dich
Jede Nacht - fühle ich mich fürchterlich
Jede Nacht - lasse ich Gefühlen freien Lauf
Jede Nacht - steigt Herzschmerz auf
Jede Nacht - ausgebrannt und tränenleer
Jede Nacht - vermisse ich Dich so sehr


Liebe Mama,

schon wieder sind soviel Tage ohne Dich vergangen. Komme mir vor, als ob ich in der Endlosschleife festhänge. Jede Nacht liege ich stundenlang wach, kann alles nicht vergessen. Quäle mich mit schrecklichen Bildern. Muss mich zusammenreissen, würde am liebsten meinen ganzen Schmerz rausschreien. Ich fühle mich gefangen in einer Welt die nicht sehen will, wie schlecht es mir geht. Bloss keine Schwäche zeigen, heisst es. Und wenn, dann wird es überspielt. Ich würde mich am liebsten nur noch verkriechen, will am liebsten nie wieder auf die Strasse gehen. Ich hoffe ich werde irgendwann mal wieder meinen Seelenfrieden finden.

26.11.2003, 12:44
Liebe Eva,

schade das Du Dich nicht meldest. Ich hoffe es geht Dir gut. Es wäre schön, wenn Du mir ein kleines Zeichen gibst.

Ich denke an Dich
Tina

27.11.2003, 20:05
Liebe Tina,
Deine Zeilen oben haben mich so sehr berührt, daß ich Dir hier auch nochmal kurz schreiben will. Auch ich habe diese Gedanken an die Tage im Krankenhaus. Es war so schlimm. Und auch ich dachte nicht, daß ich ein Leben ohne sie hinbekommen kann. Irgendwie geht es aber doch. Es ist unglaublich. Ich steh auch manchmal am Grab und dann kommt plötzlich diese Fassungslosigkeit.
Sie ist tot! ??? Ich kann es dann immer kaum glauben, hoffe wach zu werden, denke wieder an die schlimmen Bilder der letzten Monate, diesen ängstlichen Blick, den schwachen Körper.. dann reißt es mich hin und her zwischen: es geht ihr nun gut ! und diesem Schmerz den man fühlt weil sie so sehr gelitten hat und nur noch ein Häuflein war. Meine arme Mami..
Jeden Tag ist sie bei mir, aber ich möchte sie doch so gern drücken!
Bis bald, wir sind uns nah
Meli

28.11.2003, 13:36
Meine liebe Mama,

heute bin ich wieder sehr sehr traurig.
Dein Sohn hat aus beruflichen Gründen vor das Land zu verlassen. Es ist bestimmt die Chance seines Lebens. Ich bin zwar sehr stolz darauf, das er so eine tolle Arbeit hat und das sie ihm diese Chance ermöglichen wollen, aber auf der anderen Seite bin ich sehr traurig, weil ich dann von dem nächsten Abschied nehmen muss. Es war so verdammt schwer Dich gehen zu lassen, da fällt es mir sehr schwer ihn jetzt auch noch loszulassen. Als wir Dich verloren haben, war es für mich das wichtigste die Familie zusammen zu halten. Papa hat auch ganz schön geschluckt, möchte nicht wissen, wie er die Nacht verbracht hat. Hat bestimmt die ganze Zeit gegrübelt. Mir ging es da nicht anders. Ich habe zwar den ersten Schock überwunden, doch trotzdem fällt es mir schwer, mich für ihn zu freuen. Dann ist wieder einer weg!
Ich weiss zwar, das bald das Baby da ist, aber das wird mich auch sehr einschränken. Ich kann dann nicht mehr täglich zu Papa rüber, kann dann nicht so oft auf den Friedhof. Ich hätte es für mich leichter empfunden, wenn er erst in 1 oder 2 Jahren weggehen würde. Da hätten sich die Wogen bis dahin geglättet und uns würde es bestimmt ein bisschen besser gehen, als im Moment. Aber ich bin bestimmt die letzte die egoistisch sein wird.
Dich, liebe Mama musste ich ja auch gehen lassen. Ich hoffe das wir dann wenigstens die Feiertage halbwegs gut überstehen.
Bin heute wieder sehr nachdenklich und traurig...

