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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ernsthafte Gedanken über Tod und Sterben


karpatenkarla
13.02.2011, 15:04
Hallo,
seit meiner Wiedererkrankung mache ich mir große Gedanken, über ein
Thema, welches ich noch nirgendwo fand, ich meine im Detail.

Möchte auch nicht pietätlos sein, über palliative Behandlung und Schmerz-
therapie, etc. findet man sehr viele Infos. Gottseidank.

Aber was passiert eigentlich mit mir, wenn es nicht mehr geht? Ich meine
nicht die Pflege, bin Krankenschwester und habe leider schon viel gesehen.

Meine Frage - nicht böse sein - woran stirbt man? An den Behandlungen,
z.b. Chemo, weil der Köper oder die Organe das einfach nicht mehr schaffen?
Verhungert man, weil man nichts mehr drinbehält?
Oder eher an multiplen Organversagen. Stück für Stück. Eine Sepsis?

Warum müssen so viele Patienten mit "hoffnungsloser" Prognose noch so
leiden. Jeder Hund beim Tierarzt hat es besser und jeder, der die Todesstrafe
erhält auch.
Ich habe niemanden umgebracht.
Ich möchte so nicht sterben. Ich habe Angst. Ich möchte es akzeptieren,
aber ich habe Angst.

Versteht mich nicht falsch, jeder muß sterben irgendwann, ich denke der
Tod, der das Bewußtsein auslöscht und endlich ist, ist gar nicht das Problem
sondern das lange Siechtum, die Schmerzen und der Verlust jeglicher Lebens-
qualität. Und dann noch im Krankenhaus vielleicht?

Es tut mir leid, wenn ich Euch zu nahe getreten bin, möchte niemanden
Angst machen, aber ich weiß einfach keine Antworten auf meine Fragen.
Wahrscheinlich gibt es keine:cry:

Alles Liebe

hexedui
13.02.2011, 17:06
hallo karla:pftroest:

tut mir leid das zu lesen.ich habe auch einen mann der bald sterben wird,speiseröhrenkrebs unheilbar und nicht zu operieren.er wird im mom palativ behandelt,also weiterhin mit chemo,ich denke mal wenn er gehen wird ,das die organe nicht mehr mit machen werden ,und das er ins koma fällt und einschläft.habe schon viele krebskranke gesehen die so eingeschlafen sind,natürlich auch zugedröhnt mit medis.denke mal ,schmerzen wird keiner beim sterben haben ,eher ein sanftes rüber gleiten,ich sage meinem mann auch immer wenn wir uns darüber unterhalten ,hab keine angst,du kommst in eine bessere welt,ohne schmerzen ,ohne leid und das er mir einen platz frei halten soll,ich will ihn ja wieder haben ,auch in einer anderen welt.hab keine angst,du bist nicht allein.keiner geht diesen weg allein.aber vielleicht gibt es doch noch hoffnung für dich ,ich drücke dir beide daumen

lg edith

babsi-zet
13.02.2011, 17:46
Hallo Karpatenkarla

Mich hat dein Schreiben tief bewegt. Und ich finde es durchaus nicht pietätlos, ganz im Gegenteil. Ich hatte deswegen schon durchaus meine Diskusionen.
Ich gebe dir vollkommen recht. Selber bin ich nicht betroffen, meine Schwester ist aber am 3. Februar an einem Zervixkarzinom gestorben. Und auch sie machte sich diese Gedanken: Wann merke ich, wenn es so weit ist.

Wir haben oft darüber gesprochen, trotzdem habe ich es die letzten Tage übersehen, bzw. wollte es nicht sehen, dass es mit ihr zu Ende geht.
Sie konnte schon seit Wochen keine Nahrung verdauen und sass nur mehr vor ihrem Kotzkübel. Sie magerte ab, der Bauch schwoll aber unglaublich an.
Ihr Arzt, den sie vorher immer verweigerte, meinte 2 Tage vor ihrem Tod, dass man das Erbrechen in den Griff bekommen kann.
Ich schöpfte wieder Hoffnung. In der Nacht vor ihrem Tod bekam sie starke Bauchschmerzen. Ihr Arzt liess sie mit der Rettung ins KH bringen, Verdacht auf Darmverschluss.
Nach stundenlangen Untersuchungen war klar: kein Darmverschluss. Leber- und Nierenversagen. Keine Chance.
Der Arzt kam ins Zimmer und informierte uns Angehörige schonungslos, dass sie in den nächsten Stunden versterben wird.
Ich haderte danach ganz gewaltig mit dem Schicksal, war stinkwütend aufs Leben. So habe ich auch ihr Sterben empfunden. Grausamst.
Jetzt, wo etwas Zeit vergangen ist, habe ich die Bücher der Psychologin Elisabeth Kübler-Ross gelesen und ich glaube fest an ihre Theorien.
Ich bin kein gläubiger Mensch, Gott bewahre:)! Aber ich glaube fest, dass unser Dasein nur eine Station ähnlich eines Schmetterlings ist. Der zuerst eine Raupe, danach ein Kokon, dann erst der Schmetterling wird.
Ich kann die Anwesenheit meiner geliebten Schwester manchmal fühlen.
Mit dem Tod ist es nicht vorbei, dessen bin ich mir sicher! Das Sterben ist nicht schön. Meine Schwester hatte schon am Silvesterabend gemeint, wo die Schmerzen sehr stark waren, sie beendet es jetzt selbst.
Hat sie aber nicht gemacht, wäre im nachhinein besser gewesen. Aber vielleicht muss man es einfach bis zum Ende durchstehen um zu Verstehen. Vielleicht kann man nicht die einfachste Variante nehmen.
Ich dachte, meine Schwester litt qualvolle Schmerzen im Todeskampf. Aber das Jammern und Wimmern ist ein Zeichen, dass man nicht loslassen kann oder will. Dass man seine Lieben nicht zurücklassen will.
Aber wir werden uns bestimmt wiedersehen und wiederfinden!
Ich denke, man kann mit seinen behandelnden Ärzten im Vorfeld bestimmt einiges klären, wegen Schmerzmitteln, Beruhigungsmitteln usw. Ich würde nicht empfehlen, es zu Hause durchzuziehen. Ich glaube, dann fällt es einem noch schwerer, zu gehen und die Qualen hinter sich zu lassen.
Ja, ich denke, man stirbt an Organversagen. Verhungern wird dich keiner lassen, dessen bin ich mir sicher. Aber wenn wichtige Organe auf Grund der Erkrankung versagen, nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Meine Schwester hatte abgelehnt, lebenserhaltende Massnahmen einzusetzen. Leben niemals um jeden Preis war ihre Devise. Denn ich weiß, dass sie so ein Leben, dass sie die letzten Wochen erdulden musste, nicht mehr länger ertragen hätte. Man sollte in diesem Falle den Tod als echte Erlösung sehen, der deinen lieben, gesunden Geist von deinem kranken Körper befreit.
Ich finde es - wie gesagt - in keinster Weise pietätlos, über den Tod und das Sterben zu sprechen. Mir wurde zwar von einer Userin darauf hingewiesen, mir dringend Hilfe zu suchen, aber: Tatsache ist, ob gesund oder krank, jeder muss da durch, ausnahmslos. Auch ich.
Ich wünsche dir noch sehr viel schöne Zeit! LG Barbara

Jutta
13.02.2011, 18:14
Hallo Karla,

hier nur mal ganz kurz ... Deine Frage kann man nicht mit einem Satz beantworten. Je nachdem welchen Krebs ein Betroffener hat, so verläuft auch die Sterbephase und das unterschiedliche Versagen der Körperfunktionen, welche dann zum Tode führen. Und darin ergeben sich noch einmal Unterschiede.

Als Krankenschwester hast du gelernt, an was die Menschen alles sterben können, so ist es auch beim Krebs. Du kannst auf die Kardio gehen, auf die Innere, die Chirurgie ... überall erlebst du das Sterben anders, so auch auf der Onko oder Palli.

karpatenkarla
14.02.2011, 07:31
Hallo Ihr Lieben,

ich weiß das Thema ist heikel und Jutta, Du hast natürlich Recht, daß ich
schon viel gesehen habe, aber als Schwester kriegt man eigentlich nie mit
was die Ärzte auf ihre T...scheine schreiben.

Ich bin halt einfach ein Typ, der es nicht schafft, es "einfach auf mich zu
kommen zu lassen", auch wenn das der Lauf der Dinge ist. Und soviel zu
geniesen wie es geht, denn ich weiß im Krankenhaus ist nicht mehr viel mit
geniesen (Personalmangel, Stress), da kann ja keiner was dafür.

Ich möchte so gerne wissen wie was auf mich zukäme und auch wenn ich
zuhause immer geschimpft werde "na soweit ist es ja noch nicht, das sehen
wir noch, vielleicht wirst Du ja noch 100 Jahre alt, blabla". Es ist lieb gemeint
weil die Menschen einfach Angst vor dem Tod haben. Das ist menschlich.

Ich aber habe Angst vor dem Sterben bzw. vor diesen schrecklichen
Schmerzen, diese Entscheidungen, die man nicht mehr treffen kann, hilflosig-
keit, ....

Ich bin auch der festen Überzeugung, daß es für Angehörige viel viel
schrecklicher ist, wenn ein geliebter Mensch gehen muß. Der Mensch der
gegangen ist, ist ja gegangen und merkt nichts mehr. Die Überlebenden
müssen damit weiterleben.

Ist schon ein blödes Thema, was mir im Moment im Kopf rumgeistert, nicht
böse sein.

Hätte gerne einen Plan B , aber den gibts wohl nicht:)

Vielen vielen Dank fürs Zuhören und Eure lieben Worte

Alles Liebe


PS: stimmt es eigentlich daß über 90% der Menschen an der Chemo (Nebenwirkungen) bei fortgeschrittenen Erkrankungen sterben, weil der Körper einfach
das nicht mehr schafft?

babsi-zet
14.02.2011, 09:11
Hi, Karpatenkarla

Ich war froh, deine Nachricht zu erhalten. Ich dachte nämlich schon wieder, übers Ziel total hinausgeschossen zu sein.
Ich weiß, was du meinst. Du fürchtest nicht den Tod, sondern das Sterben. Diese Antwort wird dir tatsächlich keiner geben können, wie es ablaufen wird. Genauso wenig wie mir. Aber ich glaube, wenn man sich vorher schon darauf vorbereitet, obwohl alle anderen sagen: Schwachsinn, du stirbst doch nicht, kann man einiges selbst in die Hand nehmen.
Die behandelnden Ärzte haben meine Schwester schon bei ihrem letzten KH- Aufenthalt dazu befragt. Und sie wollte eben nicht Leben um jeden Preis. Das wird akzeptiert. Und dank der Medizin wird keiner mehr unter wahnsinnigen Qualen sterben, das glaub ich mittlerweile ganz fest.
Und du hast Recht, Sterben gehört dazu. Für mich war es immer ein tröstlicher Gedanke, dass unser Bewusstsein einmal ausgelöscht wird. Fertig. Jetzt stell dir mal vor, es würde EWIG so dahingehen.
Als Angehöriger denke ich auf einmal anders. Wahrscheinlich auch eine Form von Trost, wie auch immer.
Wann und vor Allem wie wir uns verabschieden wird uns keiner beantworten. Vielleicht ist das die Gnade.
Wie ich deiner Nachricht entnehmen konnte, bist du krank. Ich habe nämlich geschrieben, dass meine Schwester schon zu Silvester große Schmerzen hatte. Nur aus diesem Grund, weil sie sich weigerte, geeignete Medikamente zu nehmen. Sie bekam dann doch Schmerzmittel, die sehr gut halfen. Sie war danach bis zu ihrem Tod schmerzfrei. Man sah es in ihren Augen, wie gut ihr das tat. Da ihre Leber sehr arg betroffen war, war ihr grösstes Leiden die Übelkeit. Aber auch hier verweigerte sie sehr lange geeignete Hilfe.
Ich bin mir sicher, dass sich das auch hätte behandeln lassen. Aber sie meinte wohl, dass es den Sterbeprozess erleichtert, wenn es ihr sehr schlecht geht.
Jeder denkt anders, ich würde auf keinen Fall die Heldin spielen. Und danke der Medizin glaube ich ganz fest, dass niemand unmenschliche Qualen erleiden muss.
LG Barbara

blueblue
14.02.2011, 12:11
Hallo Karla,

dieses Thema hat mich auch bereits mehr als einmal beschäftigt, denn ich laboriere inzwischen seit 25 Jahren mit diesem Schalentier herum. Ich wurde in diesen Jahren schon öfter als geheilt bezeichnet und mußte dann doch immer wieder feststellen, dass sich mein Krebs nur irgendwo in mir ausruhte um Kraft zu sammeln, um mir dann wieder die Kraft zu rauben.

