PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mein Leben als Stein


Dorathea
01.12.2011, 05:59
Wer hat entschieden, dass es manche mehr ertragen können, wenn ihnen das Schicksal erneut in die Magengrube schlägt?

Wann wurde im Leben eines Menschen festgelegt, wann sein bewusstes Leben endet, er durch Zwang sein gutes Denken ablegen muss und beginnt, die Tage zu zählen die ihm vieleicht noch bleiben?

Vieleicht.

Vieleicht ist ein Zustand, der nichts beschreibt und doch so viel ist.

Vieleicht.

Vieleicht ist die Schwebe, in der man sich befindet zwischen schreien und weinen.

Ich wäre gern ein Stein, denn als Stein wäre es mir egal was um mich herum passieren würde.

Es gäbe kein Vieleicht.

Es gäbe kein bewusstes Ende eines Zustandes, der irgendwo zwischen Kind- und Erwachsensein liegt. Es gäbe kein nachdenken und kein im Kreis drehen.

Man könnte mich auf egal welche Seite schubsen und ich würde liegen bleiben. Und es wäre mir egal.

Ich möchte jetzt ein Stein sein.

Ich möchte eingebettet in Sand, Blättern und Erde daliegen und die Welt um mich herum beobachten, wie sie weitermacht wie bisher und aus meiner kleinen Welt heraus verändert sich nichts. Es lebt alles weiter wie bisher.

Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt.
Als ich sieben war, fand ich meine 7 wochen alte Schwester in ihrem Bett. Sie starb an einer Säuglingssepsis.
2005 erhielt mein Vater die Diagnose Magenkrebs. Am 23. Dez. bekamen wir ihn aus dem Krankenhaus wieder.
Vor drei Jahren bekamen wir die Diagnose "Pankreaskarzinom".
Diesesmal betraf es meine Oma. Im Darauffolgenden Jahr am 18. DEzember wurde ihre Urne beigesetzt.
Es war der erste Tag, an dem es Schneite.

Und heute?
Es ist zwölf Stunden her seit dem Anruf.
Dünndarmkrebs. "Wir können nichts mehr machen". Mein Vater ist 46 Jahre alt.

Ich will ein Stein sein, irgendwo in meinem warmen Blätterhaufen, eingekuschelt und eingebettet zwischen anderen, die so sind wie ich.

Ich bin fünfundzwanzig und meine Gedanken drehen sich darum, dass auch ich irgendwann an Krebs sterben würde. DAss mein Vater nie mitbekommt dass ich heirate, oder auch nur einer meiner Geschwister. Nie Enkelkinder sehen.

Ich will nicht.

19kimmy94
17.12.2011, 20:56
hallo..

Berührend, was du schreibst. Ein Stein sein - wie sehr würde ich mir das wünschen. Es ist hart, manche bekommen Päckchen, die zu schwer scheinen um sie tragen zu können.

Der Gedanke, auch an Krebs zu sterben, ist unerträglich, er jagt einem Angst ein, höllische Angst.

Ich verstehe dich, so gut..
und wünsche dir ganz viel Kraft.