Mama, ich hab Dich lieb.

28.11.2003, 16:21
Liebste Tina!
Mir fehlen gerade die Wrte, doch ich möchte das du weißt, ich freue mich immer wenn du mir schreibst.Bitte lass uns doch versuchen, uns gegenseitig eine Stütze zu sein!
Liebe Grüße!
Tabea0207@yahoo.de
(falls du sie nicht mehr hast;))

08.12.2003, 11:34
Liebste Mama,

ich hatte lange nicht die Kraft gehabt Dir zu schreiben. Mir ging es die letzten Tage nicht sehr gut. Ich habe wieder viel geweint. Ich wünschte ich könnte die Zeit zurückdrehen um Dich noch einmal in den Arm zu nehmen. Du fehlst mir so unendlich.
Dein Sohn kommt morgen aus dem Krankenhaus raus. Für uns war das alles wieder ein kleiner Schock. Es war so komisch nach alldem dieses Krankenhaus wieder zu betreten. Ich wollte dort nie wieder hin, aber es liess sich ja leider nicht verhindern. Viele von den beschissenen Gefühlen sind wieder hochgekommen.
Ab nächster Woche fange ich eine Psychotherapie an. Vielleicht hilft es mir mit alldem etwas besser klarzukommen. Ich wünsche mir so sehr mal einen Tag zu erleben, wo ich mich voller Liebe und ohne jegliche Trauer an Dich erinnern kann. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Gestern haben wir das Kinderzimmer aufgebaut. Es sieht so niedlich aus. Als Papa dann weg war, musste ich erstmal eine Runde heulen. Ich bin so traurig, das wir beide das nicht zusammen erleben können. Es hätte alles so schön sein können. Wir wären dann die glücklichste Familie der Welt. Und so? Alles ist beschissen. Nur mein Glaube daran das es Dir jetzt viel besser geht und Du keine Schmerzen mehr hast, gibt mir ein wenig Trost.
Ich hoffe das Weihnachten schnell vergeht. Ich kann diese "heile Welt" Scheisse nicht ertragen. Am liebsten würde ich mir meine Familie schnappen und einfach wegfahren. Irgendwo hin, wo man nicht den ganzen Tag terrorisiert wird.
Deiner Mama geht es auch sehr schlecht. Sie weint jeden Tag um Dich. Es fällt ihr alles so schwer, das macht mich noch trauriger. Ich hoffe wir können nochmal dieses Jahr hin. Sie freut sich schon so sehr auf ihren Urenkel...

Ich hab Dich so lieb.

12.01.2004, 14:47
Liebste Mama,

heute ist es genau 4 Monate her, seitdem Du uns verlassen musstest. Ich kann es immer noch nicht fassen. Seit dem letzten Eintrag ist kein Tag vergangen an dem ich nicht an Dich gedacht und um Dich getrauert habe. Meine Sehnsucht nach Dir wächst jeden Tag. Es hätte alles so schön sein können. Der normale Alltag kommt zwar langsam zurück, aber etwas entscheidendes fehlt einfach total. Nämlich Du. Jeden Tag verbringe ich mit grübeln, warum es uns gerade treffen musste. Dein Enkelkind hätte ein Recht darauf gehabt, Dich kennenlernen zu dürfen. Aber das wurde uns ja auch genommen. Nun muss ich den Kleinen ohne Oma aufziehen. Wie soll ich ihm das später alles mal erklären? Es gibt soviele unbeantwortete Fragen. Ich fühle mich oft so leer und einsam, auch das Baby ändert nicht´s daran. Du bist einfach unersetzbar. Du fehlst mir so schrecklich

16.01.2004, 10:35
Hallo Mama,
ich habe schon irgendwie gewusst, dass 2004 auch nicht besser werden wird. 3 Monate ist es jetzt her, dass Du so qualvoll sterben musstest. Bei Papa ist jetzt ein Verdacht auf Blasenkarzinom. Er muss nächste Woche ins Krankenhaus und wird operiert. Was soll man da noch sagen ? Bine

