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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Könnt Ihr mir helfen?!


27.11.2003, 12:56
Hallo,
vielleicht könnt Ihr mir helfen... Der Tod meiner Mutter jährt sich bald, und ich habe nur noch schlimme Träume, die auch meine Schwester betreffen, aber dazu sollte ich vielleicht noch etwas erzählen, damit Ihr mich verstehen könnt: Sie wollte meine Mutter zu Hause pflegen. Das hatte sie sich "für sich" (Zitat) entschieden, wie so vieles andere. Sie hätte mir garantiert die Hölle heiß gemacht, wenn ich unsere "todkranke Mutter", wie sie mir gegenüber so oft betonte, wenn sie mich unter Druck setzen wollte, nicht oft wegen meinem Sohn hätte pflegen können. Sie machte mir die Hölle heiß, weil ich nicht mit meinem Neugeborenen/Kaiserschnittnarbe ins Krankenhaus wollte (meine Mutter sah ihn zu Hause). Sie zählte ein paar Wochen später im Krankenhaus die Leute auf, denen gegenüber sie keine "Mauer" aufgebaut habe, weder mein Vater noch ich waren dabei (sie sah mich bei der Aufzählung auch gar nicht an). Als meine Mutter ist Hospiz kam sagte ich, eigentlich läge da nur noch eine Hülle und unsere Mutter wäre schon irgendwo anders - das sei mein Eindruck, zerlegte sie mich und ließ mein Gefühl überhaupt nicht gelten. Meine Schwester ist ein absolut rationaler Mensch, und sie zelebrierte das Sterben meiner Mutter auf eine Art und Weise, die (nicht nur) mich schockierte. Wenn meine Mutter sich aufsetzte, klammerte sie sich an sie und gab ihr Küsse – ich hatte den Eindruck, meine Mutter KONNTE gar nicht loslassen, weil meine Schwester so klammerte. Vielleicht hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie nur selten unsere Mutter besuchte (schon wegen der Entfernung), aber man kann doch nicht aus Egoismus und schlechtem Gewissen heraus entscheiden. Das kann nur schief gehen. Alles in allem war es zu 99 Prozent egal, was ich sagte, dachte oder kritisierte, meine Schwester ließ meine Meinung nicht gelten, dachte nicht einmal darüber nach, und bügelte mich mit ihrer Argumentation nieder.
Untätigkeit kann ich mir nicht vorwerfen, ich habe versucht, so viel für meine Mutter dazusein, wie ich konnte. Und in der Chemozeit habe ich sie wochenlang betreut, aufgebaut, versorgt - das hatte uns noch enger zusammengeschweißt.
Und nun habe ich diese Träume, in denen meine Mutter zu Hause ist, und ich muß wieder heimfahren, aber habe ein total schlechtes Gewissen. Meine Schwester macht mir andauernd die Hölle heiß, daß ich nichts richtig mache, und meine Mutter kritisiert mich auch andauernd. Und über allem schwebt das seltsame Gefühl, daß meine Mutter doch todkrank ist, aber in den Träumen ist sie recht fit. Und darüber schwebt auch mein schlechtes Gewissen, alles falsch zu machen... Und eine tierische Wut auf meine Schwester (manchmal prügel ich im Traum auf sie ein :-( )...
Ich kann mit ihr nicht reden, sie sieht es so: „Es war eine extreme Situation in der alle extrem reagiert haben.“ Punkt. Und ich weiß auch, daß es keinen Sinn machen würde. Außerdem hätte ich gegen ihre Retorik und Argumentation keine Chance...
Nun habe ich angst, daß ich in eine Depression rutsche – ich habe überhaupt keinen Antrieb mehr, der Akku ist alle. Heulen könnte ich andauernd – aber mein Sohn reißt mich immer wieder raus, er ist so lieb... Manchmal ist es schwierig, mich zusammenzureißen...

Ihr habt mir übrigens Anfang dieses Jahres schon viel geholfen.

Liebe Grüße von Antje

27.11.2003, 17:30
Liebe Antje,

meine schwester und ich hatten ungefähr die gleichen probleme. sie hat alles mega negativ gesehen und ich habe immer gesagt, alles wird wieder gut. man kann meinem vater bestimmt noch helfen. leider ist er am 8.12.02 verstorben.
sie hat z.b. zu meinem vater gesagt:" also papa, wenn du jetzt die chemo kriegst, kannst du dich aber auf was gefasst machen." oder wenn mein vater nach einem gespräch mit dem arzt wieder hoffnung hatte, sagte sie " du mußt auch zwischen den zeilen lesen können, das war nicht positiv was er gesagt hat". lauter solches dumme zeug. ich war darüber so entsetzt, wie man einem menschen den letzten strohhalm nehmen kann, das wir uns darüber sehr gestritten haben. zwischendurch haben wir uns dann meinem vater zu liebe wieder zusammen gerauft. aber 3 monate nach seinem tot, haben wir uns wieder total zerstritten und reden seit dem kein wort mehr miteinander. ich habe lange gebraucht das zu akzeptieren, aber ich merke, das er schon hart genug für mich ist den tot meines vaters durchzustehen. (ich bin 28 jahre alt, meine mutter ist an krebs gestorben da war ich 2). ich habe auch keine energie gegen meine schwester und ihre argumente anzugehen und will es auch nicht mehr.
im moment mache ich eine therapie. einfach einen unabh. menschen zu haben, der mir zuhört hilft mir sehr. meine krankenkasse zahlt es weil ich tinnitus habe. vielleicht hilft dir soetwas auch?
verschwende deine energie nicht für dinge die du nicht mehr ändern kannst. wenn du mit deiner schwester nicht klarkommst, gehe eine zeit auf abstand und schau was passiert.
ich bin fest der meinung ich erinnere meine schwester an ihr schlechtes gewissen, was sie so alles gesagt und getan hat, als mein vater so krank war. ich wohne auch 200 km weg und konnte nicht imme r so wie ich wollte. sie hat es mir sehr zum vorwurf gemacht. am ende war ich diejenige, die 2 wochen jeden tag an seinm bett gesessen hat. von morgens und abends. ich habe getan was ich konnte. mein vater wußte es auch. was meine schwester denkt ist mir egal.

ich wünsche dir alles gute und hoffe dir geht es bald wieder besser.

nehme dich in den arm
anja.w