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Arsinoe
16.05.2012, 22:05
Hallo
Wenn ich schon am Schreiben bin, dann gleich richtig! :tongue
Also ...
Ich habe in meinem Leben, das nun gut 44 Jahre dauert, festgestellt, dass ich in wirklichen Notsituationen auf eine bestimmte Art reagiere:
Ich habe dann das Gefühl, dass eine Art "Autopilot" die "Steuerung" übernimmt. Ich bin betrachte die Situation ganz sachlich, (negative) Gefühle treten stark in den Hintergrund und ich gehe mit einem gewissen "Galgenhumor" und ganz locker an die Sache heran.
Ich habe das schon mehrmals erlebt. Zum Beispiel bei Unfällen, beim Tod von nahestehenden Menschen - und jetzt auch, da bei mir ein Tumor gefunden wurde.
Ich möchte mich nicht darüber beklagen - im Gegenteil! Ich bin ganz froh darüber in solchen Situationen relativ gelassen zu bleiben und nicht gleich in Panik auszubrechen oder mich mit Gedanken im Sinne "Warum gerade ich?" selber fertig zu machen.
So kann ich die verbleibende Energie dafür nutzen, um praktische Probleme zu lösen, etc.
Dennoch frage ich mich manchmal, ob das "normal" ist. :shy:
Gerade besonders "empfindsame" Menschen haben mir in solchen Situationen schon vorgeworfen, ich sei "gefühlskalt". :eek:
Lustigerweise bin ich im "normalen" Alltag ganz anders. Ich kann mich über Kleinigkeiten extrem aufregen ... :rotenase:
Jetzt, mit dieser doch ziemlich hammerartigen Diagnose, fühle ich mich aber seltsamerweise irgendwie ganz o.k. Nein, ich verdränge nicht, was das wirklich bedeutet. Ich habe mich damit auseinandergesetzt, dass ich vielleicht bald die Blümchen von unten betrachen werde ... Ich kann damit leben ....;)
Gibt es andere, die das ähnlich empfinden - oder bin ich die Einzige?
Herzliche Grüsse
Arsinoe
PS: Vor etwa 20 Jahren ist meine Mutter an Krebs verstorben. Das Jahr davor - zwischen der Diagnose und ihrem Tod - war der absolute "Ausnahmezustand". Ich kann also einigermassen nachvollziehen, so denke ich, was in Angehörigen von Krebskranken vorgeht. (Davon hat es ja einige hier, so habe ich den Eindruck.) Ich persönlich habe den Eindruck, es ist schlimmer, als wenn man selber erkrankt ist. :augen:

Dirk1973
16.05.2012, 22:30
Hallo Arsinoe,

doch, ich erkenne mich da in einigen deiner Schilderungen auch wieder.
Oftmals sind es mit belastenden Ereignissen "trainierte" Menschen, die so reagieren wie offensichtlich wir beide. Nun weiß ich nicht was Du beruflich machst, aber ich kann für meinen Teil behaupten, allein beruflich schon genug unschöne "Sachen" erlebt zu haben. Dazu sechs geliebte Menschen (Großeltern, Tante und Onkel) und etwa nochmal so viele "Bekannte" oder Kollegen zu Grabe begleitet. So etwas prägt und brüht sprichwörtlich ab.

Eine Komponente kommt jedoch noch hinzu: diese Gefühlskälte und Abgeklärtheit ist ein Mechanismus um Kontrollverlust zu verhindern. Wenn wir ruhig bleiben und rationell entscheiden, so werden wir nicht den Kopf verlieren so dass vielleicht Dritte über oder für uns entscheiden müssen. Vielleicht ist ja auch ein Stück Verdrängung mit dabei... keine Ahnung. Aber geholfen hat es mir damals bei meiner Erkrankung ganz sicher.
Irgendwann ist aber auch der Vorrat im emotionalen Kühlschrank aufgebraucht und fängt dann an zu nagen. Nicht selten mündet so etwas dann in eine posttraumatische Belastungsstörung. Ich kann Dir versichern, dass DAS dann wirklich nicht mehr schön ist und einen Haufen an Aufarbeitung bedarf. Ich "trat" mir eine PTBS ziemlich am Anfang meiner beruflichen Laufbahn, etwa fünf Jahre nach dem belastenden Ereignis "ein". Zumindest kam es dann erst hoch. In den folgenden anderthalb Jahren habe ich dann ganz schön Federn gelassen. Dadurch habe ich aber auch Strategien erlernt (bekommen :grin:), wie ich mit belastenden Ereignissen umzugehen habe und woran ich merke, dass ich vielleicht doch mehr brauche, als nur mal für eine Stunde meine Ruhe. Vielleicht kam ich auch deswegen mit meiner Krebs-Diagnose und zeitgleichem Versterben meiner Mutter recht gut klar. Natürlich hatte ich auch mal einen weniger guten, sehr nachdenklichen Tag. Aber am nächsten Morgen ging wieder die Sonne auf..
Was ich Dir mit all diesen vielen Zeilen mit auf den Weg geben möchte: hör in Dich rein. Wenn Du merkst, dass es Dir doch zu viel wird oder Du selber an Dir "merkwürdige" Veränderungen feststellst, scheue Dich nicht professionelle Hilfe anzunehmen. Wir dürfen auch mal schwach sein. Aber wir müssen immer so viel Kraft haben, unseren Liebsten das Zusammenleben mit uns nicht unnötig schwer zu machen. Ein leidender Angehöriger kann den Erkrankten nur schwerlich stützen und auffangen. Also dürfen wir unsere Liebsten nur in Anspruch nehmen, aber nicht verschleißen :rolleyes:

Arsinoe
16.05.2012, 23:49
Hallo Dirk
Ganz herzlichen Dank für deine schnelle Antwort!