Aus dieser Situation heraus, habe ich mich auch schon einige Male mit dem Thema "Sterben und Tod" auseinander gesetzt. Dabei bin ich zu dem Schluß gekommen, dass wir unsere Zeit auf Erden mit der Geburt geschenkt bekommen und dann schon fest steht, wann wir Mutter Erde wieder verlassen werden. Die Natur ist so eingerichtet, dass alles seinen Sinn und Zweck hat und vor allem nichts verschwendet wird. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass unser Körper die Hülle für unsere Seele ist. Wenn nun der Körper nicht mehr funktioniert, streift unsere Seele diese Hülle ab und geht in der Natur wieder auf.

Vielleicht liest sich das jetzt ein wenig durch gedreht, aber das ist meine Vorstellung von unserer Vergänglichkeit.

Schmerzen braucht man heute beim Sterben sicher nicht mehr erleiden und ich denke, dass man genau weiß, wann es so weit ist, dass man abberufen wird.

Du hast deine Kenntnisse als Krankenschwester und die daraus resultierenden Erfahrungen. Vielleicht ist es gar nicht immer soooo gut, wenn man zu detailliert weiß, wie die Abläufe sind.

Ich wünsche dir, dass du deine innere Ruhe findest und dann nicht mehr nach dem Warum und dem Wie fragen musst.

blueblue

anna11
14.02.2011, 22:41
Hallo,

ich finde es mutig und sinnvoll das Du dich mit diesem Thema so intensiv beschäftigst, ich denke das du so ein wenig mehr Sicherheit und inneren Frieden finden kannst.

Da jeder Krebs und jede Therapie anders verläuft ist es schwierig im Vorwege zu sagen woran man sterben wird.Teilweise sterben die Patienten an Infektionen und nicht an der Grunderkrankung.

Ich könnte mir vorstellen das es auch besonders für die Angehörigen wichtig ist sich im Vorfeld Gedanken zu machen und sich zu informieren was habe ich für Möglichkeiten, wenn es mir schlechter geht? Wo möchte ich meine letzten Tage verbringen?

Meine Mutter hat mit uns leider nicht darüber gesprochen und es ging ihr sehr schnell immer schlechter und wir haben versucht alles in ihrem Sinne zu gestalten, aber es wäre sehr viel einfacher und ertragbarer für mich gewesen, wenn ich mir sicher gewesen wäre was sie möchte und was lieber nicht.

Ich arbeite auf einer Kinderonkologischen station und habe schon so einige Familien in einer palliativen Situation begleitet und viele Kinder/Jugendliche haben gespürt wann sie sterben werden und es war immer sehr friedvoll und ruhig wenn sie gegangen sind.

Ich wünsche Dir das du mit Deinen Ängsten in der Zukunft zurecht kommst und bin mir sicher das das die Zeit mit sich bringen wird!

Alles gute und noch gaaanz viele schöne Tage

Anna

karpatenkarla
14.02.2011, 22:56
Hallo Ihr Lieben,

danke fürs Zuhören und fürs Antworten.

Blublu: genau so sehe ich es auch, deshalb ist der Tod für mich nicht so
angstvoll. Wir gehen einfach wieder in den großen Kreis der Natur zurück.
Energie geht nicht verloren, vielleicht werden wir mal Bäume oder Adler:)

Danke, daß Ihr mit mit Euren Erfahrungen ein wenig Einblick was die
medizinische Seite (Schmerzmittel, etc.) gegeben habt. Weil ich vor
Schmerzen einfach am meisten Angst habe. Vielleicht, weil meine Chemo
gerade mal ein paar Monate her ist und ich nie gedacht hätte, daß es
solche Schmerzen überhaupt gibt. Hab naklar alles ausprobiert aber
so richtig geholfen hat nichts.

Und gerade weil ich Krankenschwester bin und somit auch den Vorteil
hatte Ärzte, Apotheken, etc. fragen zu können, war ich doch völlig
geschockt, daß wir auf den Mond fliegen können, aber unsere Schmerzmittel
mir so "schwach" erschienen.

Ist wahrscheinlich alles noch so frisch, meine Seele hat sich noch nicht
erholt und jetzt geht der Mist wieder weiter.

Ich danke Euch, ihr habt mir wieder Mut und Hoffnung gegeben, daß ich
es schaffen kann.

Und noch ein "makraber" Satz zum Schluß, der mich aber auch oft beruhigt:

So schnell stirbt es sich auch wieder nicht, bin noch da, und umbringen
kann ich mich ja immer noch!:smiley1:(nicht so ernst nehmen wie es sich
anhört)

Alles Liebe

karpatenkarla
16.02.2011, 07:16
:pftroest:guten Morgen Ihr Lieben,

ich möchte Euch heute etwas vielleicht positives erzählen:
Habe gestern das Ergebnis bekommen, also Knochen, Kopf, Leber alles o.k.
Das mit der Lunge wußte ich ja schon nur nicht was.

Sie haben eine Tumorkonferenz gemacht und sind sich einfach nicht sicher,
ob es eine Meta ist oder nicht (da die doch alle supererfahren sind, dachte
ich mir, das ist vielleicht ein guten Zeichen).

Jetzt geht es bald in KH zur weiteren Abklärung und dann sieht man weiter.

Ich bin einfach froh, wieder einen Weg, zwar steinig, zu sehen, als diese
Starre im Nichts, dieses Warten.

Das wollte ich Euch heute gleich erzählen.

Alles Liebe
und vielen Dank fürs Dasein

blueblue
16.02.2011, 09:35
Liebe Karla,

das liest sich doch wirklich sehr optimistisch, ich freue mich für dich.

Du hast vollkommen recht, das Warten ist immer sehr unangenehm. ich empfinde das auch so.

Halte uns bitte auf dem Laufenden und wenn du dir den Frust von der Seele schreiben willst, hast du hier immer eine Plattform.

Ich wünsche dir alles Gute

blueblue

babsi-zet
16.02.2011, 21:21
hi, karla

Das hört sich doch wirklich super gut an!
Da waren die "ernsthaften Gedanken über Tod und Sterben" völlig überflüssig.
Aber musst dich trotzdem nicht scheuen, solche Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Nur weil andere Augen und Ohren vor dem verschließen und dich pietätlos beschimpfen.
Ich wünsch dir nur das Allerbeste, trete dem scheiß Krebs gewaltig in den Hintern.

karpatenkarla
17.02.2011, 07:24
Hallo Ihr Lieben,

vielen vielen Dank für Eure lieben Worte:)

Es tut mir so gut hier sein zu dürfen.

Es gibt schon wieder News:mad:Geht mir fast alles ein wenig schnell.

Gestern früh kam ein Anruf ob ich zum Gespräch Thoraxchirurgie kommen,
könnte, wollte mich eigentlich mal ausruhen, aber bin naklar trotzdem hin.

Habe einen kleinen Herd im re. Lungenflügel ganz außen ca. 1 cm von der
Wand weg, wohl erbsengroß und die Chirurgen sind jetzt ganz wild
darauf den rauszuschneiden.

Also gehe ich am Montag ins Krankenhaus für mindestens 1 Woche
(hab die totale KRankenhausphobie, ist doch erst 1/2 Jahr her).
Sch....

Aber das Positive sehe ich jetzt so, die Wartezeit hätte ich eh nicht gut
rumgekriegt und ich will ja auch endlich wissen, was los ist (grusel).

Ich melde mich versprochen, wenn ich was weiß.

Alles Liebe

blueblue
17.02.2011, 09:11
Hallo Karla,

lass dich mal :pftroest: von mir. Und für das Krankenhaus werd ich dir alle Daumen drücken, die ich finden kann. Und ich hoffe mit dir, dass dieser kleine Herd im Lungenflügel nichts ernsthaftes ist.

Ich hatte bei meinem Rezidiv in 2008 auch 5 kleine Herde in der Lunge, 3 rechts und 2 links. Nach der Radiochemotherapie waren die aber weg oder nicht mehr zu sehen. Das trifft es wohl eher.

ich habe dann im April wieder CT Becken und Thorax und bibbere jetzt schon beim Gedanken daran.

Herzliche Grüße

blueblue

babsi-zet
17.02.2011, 20:36
Hallo an Euch

Die wirklichen Helden im Leben seit ihr, aber ehrlich! Was ihr schon alles ertragen, schlucken und anhören musstet!
Ich, als notorischer Jammerlappen, würde diese Torturen nicht überstehen. Die Warterei stelle ich mir schlimm vor. Auch abends einzuschlafen würde mir schwer fallen.
Ich kenne Euch nicht persönlich, was das Reden für mich einfacher macht.:) Aber ich bin eine, die ständig am nörgeln über das Leben ist.
Wenn ich Eure Geschichten lese, schäme ich mich ein bißchen dafür. Wahrscheinlich muss man die kleinen guten Dinge sehen und sie ernstnehmen, bevor man auf den großen Glückswurf wartet und dabei alles Andere übersieht. Denn so schlimm kann das Leben nicht sein, wenn wir Alle trotzdem so daran hängen.
Wenn ich Euch bloß ein bißchen helfen könnte:confused:
Bloß, wie?

karpatenkarla
19.02.2011, 06:29
Ach Babsi-zet,

wenn Du mich persönlich besser kennen würdest, dann würdest Du wissen,
daß im Duden unter "Jammerlappen" mein Name stehen würde;)

Und schämen brauchst Du Dich wohl wirklich nicht, ich glaub es geht los:knuddel:

Ich bin keine Heldin, ich sag immer ich bin eine "Erdulderin", hab ja leider
keine Wahl.

Und manchmal bin ich so zynisch oder sarkastisch, daß meine Lieben nur
noch den Kopf schütteln und denken ich bin total verrückt. Ist wohl
meine Art mit dem Sch... umzugehen. Achja und ordinär bin ich auch noch,
jawoll:tongue

Und ja Du kannst uns helfen: einfach da sein:smiley1:

Blueblue hab ne blöde Frage: was ist eine Radiochemotherapie, dasselbe
wie eine Chemotherapie?