02.02.2004, 12:32
Liebste Mama,

in 3 Tagen ist nun mein erster Geburtstag ohne Dich. Wenn ich daran denke, könnte ich die Krise kriegen. Die Zeit vergeht so schnell und ich hänge immer noch fest in den Erinnerungen Deiner letzten Tage. Es quält mich jeden Tag auf´s neue, wenn mir die Bilder durch den Kopf schiessen. Manchmal wache ich auf und frage mich ob alles nur ein Alptraum war, aber dann kommt die Realität mit voller Wucht zurück und ich sitze wieder da und frage mich, wie alles nur so kommen konnte. Ich kann es immer noch nicht begreifen. Manchmal wundere ich mich, wie wir alle ohne Dich klarkommen. Es kommt mir oft so vor, als ob Du nur gerade zum einkaufen bist, oder auf Toilette. Es gibt Tage, da kann ich mir das alles gar nicht vorstellen. Wir sassen immer zusammen in der Küche und haben geredet. Und nun sitze ich alleine dort. Wenn ich daran denke, das ich die nächsten 50 oder 60 Jahre ohne Dich leben muss, wird mir schlecht. Ich konnte mir nie ein Leben ohne Dich vorstellen und nun bin ich mittendrin. Ich sehe zwar nach vorne, aber die Erinnerungen an Dich und Deinen schrecklichen Tod, werden mich ein Leben lang begleiten. Genauso wie die Sehnsuch nach Dir. Du fehlst mir jeden Tag so sehr. Ich wünschte ich könnte die Zeit zurückdrehen.

09.02.2004, 17:32
Liebe Mama,
der Vedacht ist zur Wahrheit geworden, Papa hat Blasenkrebs. Auch sein Herz ist nicht in Ordnung. Die Herzklappe macht es
nicht mehr so richtig. Ich habe schlechte Vorahnungen für das Jahr.
Bine

12.02.2004, 11:30
Liebste Mama,

und schon wieder ist ein Monat vergangen. Wo ist bloss die Zeit hin? Mir kommt es so vor, als ob alles erst gestern geschehen ist. Doch leider ist es schon 5 Monate her, seitdem Du uns verlassen hast. Erst gestern habe ich wieder gedacht:" Das kann doch alles nicht wahr sein. Wann werde ich endlich aus diesem Alptraum erwachen?" Doch wie immer kriege ich die selbe Antwort.
Dein Sohn ist im Moment auf Geschäftsreise und ich bin glücklich das es ihm dort drüben gut geht. Dafür mache ich mir im Moment wieder mehr Sorgen um Papa. Wie wird er die 3 Wochen alleine überstehen? Ich kann ja leider nicht mehr jeden Tag rüber. Jedenfalls nicht, wenn er gerade da ist. Wie soll das bloss mit Baby werden? Dann bin ich noch eingespannter und habe kaum noch Zeit für meine Familie. Das macht mich jetzt schon ein bisschen traurig. Aber die Zeit werde ich auch noch überstehen.
Ich frage mich oft, wie es Dir jetzt ergehen mag. Ob Du glücklich bist und keine Schmerzen mehr hast. Ich warte seit Monaten auf ein Zeichen von Dir, aber nichts passiert. Ich habe zwar mal wieder von Dir geträumt, aber der Traum war nicht so real, wie die davor. Ich wünschte Du könntest mir einen Traum zukommen lassen. Dann würde ich mich Dir ein wenig näher fühlen. Im Moment fühle ich nicht sehr viel von Dir. Nachts höre ich auch keine Schritte mehr. Vielleicht bist Du der Meinung ich komme alleine ganz gut klar und Du brauchst mir keine Zeichen mehr geben, aber ich sehne mich oft danach. Du fehlst mir so sehr. Ich wünschte Du könntest bei uns sein und würdest mitkriegen, wie Dein Enkel wächst. Ich bin oft traurig, das wir das nicht zusammen erleben können. Es hätte alles so schön sein können. Du wärst mir so eine grosse Hilfe gewesen, aber stattdessen muss ich mich mit meinen Schwiegereltern rumplagen, die mir einfach das Leben im Moment zur Hölle machen. Aber das gehört hier nicht hin.
Ich hoffe das Du irgendwo in der Nähe bist und uns als Schutzengel bewachst.
Ach Mama, ich hab Dich so unendlich lieb...