Du fragst nach meinem Beruf. Ich bin Journalistin/Redakteurin. Da ist man immer wieder mit allerlei (zum Teil krassen) (Lebens-)Geschichten konfrontiert, die in kürzesterter Zeit vor einem ausgebreitet werden. Kann sein, dass das zu einer gewissen "Abhärtung" führt. Allerdings hatte ich das "Phänomen" schon vorher. Vielleicht rührt es daher, dass ich mehrere psychisch kranke Menschen in meiner Verwandtschaft habe, um die sich meine Eltern gekümmert haben, was ich in der Kindheit/Jugend direkt mitbekommen habe. Wir waren immer die Station vor der psychiatrischen Notfallstation und ich wohl die "Lernschwester". ;) Sprich, ich habe da wohl sehr früh eine Art "Distanzierungsmechanismus" entwickelt.

Auf der anderen Seite habe ich vor einigen Jahren - wengen Problemen mit meinem Selbstbewusstsein - eine rund 2 Jahre dauernde Psychotherapie gemacht. Diese war, nach meinem Empfinden, sehr erfolgreich. :)
Ich denke, ich kenne mich inzwischen ziemlich gut.

Hmmm ... Ehrlich gesagt, habe ich den Eindruck, dass ich zwar sehr nahe an einem "Belastungssyndrom" oder wie man das auch immer nennen will, war. Die Diagnose der Krebserkrankung ist dem zuvor gekommen.
Ich habe nun - endlich - die Möglichkeit mal zur "Ruhe" zu kommen. Ja, es mag schräg klingen, aber im Moment "geniesse" ich es richtig gehend ein wenig "raus" zu sein aus dem normalen Arbeitsalltag mit all seinen Ärgernissen, ein wenig umsorgt und freundlich behandelt zu werden ... :)
Wie gesagt, mein grösstes Problem ist nun meine Verantwortung für meinen Lebenspartner, die ich nun mal übernommen habe. Und ich nehme Verantwortungen ernst. Da kann ich nicht über meinen Schatten springen ...
Das geht einfach nicht. Ich bin dazu zu sehr ein "Muttertier". ;)
Herzliche Grüsse
Arsinoe

Arsinoe
17.05.2012, 17:26
Nachtrag:
Heute hatte ich mit meinem Mann ein sehr gutes Gespräch.
U.a. habe ich eine Art "Bankrotterklärung" gemacht. D.h. ich habe ihm gesagt, dass ich keine Kraft mehr habe, den "Karren durch den Dreck zu ziehen", dass ich mit meinen Kräften einfach total am Ende sei.

Er hat sehr gut und verständnisvoll reagiert. :pftroest:

Und die Welt ist (noch) nicht untergegangen ...

Ich werde mich ganz bestimmt bei einer psychoonkologischen Fachperson melden, ich denke, das kann nicht schaden.

Conny 007
23.06.2013, 08:18
Hallo Arsinoe, :winke:

bin jetzt erst auf deinen Strang gestoßen !
Ja, ich kann das nachfühlen und wie!

Fast ohne Worte, dachte, wer schreibt da über mich...
So gut kann ich meine Situation ja selbst nicht beschreiben...

Muss das erst mal 'sacken lassen'.
Habe meine ED ( Lungenkrebs ) erst seit 12/2012 und jetzt erst meldet sich mein 'Geist'.

Liebe Grüsse von Conny

Danke für deine Offenheit!

evelyn-wieda
23.06.2013, 16:09
Hallo Arsinoe,

ich habe voller Interesse und mit einem Schmunzeln deine Beiträge gelesen.
Du fragst: „Ich habe mich damit auseinandergesetzt, dass ich vielleicht bald die Blümchen von unten betrachen werde ... Ich kann damit leben ....
Gibt es andere, die das ähnlich empfinden - oder bin ich die Einzige?“

Nein, du bist nicht die Einzige – hier ist noch eine, die das ähnlich sieht. Nach Hadern, Verzweiflung bin ich in mir angekommen und ich bin glücklich. Ich lebe positiv und genieße unwahrscheinlich das HIER und JETZT. Angst ist in mir nicht erdrückend oder so, sie ist weg. So habe ich auch meine Situation angenommen, mich mit ihr auseinander gesetzt, mich mit ihr arrangiert und … einen Weg gefunden glücklich zu sein.

Krebs, dieses Wort existiert nicht wirklich für mich, sondern für mich ist das Wort Leben ganz wichtig. Ja, ich genieße meine Zeit, habe ein neues Hobby entdeckt, lerne immer wieder neue nette Menschen kennen und erfahre sehr viel Positives.

Ja, auch ich kenne das mit der Verantwortung übernehmen – und den Willen, diese auch wahrzunehmen bis zum Ende, so habe ich Verantwortung für 4 Katzen, meine Kinder, mein Lebenspartner …. Das hat mich auch ganz verrückt gemacht, wenn ich daran dachte, was passiert, wenn ich meiner Verantwortung nicht mehr nachkommen kann?:eek:

Hier haben mir auch Gespräche geholfen, ehrlich, offene Gespräche, wie ich fühle, wie ich das alles sehe und was mir wichtig ist, was ich mir wünsche. Und siehe da, durch diese Gespräche wurde ich zum Teil aus meiner Verantwortung entlassen, außerdem begriff ich, dass auch die lieben Menschen um mich herum bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Somit konnte ich diese Gedanken gehen lassen. Es fiel eine große Last von mir.

Nun, auf diese Weise habe ich mehr und mehr Last von mir geschmissen und bin noch dabei, die Reste abzuwerfen, immer freier und glücklicher zu sein.

Genau das wünsche ich dir und allen anderen hier: Ein gutes Leben voller Vertrauen, Liebe und Glück im Hier und Jetzt.