Alles Liebe


Im Ernst: mach Dir nicht soviel Gedanken, wir müssen alle unser Säckchen
im Leben tragen und manche sind halt schwerer als andere, dafür kann
keiner was.

arethusa
05.03.2011, 01:18
liebe karpatenkarla,

danke, danke daß du so offen bist und so mutig.
keine will hier irgendwen verletzen, es ist keine pietätsfrage, wo sonst sind ehrliche antworten zu finden. ich habe auch deine geschichte gelesen und wünsche dir und allen anderen genesung und heilung pur. angst vor schmerz und angst vor verlust, nicht loslassen können...sind das eigentliche drama.
da ich dein thema noch nicht gefunden hatte, habe ich gestern unter brustkrebs folgenden text eingestellt:

"hi, hab seit zwei jahren gelesen, was hier geschrieben wurde und mit euch gefühlt. jetzt bin ich verzweifelt, hoffe auf eure erfahrung
und stelle euch allen die vielleicht fieseste frage:

wie geht ihr mit der angst um, der angst, vielleicht viel zu früh zu sterben, der angst, daß eure süße, geliebte freundin viel zu früh sterben soll.
wie kann frau damit leben, zu wissen, daß sie sterben soll, ohne dabei irrsinnig zu werden. was ist es, was dann trotzdem zum überleben,
zu faszinierend unglaublichem humor auch in dieser existenziell bedrohlichen situation führt?
was braucht sie genau in dieser situation:
jahrelang immer und immer wieder "gekämpft" zu haben und jetzt hören zu müssen: die sch...metas wachsen wieder rasant. gebeutelt von ihrer und meiner angst frage ich euch, wie ich verstehen lernen kann. ich liebe sie und kann nicht glauben, daß wir jetzt schon loslassen sollen. grüße von arethusa"

ich habe ihr versprochen, daß sie, wenn es ans sterben geht, zu hause sein wird, weil ich ebenso wie sie, KHs scheue. gibt es wen mit erfahrungen damit?
gibt es dabei etwas, was ich unbedingt bedenken sollte?
jetzt geht es erstmal wieder zur bestrahlung. sie ist kämpferin, und mit ein wenig glück werden wir einen langen erholsamen waldurlaub anschließen.
wünsche uns allen einen wundervollen frühling ohne schmerz, damit wir unser lächeln wieder fühlen. a.

blueblue
06.03.2011, 15:24
Liebe Karpatenkarla,

mit Radiochemotherapie meine ich die Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie.

@all, ich bin auch keine Heldin, ich hänge nur am Leben und möchte noch möglichst viel von meinen Enkelinnen mitbekommen.

Und natürlich sieht man danach immer vieles anders. Es gibt Dinge, die einfach nebensächlich werden und andere Dinge werden plötzlich wichtig. Ich höre zum Beispiel gern den Schnee fallen, lacht mich nicht aus deswegen.

Und ich liebe es, wenn mein Hund draussen herum tobt.

blueblue

Bürli
07.09.2012, 20:30
Hallo zusammen,

ich finde es von euch mutig wie ihr mit den Situationen umgeht. Mir fällt es schwer. Ich kümmere mich mit meinem Vater um meine Mutter. Sie hat ein Bronchialkarzinom. Sie wird palliativ behandelt und bekommt was gegen die Schmerzen. Ich möchte nur das meine Mutter keine Schmerzen hat und ruhig einschlafen kann. Ich weiß auch das sie nicht an der Tumorerkrankung stirbt sondern an was anderes. Es fällt mir nur schwer sie jeden Tag zu sehen. Ich weiß nur das es ihr besser geht da wohin sie geht.
lg Bürli

Ed1
13.09.2012, 07:37
Hallo an Euch!

Ich drücke Dir ganz fest die Daumen für deine OP, dass es gut und schmerzlos vorübergeht - hab auch Krankenhausphobie nach meiner ersten OP - so kann ich mitfühlen, was du durchmachst.

Deine Gedanken zu Sterben und Tod plagen viele von uns. Auch mich. Ich habe kein Angst vor dem Tod wohl aber vom qualvollen Sterben und auch ich möchte diesen sinnlosen Schmerzen entfliehen.

Am besten ist es sich rechtzeitig mit einem Palliativzentrum in Verbindung zu setzen, um über Schmerztherapie zu sprechen und sich dort betreuen zu lassen. Die Schmerztherapie nimmt die Schmerzen und unternimmt keine oft sinnlosen und verzweifelten OPs, Bestrahlungen o.a. wenn bereits alles zu spät ist.

Auch das Thema "Patientenverfügung" solltest du angehen, damit Dein Wille durchgesetzt werden kann (keine künstliche Ernährung, keine künstliche Beatmung etc.) und das Leiden verkürzt wird.

Man soll noch mit klarem Verstand seine Entscheidungen treffen.

Mehr kann ich auch dazu nicht raten.

Ich kann keine Antwort finden, warum Menschen so leiden müssen - ich wünschte es gäbe auch für Menschen einen barmherzigen Ausweg.

Danke für Deinen Beitrag.
lg
ed

Katzensprung
07.11.2012, 02:14
Absolut, ich finde auch für Menschen muss es gestattet sein, möglichst schmerzfrei aus dem Leben zu treten, wenn keine Möglichkeit mehr besteht und alles andere nur das Leiden oder Dahinsiechen verlängert.
Ein barmherziger Ausweg...

Es sind unsere Haustiere, die wir lieben, besser dran.

Triangel
13.02.2013, 03:56
Mir hat das Buch von Sherwin Nuland "Wie wir sterben" viele Zusammenhänge verständlich gemacht.

Ich stand etwas unschlüssig vor der Frage, ok, weiß man ja, dass man nicht mehr in Jopi Heesters Fußstapfen treten wird, wenn man die Diagnose Krebs hat, aber wieso bringt z.B. ein 4x4 cm großer Lungentumor mit verschiedenen Metastasen einen möglicherweisen kräftigen Menschen zu Tode.

Was ist das an dem Krebs, was den Menschen so oft Gewicht verlieren lässt und ihn schwächt?

Naja, solche Fragen halt.
Das Buch hat ein bisschen Klarheit gebracht.

Viele Grüße, Triangel

evelyn-wieda
17.02.2013, 23:33
Ein liebes Hallo in die Runde,

und ja, auch mich hat diese Fragen sehr beschäftigt – das Sterben, der Tot und wenn ich daran dachte, bekam ich Angst, wirklich verdammte Angst, die einem beinahe den Atem nimmt, die einen nicht schlafen lässt, die einem die Beine weg haut. Es war eine traurige Zeit für mich und so wollte ich nicht mehr denken.

Mir halfen dann die Gespräche mit meiner Therapeutin. Sie riet mir: Schaue dir genau deine Angst an. Wovor hast du Angst? Was macht dir Angst? …Genau das habe ich dann irgendwann getan. Für mich kam dabei heraus, dass ich vor dem Tod keine Angst habe; glaube ich doch, dass es da noch mehr gibt, dass meine Seele durch eine andere Tür geht. Also war dieses „Problem“ schon mal weg.

Dann meine Angst vor dem Sterben direkt; wie werde ich einschlafen, meinen Körper verlassen? Hier half mir ein gutes Gespräch mit meinem Hausarzt, der mir die Angst vor Schmerzen nahm. Also war das Problem „Schmerz“ auch irgendwie nicht mehr soo groß.

Aber dann kam mein Schmerz, meine Traurigkeit – meine Familie, meine Kinder … meine Träume. Hier halfen mir offene, liebe, und viele Gespräch mit meinen Kindern, mit meinem Freund ... und ein Stück Loslassen.

Wenn ich heute darüber nachdenke, habe ich keine Angst mehr vom Gehen, ich bin da nur ein wenig traurig wegen derer, die hier bleiben. Und das mit meinen Träumen. Nun ich träume weiter und ich habe Wünsche, ganz konkrete Ziele, die ich unbedingt zeitlich erreichen möchte. Darüber habe ich ein Bild gemalt und sehe es mir hin und wieder an. Es gibt mir Kraft und Freude.

Schließlich habe ich alle Dinge, die es zu klären gibt, geklärt und seit dem ich das alles erledigt habe, sind auch meine Gedanken darüber weg. Es gibt nichts mehr zu tun, alles ist getan worden und ja, ich brauche nun nicht mehr darüber zu grübeln, es ist einfach befreiend.

So ist es ganz wichtig für mich, dass ich sehr bewusst im Hier und Jetzt lebe, genieß, lache und mich an all den schönen Dingen erfreue, die jeden Tag passieren – für mich ist mein Leben einfach schön, es ist bunt und lebenswert und das zählt für mich.

Und dir liebe Katensprung stimme ich da einfach zu. Ja, es wäre schön.

... ich finde auch für Menschen muss es gestattet sein, möglichst schmerzfrei aus dem Leben zu treten …

Alles Liebe
Evelyn

arethusa
24.03.2013, 01:33
vor zwei Jahren hab ich Karpatenkarla und allen Anderen meine damalige Sicht zu Thema versucht zu schildern. Ich war voller Angst. Und das ist jetzt und heute nicht mehr nur vorweggenommen, sondern sch... real. Meine Freundin ist jetzt auf der Paliativstation (mit Abstand die beste Station zum Thema Patientenrespekt!). Zur Situation: Sie ist 46, hatte vor 10 Jahren die Diagnose Brustkrebs, war 2008 rezidiv, hat mit allen Mitteln gekämpft, schulmedizinisch, homeopathisch plus Kräuteranwendungen in Kombination mit stockkonsequentem Guo Lin Ji Gong u.v.m. Auch eine 6wöchige Fastenkur konsequent nach Buchinger usw. haben leider nicht genügend bewirkt. Im Oktober letzen Jahres wurde wegen der Knochenmetas Bestrahlung unvermeidbar. Von diesem Strahlenkater konnte sie sich nicht mehr erholen.
Übelstes Erbrechen - Schmerzen - Opiate - Schmerzmittel Stufe 3 -
seit einem halben Jahr schmerzvolles Elend, seit 4 Wochen - Palli.
Für ein Wochenende konnten wir Sie nach Hause holen, dann hat sie sich innerlich vom Häuschen verabschiedet. Von da an ging es ihr immer schlechter. Heute hab ich wieder ihre panische Angst gespürt. Sie will nicht sterben. Sie hat Angst, ganz allein gelassen, sterben zu müssen. Es ist, glaube ich, eine ganz unerträgliche einsame Angst, unvorstellbar bitter.
Sie verliert immer mehr auch ihr Bewußtsein, ich kann Sie nur noch selten erreichen. Ich hocke einfach nur elendstraurig neben ihr und versuche die schönsten Stunden zu erinnern. Es ist eine sch...Angst, mit der keine wirklich umgehen kann. Tod und Sterben sind Tabu. Solange das so ist, werden wir uns damit weiterhin sehr elend und alleingelassen fühlen.
Allen wünsche ich Besseres! arethusa
@ Karpatenkarla
ich hoffe Dich zu erreichen, verzeih mir meine Naivität und altkluge Ahnungslosigkeit von damals. herzl a.

arethusa
02.04.2013, 01:48
Ihr Lieben,

vor vier Tagen ist meine Freundin gestorben. Sie hatte Angst vorm Sterben, denn sie liebte das Leben. Wer will schon sterben mit 46. Sie hatte einen großartigen Psychologen, mich und sehr liebe Freunde, die die ganze Zeit bei ihr waren. Ich bin erleichtert, weil sie jetzt keine Schmerzen mehr haben muß. Und unglücklich. Ihr werdet Mut brauchen, zu fragen, was es genau ist, was Angst macht. Und dann mit Herz und Kopf entscheiden.
Meine Freundin hatte immer neue Ziele und Ideen, gegen ihre Krankheit und für sich zu kämpfen. Selbst wenn sie bis an den Rand erschöpft war, wollte sie keinesfalls aufgeben. Das gab uns beiden eine unglaubliche Energie und war im Grunde der sicherste Schutz vor aufkommender Angst.
Auch wenn ich jetzt völlig neben mir bin, möchte ich Euch allen danken,
für die warmherzige Unterstützung, die ich hier gefunden habe.
Ich drücke Euch fest die Daumen und werde noch einige Zeit hier sein, weil ich an Euch denke. Wenn eine Fragen beantwortet haben möchte, tue ich das gern. Liebe grüße von a.

