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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie macht ihr das mit dem Arbeiten gehen...?


conquerer
25.07.2013, 00:07
Hallo,


Wie organisiert Ihr das mit dem Arbeiten. Im Moment ist es wohl so bei mir, das ab und zu eine Metastase auftauscht, die rausgeschnitten wird und dann gehts weiter.
Dazwischen liegt ja noch etwas anderes, naemlich die Arbeit. Das Problem ist das ich jetzt schon ein Fehlzeitengespraech hatte und jetzt ein ungutes Gefuehl habe, wenn ich daran denke wenn das naechste Mal was dazwischen kommt. Ich arbeite eigentlich in einer Riesenfirma, die sich ja nach Aussen sehr sozial gibt, aber was man zaehlt erfaehrt man in solchen Gespraechen...

Mir wurde nahe gelegt vielleicht die Abteilung zu wechseln oder keine Schicht mehr zu arbeiten, was mit massiven finanziellen Einbussen verbunden waere, die wir nicht wegstecken koennten.

So wird Druck erzeugt, da hilft keine Gewerkschaft oder Vertrauensmann.

Eigentlich bin ich bei so Sachen abgebrueht und voelllig resistent, aber wenn ein Bubi von Anfang 20 vor mir sitzt und meint er muesse da den strammen Max machen, da reisst mir exht der Geduldsfaden.

Viele Gruesse
Con

monika100
25.07.2013, 07:35
Hallo,

du hast doch sicher einen Schwerbehindertenausweis??

Vielleicht wendest du dich mal an den Integrationsfachdienst in deiner Region. Die übernehmen so eine Art Vermittler-Rolle zwischen dem schwerbehinderten Angestellten und der Firma und bemühen sich eine Lösung finden, mit denen beide Parteien leben können.
Einem unserer Freunde, der schon die Kündigung erhalten hatte, haben sie gut geholfen.
Und auch mein Mann ist mit deren Hilfe weitergekommen.

Viel Erfolg.

Monika

Wangi
25.07.2013, 11:13
Und das mit dem Schichtdienst würde ich mir wirklich überlegen.
Vielleicht kann man ja finanziell da etwas kürzer treten und dafür die Gesundheit in den Vordergrund stellen, denn vielleicht zeigt dir ja dein Körper gerade mit den Metas dass das mit der Schicht Arbeit zu viel für ihn ist.
Ich bin finanziell auch anders aufgestellt als vor meiner Erkrankung, aber habe gelernt damit klar zu kommen und lebe so auch gesünder.

Gruß Wangi

monika100
25.07.2013, 11:28
Hallo Con udn Wangi,

Ich bins nochmal:

Gerade bei dieses Sache mit dem Schichtdienst könnte der Integrationsdienst helfen.

Es gibt die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber dort einen finanziellen Zuschuss beantragt, der ihm die Möglichkeit gibt den Angestellten bei gleichbleibendem Lohn anders einzusetzen.
Allerdings muss der Arbeitgeber auch bereit sein sowas mitzumachen, er MUSS das nicht.

Ich habe mich gefragt, warum einem sowas nirgendwo gesagt wird. Bei uns hat es 4 Jahre gedauert, bis wir davon erfahren haben.

LG Monika

conquerer
25.07.2013, 12:20
Also ich das mit dem Schichtdienst, ist nicht nur der finazielle Aspekt. Ich könnte mir nicht vorstellen jeden Morgen aufzustehen und zu Arbeiten. Ich arbeite einmal tags dann einmal nachts und dann habe ich 2 Tage frei.

Normale Tagarbeitszeiten würden mich vermutlich richtig krank machen. So einen alltäglichen Trott mag ich nicht.

Wangi
25.07.2013, 16:42
Ah okay, ich hatte nur das gelesen: "was mit massiven finanziellen Einbussen verbunden waere, die wir nicht wegstecken koennten" und deshalb so geantwortet.
Eigentlich belastet der Schichtdienst ja mehr, wußte nicht dass es bei dir nicht so ist.


Gruß Wangi

sanne2
25.07.2013, 22:46
Hallo Con,
bist du denn in einer Gewerkschaft?
Habt ihr einen Betriebsrat?

Wenn ja, würde ich mich erst einmal mit denen auseinandersetzen.
Mein Mann hat ja eine ähnliche Erkrankung wie du, auch diverse Fehlzeiten, u.a. wegen operierter Lungenmetastase usw.
Bei ihm gab es bisher keine Probleme.

Mein Mann ist seit kurzem selber im Betriebsrat und hat sich eben angeboten Montag mal nach zu forschen, wie die Rechtslage ist.
Er ist erst am Montag wieder in der Firma und dort liegt das Sozialgesetzbuch.
Bist du im VDK?

Wangi, mein Mann hat/ hatte auch mit Lungenmetastase/n zu kämpfen und ist nicht im Schichtdienst.
Also würde ich es nicht so pauschalisieren.