Eine schöne Zeit
Evelyn

PS: Auch sehe ich die entarteten Zellen nicht als Feind an, es sind ja meine eigenen Zellen und sie sind auch "ICH".

mucki53
23.06.2013, 19:53
Hallo Ihr Lieben,
also mir geht's genau wie Euch. Und in Evelyns Beitrag finde ich mich fast völlig wieder !
Mir tut nur auch der Gedanke weh, meinen Liebsten vielleicht zurück lassen zu müssen.
Anders herum wäre es allerdings auch nicht so prickelnd. Er ist ja 15 Jahre älter als ich und auch nicht der Gesündeste...
Ich umärmel Euch alle, Ihr Tapferen :knuddel:

Arsinoe
24.06.2013, 05:15
Hallo, Ihr Lieben!
Interessant, dass der alte Thread wieder hervorgeholt wurde! - Conny, ich wünsche dir alles Gute und es würde mich freuen, wenn meine Zeilen, dir irgendwie helfen würden. :)
Danke Evelyn und Mucki auch für eure Beiträge. Sie haben wiederum meine Gedanken angeregt.
Inzwischen ist meine Krebserkrankung sehr weit fortgeschritten und die Wahrscheinlichkeit, dass ich bald die Blümchen von unten betrachte, recht hoch.
Ich persönlich kann gut damit leben - der einzige Knackpunkt ist immer noch mein Schatz. Für ihn wäre es eine absolute Katastrophe, wenn ich sterben würde. Ich habe das Gefühl, er hat noch nicht wirklich akzeptiert, wie "ernst" die Situation ist und glaubt fest daran, dass "alles gut" wird.
Ich mache immer mal wieder einen Anlauf, mit ihm darüber zu sprechen. Aber auf der anderen Seite will ich ihm auch nicht total die Hoffnung nehmen. Ich habe das Gefühl, das würde alles nur schlimmer machen.
Was meine Verantwortung für ihn angeht, habe ich das, was ich regeln konnte, geregelt und einigermassen akzeptiert, dass ich darüber hinaus nichts tun kann. - Abgesehen vielleicht von einem Punkt: der anstehende Umzug, der aus finanziellen Gründen unumgänglich ist. Den möchte ich gerne noch "hinter uns bringen".
Aber wenn ich sterbe, wird mein Schatz wird mit der Situation allein klar kommen müssen. Einmal hat er ein Szenario skizziert, das mich ein wenig beruhigt hat. Ich denke, mehr kann ich nicht erwarten.
Inzwischen habe ich übrigens einige Monate Therapie bei einer Psychoonkologin hinter mir und habe neu auch einen Palliativmediziner, mit dem ich offen über das Thema Sterben/Tod sprechen kann. Das ist für mich eine grosse Erleichterung.
Für mich ist das Ganze sehr präsent. Nichts destotrotz versuche ich natürlich auch im Moment zu leben und zu geniessen. Das gelingt mir inzwischen, glaube ich, auch nicht schlecht.

Conny 007
24.06.2013, 06:34
Hi, auch schon wach!!

Ja, liebe Arosine,

Sehr geholfen!
Ich dachte, ich sei ein Exot, mit dem Umgang der Erkrankung, meiner bisherigen Schicksalsschläge,...!
Halt immer taff und auch für den Rest der Welt, die macht das schon!
Depressionen, Therapien kamen dann' natürlich' auch, bei mir halt immer
Zeitversetzt !
Aber, hatte vor meiner Cisplatin Therapie mein ganzes 'altes' Leben lang, einen
Gemäßigten, platinblonden Irokesen Haarschnitt!!! Brauchte ich für 'das an den Haaren aus dem Sumpf ziehen', da musste ich nicht meiner Umwelt signaliesieren, Hey helft mir mal, Quatsch , das mach ich selbst, ....,

DAS geht jetzt nicht mehr,... Habe durch den neuesten Stand meiner Erkrankung( Lungenkrebs ED 12/2012, In 06/2013 gute Rückbildung des Primärtumors, aber : Hirnmetastase!,,,,,)
Meinen persönlichen GAU erfahren, Metastase im Gehirn.
Jetzt, nach einem halben Jahr musste in FamilieUmwelt von mir aus endlich mal das Signal ausgehen, das war bis jetzt und wird auch vorläufige kein SPAZIERGANG!
Habe (vorsichtig! ) mit meinem depressiven Mann, meiner 12jährigen Tochter geredet und mich so langsam geöffnet!
Alle, sind jetzt viel entspannter, ich nehme meine Ruhezeiten, ohne große Begründungen!! Beide haben sehr erstaunt reagiert: aber warum hast du denn nie was gesagt, wir dachten, dir ging es immer 'Super', du must uns das auch sagen....
Ich habe bei den Worten meiner Tochter innerlich (vor ihr fällt es mir aus Selbstschutz/ihrem Schutz) so gebrüllt und gedacht was hast du falsch gemacht?..
Nix,... ,,,,
Ich war Conny, die alles für alle macht! Mutti/Ehemann/Kind ( meine 80 jährigen Eltern neben mussten doch auch von mir 'geschützt werden ').

Jetzt nicht mehr,... Später wenn's gut läuft in Maßen.

Bin , war ne Quasselstrippel, aber war das nicht, wenns um eingemachte ging, dann wurde erst mal weggedrückt !!!
Bin auf dem Weg,... Hat sich körperlich so viel getan, mein Geist folgt so langsam ...

Freue mich, euch hier zu treffen, ihr wisst wie ich das meine!
Es ist gar nichts gut, auch wenn ich besser aussehe als vor der Erkrankung!
Aber, ich WILL das Beste für ALLE und für MICH daraus machen!
Jetzt erst mal Unterstützung auch 'annehmen' !!!:cool:

liebe Grüsse von Conny

Conny 007
24.06.2013, 07:21
Liebe Arsinoe ,

Jetzt natürlich zu dir, wenigstens den Namen richtig schreiben:boese:, so viel Zeit soll sein!!

Durch meinen Stadiensprung im Juni , habe ich auch bereits angefangen, etwas vorzubeugen. Hausaufgabenbetreuung für meine Kleine, Termine für den Phsychologen für meinen Mann, der jetzt auch wieder diese Verlustängste hat!
Das hat mich entspannter gemacht, es läuft jetzt vieles rund, auch ohne mich!
Es geht auch viel ohne mich! Muss ja auch nicht immer alles noch mal kontrollieren!

Mir hat natürlich keiner gesagt, wie lange noch ...Aber lesen kann ich auch, und mir hilft, darauf vorbereitet zu sein für den Fall, dass ...!