mucki53
03.04.2013, 01:10
Liebe arethusa,
mein aufrichtiges Mitgefühl.
Es ist schön, dass Ihr Deine Freundin bis zuletzt begleitet habt, so brauchte sie keine Angst mehr zu haben, alleine gehen zu müssen.
Sie hat es bestimmt gespürt und konnte so beruhigt loslassen.
Für die kommende Zeit schicke ich Dir Kraft und gute Gedanken :knuddel:.
Mir hat sehr die ARD-Themenwoche zu Tod und Sterben geholfen, die vor einiger Zeit lief. Einfühlsame Beiträge, gute Themen und manchmal auch lustig.
Man darf nicht zurückschauen, die alten Zeiten kommen nicht wieder, das "Warum ?" beantwortet keiner.
Wir kämpfen, weil das Leben schön ist und wenn es wirklich ernst wird, ist es gut, wenn man wirklich enge Freunde hat.
Geniesst jeden Tag, die Kleinigkeiten, die wir früher oft übersehen haben, seid nachsichtig mit Euch, lernt, einen Gang zurückzuschalten.
In diesem Sinne wünsche ich Euch allen alles Gute :winke:.

arethusa
06.04.2013, 23:01
danke mucki, sie fehlt mir so sehr ... a.

alessiana
01.08.2013, 20:15
Guten Abend zusammen

Jeder, der in dieser Gruppe bzw diesen Foren schreibt, ist mit Krankheit und Tod konfrontiert.

Im Gegensatz zur Tiermedizin muss der Mensch oftmals bis zum Schluß leiden....

Palliativmedizin ist ein Segen, aber oftmals vergehet eine lange Zeit, bis diese endlich eingeschaltet wird.

Intensivmedizin macht vieles möglich, ich weiß das, denn ich arbeite dort. Und deshalb stelle ich mir fast täglich die Frage, ist das noch human, was dort gemacht wird? Habt ihr eine Patientenverfuegung, wollt ihr alle Möglichkeiten für euch selbst ausschöpfen oder sagt ihr, bis hierhin und nucht weiter?

Ich lehne für mich die Gerätemedizin ab, habe eine Kopie meiner Verfügung immer dabei und jeder der mich kennt, kennt auch meine Einstellung.

Wie steht ihr dazu?

wildcat2505
01.08.2013, 20:35
Als uns ganz klar war, dass mein Mann nicht mehr viel Zeit hat, haben wir eine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht unterschrieben. Zum Glück, denn 2 Tage später brauchten wir diese. Mein Mann sollte nicht mal 8 Tage vor seinem Tod noch eine Chemo bekommen, die lt. Aussage des Arztes "wenig bis gar nichts bringt". Wir hatten uns im Vorfeld damit beschäftigt und er hat mir klipp und klar seinen Standpunkt mitgeteilt, dass er nicht mehr als unbedingt nötig leiden möchte und auf keinen Fall solle sein Sterben länger dauern, als die Natur ihm Zeit gibt. Mein Mann war nicht mehr unbedingt in der Lage, diese Entscheidung selbst zu treffen - Gott sei dank konnte ich dank der Vorsorgevollmacht die Chemo für ihn ablehnen - er musste schon genug Qualen durchmachen. Ich hätte es nicht ertragen, ihn noch mehr leiden zu sehen.
Auch der Palliativmediziner, der dann bei uns war, nachdem mein Mann zum Sterben nach hause kam, hat sich sehr aufmerksam die Patientenverfügung durchgelesen. Ohne diese hätte er ihm ein Wasserdepot unter die Haut gelegt und ihn künstlich ernährt.
Ich bin im Nachhinein froh, dass wir beides hatten.
Klar, ich wollte ihn auch nicht an das verdammte Schalentier hergeben, aber sein Leiden künstlich (medizinisch) in die Länge zu ziehen...NEIN, dafür hab ich ihn viel zu sehr geliebt.
Und sollte ich einmal in eine solche Situation kommen (was ich nicht hoffe), dann werde ich den selben Weg gehen...ohne medizinische Verlängerung und ohne Hinauszögern, was nicht zu vermeiden ist.

alessiana
01.08.2013, 22:38
Liebe Rika


Ich denke, ihr habt eine weise Entscheidung getroffen.
1979 starb meine geliebte Oma, eigentlich meine wahre Mama, an Bauchspeicheldruesenkrebs.
Leider gab es damals noch keine Verfügung und keine Palliativmedizin. Ich war seit gut einem Jahr Krankenschwester und ausser sie zu pflegen konnte ich nichts für sie tun. Diese Situation hat mich geprägt. So wie dich die Krankheit deines Mannes.
Ich wünsche dir viel Gesundheit, das Einzige, was letztendlich zählt

Liebe Grüße


Petra

evelyn-wieda
02.08.2013, 16:30
Ein liebes Hallo in die Runde,

und ich habe Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht unterschrieben, ebenso Testament und so gemacht. Es war mir einfach ein Bedürfnis und es hat mich befreit, als ich alles für mich geklärt hatte, war einfach der Gedankenballast zu diesen Thema weg. Ich war frei und konnte mich auf andere Dinge konzentrieren.

Im Übrigen, so eine Patientenverfügung finde ich für jedermann wichtig, ob jung, alt, fit oder krank.

Doch nun genug am PC gehockt, die Sonne da draußen lockt. Ich werde mich dann mal in ein Schattenplätzchen verziehen.

Allen eine gute Zeit.
Evelyn

karpatenkarla
03.08.2013, 00:42
hmmm - also ich habe noch nichts gemacht. habe zwar die vordrucke mir schon mehrmals angeguckt - aber ganz ehrlich - fühle mich damit total überfordert. man muß ja alles gaaaanz genau durchlesen.

vielleicht sollte ich das mal mit meiner hausärztin machen, wenn sie zeit hat.

und ein testament? muß man das irgendwie mit einem notar machen oder da hinterlegen? ich habe echt keine ahnung. gilt handschriftlich auch oder muß es sogar handschriftlich sein?

du lieber himmel - nichtmal beim thema "sterben" bleibt man vom papierkram verschont, unglaublich ;););)

evelyn-wieda
03.08.2013, 13:18
Hallo Karpatenkarla,

ich habe die Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht auch mit meinem Hausarzt besprochen, er hat sich da wirklich Zeit genommen, zumal ich ja auch Fragen hatte.

Hier mal einen Link zu der Patientenverfügung von Niedersachsen, die finde ich persönlich nicht sehr kompliziert und sie ist gut zu ergänzen.

https://www.aekn.de/assets/downloadcenter/files/PatientenInfo/PatientenVerfuegung_hq.pdf

Dann zum Testament, da gibt es aus meinen Erkenntnisstand verschiedene Möglichkeiten und es muss nicht immer Notar sein. Es genügt auch ein handgeschriebenes Testament mit Unterschrift, man kann auch den Hausarzt bitten mit zu unterschreiben oder andere Zeugen. Hier ist der Spielraum groß und es geht da wohl hauptsächlich auch um die Größe des Vermögens - um so mehr oder komplizierter die Angelegenheit werden könnte, um so ratsamer ist wohl dann auch das Hinzuziehen eines Fachmannes, sprich Notar. Du kannst ein Testament daheim aufbewahren, es beim Notar hinterlegen oder aber auch beim Nachlassgericht in eine amtliche Aufbewahrung geben - so viel ich weiß, und ich weiß da nicht all zu viel.

:augendreh Deutschland und Bürokratie, das ist halt so und nein, es gibt auch für den letzten Weg keine Ausnahme, im Gegenteil. Ich habe durch den plötzlichen Tod meines Exmannes miterlebt, wie kompliziert das alles sein kann, wenn nichts geregelt ist. Schlimm war das alles.

Deshalb war es für mich einfach wichtig, all das in Sack und Tüten zu haben und ... diese Gedanken erscheinen auch nicht mehr im Kopfkino, es ist geklärt. So war es jedenfalls bei mir. Ich war richtig erleichtert und frei. :)

Wünsche allen ein wunderschönes Wochenende mit viel Zufriedenheit
Evelyn

arethusa
01.09.2013, 03:02
ihr Lieben,

klar, wenn wir selbstbestimmt sein wollen und die meißten von uns wollen das, haben wir eine Patientenverfügung und Vollmachtserklärung und und und...
Ich wollte eigentlich nur sagen, daß vor fünf Monaten, solange ist es her, daß meine Kleine starb, die Palliativstation des Helios-Klinikums Buch (Berlin) das freundlichste und respektvollste war, was wir je im Gesundheitswesen dieses Landes erleben konnten. Diese Station gibt es noch nicht sehr lange und das gesamte Team von Dr. Gockel, alle Schwestern waren mental und fachlich so unglaublich zuwendungsbereit, aufmerksam, sensibel und freundlich, daß selbst ich Skeptikerin total fassungslos war. Wenn nichts geht, ist dort noch Lachen und Freundlichkeit und am Ende unglaubliche Emphathie.
Ich finde gerade wieder zu mir, auch wenn sie mir schmerzlich fehlt. Ich wünsche allen, denen es so bitter bös ergeht, ein solch liebevolles Team.
Aber eigentlich wünsch ich Euch Hoffnung und Heilung, ganz und gar. Und Mut und Kraft auch zu den außergewöhnlichsten Schritten. Ich denk an euch. Seid umarmt von a.

arethusa
01.09.2013, 03:24
kleiner Nachtrag für Karpatenkarla:

Alles richtig was bisher geasgt wurde zum Thema Testament:

Notar ist absolut nicht zwingend, egal wie hoch oder niedrig die gesamte Summe Erbschaft sein sollte. Rechtskräftig ist immer ein Testament dann, wenn es HANDSCHRIFTLICH verfasst ist, DATUM und UNTERSCHRIFT des/der Verfasserin darunter stehen. Hat bei meiner Kleinen jedenfalls so sehr gut funktioniert. Ihre Schwester hatte weniger Ärger.
Zu bedenken ist:
Schwestern, Brüder, Eltern haben ein Recht auf Pflichtanteile. Der wird ihnen von Rechts wegen nicht verweigert. Wenn man/frau das verhindern will, muß man/frau vorher nicht verschenken (Schenkungssteuern und Erbanteile daran), sondern rechtsgültig an jene verkaufen, die Ziel der eigentlichen Erbschaft sein sollen.
Dies als kleiner Tipp. Es ist sehr gut, wenn alles vorher geklärt ist, auch wenn es mir damals sehr unwirklich und anstandslos vorkam und ich eigentlich nicht über solche Sachen sprechen wollte.
Lieber wollte, daß sie lebt. Das tut sie jetzt in meinem Herzen.
Lieben Gruß und alle Kraft an Euch! a.

Husti
01.09.2013, 10:05
Guten Morgen,

die Aussage, dass Geschwister einen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch haben, ist falsch.