Viele Grüße,
Sanne

Wangi
26.07.2013, 21:57
Sorry Sanne,

ich habe nicht pauschalisiert, sondern nur gesagt VIELLEICHT zeigt dir dein Körper mit den Metas dass der Schichtdienst zu viel Stress ist.

Gruß Wangi

conquerer
26.07.2013, 22:20
Das naechste Mal werde ich den Schwerbehinderten Vertrauensmann mitnehmen, der ist gefuerchtet fuer seine Schlagfertigkeit...

Man muss sich da ja echt zusammenreissen...:megaphon:

Vampirin
27.07.2013, 07:37
Ich gehe jetzt auch erstmal nicht mehr arbeiten. Hab es fast 9 Monate nach den größten Strapazen versucht. Hatte viele Fehltage da ich auch häufig neue Metas bekam oder etwas anderes war. Arbeite auch bei einer großen Firma und habe einen Schwerbehindertenausweis. Mich hat man nicht unter Druck gesetzt aber ich habe mich trotzdem nicht gut gefühlt mit den vielen Fehltagen. Jetzt bekomme ich Chemo und bin wieder daheim. Vielleicht könnte ich ein paar Stunden pro Woche gehen aber das wäre für meinen Arbeitgeber überhaupt nicht planbar da ich mich immer anders fühle durch die Nebenwirkungen. Also beantrage ich nun EM Rente bis ich damit durch bin und wieder arbeiten kann.

Ich denke übrigens auch das mir mein Körper die letzten Monate gesagt hat das es ihm zu viel ist. Denn vor dem Beginn meiner Arbeit waren meine Befunde stets gut und danach fand man alle drei Monate neue Metas und meine Werte wurden schlechter.

Kerejon
14.08.2013, 00:22
Zunächst einmal möchte ich mich in diesem Forum vorstellen.
Ich habe seit knapp einem Jahr die Diagnose hochmalignes Nebennierenkarcinom und im Juni das Frührezidiv operiert bekommen.
Da ich selbst Arzt bin, kann ich der Versuchung wieder zu arbeiten und den Kopf vor meiner vermutlich Palliativen Situation wieder frei zu bekommen, schwerlich wiederstehen. Also stecke ich meine Kraft so gut es geht in die Versorgung meiner Patienten. Eine Chemotherapie hilft bei meinem Tumor nur wenig, einzig eine Tablettentherapie kann helfen ( Mitotane ). Meine Tage auf der Erde sind mit 40 Jahren wohl bald gezählt, aber seit ich wieder arbeite und anderen Kranken, in etwa der vergleichbaren Situation ausgesetzt, helfen kann, fühle ich mich wieder besser. Wer den Arbeitsalltag eines Klinikarztes kennt kann verstehen, dass ich mit auftreten der ersten Metastase in mein Restleben verabschieden werde. Glücklicherweise ist in dieser Frage mein Chef sehr zuvorkommend und bestätigt mich, bietet mir abgestufte Dientszeiten an, gewährt mir frei für die Nachuntersuchngen.

Es ist somit immer die Frage nach der Toleranz in der Arbeitswelt. Nachfragen, die arbeitsrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen und vor allem jeden Tag genießen...

Denkt immer daran: In einer Situation wie meiner zum Beispiel zählt jeder sinnvoll ausgefüllte Tag.

Und sobald die erste Metastase auf meiner Leber erscheint, werden diese Tage nur noch mir und meinen Liebsten gehören......

Ganz liebe Grüße

Dirk1973
14.08.2013, 01:09
Hallo Kerejon,

und wie sehr ich Dich verstehen kann. Zuerst einmal herzlich willkommen im Krebs-Kompass, auch wenn es natürlich ein ziemlich häßlicher Anlass ist.

Das was Du beschreibst, ist so ein klein wenig die "Seuche", die uns Medizinern und medizinischem Assistenzpersonal doch so oft eigen ist: wir fühlen uns in unseren Berufen so wohl, weil wir doch Tag für Tag in den Leben anderer etwas bewegen, beeinflussen oder gar deren Leben retten können.

Ich bin im Rettungsdienst tätig, wollte seit klein auf nichts anderes machen und finde auch heute noch meine Erfüllung darin. Als ich damals meine Diagnose (metastasierender Hodentumor) bekam, wechselte ich die Seiten. Ich war nun nicht mehr der "Retter" der vermeintlich heldenhaft um jedes einzelne Leben "kämpfte" ("schön dass Ihr da seid, habt´a mal `nen Pflaster.......":mad:), sondern ich lag nun dort, wo sonst meine Patienten hin kamen. Ich war Patient Nummer 123 der in den OP wanderte. Ich war Patient 123, der nun im Zimmer 12 auf die Visite und hoffentlich gute Neuigkeiten wartete. Ich war das Häufchen Elend, das im Krankenbett über die Flure geschoben wurde.