Du macht's es genau richtig. Und hast ja auch gemerkt, im anderen Umgang mit dem Partner, das es jetzt besser ist! Bin ja noch dran ,...

Wünsche dir, natürlich das Beste.
Habe den Beitrag ja gestern erst durch Stöbern hier im Netzt gefunden:lach2:
Bin ja erst frisch hier! Wir hören/lesen uns sicher!

Du hast mir/ anderen sehr geholfen! Ich weiß, ich bin bis auf meine ALK-Mutation, offensichtlich doch kein Exot!!!
Schade eigentlich, dachte ich wäre einzigartig :cool:.
(Das war ein Witz!)

Lg Conny

Ed1
24.06.2013, 11:18
Liebe Conny, liebe Arsinoe,
ich finde Eure Beiträge so ehrlich und schonungslos ...ihr seid so tapfer, ich kann Euer Mut nur bewundern. Jeder sucht seinen Weg im Umgang mit der Krankheit.

Schön, dass ihr diese Kraft mit uns teilt.

lg
ed

Conny 007
24.06.2013, 13:29
Hallo Ed,

bedank dich bei Arsinoe !

Ohne ihren ' alten Thread' auf den ich durch mein Surfen im Forum
gestoßen bin, hätte ich nicht den Mut gehabt zu schreiben!!!!

Also, liebe Arsinoe auf Dich ;)

Lg Conny

PeterBoe
24.06.2013, 16:50
Hallo, Alle,

bin auch erst jetzt auf diesen Thread gestossen und kann mich nur anschliessen: mir ist es ähnlich ergangen.
Ich bin beruflich aus dem naturwissenschaftlichen Bereich (Pharma) und sehe Dinge sehr sachlich. So wie auch meine Erkrankung. Gleichzeitig habe ich (62 J.) auch so meine Lebenserfahrung und auch Führungserfahrung im Beruf. Von daher (Projekt- und Krisenmanagement) weiss ich, dass es eine ganz normale und natürliche Abfolge nach Krisen und vor erzwungenen Veränderungen gibt, bei der auf negieren, verzweifeln, und akzeptieren das kämpfen kommt. So ein bischen wie auch Alkohol- oder Drogenabhängige erst einmal akzeptieren müssen, dass sie abhängig sind, bevor sie sich davon lösen können.
Nach meiner Krebs-Diagnose habe ich dann gleich die ersten beiden Schritte übersprungen, gleich akzeptiert und gekämpft aber mich dann schon bald gefragt, ob ich nicht gerade deshalb ("Kälte??") doch ein Fall für die Psychotherapie bin.

Ich habe mich daraufhin ziemlich beobachtet und immer gefunden, dass ich okay bin. Heute glaube ich, dass meine Art der Bewältigung für mich die Beste war.
Posttraumatische Belastungssyndrome sind bei dieser Herangehensweise möglicherweise wirklich ein Risiko, aber wenn man wie ich das Glück hat, dass man sich selber beobachten kann (ich guck dann manchmal aus der Vogelperspektive auf mich herab), kann man das Risiko minimieren. Und: "Risiko" heisst ja nur dass es passieren "kann", aber nicht "muss"
Jeder Jeck ist eben anders.
Ich freue mich, dass ich Leute gefunden haben, denen es ebenso ergangen ist wie mir: hurra, ich bin dann wohl doch kein Fall für die Psychotherapie?

Also weiterhin dem Kopf schön oben behalten!

LG
Peter

abifiz
24.06.2013, 17:33
Hallo Arsinoe.


Da ich an anderen Stellen schon einiges von Dir gelesen hatte, war 's Du mir schon vor der Lektüre Deines letzten Post in diesem Faden wie "nah und sehr vertraut". Ohne mich damit persönlich Dir aufdrängen zu wollen.

Ich hoffe, Du lebst Deine Jetztzeit als intensive Zeit und als die sogennante "gute Zeit"; das heißt als diejenige, die vieles bewirkt und ganz und gar real und präsent ist. Früher (17. Jahrhundert) nannte man die "gute Zeit" sogar die "Hochzeit", was heute wahrscheinlich nicht mehr geht, oder zu "pathetisch" klingt.

Es wird schwieriger sein ohne Dich auf dieser Kugel, viel schwieriger.

Deinem Mann würd' ich in einem geeigneten Moment Klartext reden. Eine "Schonung" durch Vermeidung geht doch gar nicht: Um so härter und gewalttätiger würde ihn dann die Realität einholen und erdrücken.

Gemeinsamkeit gegen Ende einer Existenz können ein großes und sehr schönes wertvolles Geschenk für beide sein.

Ich denke an Dich.


abifiz

evelyn-wieda
24.06.2013, 19:11
Ein lieber Gruß an ALLE und besonders an Arosine und Conny,

was für ein Thema und was für eine Stärke und Mut, habt herzlichen Dank dafür.

Wie ich ja bereits schrieb, habe ich für mich das Thema Sterben und Tod vollkommen akzeptiert und angenommen – weil auch jeder, wirklich jeder diesen Weg gehen wird. So habe ich auch alles geklärt, meine Kinder und mein Lebenspartner wissen, was meine Wünsche sind. Ich habe das sehr ehrlich und offen gesagt, auch wenn wir da allesamt geweint haben – es musste sein, ich musste all das aus mir heraus lassen.

Tja, und seitdem ich all das geklärt habe, was ich klären kann, sind diese Fragen nicht mehr in meinem Kopf und ich lebe wie befreit. Nur hin und wieder kommt manchmal die Traurigkeit, die ich annehme und mir dann z. B. sage: „Heute ist ein so schöner Tag, heute lebe ich und erfreue mich an ALLEM, ich darf meinen Lebenspartner spüren und ihm nah sein und meine Katzen wuseln um mich herum, meine Kinder sprühen voller Leben und Freude, das ist gut so. Ich bin gut. Alles ist gut.“ Tja, danach geht es mir besser und ich bin wieder in meiner Rolle: ICH LEBE und genieße dieses hier und jetzt.