Liebe Grüße
Husti

mucki53
02.09.2013, 02:40
Arethusa, ich drück Dich mal :knuddel: und wünsche Dir viel Kraft.
Dass Deine Kleine so in Würde und Liebe gehen durfte, wird Dir ein kleiner Trost sein.
Nun mal ganz nüchtern:
Gesetzlich vererbt wird immer in gerader Reihenfolge:
Kinder und deren Abkömmlinge (Enkel) und deren... / wenn keine da
Eltern und deren Abkömmlinge (Geschwister) und deren...
Ein Erbe schliesst quasi die gesetzliche Erbfolge der anderen aus
Es kann per Testament jeder gesetzl. Erbe auf das sog. Pflichtteil (1/2 d. gesetzl. Erbanspruchs) gesetzt werden, DAS gibt es aber immer
Bei Immobilien ist immer ein Notar erforderlich
Sonst Testament eigenhändig und handgeschrieben
Bei Schenkungen gelten z. T. hohe Freibeträge, sie sind alle 10 Jahre wiederholbar
Andere Erbberechtigte können aber innerhalb dieses Zeitraums ihr gesetzl. Erbteil vom Beschenkten einfordern (z. B., wenn Eltern ihr gesamtes Vermögen EINEM von mehreren Kindern schenken).
Klugscheissermodus aus :D

karpatenkarla
02.09.2013, 08:49
Hallo guten Morgen Ihr Lieben :gaehn:

vielen Dank für die fachlichen Auskünfte von Euch bzg. Pat.verfügung, Testament und diese Betreuungsvollmacht, etc.

es könnte praktisch so sein, daß mein Verlobter (nicht verheiratet) nichts erbt, aber dafür meine Eltern und Geschwister (habe keine Kinder)? Nicht, daß mir das groß etwas ausmachen würde, habe eh nichts "Wertvolles" und die Einstellung: wenn ich tot bin, merk ich ja es sowieso nicht, wer was hier noch tut.

Habe nur leider den Erbstreit mit Gericht und allem bei meinen eigenem Opa und seinen Kindern, der auch vor Gericht gelandet ist, mitbekommen und das war einfach unglaublich.

Naja, leider geht es um eine Immobilie - das Wort ist viel zu hoch angesetzt - Opas Haus aus den 50ern, aber wir leben da und ich möchte ja nicht, falls etwas geschieht, daß meine Eltern oder meine Schwester meinen Verlobten hier rausschmeißen und dann geht das ganze Theater schon wieder los!

Wenn ich nicht dieses BRCA2-Mutation hätte ... ich habe mir schon so oft überlegt, ob mein Krebs nicht einfach auch von diesem ganzen familiärem Theater kam (seit meiner Kindheit geht es nur um Geld und dieses Haus... eigentlich unfaßbar).

Und jetzt möchte meine Schwester ausbezahlt werden, verweigert jeglichen persönlichen Kontakt, labert von Teilungsversteigerung - dann doch nicht, ein ewiges hin und her seit Jahren, das würde hier den server zum Absturz bringen, haha. Nur noch dazu - da ich meinen festen Job verloren habe, da mein Arbeitgeber vor einem Jahr in die Insolvenz gehen mußte, kann ich auch niemanden auszahlen, der Krebs, etc. hat so ziemlich alle Reserven verschlungen.

Aber solche Probleme haben bestimmt viele hier. Das wollte ich jetzt gar nicht so zum Thema machen, tschuldigung.:tongue

Also ich denke bei diesen komischen Verhältnissen ist es am besten ich gehe zu einem Notar wegen dem Testament und die Patientenverfügung versuche ich alleine mit Hilfe des Arztes.

Das mit der Vollmacht, da muß ich mich nachmal schlaumachen. Habe eine Mappe von "Escher", da steht sehr viel info drin, aber nach ein paar Sachen hab ich schon wieder keine Lust mehr und denk mir, meine Güte - nach mir die Sinnflut.;)

Ich wünsche Euch einen guten und vorallem sonnigen schmerzfreien Tag in den Anfang der Woche - falls ihr noch Sonne habt!

Liebe Grüße

:winke:

nemrac471969
02.09.2013, 09:24
Guten Morgen,

die Aussage, dass Geschwister einen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch haben, ist falsch.

Liebe Grüße
Husti

ich wünsche erst einmal einen guten Morgen
Durch Zufall bin ich hier gelandet und muss leider sagen,so stimmt das nicht.
In dem Moment wo keine Kinder vorhanden sind haben die Eltern sofern sie noch am Leben sind einen Anspruch.Sollten beide Elternteile verstorben sein und es gibt Bruder/Schwester -Geschwister steht ihnen dieser Anteil zu.
( geltenes Recht laut Anwalt )
Testament: Muss komplett handschriftlich sein wenn kein Notar es auf gesetzt hat.
Vorsicht bei einem Gemeinsamen Erbschein
Wenn eine Partei quer schlägt schauen die anderen erst einmal in die sogenannte Röhre. Banken stellen sich quer und Berufen sich auf das gemeinsame Erbrecht d.h. Auszahlungen von Geld-Beträgen nur möglich wenn alle Parteien dem zustimmen. Ist aber laut Anwalt Gesetzeswiedrig ( die Banken können und müssen sogar Auszahlungen tätigen wenn ein Erbschein vorliegt ..egal ob gemeinsam oder Einzel Erbschaft ) aber die Banken interessiert es reichlich wenig und handeln so wie es ihnen beliebt.
lg nemrac

mucki53
02.09.2013, 20:18
Liebe Karpartenkarla,
geh zum Notar. Frage den, ob ein lebenslanges Wohnrecht für Deinen Verlobten möglich ist.
Ihr wohnt zwar in dem Haus, aber wie ich es verstehe, hast Du noch Geschwister, die bestimmt ja Miterben sind.
Hier kommst Du ohne fachlichen Rat nicht weiter !

arethusa
03.09.2013, 00:14
Liebe Karpatenkarla, Liebe Mucki,

ihr seid einfach prima!
Die Tipps von Mucki sind goldrichtig!

Ich danke Euch und wünsche Euch ganz viel Glück und Genesung!

Herzlichst a.

bauchspeicheldrüse13
18.09.2013, 00:21
:prost:Hallo,
seit meiner Wiedererkrankung mache ich mir große Gedanken, über ein
Thema, welches ich noch nirgendwo fand, ich meine im Detail.

Möchte auch nicht pietätlos sein, über palliative Behandlung und Schmerz-
therapie, etc. findet man sehr viele Infos. Gottseidank.

Aber was passiert eigentlich mit mir, wenn es nicht mehr geht? Ich meine
nicht die Pflege, bin Krankenschwester und habe leider schon viel gesehen.

Meine Frage - nicht böse sein - woran stirbt man? An den Behandlungen,
z.b. Chemo, weil der Köper oder die Organe das einfach nicht mehr schaffen?
Verhungert man, weil man nichts mehr drinbehält?
Oder eher an multiplen Organversagen. Stück für Stück. Eine Sepsis?

Warum müssen so viele Patienten mit "hoffnungsloser" Prognose noch so
leiden. Jeder Hund beim Tierarzt hat es besser und jeder, der die Todesstrafe
erhält auch.
Ich habe niemanden umgebracht.
Ich möchte so nicht sterben. Ich habe Angst. Ich möchte es akzeptieren,
aber ich habe Angst.

Versteht mich nicht falsch, jeder muß sterben irgendwann, ich denke der
Tod, der das Bewußtsein auslöscht und endlich ist, ist gar nicht das Problem
sondern das lange Siechtum, die Schmerzen und der Verlust jeglicher Lebens-
qualität. Und dann noch im Krankenhaus vielleicht?

Es tut mir leid, wenn ich Euch zu nahe getreten bin, möchte niemanden
Angst machen, aber ich weiß einfach keine Antworten auf meine Fragen.
Wahrscheinlich gibt es keine:cry:

Alles Liebe

bauchspeicheldrüse13
18.09.2013, 00:22
[QUOTE=bauchspeicheldrüse13

bauchspeicheldrüse13
18.09.2013, 00:25
Der Beitrag hat mich sehr gerührt und ich denke täglich ebenso.

arethusa
22.09.2013, 02:08
Liebe "bauchspeicheldrüse13",

das Zitieren von Karpatenkarlas Text läßt vermuten, daß Du gerade einen fetten Durchhänger hast.
Ich war bei meiner Freundin, als diese schlimme Phase eintrat, vor der alle Angst haben. Morphium lindert und beseitigt den Schmerz, der mit anderen Mitteln nicht mehr zu bekämpfen ist. Es nimmt Dir das Bewußtsein, immer mehr. Es ist irrelevant, welches Organ zuerst aufhört.
Relevant ist, mit dieser Scheißangst leben zu lernen, damit besser umgehen zu können. Der exzellente Psychologe meiner Freundin hat sie dann immer gefragt: Was ist los mit Ihnen, wollen Sie morgen sterben? Nicht, dann erzählen Sie mir lieber, was sie noch vorhaben.
Vorwegnahmen können manchmal sehr hilfreich sein, aber es kommt, wie wir wissen, immer anders als man denkt. Und vor dem Morphium gibt es noch ein probates natürliches Mittel, mit dem in der Krebsforschung endlich auch experimentiert wird: Cannabis. Sowohl in der Tüte geraucht oder in Kekse gebacken, half es ziemlich gut.
Du aber scheint mir bist ganz neu in gerade diesem Forum und ich drücke ganz doll die Daumen, daß Du allen Mut ergreifen kannst, Dich gegen diese zermürbende Angst zur Wehr zu setzen, daß Du Mittel und vor allem Deine Wege finden kannst, gegen Übles zu kämpfen! Bleib tapfer! LG a.

Hase72
22.09.2013, 07:28
Ich denke das Problem ist weniger was passiert wenn ich sterbe mit meinen Schmerzen, sondern was will ich was gemacht werden soll.

Habe es nun bei meinem Schwieva gesehen, er wollte dann letztendlich keine Ernährung mehr auch keine künstliche - man merkte dass er gehen wollte. Er war die letzten Tage seines Lebens mit Schmerzmittel morphium und co regelrecht "niedergespritzt" dass alles wunderbar und wunderschön war. Andererseits - ob er geistig dazu in der Lage gewesen ist das zu entscheiden - dass wissen wir nicht. Die Famillie hat bis zum letzten atemzug geklammert - Sauerstoff, Beatmung, Ernährung und antibiotische Abschirmung... An was soll denn der arme Mensch sterben "können" oder "dürfen"?

Ich habe für mich beschlossen eine Patientenverfügung machen zu lassen, ich will meinen Kindern nicht antun dass sie entscheiden was ich will oder gewollt hätte. Sondern ich regel das jetzt.

Das mit dem Erbe - tja daran sind schon einige Familien zerbrochen....Da wird man nichts ändern können nur eben mit den Leuten bereits vor dem Tod darüber reden dass man keinen Streit haben will - vielleicht geht das auch testamentarisch... der erste der einen Rechtsstreit vom Zaun bricht wird nachträglich noch enterbt.

Bei meinen Schwiegereltern hiess es immer - die Tochter kümmert sich wenn was passiert. Ja sie soll das machen. Mittlerweile sieht man es anders, die Tochter ist nervlich weit mehr am Ende wie die Mutter die sie "pflegt" seelisch und dazu noch Kinder und Arbeit. Man soll pflege gerne machen und mit einer Art Freude und Vertrautheit... Nur sich um jemanden kümmern zu müssen weil das vor zigjahren mal ausgemacht wurde... aber ich weiss da hängen sich die alte Menschen fest. Wir in unserer Familie haben nun fast 1 Jahr Krebsdiagnose hinter uns, wir haben lange vor uns hin getrauert, der Tod war für uns eine Erlösung. Es heisst jetzt nicht dass wir nicht immer noch traurig sind und ein paar Tränen flliessen wenn wir an unseren Opa denken, wir denken er hätte nicht gewollt dass wir um ihn weinen und am Leben verzweifeln. Wir haben uns sehr die Hilfe von Experten geholt von Kindertrauer und co - und haben so viele nette Menschen kennen gelernt die uns die Urängste genommen haben.