Ich denke, genau dieser Seitenwechsel macht es uns so schwer. Und so lange es uns gut geht, so lange wollen wir für die "wirklich" Kranken da sein und uns für sie einsetzen. Schließlich gehören wir doch zu den "Guten", zu den vermeintlich Unsterblichen.
Ich habe während meiner Chemo Verfahrenshilfen ausgearbeitet und mich damit über Wasser gehalten. Ich wusste, diese Hilfen werden gebraucht, somit wurde ich gebraucht. Das war schon ein angenehmes Gefühl. Selbstverständlich war ich regelmäßig mal zu Besuch in der Firma und konnte zum Glück nach einer erfolgreichen Chemo recht schnell wieder in den Beruf zurück kehren.

Ich finde es absolut bemerkenswert, dass Du Deiner recht frustranen Diagnose zum Trotz wieder als Arzt tätig bist. Und vor allem wünsche ich Dir, dass Du dies noch eine sehr lange Zeit sein kannst. Lass Dich nicht unterkriegen und dass das Frührezidiv auch das allerletzte Aufflammen Deiner Erkrankung war.

Kerejon
15.08.2013, 00:56
Hallo Dirk,

Erstmal vielen Dank für Deinen Beitrag. Ich sehe, Du kannst meine Situation durchaus nachvollziehen, hab auch ich zuletzt die "andere" Seite kennenlernen dürfen. Um es zu präzisieren: Ich bin Chirurg und war auf einmal vollkommen hilflos, mal der zu sein, der jeden Pflasterwechsel kritisch beäugt und der Visite harrt. Vorgestern stand ich wieder auf der " richtigen Seite" des OP- Tisches und habe zum ersten mal ein Gefühl bekommen, wie es tatsächlich ist, der Mensch unter den Abdecktüchern zu sein.
Der Nachteil "vom Fach" zu sein ist , dass ich mich natürlich in jede Veröffentlichung und Studie meine Erkrankung betreffend eintauche ( die es leider kaum gibt, ist meine Tumorart doch extrem selten ( 2:1000000) und Daten fehlen.

Eine der letzten Studien kommt zu dem Schluss, ein Frührezidiv dieses Tumors sei im Prinzip unheilbar, daher, so gut Du es meintes, glaube ich nicht, dass es das "letzte Aufflackern" war. Daher stecke ich in der Falle, zwar prinzipiell noch auf der kurativen Schiene zu sein und noch Hoffnung haben darf. Andererseits kenne ich die Überlebensraten dieses Krebses in 5 Jahren und verwerfe weitere Zukunftspläne.

Um Diesen Gedanken zu entkommen Stürze ich mich so gut es geht in meine Arbeit und... Wie Du mir sicher zustimmen wirst.... tut es einfach gut, anderen zu helfen. Und das mehr noch als zuvor.

Macht Krebs einen zum besseren Mediziner ? Wahrscheinlich nicht, aber es sensibilisiert und macht zumindest mich etwas gelassener.

Um den gedanklichen Exkurs zum Ausgangspunkt zu führen:
Wie mache ich das mit dem Arbeiten?
Ich tue es soweit meine körperlichen und emotionalen Kräfte mitmachen gerne. Allerdings gibt es Grenzen, bei denen ich sofort damit aufhören würde und andere Dinge, insbesondere Familie, vorziehe.

Lieben Gruss

P.S. 1973 sollte doch eigentlich ein guter Jahrgang sein, oder ? ;-)

conquerer
16.08.2013, 07:28
Hinzu kommt doch in dieser Situation das Alter. Ihr seid um die 40, ich 38 da macht man sich ja normalerweise Gedanken über andere Sachen.

Manchmal muss ich mich gerade auf der Arbeit oder Privat einfach ausklinken. Wenn es um die Rentenvorsorge oder Dinge in 10 Jahren geht, da wird einem doch etwas anders. Man weiss nunmal nicht wie es weiter gehen könnte.

Im Prinzip ausblenden und einfach das tun was ich denke das es das Richtige ist. Spas haben wo man noch Spass daran hat....

Kerejon
17.08.2013, 01:45
Und hier liegt mein Problem. Noch gelte ich als heilbar, obwohl die Statistiken dem widersprechen. Zu selten ist mein Tu als das es sichere Aussagen gibt. Der Verstand sagt das Leben geht weiter, die Zahlen anderes. Es ist ein fürchterliches Vakuum, welches ich anhand meiner Arbeit füllen will. Sobald ich zur Ruhe komme.... Wird es schlimm...

Liebe Grüße ?

J.F.
17.08.2013, 08:30
Hallo Kerejon,

hat das eventuell mit Deinem berufsbedingtem Pessimusmus zu tun?