Auch habe ich mir gewisse schöne Rituale angewöhnt – hm, ja, ich schreibe zum Beispiel meine Wünsche auf, dabei benutze ich eine bestimmte Form, wie z.B. für Arosine „ich bin gut umgezogen und wohne in einer wunderschönen, neuen Wohnung“. Auch spreche ich mit meinem Körper und sage was ich gut finde und was verbesserungswürdig ist. Das hilft mir und ich fühle mich richtig gut dabei. Der Witz ist, dass ich so schon viele Wünsche erlebt habe.

Lächle, liebe Conny, ja, für alle da sein, immer die Starke sein, alles managen … das kenne ich auch. Mittlerweile habe ich gelernt, verdammt viel gelernt und begriffen, dass an erster Stelle ICH komme und ich für mich gut sorgen muss und auch annehmen darf, denn wenn es mir gut geht, dann kann ich auch Gutes für Andere tun!

Außerdem hilft mir auch mein Glaube, der nichts mit der Institution „Kirche“ zu tun hat und ich hier vortreffliche Bücher gelesen habe, dir mir immer mehr einen inneren Frieden und eine tiefe Ruhe geschenkt haben.

Heute war ich zum Autogenem Training – ich liebe es, dadurch kann ich leichter und schneller meditieren, wo ich mich dann einfach wunderbar fühle, alles fällt ab und ich bin einfach ich, manchmal Körperlos und mit sehr schönen Bildern.

Und wunderschöne Bilder in einer schönen Zeit wünsche ich uns ALLEN hier.

Evelyn

Arsinoe
24.06.2013, 19:29
Hallo!
Ach du liebe Güte, so viele Komplimente! Ich werd nun definitiv rot! :rotenase:
Ich denke, ich mache gar nix Besonderes. Ich schreibe hier einfach, was mir so durch den Kopf geht - das ist für mich auch eine Art Therapie. Zumal ich hier auf Menschen treffe, die Ähnliches erleben und mich verstehen. Aus den Berichten, die andere schreiben, nehme ich auch viele Gedankenanstösse.
Was die Psychotherapie angeht, muss ich sagen, dass ich dazu ein nüchternes Verhältnis habe. Ich empfinde mich nicht als "bekloppt" oder so, nur weil ich solche Angebote nutze. Mir haben die 2-jährige Psychotherapie, die ich Mitte 20 machte, sehr viel geholfen und auch die Besuche bei der Psychoonkologin, die ich jetzt mache, sind für mich sehr wertvoll. Ich wünschte mir, mehr Menschen würden solche Angebote annehmen. Man muss sich dafür nicht schämen. Und es tut auch gar nicht weh! :D War ein Witz. Doch, es tut manchmal weh. Zum Beispiel dann, wenn man etwas erkennen muss, das man doch so gut verdrängt hat. ;)
Aber es tut auch gut. Ich denke, man wächst mit solchen Krisen und der Bewältigung.
Vielleicht noch ein paar Worte zu meinem Umgang mit meinem Schatz: Ich habe ihm durchaus schon gesagt, dass ich vielleicht bald sterbe. Aber ich will das im Moment nicht allzu sehr in den Vordergrund stellen, denn ich habe gemerkt, es lähmt uns. Für meinen Mann ist die Aussicht, dass ich sterbe, ganz einfach der Horror. Er hat schon einiges Schlimmes erlebt und das kommt dann alles hoch. Ich versuche, wie gesagt, alles, was ich tun kann, um diese Situation zu entschärfen, zu tun. Aber ich versuche auch, die Hoffnung nicht ganz sterben zu lassen. Ich mache zurzeit ja eine Therapie, die das Ziel hat, mir noch möglichst viel gute Lebenszeit zu schenken. Diese Lebenszeit sollte nicht ständig überschattet sein von Horrorgedanken.
Ach, es ist unglaublich kompliziert, auszudrücken, was ich denke. Keine Ahnung, ob man das Geschreibsel versteht!
Herzliche Grüsse
Arsinoe

abifiz
24.06.2013, 21:26
Bist sehr verständlich, Arsinoe, und es tut gut, Dich zu lesen.

Wird ruhig rot... :)


abifiz

mucki53
25.06.2013, 00:30
Wie wir uns doch alle irgendwie gleichen. Wir sind halt Kämpfer - müssen es sein - was bleibt uns anderes übrig ?
Ich habe eine kleine Kiste gemacht, da ist unser Testament, eine CD mit 3 Liedern, die ich auf meiner Trauerfeier gespielt haben möchte und meine Trauerrede drin - ja, von MIR, ich kenne mich ja am Besten !
Immer mal wieder beschäftigt mich doch die Frage, ob ich das dann alles auch miterleben kann, von irgendwo, und ob auch alles so ist, wie ich mir das vorstelle und geplant habe.
Also doch Kontrollfreak :lach2:, oder ?
Bin froh, dass wir hier drüber schreiben können und drück Euch mal alle ganz dolle :knuddel:.

Conny 007
25.06.2013, 04:00
Hallo liebe Evelyn,

sage dir auch ' Danke' für die offenen Worte!

Denke, wir finden uns in dem jeweils anderen Betroffenen ein Stückchen wieder!

Mir hat dieser Austausch mit Euch in den letzten Tagen manche Sitzung bei meiner Phsychologin erspart! Sollte lt ihr u. a. Sonnenreisen durch den Körper machen, ja habe ich auch brav, früher schon, ist aber manchmal für meinen wirbeligen Geist nicht sooo einfach, runter zufahren::rotier2:

Ist auch gut dort zu sein, gab viele neue Denkansätze, aber ich brauchte, gerade jetzt, jemand der noch näher / anders am Thema steht. Und wer sollte das, außer selbst Betroffene , mit ähnlichen Ängsten, etc. sein ???

Also IHR!!!

LG Conny

evelyn-wieda
25.06.2013, 09:46
Ein herzliches Hallo in die Runde

Und seid ihr, liebe Conny und Mucki, früh aktiv – ups, da lob ich mir meinen Schlaf, naja, bin ich doch eine bekennende „faule“ Socke.:gaehn: Doch nun erst einmal der Reihe nach.