J.F.
22.09.2013, 07:59
Bei meinen Schwiegereltern hiess es immer - die Tochter kümmert sich wenn was passiert. Ja sie soll das machen. Mittlerweile sieht man es anders, die Tochter ist nervlich weit mehr am Ende wie die Mutter die sie "pflegt" seelisch und dazu noch Kinder und Arbeit. Man soll pflege gerne machen und mit einer Art Freude und Vertrautheit... Nur sich um jemanden kümmern zu müssen weil das vor zigjahren mal ausgemacht wurde... aber ich weiss da hängen sich die alte Menschen fest

Hallo Hase72,

daran hängt sich im Allgemeinen die ganze Gesellschaft auf. Die Töchter werden es richten , die Söhne (mit ihren Ehefrauen) meist nicht. Ist nicht nur ein Blick in die gesellschaftliche Vorstellungswelt, sondern allermeistens auch Realität.
An Deiner Aussage, dass man die Pflege gerne und mit Freude machen soll, sagt mir leider - und da bitte ich um Korrektur falls ich daneben liegen sollte -, dass Du nicht aktiv an der Pflege eines pflegebedürftigen Menschen Teil hattest. Man übernimmt die Pflege, aber sie bringt einen auch häufig an seine geistigen, mentalen und körperlichen Grenzen. wo soll da die Freude sein? Sorry. und noch eins: Töchter haben meist auch Familie, Haushalt, Beruf. Sie warten nicht allein in einer Ecke stehend bis sie "endlich" voll Freude und Tatenkraft pflegen dürfen....

Sorry, mir ist Dein Posting bitter aufgestoßen. Es ist aber Deine Meinung, die ich akzeptiere. Aber nicht annehmen muss und deswegen meine meine Sicht der Dinge los lassen zu müssen. Also bitte nicht als persönlichen Afront auffassen.

Hase72
22.09.2013, 15:56
Hallo Hase72,

daran hängt sich im Allgemeinen die ganze Gesellschaft auf. Die Töchter werden es richten , die Söhne (mit ihren Ehefrauen) meist nicht. Ist nicht nur ein Blick in die gesellschaftliche Vorstellungswelt, sondern allermeistens auch Realität.
An Deiner Aussage, dass man die Pflege gerne und mit Freude machen soll, sagt mir leider - und da bitte ich um Korrektur falls ich daneben liegen sollte -, dass Du nicht aktiv an der Pflege eines pflegebedürftigen Menschen Teil hattest. Man übernimmt die Pflege, aber sie bringt einen auch häufig an seine geistigen, mentalen und körperlichen Grenzen. wo soll da die Freude sein? Sorry. und noch eins: Töchter haben meist auch Familie, Haushalt, Beruf. Sie warten nicht allein in einer Ecke stehend bis sie "endlich" voll Freude und Tatenkraft pflegen dürfen....

Sorry, mir ist Dein Posting bitter aufgestoßen. Es ist aber Deine Meinung, die ich akzeptiere. Aber nicht annehmen muss und deswegen meine meine Sicht der Dinge los lassen zu müssen. Also bitte nicht als persönlichen Afront auffassen.

Ich weiss durchaus was eine Pflege bedeutet. Trotzdem sage ich - hier zeigt sich was eine Familie wert ist. Kann sie eine Person eine Zeitlang pflegen ohne dass es zu vielen Turbulenzen kommt oder kann sie es niicht. Ich habe es hier gesehen - die Ehefrau wollte das alles selber machen - so lange bis sie wirklich zusammengebrochen ist... Man traut sich nicht fragen - man braucht nicht fragen. Ist das denn echt "Normal". Ich habe es die letzten Tage gesehen - diese Menschen sind froh wenn man kommt und wortlos hilft, und wenn man das Bad putzt oder mit den Kindern gemeinsam das Zimmer aufräumt - weil die Erwachsenen einfach nicht daran denken oder was anderes im Kopf haben. Eine Famillie sollte sich bestenfalls gegenseitig tragen können - man trifft sich man macht etwas aus... Das heisst schon lange nicht dass sich einer verausgaben muss während die anderen zu Hause Daumen drehen. Aber ein bisschen mehr miteinander und füreinander da sein - soetwas trägt die Familie.

Dieses ich werde meine Eltern pflegen wenn sie mal alt sind... Ja wer kann das heutzutage schon sagen - eine Berufstätige Frau, mit Kindern, Bauernhof und co... Das ging früher noch als es Grossfamilie gab die Generationsweise inn einem Haus wohnten - aber heutzutage geht das nicht mehr. Trotzdem sollte eine Familie - ja sollte - zumindest in solchen Fällen zusammenhalten - anpacken und nicht in schockstarre verfallen und den Kopf in den Sand stecken - gemeinschaftlich versteht sich... Die Trauer wird auch leichter wenn man sie teilen kann - sie ist wie die Liebe ein sehr starkes Gefühl dass durch teilen nicht wirklich weniger aber leichter wird....

karpatenkarla
23.09.2013, 23:05
Hallo und einen schönen Abend bzw. eine gute Nacht,

ich schicke Dir ersteinmal ein gaaaanz groooooßes Kraftpaket. :o
Sich mit diesem Thema zu beschäftigen, ist - so empfand und empfinde ich es
immer noch - sehr schwer. Aber manchmal wenn die Angst zu groß oder wie
bei mir eine massive Depression entstanden ist, kommen die Gedanken und
ich möchte wenigstens wissen, was auf mich zukommt, das wollte ich während
meiner Krankheit ja auch.

Ich spitze jetzt immer öfter die Ohren, wenn im Bekanntenkreis oder sonstwo
jemand an Krebs verstorben ist, "wielange" es dem Betroffenen noch einiger-
maßen "gut" geht also Lebensqualität hat. Ich weiß das hört sich übel makaber
an, aber es hilft mir bei meinen Ängsten.

Bei jedem, von dem ich es gehört habe, ging es am Ende sehr schnell, d.h. z.B.
eine Bekannte hat noch im Büro stundenweise gearbeitet und 4 Wochen später
ist sie dann an Brustkrebs verstorben. Auch bei meiner Patin ging es sehr schnell (ich mußte das unbedingt wissen wegen dem "Siechtum" vordem ich so
wahnsinnig Angst habe oder hatte).

Also ein wenig beruhigt das mich doch - möchte hier niemanden mit diesem
schweren Thema "auf die Füße treten", falls sich jemand verletzt oder angegriffen
davon fühlt, bitte verzeih - es ist nicht böse gemeint und soll keine "Statistik"
"Studie" werden.

Auch das mit dem Morphium oder Cannabis habe ich gehört. Ich glaube wenn
ich das richtig verstanden habe und man einen guten Arzt bzw. Schmerz-
therapeut hat, dann bekommt man soviel, daß man schläft und gar nichts mehr
merkt? So wie "dauerbreit"? Ich hoffe, daß es so in der Art gemeint ist. Denn
damit kann ich leben.:o

Ist schon wirklich ein Sch....thema.

Alles alles Liebe Euch allen und noch ganz viele sonnige Herbsttage wünsch
ich Euch.

Bis bald
Karpatenkarla

arethusa
24.09.2013, 00:39
Hallo und grins: Euch einen guten Morgen,

Hase 72 und J.F.,
ihr sagt beide sehr wichtige und gute Dinge. Ja, es ist manchmal weit über vorstellbare Kräfte hinausgegangen, physisch und emotional.
Manchmal war die Erschöpfung so immens, daß Freude kaum mehr zu spüren war … auch die Trauer darüber war intensiv.
Ich war sehr froh, daß mich die Schwester meiner Freundin unterstützt hat, wo sie nur konnte, obwohl sie sehr weit weg wohnt,
ihr Vater hingegen war einfach nur ein armer feiger Egoist.

Lieben Gruß an Dich, Karpatenkarla,
ich freue mich sehr zu lesen, wie Du Allen hier soviel Kraft gibst!

Es ist nicht makaber:
meine Kleine war Fighterin, hatte März 2003 Erstdiagnose Brustkrebs,
Oktober 2008 Diagnose rezidiv, also Fern-Metas trotz sauberer Lymphknoten und deren Entfernung.
Sie hat dann noch 4 1/2 Jahre gelebt, davon 4 Jahre schmerzfrei und glücklich.
Also insgesamt zehn Jahre! Danke an Dich Kleine und ans Universum für unsere schöne Zeit!

Es ist so, daß ein guter Schmerztherapeut, Dich kennenlernt und weiß,
was Du brauchst, bzw. Dich selbst ersteinmal entscheiden läßt, wieviel Du brauchst.
Meine Kleine hatte im letzten Monat Schmerzpumpe, da konnte sie selbst dosieren.
Später irgendwann ist das Hirn dazu nicht mehr fähig, dann entscheidet Arzt.
"Dauerbreit" wird dann der normale Zustand.
Und der ist für die Lieben schwer auszuhalten.

Auch wenn sie nicht mehr auf Ansprachen reagiert hat, war ich ziemlich sicher, daß Sie mich gehört und verstanden hat und nicht nur mich.
Weiter sprechen, miteineander sein, war mir sehr wichtig. Ich bin Atheistin, und glaube an nicht sehr viel, aber der Palliativarzt hat mir bestätigt,
daß sie mich hören konnte, und das war sehr wichtig für uns beide. Wir mußten lernen, Abschied nehmen zu können.
Das haben wir.

Ist ein Sch…thema, weil Sch…dreckskrankheit!

Wüsche Euch allen viel Mut, Heilung und Kraft!
Genießt den goldenen Herbst von ganzem Herzen!

Herzl a.

arethusa
21.10.2013, 00:02
Ihr Lieben,

wenn ihr irgendetwas sehr genau wissen wollt zum Thema,
kann ich dieses Buch sehr empfehlen:

Gian Domenico Borasio:
Über das Sterben

Der Mann ist Palliativarzt und ein sehr geerdeter und kluger Mensch.
Er klärt vieles Dunkle ganz unaufgeregt auf und bezieht klare Position für
Patienteninteressen. Ich hätte das Buch gern ein Jahr früher gelesen, aber auch jetzt hilft es mir sehr.

Bleibt tapfer! Genießt die wunderbaren Herbsttage und seid
herzlich gegrüßt von a.

Bine 60
27.10.2013, 08:40
Hallo und einen guten Morgen,

ich bin gerade selber in der Situation, jemanden auf seinem letzten Weg zu begleiten: mein Mann liegt seit einer Woche im Sterben. Er ist zuhause, im Schlafzimmer, wo ich mein Lager mit allem was ich brauche aufgeschlagen habe.

Die ersten Tage hatte ich Angst etwas falsch zu machen, aber mit der Zeit wird einiges zur Routine. Unterstützung habe ich durch Familie, es kommt täglich jemand, um mir auch Zeit für mich zu geben. Auch der Palliativdienst kommt zweimal am Tag, um die Spritzen vorzubereiten, aber auch um mir meine Unsicherheit zu nehmen.
Inzwischen ist alles mehr Routine. In den ersten Tagen, konnte mein Schatz sich noch etwas äußern (Durst, Schmerz). Jetzt erkenne ich es an seinen Reaktionen, obwohl trinken nicht mehr geht.
Es ist ein Rund-um-die-Uhr Job. Windel regelmäßig wechseln- wieviel Wasser er noch lassen kann, obwohl er nicht viel getrunken hat. Mund befeuchten, ihn streicheln und gut zureden, damit er geht.