Wenn ich so Revue passieren lasse, so ist es meinem Dickschädel und meinem Glauben an mein inneres Warnsystem (das mir bisher dreimal das Leben gerettet hat -> Tatsache) zu verdanken das ich im Kontakt mit Ärzten nicht wahnsinnig geworden bin. Oder zumindest depressiv. Denn von Beginn an (Vermutung was es sein könnte, Hin und Her zwischen drei Histologien) hat man alles in seiner Machtstehende getan, um mir mitzuteilen - direkt und indirekt - das ich spätestens in einem Jahr eh nicht mehr da sei. So sah zum Teil auch die Nachsorge im Erstjahr aus. Einzig ein Chirurg - den ich heute noch gerne als meinen Chirurgen bezeichne - hat da nie mitgemacht, sondern chirurgisch alles getan, um EBEN nicht in diese Zielgerade einzubiegen. Klar, es gehört mehr zum Überleben einer metastierten Krebserkrankung als der chirurgische Teil, aber hier kann auch einschneidend (im wahren Sinne des Wortes) agiert werden. Das gleiche Spiel hatte ich dann nochmals für einen dreimonatigen Marathon durch die MRTs, PET/CT und OP mit einem zweijährigen Nachlauf mit Vorlage beim tumorboard. So etwas zehrt an der Substanz. Und ist für die Vertrauensbildung / -basis zum Arzt mehr als schädlich. Wer mir heute mit Prognosen, Statistiken, selbst mit einer Trauermine gegenübersteht hat bei mir schon schlechte Karten. Ich glaube ihm nicht. Dazu habe ich in den letzten Jahren zu viele absurde / abgefahrene Situationen erlebt. Und auch die Ergebnisse.

Und arbeiten ist für viele ein verdammt gutes Instrument im "Kampf gegen den Krebs". Auch ich habe diese Möglichkeit ergriffen. Durch die Erkrankung verändert sich das Verhältnis zur Arbeit und auch sein eigener Einsatz. In welche Richtung, nun das ist wieder individuell. Vor kurzem wurde mir gesagt, ich solle aufpassen, ich bekäme noch einen Herzinfarkt. Meine Reaktion: Abwinken und spontane Aussage, und wenn, habe schon zwei als unheilbar eingestufte Erkrankungen überlebt bzw lebe mit ihnen, also was soll mir noch passieren. Eine Art Überheblichkeit, die man wohl erlangen kann. Wobei die Reaktion meines Gegenüber auch nicht schlecht war ... nach dem Überraschungseffekt.:).

Was mir noch spontan eingefallen ist: Ist Dir was an die Niere gegangen? So wie mir wohl was einiges im Hals stecken geblieben ist. Das ist aber eher rhetorisch in den Raum gestellt. Eine Antwort erwarte ich nicht :)

Du giltst als heilbar. Schreibst Du selber. Warum also dieser Pessimismus?
Gerade gestern habe ich ein Gedicht von Dietrich Bonhoeffer gelesen, das ich jetzt nochmals herausgesucht habe, weil ich denke das es sehr gut passt:

Optimismus

Optimismus ist in seinem Wesen keine Ansicht über die gegenwärtige Situation,
sondern er ist eine Lebenskraft, eine Kraft der Hoffnung, wo andere resignieren,
eine Kraft, den Kopf hochzuhalten, wenn alles fehlzuschlagen scheint,
eine Kraft, Rückschläge zu ertragen,
eine Kraft, die die Zukunft niemals dem Gegner lässt, sondern sie für sich in Anspruch nimmt.
Dietrich Bonhoeffer

In diesem Sinne wünsche ich Dir, dass Du den Optimismus für Dich in Dein Leben wieder aufnehmen kannst.

J.F.
17.08.2013, 08:53
Hallo conquerer,

bei Deinem letzten Post musste ich lachen. Was bitte sind zwei Jahre Altersunterschied? Nüx :D. Du bist in der Verarbeitungsphase schon einen Schritt weiter als Kerejon. Er muss sich noch mit der Situation auseinandersetzen. Dies hast Du schon hinter Dir, denn Du hast den Begriff "Zukunft" schon wieder im Repertoire. Jeder der sich mit der Zukunft auseinandersetzt kommt unweigerlich mit dem Bereich Arbeit, Arbeitsqualität, Arbeitsquantität und deren Früchte in Form von Gehalt und Rente in Kontakt.

Wenn man die Postings der hier Schreibenden heranzieht so sieht man, dass es nicht allen gleich gut oder schlecht geht.
Der eine möchte lieber keine Gleichmäßigkeit, sondern Abwechslung.
Der nächste möchte lieber nur die eine Schiene durch die Arbeitswelt ohne rechts oder links.
Der nächste möchte gerne arbeiten, kann aber nicht, sondern ist froh den Alltag so zu meistern.
Hier schreiben soo viele unterschiedliche Krebsarten mit seinen unterschiedlichsten Auswirkungen auf den Körper, dass man eigentlich garkeine Vergleiche ziehen dürfte. Auch hier gilt dann: Verallgemeinerung aller Krebserkrankungen. Und dann wundern sich einige (siehe Thread Sprüche, die keiner braucht oder so ähnlich) über die unterschiedlichsten Reaktionen der Menschen, wenn selbst Krebserkrankte nicht über den eigenen Tellerrand schauen :) und die Problematiken anderer Operationsbereiche nicht realisieren. Das geht zum Teil sogar schon in der eigenen Krebsart los. Deswegen, nicht nur die Außenstehenden müssen im Beruf und der Freizeit Vorsicht bei einigen Krebserkrankten walten lassen, sondern auch die Krebserkrankten sollten sich daran halten. In der Freizeit ist dies mit einem offenen Wort schnell lösbar. In der Berufswelt nicht. Deswegen gibt es ja in großen Firmen Vertrauenspersonen in Form von Behindertenbeauftragte. Aber auch hier ein Aber meinerseits :lach2:: Manchmal braucht es dieser Helfer nicht, selbst ist der Mensch :)