Liebe Arsinoe,
deine Worte sind einfach alles sagend und ich kann dich verdammt gut verstehen. Bei mir ist es ähnlich, wir haben ausführlich über das Thema K gesprochen und PUNKT. Mein Freund und ich haben doch viele andere Themen zu beschwatzen und wollen einfach nur genießen, den Augenblick, uns. Warum also sollte dann K im Vordergrund stehen? Viel lieber mag ich dann das Thema Leben, darüber lässt es sich doch bei weitem besser Streiten …:tongue

Auch ich hatte Gespräche mit Psychologen bzw. Psychotherapeuten – jedoch meinten sie einstimmig, ich bin gut drauf und kann von meiner Stärke gerne noch etwas an andere Betroffene abgeben, was ich auch mache. So haben wir hier einen kleinen Gesprächskreis und helfen uns gegenseitig eine positive Lebenseinstellung und auch Sichtweise über den Tod zu bekommen. Da ist übrigens auch das Wort K tabu, denn es geht um viel, viel mehr.

Liebe Conny,
mano, kenne ich das – den Geist bzw. die Gedanken ruhig stellen.:( Das ging bei mir gar nicht. Wollte ich mich entspannen und lag da so dumm rum, schwupps waren auch wieder die Gedanken da, die ich wirklich nicht haben wollte. Sie schwirrten halt einfach in mir rum. Wie ärgerlich. Aber mit der Zeit und mit einer gewissen Übung habe ich es geschafft, das Kopfkino auszuschalten. Und, liebe Conny, das ist herrlich.

Ich habe diesbezüglich einen guten Rat bekommen: täglich üben und anfangen mit 3 bis 5 Minuten – hinsetzen und sich ganz auf den Atmen konzentrieren, beim einatmen sagte ich mir im Kopf „ein“ und beim ausatmen „aus“. Mit der Zeit waren keine anderen Gedanken da, nur mein Atmen und die Voraussetzung für eine gelungene Meditation bzw. Körperreise.

Jetzt habe ich das Autogene Training erlernt, auch eine tolle Sache, und dadurch komme ich sehr leicht in einen sogenannten Alpha-Zustand, indem ich meditiere. Ich liebe es. Und, ich habe mir schon selber Meditationen, Körperreisen geschrieben und aufs Band geschwatzt (kenne mich doch am besten, was gut für mich ist und was ich brauche) und bastle gerade wieder an einem neuen Text …
Ist im Übrigen auch eine Methode, um das du, liebe Conny, die Barriere zu deinen Kopf überwinden kannst

Da halt für mich gerade die Gedanken so wichtig sind, begann ich auch zu malen, dabei bekomme ich auch meinen Kopf total frei – herrlich, sage ich euch, und erfreue mich an den Farben, an den Bildern und bin ganz nah bei mir selber. Somit ist es auch eine super gute Methode, positive Erfahrungen und Gedanken zu bekommen.

Liebe Mucki,
danke für das Schmunzeln und die wirklich guten Ideen, die du da in die Runde wirfst. Das finde ich total klasse, so vorbereitet zu sein. Soweit bin ich nicht gegangen und vertraue da auf den Geschmack und das Wissen meiner Lieben (bisher). Aber ich werde direkt einmal in mich gehen und horchen, was ich davon übernehmen könnte. Danke!

Lach, und das mit dem Kontrollfreak über die Regenbogenbrücke hinweg finde ich ja genial. Aber vielleicht ist von dort die Sichtweise eine andere und dir ist der geplante Ablauf etc. nicht mehr ganz so wichtig, sondern einfach nur die Liebe, die in euch allen weiterleben mag. Wer weiß. Also ich lasse mich da mal einfach überraschen.

Und lasst ihr Euch alle überraschen von diesem Tag, möge er Euch ganz viel Zufrieden und Glück bringen.

Evelyn

Arsinoe
25.06.2013, 16:30
Hallo ihr Lieben!
Danke für eure Worte. Komme grad aus einer mehrstündigen Chemo-Sitzung und bin zu platt, um richtig darauf einzugehen. :o
Aber zu Muckis Idee, muss ich doch gleich etwas sagen: Genial! Und witzig. :)
Ich hatte mal die Idee, das Leid-Zirkular (oder wie der Brief, der ja normalerweise verschickt wird, genannt wird), selber zu schreiben. Wer weiss, vielleicht mache ich das noch. :)
Ich würde darin auch schreiben, dass ich keine Trauerfeier möchte, sondern dass die Leute, die mögen, sich treffen, einen auf mich trinken :prost: und es gut zusammen haben.
Ich habe das Gefühl, so ein Brimborium in einer Kirche und auf dem Friedhof passt einfach nicht zu mir. Und ich weiss auch, dass mein Schatz gut darauf verzichten kann. Und was die restliche Verwandtschaft (Tanten, Onkel, etc.) denkt, ist mir wurscht. Meine nahen Verwandten (ausser meinem Mann und seinen Eltern) sind sowieso alle tot.
Mir gefällt übrigens die Idee "Friedwald" sehr gut und werde das vielleicht noch einfädeln.
So. Genug davon!
Ich wünsche euch einen wunderschönen Abend!
Arsinoe

Conny 007
25.06.2013, 17:10
Hallo Arsinoe ,

wie könnte es anders sein? Musst du alles immer vor mir schreiben:smiley1:

Würde auch wollen, das ordentlich :prost: wird! Denn wer mich kennt, weiss das!

Mein Mann hätte auf buckelige Verwandschaft, eine komplett erscheinende Dorfgemeinschaftshaus ( sie war ja noch so Jung !), etc eh keinen Bock!

Und ich erst recht nicht!!!
Ich würde diese Party echt mal als Hauptperson 'annehmen' und mich endlich mal raushalten ! Sollen die planen, organisieren, die aktiv dran teilnehmen! :o

Gute Freunde wissen schon wie sie es machen sollen, wir lernen doch gerade
das sie das können, wenn wir sie auch lassen:1luvu:

Falls ich jemandem hier zu 'heftig' schreiben sollte, bitte :megaphon: eine PN
dann ist sie ruhig!