Zitat von J.F.
An Deiner Aussage, dass man die Pflege gerne und mit Freude machen soll, sagt mir leider - und da bitte ich um Korrektur falls ich daneben liegen sollte -, dass Du nicht aktiv an der Pflege eines pflegebedürftigen Menschen Teil hattest. Man übernimmt die Pflege, aber sie bringt einen auch häufig an seine geistigen, mentalen und körperlichen Grenzen. wo soll da die Freude sein? Sorry.

Es stimmt, wenn du sagst, daß die Pflege mich an meine geistigen und körperlichen Grenzen bringt, aber nichts destotrotz mache ich es gerne. Und auch ein wenig Freude ist da mit im Spiel. Vielleicht ist Freude nicht das richtige Wort, aber es gibt kein anderes. Um nichts in der Welt würde ich diese Zeit missen wollen, auch wenn mein Mann sie ganz schön ausdehnt. ( Er scheint noch nicht abgeschlossen zu haben, vielleicht wartet er auch noch auf Dienstag, da haben wir unseren 4-jährigen Hochzeitstag).

Einen schönen Sonntag wünscht Sabine

mucki53
30.10.2013, 01:18
Liebe Sabine,
ich bin erschüttert und wünsche Dir viel Kraft und Mut, den vor Dir liegenden Weg gut zu gehen.
Dein Mann wird über Dich wachen - von wo auch immer...

arethusa
01.11.2013, 01:27
Liebe Sabine,

ich sende Dir mein ganzes Mitgefühl! Und ich wünsche Dir wie Mucki
richtig viel Kraft. Bleib so tapfer! LG a.

karpatenkarla
05.11.2013, 03:28
Liebe Sabine,

auch von mir einen ganz großen und tiefen (Mit)-Gedanken, weil - finde ich - manchmal die Worte fehlen. Aber viele Menschen glauben oder spüren sogar noch die Anwesenheit oder sich beschützt, geborgen - das wünsche ich Dir auch!

Und nimm Dir für Deine Trauer soviel Zeit, wie Du brauchst - das entscheidest nur Du ganz allein - niemand anderes!

Ich war 2 Wochen in einer psychosomatischen Klinik, die den Schwerpunkt vorallem auf Gruppenarbeit - verschiedene Kerngruppen - auch Trauer, etc. legt. Es war eine sehr aufreibende und aber auch positive Erfahrung für mich. Naklar war es keine onkologisch orientierte Behandlung sondern eher gegen Depressionen, Selbstwertgefühl, Ängste - und das war/ist ja das Problem. Wie geht man mit seiner Angst um?

Ich meine nicht die Angst vor Spinnen oder vorm Fliegen - auch wenn mir diese Menschen wahnsinnig leid tun - es ist schwer eine "erlernte" Angst auch wieder zu "verlernen".

Aber meine Angst bezieht sich ja eher auf - ja - das Wort kommt am besten hin - Ungewißheit. Vor meiner Erkrankung war ich mit meinem Tod bzw. Sterben im "reinen" aber jetzt ist es natürlich ein ganz anderes Thema in meinem Leben und vor allem - ein viel zu Großes.

Ich beschäftige mich soviel damit, daß ich tagelang "vergesse" - zu leben. Das Verrückte ist, mein Verstand weiß es ja - auch durch Eure lieben Texte und Information - es gibt Schmerztherapeuten, Morphium, Patientenverfügungen und sogar evtl. Cannabis gegen Schmerzen und "Siechtum". Meine Ärzte haben mir sogar versprochen, daß sie es nicht zulassen im Fall der Fälle - mich leiden zu lassen. Und ich glaube ihnen auch - dafür sind wir schon zulange Jahre beisammen.

Und trotzdem - das Gefühl - die Angst - will irgendwie nicht verschwinden und seit Jahren verderbe ich mir damit meine Lebensfreude.

Es ist so ähnlich wie damals, als ich meine Diagnose bekam: da in unserer Familie Brustkrebs schon seit ich denken kann immer ein Thema war (Oma, Mama), bin ich seit ich 29 bin fleißig zur Vorsorge gegangen, das fühlte sich genauso bescheiden an, wie die Nachsorge. Es war eigentlich 10 Jahre lang
Streß bzw. Angst. Zwar nicht jeden Tag - aber es war immer da.

Als ich dann meine Diagnose bekam war mein erster Gedanke (weil ich hatte mir ja die ganzen Jahre schon ausgemalt, wie es werden könnte, welche Behandlungen, blabla - brauche immer Plan B, C und am besten noch D:)):

Also mein erster Gedanke bzw. Gefühl: Gott sei Dank - jetzt ist es endlich soweit - jetzt hast du es und jetzt brauch ich endlich keine Angst mehr zu haben.

Verrückt, oder? Die anderen Patienten oder die Ärzte dachten gleich, mit mir stimmt etwas nicht - die meisten Frauen beschreiben diesen Moment als "Himmel auf den Kopf fallen", oder "Boden unter den Füßen wegreißen", ich war einfach nur froh, daß ich keine Angst mehr vor Brustkrebs haben mußte, weil jetzt hab oder hatte ich ihn ja.

Nun nach der ganzen Behandlung und dem sehr positiven Ergebnis, es ist immerhin schon das 4. Jahr, geht es genauso weiter wie zu meinen Vorsorgezeiten. Es ist zum Verrücktwerden, jetzt Angst vor den Nachsorgen - nur ein wenig anders weil: 1. ich weiß, was auf mich zukäme, 2. ich weiß, so schnell stirbt man nicht, 3. ich bin nicht alleine. Das hilft - aber wer hat schon Lust diese ganze Geschichte noch einmal mitzumachen. Ich ziehe mit total zurück, gehe kaum noch aus dem Haus. Ich nenne es das "Klebstofftopfgefühl" - einfach nur in der Küche sitzen und ... nichts tun. Obwohl doch alles gut ist.

Vielleicht denke ich einfach zuviel nach - da in meiner Krankenzeit mein Arbeitgeber insolvent gegangen ist und ich noch meinen festen Job verlor (das war für mich fast schlimmer als die Krankheit, weil ich mich da so sicher und wohl gefühlt habe - ich hatte mein Team - alle wußten es - ich hätte auch Hilfe bekommen), bin ich seitdem zuhause. Ich bekomme zwar eine Zeitrente - aber ich habe viel zu viel Zeit. Habe auch schon mehrere 400-Euro-Jobs begonnen und wieder gelassen - es ist einfach noch zu viel für mich. Aber das jahrelange daheimsein - da denke ich sehr viel nach.

Anstatt respektvoll dankbar zu sein und froh - denn wieviele von uns haben nicht überlebt. Dies macht mich dann noch mehr fertig - fühle mich sehr egoistisch in meinem Verhalten.

Hat jemand von Euch vielleicht auch diese Probleme bekommen?
Eine absolute chron. Depression (bekomme sogar Rente deswegen - unglaublich) - obwohl der Krebs erstmal verschwunden ist und es sehr gut für die Zukunft für mich aussieht laut den Ärzten?

Ich glaube das ist so ähnlich wie bei einer Schwangerschaftsdepression. Alles ist gut überstanden und manche Frauen werden einfach wahnsinnig depressiv.

Und meine zweite Frage bzw. Gedanken, die ich hier gerne mal ansprechen möchte - habe lange überlegt - aber wenn nicht hier - wo denn dann?

Natürlich habe ich in der Chemozeit, OP und danach noch eine OP in/an der Lunge sehr sehr viele Schmerzmittel bekommen, ich konnte noch nie gut mit Schmerzen - egal was - umgehen und hatte immer ein Aspirin bei mir.

Ja und dann - dies alles dauerte ca. 1 Jahr - wurde ich sozusagen "nach Hause geschickt" aber völlig medikamentenabhängig. Dies ist ein Thema, welches ich in Zusammenhang mit Brustkrebs noch gar nicht irgendwo gelesen habe.

Also den Krebs besiegt aber jetzt eine Suchterkrankung? Oder bin ich selber schuld, weil ich soviel Mittel genomen habe, weil ich "Lusche" einfach die Schmerzen nicht ertragen konnte und nie Naturmedizin versucht habe?

Es würde ich wirklich sehr interessieren, ob es Euch vielleicht auch ähnlich ergangen ist.

Wenigstens habe ich es erkannt und konnte so ganz gut dagegensteuern aber lange Zeit habe ich nicht verstanden, daß vieles an den Medikamenten lag.

So - jetzt habe ich aber wieder soooviel geschrieben - das wollte ich doch gar nicht.

Ich wünsche Euch alles alles Liebe und Gute.

Der November ist ja immer so ein seltsam "trauriger" Monat aber ich hoffe, Ihr kommt alle da irgendwie durch und dann beginnen ja schon die Weihnachtsvorbereitungen.

Vielen vielen Dank fürs Lesen und die Informationen, die ich hier immer von Euch bekomme. Es macht mir sehr viel Mut und ich hoffe, ich kann dem einen oder anderen auch etwas postives dalassen.

Alles Liebe
Karpatenkarla

:o

evelyn-wieda
05.11.2013, 15:41
Liebe Karpatenkarla,

deine Post hat mich traurig gemacht und erst einmal etwas sprachlos, wenn ich ehrlich bin. Du bist eine sehr tapfere Frau und beweist gerade mit diesem Schreiben unwahrscheinlich viel Mut. So möchte ich dir erst einmal für deine Offenheit danken und ich schreibe dir meine persönlichen Empfindungen und Meinungen zu deinen Fragen.

Du fragst: Wie geht man mit seiner Angst um? … der Ungewissheit?
Nun, ich bin sehr offensiv damit umgegangen und habe mich bewusst meiner Angst gestellt, mich mit ihr bis ins kleinste Detail auseinander gesetzt. Es war ein Prozess, der mich dazu geführt hat, dass ich jetzt noch vorsichtig bin, aber nicht mehr ängstlich.
Und das mit der Ungewissheit, das ist wohl überhaupt die Frage der Fragen und kann verdammt quälend sein. Am schlimmsten ist ja das Kopfkino, was einem zukünftige Szenarien vorspielt und wahrlich grausam sein kann. So habe ich gelernt dieses Kopfkino auszuschalten, indem ich bewusst im Jetzt und Hier lebe. Für mich ist der Moment sehr wichtig geworden, und da entdeckt man dann wahrlich viele schöne Dinge.

Nein, deine anderen Probleme kenne ich nicht. Klar, als ich die Diagnose bekam, fiel ich in dieses berühmte schwarze Loch und alles sah schwarz aus. Aber seit ich meine Einstellung gegenüber dem Leben, der Diagnose und mir geändert habe und begriffen habe, dass ich sehr wohl meine Gefühle, Gedanken beeinflussen kann und damit überhaupt mein Leben verändern kann, liebe ich das Leben, jeden Tag und genieße all die Momente bewusst.

Du schreibst außerdem: Anstatt respektvoll dankbar zu sein und froh - denn wieviele von uns haben nicht überlebt. Dies macht mich dann noch mehr fertig - fühle mich sehr egoistisch in meinem Verhalten.
Eh, du darfst egoistisch sein und an dich denken, das ist doch verdammt wichtig – sich selber wert zu sein, an sich zu denken und auf sich aufzupassen, dass es einem gut geht. Denn wenn es dir nicht gut geht, wie kannst du dann wiederum für andere etwas Gutes tun?

Das ist das, was ich gelernt habe – mich selber anzunehmen, mich selber zu lieben und zu achten, denn wer wenn nicht ich, sollte das für mich tun?