conquerer
17.08.2013, 23:31
Naja das mit dem Optimismus ist so eine Sache. Wie es aussieht ist gerade die 2. Meta im Anmarsch. Laut meinem Professor muesse man sich das als chronische Krankheit erkennen, das da immer wieder was nachkommen wird. Sicher solche Tatsachen muss man hinnehmen. Bei dem letzten Termin sagte er noch das ich aber daran in nden naechsten 2 Jahren nicht sterben muesse und das war so bloede es doch klingt eine beruhigende Aussage. Anders gesehen kann jedem immer irgendetwas passieren, von daher sehe ich das entspannt.

Nur dieses Fehlzeiten Gespraech hat mich sehr genervt, das so etwas stattfindet verstehe ich auch aber dann stetig nachzuhaken, bringt mich dann doch aus der Fassung. Ich arbeite schon 21 Jahre in dieser Firma und da kommt so ein Buebchen und will mir etwas erzaehlen was fuer mich gut ist. Da ich ein sehr impulsiver Mensch bin, muss ich mich da echt zusammenreissen. Das naechste Mal falls es zu so etwas kommt, bin ich aber vorbereitet und dann kann er sich warm anziehen. Wenn er meint er muesse seinen Fragebogen penibel abzuarbeiten werde ich ihm auf die Spruenge helfen. Der Punkt ob die Erkrankung von der Arbeit kommt zum Beispiel. Ich arbeite in der chemischen Industrie, soviel nebenbei, werde ich ihm sagen das wenn er darauf besteht alles komplett zu klaren ich gerne fuer ihn bei der Berufsgenossenschaft eine Anfrage starte mit wievielen krebserregnden Stoffen ich jemals gearbeitet habe. Mal sehen was er dann sagt der Knilch....

Das hat mich wirklich in Rage gebracht...

Mit den Studien ist das wie mit dem Internet, man schaut wiemdurch ein Schluesselloch und sieht doch nicht alles.

Die Zeit der Niedergeschlagenheit ist doch an mir vorbei gegangen, ich tue was mir Spass macht und immer oefters vergesse ich die Krankheit doch mal zwischendurch. Das war schon schlimmer wo ich wirklich fast jede Minute daran denken musste.

Wenn ich zurueckschaue auf mein Leben kann ich immerhin sagen alles genossen zu haben und mir nie gesagt habe das mache ich irgendwann mal. Ich kenne Leute in meinem Alter die sagen das tue ich wenn ich in Rente bin, ich nicht.

Ich mir tut das gut sagen zu koennen, ich wuerde nichts gros anders tun, als den Weg den ich gegangen bin...

Wer weiss vielleicht gehoerte der Krebs zu dem Weg dazu, um auch wieder klarer zu sehen...

Kerejon
18.08.2013, 01:41
Hallo J.F.,

Ich danke Dir für Deinen Beitrag, in dem Du viel Wahres ansprichst.
Ja, ich sagte ich bin noch auf der "heilbar" - Schiene. Mein Innerstes sagt etwas anderes. Und hier liegt das Problem. Man gibt mir vorerst keine Chance, überhaupt in den Verarbeitngsprozess/ Trauerphasen etc... einzutreten, augenscheinlich geht es mir gut, hab ich noch mein Gewicht, meine Haare etc.

Und hier ist der Unterschied: wenn es eine Chemotherapie geben würde, sähe das Ganze vollkommen anders aus. Ich kenne die Therapien der Erkrankungen. Bronchial- Ca... : Adjuvante Therapie... Ist ekelig und kraftraubend, aber als solche sehr wirksam. Das nur als Beispiel. Ich hingegen habe Tumor, vergleichbar einem Kleinzeller, der sich fast allen Therapieversuchen widersetzt, der einer Zeitbombe gleichkommt. Mein Selbstverständnis suggeriert mir, dass alles in Ordnung ist, mein Verstand das Gegenteil. Ich arbeite wieder und bin doch nicht der gleiche Mensch/ Arzt wie zuvor... Und das arbeitet in mir, ich kann gar nicht beschreiben, wie sich das anfühlt.

Ja... Noch heilbar...ich hab es vielleicht noch nicht kapiert... ;-)

Lieben Gruß

J.F.
18.08.2013, 13:54
Hallo Kerejon,

ich werde die eigentliche Threadanfrage mal mehr oder weniger außenvorlassen und hoffe, dass Dirk das okay findet. Ich wüsste auch nicht wo ich ansonsten auf Dein Posting reagieren sollte.