07.03.2004, 02:49
Ich erkenne mich so deutlich, wie kaum zuvor…
In all diesen Worten wieder
Und all der Schmerz…all der unsagbare Schmerz kommt augenblicklich hoch und greift nach deinem Halse. Es schnürt einem die Kehle zu. Es wäre verlockend einfach Schluss zu machen. Einfach Schluss zu machen mit dem ewigen „zusammen reißen“. Immer dieses zusammen reißen und das Verdrängen. In einigen schlimmen Augenblicken möchte man die Welt und das Leben verfluchen und alles und Jedem den berühmten Finger zeigen.
„ Welt halt an, lass mich aussteigen“…., aber sie dreht sich noch immer.
Sie hat die Dreistigkeit…sich immer noch zu drehen. Wo doch alles so leer und so von Trauer erfüllt ist. Ob ich verbittert bin? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass in mir etwas kaputt ist. Etwas in mir ist unwiederbringlich ausgelöscht. Das Bild von einem glücklichen Leben ist zerstört. Man hört von Kriegsberichten und Unfällen. Wenn einem „das Leben“ aber dann wirklich das Liebste nimmt, dann…woran sollte man dann Glauben…nicht an Glück.
Ich persönlich glaube nicht mehr an das Glück. Eher versuche ich mir nun mein Glück in kleinen Dingen konsequent zu suchen, damit ich meinen Frieden finden kann.
Meine Mom ist nun einen Monat fort, und was soll ich sagen.
Sie ist immer noch tot….das ist immer noch beschissen.
Ich verdränge am Tage und halte mich mit diversen Beschäftigungen gefühlsmäßig über Wasser. Über Wasser ist wohl passend formuliert, denn die Trauer ersäuft mich noch.
Hab ich gedacht, dass die Zeit der Wut endgültig vorbei ist, so habe ich mich getäuscht. In so einer Zeit täuscht man sich generell und üblicherweise in seinen eigenen Gefühlen.
Habe oft Stimmungsschwankungen, die mich selber schon annerven. Ja, alles nervt, dass ganze Leben nervt. Tagsüber ist es okay, und auch dann, wenn mich viele Menschen umgeben…aber wenn die Nacht hereinbricht und ich mich über das volle Ausmaß im klaren werde…schwappt es über mich hinweg wie eine Woge wirklich Gedanken.
Und wenn ich einmal anfange mich dem weinen hin zu geben…bin ich am Tag danach völlig entkräftet und geplättet. Es ist zum weglaufen.
Aber es gibt auch Tage, wo ich wirklich zuversichtlich bin. Habe ja noch mein Leben vor mir, und irgendwie weiß ich, meine Mutter und ich ….werden uns wieder sehen. Ich versuche mir einen starken Glauben zu entwickeln, indem ich viel in der Bibel lese und bete. Es hilft ungemein und macht mich innerlich friedvoll.
Jedoch wankt mein Herz, wenn ich meinen Vater sehe. Er tut mir so unendlich leid. Und, er leidet so sehr und geht damit anders um als ich. Ich habe Angst, dass er alles in sich hinein frisst und depressiv wird. Männer trauern generell anders…Ich sehe das auch an meinem Bruder. Aber diese ganze Situation ist so…“unwirklich“
Ich begreife es wohl nicht vollends. Es ist, als wäre sie im Urlaub