Ansonsten, sehe ich dieses Thema für mich aktuell noch nicht so, will ich nicht!
Aber im Hinterkopf hat man es ja doch :o

LG Conny

Auf das du bald wieder fit nach der Chemo bist!
Hatte das mit dem Scheiß Cisplatin ja auch immer!
Aber aus Erfahrung weißt du selbst, es wird...:cool:

The Witch
25.06.2013, 18:08
Aber zu Muckis Idee, muss ich doch gleich etwas sagen: Genial! Und witzig. :)
Ich hatte mal die Idee, das Leid-Zirkular (oder wie der Brief, der ja normalerweise verschickt wird, genannt wird), selber zu schreiben. Wer weiss, vielleicht mache ich das noch. :)
Ich würde darin auch schreiben, dass ich keine Trauerfeier möchte, sondern dass die Leute, die mögen, sich treffen, einen auf mich trinken :prost: und es gut zusammen haben.
Ich habe das Gefühl, so ein Brimborium in einer Kirche und auf dem Friedhof passt einfach nicht zu mir. Und ich weiss auch, dass mein Schatz gut darauf verzichten kann. Und was die restliche Verwandtschaft (Tanten, Onkel, etc.) denkt, ist mir wurscht. Meine nahen Verwandten (ausser meinem Mann und seinen Eltern) sind sowieso alle tot.

Das was du möchtest, ist die eine Seite - und gut, wenn du genau weißt, dass dein Mann (bzw. grundsätzlich die nächsten Angehörigen) auch so sehen. Ich bin aber seit dem Tod meines Vaters (der 1986 aus heiterem Himmel und viel zu früh starb) davon überzeugt, dass das nicht unbedingt gut ist. Er wollte verbrannt und danach auf See bestattet werden, ohne Trauerfeier und insbesondere auch ohne jegliche kirchliche Mitwirkung. Es war aber ganz schnell klar, dass unsere Mutter das niemals verkraftet hätte; die ist bereits bei dem Gedanken durchgedreht. Also haben wir uns ihren Wünschen gebeugt - ich sehr schweren Herzens, meine Geschwister eher gerne. Und unsere Mutter hat bis zu ihrem eigenen Tod im letzten Jahr noch immer davon gezehrt, dass ja "sooooo viele Leute" zur Beerdigung gekommen waren.

Arsinoe
25.06.2013, 18:57
@The Witch: Klar, wenn die Situation so ist, würde ich auch darauf Rücksicht nehmen. Da ich das "Glück" habe, keine nahen Verwandten mehr zu haben, kann ich es mir leisten ... Auf irgendwelche Tanten und Onkel, zu denen ich keine so enge Beziehung habe, werde ich jedenfalls keine Rücksicht nehmen, zumal das Geld für eine Trauerfeier, etc. eh fehlt.
LG
Arsinoe

The Witch
25.06.2013, 20:51
Ja, ich denke auch, dass du für dich/euch genau richtig handelst. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es auch eine zweite Seite der Medaille gibt.

Conny 007
26.06.2013, 08:29
Hallo Zusammen, hallo Witch,

ja die Beiden Seiten ,...
habe vor Jahren meine Schwiegereltern verloren, die lebten in der ' Stadt' recht anonym, ich komm vom kleinen Nest auf dem Platten Land.
Das waren schon Welten!!!! Alleine die Organisation, etc.
Wir haben dann natürlich die Mutter, ( Vater starb zuerst, so plötzlich keine Vorsorge), entscheiden lassen, wenn sie wollte, oft war sie mir aber sooo dankbar, sich nicht mit den Sachen auseinandersetzten zu müssen, das wir denke ich das gemeinsam für Alle gut hinbekommen haben!

Meine Eltern leben noch und zwar genau nebenan, wir sind vor 12 Jahren aufs Nest zurückgezogen! Bin eigentlich nicht sooo dörflich, aber was macht man nicht fürs Kind, Katzen, etc:lach2:?
Haben uns eingewöhnt !
Mir bricht es das Herz, daran zu denken, das meine Eltern ihre Beerdigung, die ja bis vor kurzem auf der Liste eher weiter oben stand, in den Hintergrund stellen ( sie wollten mal so langsam Anfangen vorzusorgen, mit allem was dazu gehört!)
Dann der supergau: das Kind hat Krebs!
Für meine Eltern ist das Dorf enorm wichtig, haben immer über meine Distanz gelitten, mich aber trotzdem so akzeptiert, hätte ansonsten meinen Mann, Städter, auch nicht rangeschleppt:lach2:!

Ich muss mich aus medizinerscher Sicht aktuell nicht so mit dem Thema beschäftigen. Bin aber mittlerweile so weit, besser ist es vorbereitet zu sein. Auch wenn es so weh tut!

Also, denke im Falle des Falles, werden meine Lieben genau das machen, was ihnen guttut und hoffentlich einen auf mich :prost::prost:

War eine leidenschaftliche Biertrinkerin ! Ein kleines geht schon wieder!

Also, wenn das kein gutes Zeichen ist!

Liebe Grüsse an Alle und haltet die Ohren steiff

Conny

evelyn-wieda
28.06.2013, 10:22
Ein herzliches Hallo in die Runde,

ich hoffe, euch ist es nicht sooo kalt, wie mir – ich jedenfalls sitze hier eingemummelt vor dem PC und lese gespannt eure Beiträge. Es war gut hier diese Diskussion und sie hat mir viele Denkanstöße gegeben. Dafür vielen Dank an alle Beteiligten.

Liebe, Arsinoe, dir wünsche ich besonders, dass du deine Chemo gut verträgst und sich die Nebenwirkungen in Grenzen halten. Ich drücke dir ganz fest die Daumen.

Nun möchte ich aber wieder zu meinem Thema „LEBEN“ zurückkehren und darüber schreiben, was ich zur Meinung und der Medaille, die ja immer zwei Seiten hat, denke.