WER hindert Dich daran sich mit der Sachlage zu beschäftigen? Das könnte in der Theorie nur Du, sonst keiner. Wenn Du es zulässt das dies von außen kommen kann, dann hast DU Dich dazu entschieden. Krass, ich weiß, aber überleg doch mal. Auch Arbeitengehen ist nicht nur ein Stück Normalität, die wir alle brauchen, sondern auch ein Stück Weglaufen. Für den einen ein komplettes Ausblenden, beim anderen einfach mal Durchschnaufen von den vielen Eindrücken und Erkenntnisse, die einen da überrennen. Und sogar in den Wahnsinn treiben könnten.

Ich kenne mich mit Lungenkrebs nicht aus, würde mich daher auf sehr dünnen Eis bewegen, wenn ich so machen würde als ob ich etwas wüsste. Und das ist so überhaupt nicht mein Ding. Ich mag Fakten, Wissen aus der medizinischen Ecke, kein blabla. Ich habe mich mit der Art von Melanomen, die man nur histologisch feststellen kann, nämlich den spitzoiden, beschäftigt. Denn meins ist so ein Mistding, das sogar Professoren gelinkt hat. Letztendlich hat der OA der Uniklinik recht behalten, weil ihn die Metastase unterstützt hat. Bei jeder Patientenveranstaltung zucke ich zusammen, wenn wiedermal ein Bild gezeigt wird, das ein harmloses Muttermal zeigt. Denn es sieht aus wie meins. Alle Ärzte, denen ich ein Bild des Tumors gezeigt habe, sagen einheitlich, nee, hätten wir nicht entnommen. Und da bin ich heute noch dem einen Chirurgen dankbar, dass er als einzigster die Ruhe behalten hat und menschlich blieb.

Nebenbei es gibt noch die ein oder andere Krebsart, darunter auch die Melanome, die chemo- und strahlenresistent sind. Und wenn ich auf der Webseite der Uniklinik Würzburg die vielen Seiten über deren Schwerpunkt Nebennierenkarzinom mir ansehe, dann wird unter adjuvante Therapie Mitotane aufgeführt. Und was adjuvant heißt, nun, das muss ich Dir nicht sagen :). Und die Qualität der Therapien ist mittlerweile so gut, dass das alte Bild (Chemo = keine Haare, abgemagert bis zum Skelett etc) nicht mehr bei allen Therapien (und deren Patienten) gegeben ist.

Also nutze Deine Zeit. Nimm die Zeit des Arbeitens als Auszeit. Was verdammt schwer ist, wenn man selber die andere Seite gesehen hat. Und einen Teil Deiner Freizeit, um Dir klar zu werden wie Du mit der Krankheit umgehst und auch mit ihr lebst. Leben. Alles andere wird die Zeit zeigen. Warum soll es Dir nicht wie mir gehen? Dank seltener Art an einer scheinbar ungewöhnlichen Stelle im Gesicht und wahrscheinlich unterstützt durch eine AI habe ich mir im Laufe der Zeit (mittlerweile sieben Jahre) viele Ansagen, Sprüche und Hiobs seitens der Ärzte anhören dürfen. Manches hat sich im Laufe diverser Untersuchungen schon verflüchtigt, aber ein ungutes Gefühl blieb. Denn das auch ich ein Hochrisikopatient bin, nun, das hat man mir mehr als klar und deutlich gesagt und auch bewiesen, denn auch mein Melanom gilt als sehr aggressiv. Das es mich irgendwann kalt erwischt, nun auch damit habe ich mich auseinandersetzen müssen. Es ist also eine Frage der Zeit wie man sich mit seiner Krankheit arrangiert. Am Anfang ist dies schwer, da gibt es schon mal die Frage "lohnt sich die Anschaffung noch", aber je länger man in dieser Maschinerie der Nach- und Vorsorge ist desto eher bekommt man den "gesunden" Abstand. Von daher hoffe ich das auch Du diesen Abstand gewinnst und zu den, leider wenigen, Ärzten gehörst, die die menschliche Seite nicht links liegen lassen. Denn eins ist doch klar, die Ärzte können einen begleiten, bis zu einem bestimmten Punkt helfen, aber in den Schuhen der Patienten stecken sie nie. Was habe ich manch Arzt gewünscht, das er auch mal die Interferon-Therapie für ein paar Wochen machen muss, nur damit er weiß was er da lapidar als nicht möglich abtut, aber sehr wohl im Beipackzettel steht ....