Nur Abends eilt die Realität (und diese traurigen Bilder) meinen Träumen voraus…


In hope…i cry…

*seidgedrücktIhrTapferenFighter*

10.05.2004, 09:09
Liebste Mama,

nun ist er endlich da, Dein kleiner Enkelsohn. Und so sehr ich mich über ihn freue und froh bin, das er ein kerngesundes Kind ist, umso trauriger werde ich, weil Du ihn niemals kennenlernen wirst. Ich habe mich so oft in den letzten Wochen vor der Geburt gefragt, wie ich mich danach nun fühlen werde, ob der Schmerz weniger wird, wenn dieses kleine Baby endlich da ist. Aber genau das Gegenteil ist eingetreten. Es fällt mir unendlich schwer intensiv über Dich und unser Schicksal nachzudenken. Es tut einfach zu sehr weh. Als ich nach langer Zeit wieder mal an Deinem Grab stand hätte ich durchdrehen können. Nun ist es schon fast 8 Monate her und ich kann es immer noch nicht glauben. Wie soll das bloss die nächsten Jahre gehen? Wird der Schmerz irgendwann mal weniger? Ich glaube nicht, ich glaube irgendwie müssen wir mit dem Schmerz klarkommen. So hart wie es auch ist.
Dein kleiner Enkelsohn bringt mir zwar sehr viel Freude und es ist einfach schön, das ich jetzt seine Mama bin, aber ich wünschte Du könntest ihn mal in den Arm nehmen. Ach hätten wir doch schon früher dieses Kind bekommen...; hätten wir doch nicht so lange noch gewartet, dann hättest Du ihn noch kennengelernt. Dann wärst Du nicht so traurig gewesen. Dann wäre ich jetzt nicht so traurig.
Ich kann gar nicht in Worte ausdrücken, wie sehr Du mir fehlst und wie sehr ich Dich lieb habe...

13.08.2004, 23:47
Liebe Tina,
ich kann Deine Worte so gut nachvollziehen. Ich habe Dir damals auch ein paar mal geantwortet und Dir gesagt, daß es besser wird wenn Dein Kleiner erst da ist, das wird es auch, ganz bestimmt. Meine Mama ist nun fast 11 Monate tot. An manchen Tage ist mir das so unwirklich und ich denke so oft am Tag: warum konnte sie ihren Enkel nicht ein bißchen mehr erleben. Mein Sohn wurde Ende November 02 geboren und ihr ging es ab Jan 03 schlecht. Sie hatte oft solche Schmerzen, daß auch der Kleine sie nicht balenken konnte. Heute denke ich jeden Tag wie froh ich bin, daß ich ihn habe. Er lenkt mich total ab, je größer er wird desdo mehr und meine Mami sieht ihn jeden Tag. Ich frage mich nur, und das macht mich jetzt oft traurig, wie ich ihm einmal erklären kann WIE wunderbar meine Mama/ seine Oma war und noch ist. Sie wäre die perfekteste Oma geworden. Sie ist völlig ausgerastet als er endlich da war und hat dann so wenig von ihm gehabt.. das tut mir weh und so leid für sie. Sie hat so sehr auf ihn gewartet und wir hattenn unsere Träume was wir dann alles mit ihm zusammen unternehmen... Der Schmerz der Erinnerung wird nie vergehen und doch bin ich dankbar diesen Schmerz ertragen zu dürfen, ich habe sogar Angst mit der Zeit zu viel zu vergessen..
Mami, ich liebe Dich, Du bist wunderbar und ein ganz toller Mensch.. ich freue mich auf ein Zeichen von Dir..
Meli

Tina05021981
15.04.2019, 13:19
Nach 15 Jahren schreibe ich das erste mal unter meinen damaligen Post. Durch Zufall habe ich Tabea ihre E-Mail-Adresse in meinen Unterlagen gefunden. Bist du noch ab und zu hier Tabea? Mittlerweile bin ich Mutter von zwei Jungs, mein ganzer Stolz. Im Dezember 16 saß ich mit ihnen am Tisch und wir haben über meine Mama geredet. Das ich noch 7 Jahre hätte, wenn ich genauso wie sie an Brustkrebs erkranken würde. Nicht mal 4 Wochen später fühlte ich den Knoten in meiner Brust und weitere 4 Wochen später bekam ich die gleiche Diagnose. Schicksal? Wenn ja, dann ein ganz trauriges. Mittlerweile bin ich metastasiert in Knochen, Lunge und Thoraxwand. Was ich damals nicht wusste.....ich bin mittlerweile die 12. aus meiner Familie, Dunkelziffer nach oben steigend. Es fällt unheimlich schwer meine eigenen alten Zeilen zu lesen, denn ich weiß nur zu gut, wie meine Kinder sich gerade fühlen.

JeanineK
17.04.2019, 00:39
Liebe Tina,

ich wünsche Dir gute Besserung. Die Medizin ist weiter als vor 15 Jahren, ich hoffe, dass Du bald wieder gesund bist.

Liebe Grüße
Jeanine