Also ich war so ein Mensch, der stets die Meinung anderer respektiert und brav befolgt hat, es ging dann so weit, dass ich manchmal gar keine eigene Meinung mehr hatte, sie war mir irgendwie abhanden gekommen, denn durch das jahrelange Beugen vor anderen Meinungen habe ich mein ICH gar nicht mehr wahrgenommen. Ich lebte nicht mehr mein Leben, sondern das Leben anderer, vieler. :o Meine ganze Kraft und Energie verschenkte ich und bekam wenig zurück.

Das ist eine Seite der Medaille.

Heute, durch die Erfahrungen, die ich machen durfte, und die Zeit, die ich mit mir selber verbringen kann, und die vielen tollen Begegnungen, die ich in den letzten Jahren erlebt habe, weiß ich, wie wichtig MEINE Meinung ist, denn sie ist der Ausdruck meines Lebens, meiner ganz persönlichen Gefühle und Liebe. Und nein, heute nehme ich ganz wenig Rücksicht auf die Meinung anderer oder tue etwas, nur um anderen zu gefallen. :)

Warum sollte?

Ich achte heute bewusst auf meine Kraft, meine Energie in mir. Sehr gerne diskutiere ich über Sichtweisen, sehr gerne lasse ich mir einen Einblick in die Sichtweise der Welt von anderen Menschen geben und ich lerne dabei eine Unmenge an interessanten, neuen, mutigen, klugen, blöden … Dingen. Manchmal ändere ich meine Meinung und lasse mich gerne von der anderen Sichtweise mitnehmen. Aber ein anderes Mal behalte ich meine Meinung bei, denn sie passt zu meinem Leben. Und das ist die andere Seite der Medaille.

Für mich ist es stimmig, wenn diese beiden Seiten der Medaille harmonisch mit einander sind, wenn sie ein friedvolles, glückliches, konstruktives, kreatives, liebevolles, zufriedenes, Geben und Nehmen darstellen und wenn sich jeder bewusst ist, dass er für sein eigenes Leben ganz alleine die Verantwortung trägt. :knuddel:

Und so wünsche ich Euch allen eine harmonische, zufriedene und glücklich Zeit.

Evelyn

Arsinoe
28.06.2013, 18:30
Ich sage auch mal wieder "Hallo"!
Die letzte Zeit war ich so schlapp, dass ich die meiste Zeit schlief. Da das auch nach den früheren Chemogaben so war, nehme ich an, gibts da einen Zusammenhang. Abgesehen davon, vertrage ich die Chemo ganz gut. Danke dir, Evelyn!

Evelyn, was du über deine Entwicklung schreibst, ist sehr spannend. Ich denke, du bist nicht die Einzige, der es so geht. Ich komme aus einer Familie, in der die Menschen sehr oft Dinge nur deshalb taten, weil sie annahmen, dass das von ihnen erwartet wird. Meist wurde nicht mal darüber gesprochen, Missverständnisse waren vorprogrammiert. Ich habe dann irgendwann von Aussenstehenden signalisiert bekommen, dass diese Art von Verhalten ziemlich daneben ist und habe versucht, es zu ändern. Bei meiner Familie bin ich damit immer wieder angeeckt. Nun ja. Ich konnte die Anderen nicht ändern ... aber ich habe versucht, mich so weit es geht, zu ändern. Zu sagen, was ich (nicht) möchte. Und nicht zu erwarten, dass die Anderen mir meine Wünsche von den Augen ablesen und dann auch noch so freundlich sind, diese zu erfüllen. ;)

@The Witch: Ich habe das schon verstanden. Ich kam einfach nicht umhin, meinen Senf dazu zu geben. Ist so eine Unart von mir. :smiley1:

@Conny: Für Eltern ist es sicher besonders schlimm, wenn ihr Kind so schwer krank ist und sie vielleicht sogar damit rechnen müssen, dass es früher stirbt. Ich bin von demher extrem froh, dass meine Mutter (seit 21 Jahren) und mein Vater (seit bald 5 Jahren) tot sind. Es wäre für sie der Horror gewesen, zumal sie schon unter der Krankheit und dem Tod ihrer Eltern sehr gelitten haben. Und mein Vater hat zudem beide Lebenspartnerinnen (meine Mama und seine spätere Freundin) zu Grabe tragen müssen. Dir und deiner Familie wünsche ich, dass ihr mit dieser Situation irgendwie klar kommt und das Leben trotzdem geniessen könnt.

Ein schönes Wochenende!
Arsinoe

marwar
06.10.2013, 19:53
einen gruss an alle und evelyn

ich bin froh auf diesen Thread schreiben zukönnen, mann, ich bin ja doch nicht so alleine und verrückt.

ich kämpfe seit 2009 mit meiner Krebserkrankung , nach chemos und op´s mit entfernungen von organe die gar nicht hätten sein dürfen bin ich an gleicher stelle seit 08/12 angelangt und habe diese zeit gut gelebt.
jetzt merke ich allerdings das aufkommen von beschwerden , bei den ich noch keinen Palliativarzt vorstellen konnte.

ich wünsche allen auf diesen Thread alles gute sowie die einmal eingeschlagene sichtweise nicht zu verlieren.

gruss martin

evelyn-wieda
10.10.2013, 19:00
Ein liebes Hallo,

weißt du, dieser Thread ist für mich ein ganz besonderer, weil ihn eine ganz besondere Frau eröffnet hat. Für mich war sie einfach eine tolle, ehrliche und auch lebensfrohe Mitschreiberin, die so viel Mut und Kraft, aber auch Leichtigkeit vermittelt hat.

Ich danke, dass ich sie kennen durfte.

@ Martin
:) Nein alleine bist du schon gar nicht und verrückt auch nicht. Ähm, wer ist das schon? :eek:

Also dein Weg seit der Diagnose scheint ja auch nicht gerade leicht gewesen zu sein. Trotzdem schreibst du, dass du gut gelebt hast. Und das finde ich einfach richtig toll.
So wünsche ich dir alles Gute und ganz viele schöne Momente.

Und allen wünsche ich trotz der Herbsttage viel Sonne.
Evelyn