Irgendwie habe ich während meines Schreibens gemerkt, dass dies doch sehr mit Arbeiten zu tun hat, nämlich mit Deiner Arbeit. Du stehst wahrscheinlich vor Deiner größten Herausforderung. Denn Du als Chirurg willst Menschen helfen. Hast aber selber eine Krankheit, die als unheilbar gilt. Stösst hier also an eine Grenze, die für den Menschen, für den Arzt nicht aufzuheben ist. Deswegen musst Du Dir die Zeit nehmen, um für Dich Klarheit zu finden. In Gesprächen mit Patienten, mit Kollegen, mit Freunden, mit allen, die ein offenes Ohr haben, so dass Du einen - Deinen - roten Faden finden kannst. Aber letztendlich kannst nur Du Dir helfen :)

J.F.
18.08.2013, 14:09
Hallo Conquerer,

könnte eine Metastase sein ist aber nicht gleich zu setzen mit "es ist eine Metastase". Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Wenn es danach ginge, hätte ich schon zig Metas an zig Stellen haben müssen. Was sogar MRT und PET/CT ausgesagt haben. Was aber der Pathologe dann widerlegt hat. Also erstmal Ruhe bewahren. Und die Aussage Deines Professor geht ja auch eher in diese Richtung.

Jungspunte, die in Schlüsselpositionen eingesetzt werden, aber nur die Theorie kennen, nicht aber die praktische Seite der zu beurteilenden Beschäftigung, sind häufig ein Ärgernis. Auch hier gilt: Solange sie die Praxis nicht kennen wird die Theorie (Soll) immer dem Ist hinterherhinken. Da helfen "nur" gut dokumentierte Fallbeispiele. Was für Dich Mehrarbeit heißen würde.
Die Fragebogen sind von irgendjemanden ausgearbeitet worden und allgemeingültig, so dass das Individuum zu kurz kommt. Wenn der Fragebogen jedesmal der Gleiche ist, nun, dann lass ihn Dir kopieren und Du arbeitest ihn vor :D. Und gehst dann Punkt für Punkt in Deinem Tempo und mit Deinen Schwerpunkten durch :). Austricksen nennt man das dann .... Da würde dann die Frage nach der Mitgliedsnummer bei der Berufsgenossenschaft doch gut passen :lach2:. Ob dies was bringt, ist dann eine andere Frage;)

simi1
18.08.2013, 20:14
Verzeihung, dass ich mich hier einfach so einmische, aber Kerejons Beiträge beschäftigen mich sehr.
Das, was du derzeit erlebst, haben wir in etwa andersrum hinter uns: Meine Tochter hatte einst eine gute Prognose und ist nach dem dritten Rezidiv verstorben, Mitpatienten teilweise eine sehr schlechte, sie sind seit Jahren in Remission. Wir mussten schmerzhaft lernen, dass Prognosen zwar wissenschaftsorientierte, aber doch statistisch erhobene Wahrscheinlichkeiten beschreiben. Für den Einzelfall sind sie nicht zwingend verbindlich.

Ich wünsche dir die Fähigkeit, dein Leben nicht nur unter statistische Zwänge zu stellen, sondern die guten Momente zu leben und zu genießen.
Ich wünsche dir, dass sich diese Momente zu Wochen, Monaten und Jahren summieren.

Alles Gute für dich, Kerejon!
Simi

conquerer
19.08.2013, 00:33
Naja JF da im Februar eine Metastase da war, ist davon auszugehen, das es sich jetzt auch wieder um so etwas handelt, den 3 cm Lymphknoten an der Lunge darueber denk ich schon erst gar nicht nach.

Den Arbeitsbogen brauche ich nicht mal zu kopieren, der ist jedem im Intranet zugaenglich. Man muss sich damit abfinden, das man nur eine Nummer ist umd mehr nicht. Hat man das verstanden, erspart einem das doch eine Menge Aufregung und man kann sich auf wichtigeres fixieren.

In einem Monat heisst es wieder zum Nachsehen antanzen und da werde ich mehr erfahren. Gross den Kopf darueber zu zerbrechen, lohnt es sich nicht habe ich gelernt. Nicht verrueckt machen und cool bleiben.

Fuer das das ich einen ziemlich agressiven Tumor hatte, geht es mir doch vergleichsweise gut, im Moment zumindest.

Die ganzen Statistken und Prognosen, die lasse ich aussen vor. Gerade bei so seltenen Krankheiten, bestanden die oft nur aus 10 Patienten. Und es gibt ja auch einige da laut Prognosen der Aerzte schon lange tot sein muessten.

Kerejon
22.08.2013, 00:06
Simi, J.F. Et al...,

Ich danke für Eure Nachrichten. Ich wollte mit meinem Beitrag mitnichten einen "blinden" Glauben an wissenschaftlichen Arbeiten predigen, nur weiß ich selbst das diese nicht vollends von der Hand zu weisen sind. Selbstverständlich gibt es immer und bei jedem einzelnen einen individuellen Verlauf und, wie man so schön sagt, sollte man keiner Statistik trauen, die man nicht selbst gefälscht hat ;-)
Ich habe das Glück, aufgrund der Seltenheit meines Tumors die "führenden" Docs dafür persönlich zu kennen und es steht außer Frage, das meine Situation äußerst Kritisch ist ( was eig. schon vorher klar war, da die Histologie selten lügt und das Frührezidiv dies belegen mag ).