Mit den Medikamenten bin ich ins Gegenteil abgerutscht und feilsche um jede Tablette oder Pille, die ich nehmen sollte. Ganz nach dem Motto: Ich habe schon genug Chemie intus. Somit nehme ich nur ein, was unbedingt sein soll und ich dem zustimme.

Zum Monat November – ich mag diesen, wie alle anderen auch. Für mich leitet er die besinnliche Zeit ein und wenn es draußen stürmt und regnet mache ich es mir daheim so richtig schön gemütlich mit einem guten Buch oder Kerzenschein und Musik oder … Auch hier ist für mich die Einstellung eine wichtige Sache.

Und so wünsche ich dir, liebe Karpatenkarla, und allen anderen eine gute Einstellung zum Leben, denn es lohnt sich.

Alles Gute
Evelyn

arethusa
29.11.2013, 01:01
Liebe Karpatenkarla, Liebe Evelyn,

ihr seid beide großartige Frauen!
Meine Freundin hätte Euch herzlich umarmt.
Opiumabhängig ist sie zwischenzeitlich geworden und hat unter großer Anstrengung wieder selbst entzogen. Dann war sie davon geheilt und wie Evelyn es auch beschrieb, keine verdammte Pille oder Chemie zuviel, alle natürlichen Heilmittel finden, von Homöopathie, Zinnkraut, Curcuma mit schwarzem Pfeffer zu grünem Tee und und und, sie hat 'zig Bücher gelesen, ausprobiert, Leben anders, und neu gelernt, Zuversicht zu finden.
Und sie hat sich gegen die Angst einen guten Psychologen gesucht, was sehr geholfen hat, bis zu ihrem letzten Tag. Ich hab es auf ihre Empfehlung auch getan, hatte einen anderen sehr guten Verhaltenstherapeuten gefunden und bin ihr für dieses Insistieren heute noch sehr dankbar.
Jeden Tag genießen, die elementaren Schönheiten des Lebens wahrnehmen, all das Leben.
Genießt es in vollen Zügen und jeden einzelnen, wenn auch scheinbar trüben Novembertag, denn Alles ist auch hell und schön, wenn man diese Schönheit sehen will!
Ich wünsche Euch Heilung und alles Glück und in dieser Welt. Herzl a.

Krake
20.12.2013, 21:06
Liebe Leute,

ich habe mir alle Beiträge zu diesem Thread durchgelesen und dabei viele eigene Gedankengänge und Schlussfolgerungen gefunden.
Die Beiträge sind einfach toll.
Was ich dabei entdeckt habe ist, dass anscheinend alle es toll finden, im eigenen Haus und in Armen der Familie sterben zu können. Bin ich alleine mi der Einstellung, in einer Hospiz sterben zu wollen und möglichst ohne direkte Beteiligung meiner Familie? Ich möchte mich verabschieden können, dann aber nur in Obhut des Pflegepersonals bleiben. Ich möchte, dass mich meine Familie so im Gedächtnis behält, wie ich früher war und nicht als ein Häufchen Elend... Ich möchte nicht, dass meine Kinder und Geschwister stunden- oder tagelang meinen Todeskampf verfolgen und danach monatelang unter Trauma leiden.
Ist meine Denkweise falsch?
Zu meiner Person: Ich habe einen nichtkleinzelligen Adenokarzinom in der Lunge mit hunderten Metastasen in der Lunge und diversen Knochen sowie Spuren in der Leber. In März hat man mir 3-6 Monate gegeben, da habe ich auch von allen Abschied genommen und mir viele Gedanken über den Tod gemacht. Jetzt darf ich noch Weihnachten feiern und eigentlich geht es mir nicht schlecht - mit der Krankheit kann ich derzeit einigermaßen gut leben.

Liebe Grüße
Krake

Viki
21.12.2013, 00:14
Liebe Krake,

meine Mutter ist in einem Hospiz gestorben. Sie kam einen Tag vor ihrem Tod hinein. Hätte ich das gewusst, hätte ich sie auch noch diesen einen Tag zu hause weiter gepflegt. Da mache ich mir heute noch Vorwürfe, obwohl es natürlich nicht absehbar war.

Meine Mutter hatte Metastasen in Leber und Knochen. An den Lebermetastasen ist sie gestorben. Sie hatte keinen Todeskampf, den ein Angehöriger nicht aushalten würde. Es war nicht leicht, ihr ging es täglich schlechter und wir konnten uns damit täglich mehr mit dem Gedanken ihres Sterbens vertraut machen. Wir hatten bis zwei Tage vor ihrem Tod noch gute Gespräche. Auch noch einen Tag vor ihrem Tod im Hospiz konnten wir gut miteinander sprechen. Meine Kinder verabschiedeten sich eine Stunde vor ihrem Tod noch von ihr. Das alles ist uns heute nach genau einem Jahr immer noch ein großer Trost.

Liebe Krake, ich wäre wirklich sehr verzweifelt, wenn ich meine Mutter nicht bis zum Schluss hätte begleiten dürfen. Ich würde ewig Horrorszenarien über ihren Tod im Kopf haben, die garnicht den Tatsachen entsprächen, ganz abgesehen davon, dass ich unbedingt bis zu ihrem letzten Atemzug für sie dasein wollte.

Gegen ein Hospiz ist garnichts einzuwenden. ich habe erlebt, dass die Pflege und Zuwendung dort in der letzten Phase des Lebens wunderbar ist. Ich hätte das wahrscheinlich nicht leisten können, ohne dass es meiner Mutter Schmerzen bereitet hätte.

Aber denke nochmal darüber nach, ob du deine Familie wirklich außen vor halten willst. Du willst sie damit schonen, aber ich glaube du verschenkst damit soviel, das ihr euch noch geben könnt.
Ich hoffe, ich trete dir als Nur-Angehörige nicht zu nahe, da ich deine persönliche Situation natürlich nicht nachempfinden kann.

Liebe Grüße
Viki

EvilSadness
22.12.2013, 13:37
Hallo Krake,
ich verstehe deine Ansicht inzwischen genauso gut, wie Vikis antwort darauf. Damals als meine Mutter gestorben ist habe ich auch jeden einezelnen qualvollen Kampf miterlebt (und dies macht mir derzeit sehr viel panik das mich es auch so trift, aber das ist eine andere geschichte). Und natürlich hat die ganze Familie dadrunter hinterher gelitten. Zusehen wie sich ein Mensch so sehr quält und man selbst nicht helfen kann das ist schrecklich, einfach.. unvorstellbar. Grade nciht nur weils seine eigene Mutter ist, nein, weil der Mensch immer zu allen Herzensgut war und dies allesso nicht verdient hat.
Heute noch leide ich manchmal dadrunter auch wenn ich weiß das es ihr sicherlich jetzt viel viel viel besser geht.
Und ich glaube das ist der Grund warum ich dich sehr wohl verstehe, aber!
Ich weiß ich hätte mich noch mehr ein "knacks" wegbekommen, wenn ich nicht da gewesen wäre. Wenn ich nicht gebetet und gehofft hätte sie schaft (klingt hart aber zum schluss hab ich wirklich dafür gebetet), wenn woanders gewesen wäre als bei ihr werde das mein Persönlicher seelischer tot gewesen. Ich weiß nicht warum aber ich denke die vorletzte ehre auch nochmal zu zeigen ist sehr wichtig. Natürlich gibt es auch menschen die lieber alleine sterben möchten, doch die Paliativdame damals meinte das sich die wünsche manchmal nochmal kurzfirstig ändern können und man nicht vorher loslassen kann.
Und mal ohne mist, so wars bei meine Mutter auch, im entdefekt ist sie alleine gestorben, mit ihrer letzten Kraft forderte sie uns alle auf schlafen zu gehen und erst am nächsten Morgen wieder zu ihr zu kommen,....
das ende vom Lied kann man sich nun denken mh?

Was ich damit nun eigentlich sagen will: Ich denke es gitb keine genaue Meinung dazu, beide seiten sind richtig!

chilli11
03.01.2014, 05:34
Hallo liebe Leute/Kämpfer,

ich kann eure Gedankengänge sehr gut verstehen. Wenn man Familie und Freunde hat, die den gesamten Krankheitsverlauf miterlebt haben, dann möchte man ihnen nicht noch mehr zumuten. In meiner Familie ist diese Situation leider schon öfter aufgetreten. Natürlich will man niemanden traumatisiert zurücklassen.
Es wäre aber für die meisten Angehörigen - und da bin ich mir sehr sicher - viel schlimmer ausgegrenzt zu werden und nicht bis zum Schluss für den geliebten Menschen da zu sein.

Meine Tante (47) wird auch nicht mehr lange leben. Sie hat es 20 Jahre mit den folgen eines metastasierenden Aderhautmelanoms ausgehalten und nun gibt es aus medizinischer Sicht nichts mehr, was man noch gegen die Tumore unternehmen kann. Ihre Schwestern bleiben hartnäckig an ihrer Seite, egal wie zickig sie wird. Sie gibt aber auch leise zu, dass sie ungern ohne sie wär. Womit sie sich zunächst schwer getan hat, ist eine Pflegekraft zu Hause. Viele Menschen wollen ihre Privatsphäre nicht aufgeben indem man regelmäßig eine fremde Person um sich hat. Mein Onkel kommt aus dem Pflege-Bereich und hat schon früh Infomaterial für sie besorgt, aber davon wollte sie lange nichts wissen, aber jetzt geht es einfach nicht mehr anders.

Ich kann EvilSadness's Angst gut verstehen. Vor meiner Tante ist ihre Mutter und ihre Großmutter (also meine Groß- und Urgroßmutter) schon an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben. Meine Tante ist nur die einzige, die es sehr früh erwischt hat. Sie war bei der Diagnose so alt wie ich heute. Trotzdem werd ich einen Dreck tun und darauf warten, dass meine Zellen mist bauen! Sollte mein Körper meinen, er müsse mich so verarschen, hoffe ich wenigstens dass mir mein Humor extrem lange erhalten bleibt. Sorry, ich hab lauter Familienmitglieder im biologischen oder medizinischen Bereich und da ist die Einstellung der ganzen Thematik gegenüber manchmal anders, sonst könnten viele Menschen diesen Job nicht machen.

Nehmt mir diesen Umgang mit dieser Krankheit nicht übel. Ich habe auch Stunden, da könnte ich nur schreien und heulen vor Wut, aber verkriechen hat auch noch nie was besser gemacht! Wenn ihr egoistisch sein wollt, verdammt nochmal ihr habt in meinen Augen jedes Recht dazu. Hauptsache es lenkt euch mal ab und reißt euch aus jeglichem deprimierenden Umfeld heraus. Keiner verlangt Freudensprnge, aber viele von euch haben vielleicht in letzter Zeit nur Krankenhäuser und Arztpraxen von Innen gesehen oder Medikamente ausprobiert, die ein Symptom verschwinden ließen und 3 neue angeschleppt haben. Ihr macht hier genau das richtige, wer Angst hat, redet darüber. Viele können das nicht, weil sie niemanden haben und niemanden belästigen wollen, aber darüber zu reden und vor allem mit Leuten, die einen verstehen, hilft immer ein bisschen mehr alles zu bewältigen.

Ich wünsche euch fürs neue Jahr ganz viel Kraft und -um es ganz deutlich zu sagen- verdammte Scheiße nochmal kämpft was das Zeug hält, grenzt eure Lieben nicht aus! Ihr verschenkt sonst sehr wertvolle Zeit.

Viele Grüße von der schlaflosen Chilli