Die Cemodosis habe ich nun extrem erhöht, leide unter den Nebenwirkungen wie blöde, da man mir sagte " jetzt alles oder nichts " und kann meiner Arbeit nunmehr nur noch eingeschränkt nachgehen. Ich kann es nur noch einmal betonen: wenn ich aus dieser Nummer rauskomme, gehöre ich zu einer Minderheit, und noch ist dies Möglich, was mir die terminale Krankheitsbewältigung verbaut. Dieser emotionale Dissens ist für mich zur Zeit nicht zu lösen, also fühle ich mich insgesamt einfach mies.

Schwer zu beschreiben, ich entschuldige mich.

Alles Liebe und Güte für Euch

simi1
22.08.2013, 00:14
Hallo Kerejon,

fürs mies fühlen muss man sich nicht entschuldigen, das gehört wohl zwangsläufig dazu. Ich denke, es ist auch in gewisser Weise sehr ungünstig und belastend, "zu viel" um seine Krankheit und die medizinischen Zusammenhänge zu wissen - Ärzte haben es da sicherlich deutlich schwerer. Ein Stück weit Unbedarftheit, Zuversicht und Vertrauen ins Schicksal sind in solchen Situationen durchaus hilfreich.

Ich will mich dennoch wiederholen und dir alles Gute und einen Verlauf wider der Statistik wünschen.

Simi

evelyn-wieda
22.08.2013, 10:45
Einen schönen Sommergruß in die Runde,

zuerst möchte ich auf das eigentliche Thema eingehen – wie macht man das mit der Arbeit. Nun, bei meiner Erstdiagnose im Jahr 2000 bin ich nach Abschluss der medizinischen Behandlungen wieder ganz normal Arbeiten gegangen. Ich war Chefsekretärin in einem großen Unternehmen und ich liebte meinen Job, warum auch immer. Nach anfänglichen guten Vorsätzen, wie z. B.: Du machst nicht so viele Überstunden, Du teilst dir deine Zeit anders ein, Du hast auch ein Privatleben, Du suchst dir ein Hobby - verfiel ich nach kurzer Zeit wieder in den alten Trott zurück und mein Lebensinhalt war mal wieder vorwiegend die Arbeit. Bei ihr kann man sich ja verdammt gut verstecken, grübelt nicht, … bis ja bis mich meine Realität 2010 eines anderen belehrte. Ich hatte Metastasen zu Hauf, trotzdem man mir damals sagte, dass ich als Geheilt gelte.

Tja, das war es mit Statistiken und Krebsformeln und so was alles. Seit dem will ich von all diesem Zahlenkram nichts mehr wissen. Es sind einfach nur Zahlen, aufgereiht, geteilt, addiert … - es berücksichtigt keine Menschen, die dahinter stehen, und ich bin ein Mensch!

Nun habe ich Glück, dass mich Ärzte betreuen, die meine persönliche Einstellung zu meiner Erkrankung, deren Behandlung und diesbezügliche Wünsche berücksichtigen und akzeptieren (was sie vielleicht denken oder nicht, ist mir wurscht). Auch habe ich mein „altes“ Alltagsleben und manche anderen persönlichen Befindlichkeiten hinter mir gelassen.

Und heute kann ich sagen, dass es mir ohne Arbeit wirklich gut geht. Sie fehlt mir überhaupt nicht. Trotzdem habe ich erfüllte Tage und lerne eine Menge an neuen Dingen dazu. Ich lebe und genieße unwahrscheinlich das Jetzt und Hier und das Morgen ist weit weg.

Gerade durch diese Einstellung habe ich mich befreit von Zukunftsängsten, von Statistiken und dem Grübeln: was, wäre, wenn.

Und Kerejon, als Arzt ist es bestimmt nicht so leicht, all den Zahlenkram hinter sich zu lassen und zu vertrauen, sich, seinem eigenen Körper. Vor längerer Zeit habe ich eine sehr gute Reportage gesehen, die sich mit dem Thema Krebs auseinander gesetzt hatte. In ihr wurde ein Prof. der Onkologie vorgestellt, der auch selber erkrankt war und seinen eigenen Weg zu sich selber in der Stille des Waldes z. B. wieder gefunden hat. Heute ist er gesund und berät seine Patienten anders – er sieht sie als Mensch mit Körper, Geist und Seele und für ihn ist das Vertrauen zu sich selber, zu den behandelnden Ärzten und der Therapie ganz wichtig, wie auch das Gleichgewicht von Körper, Geist und Seele. Fand ich sehr interessant und weiß jetzt leider nicht mehr, wie die Reportage hieß.

Du weißt doch selber, der Glaube vermag Berg versetzen bzw. Placebos heilen erstaunlich gut und können Wunder verbringen!

Was ich damit sagen will ist eigentlich, dass du vielleicht versuchen kannst, dir eine positive Chance auszumalen, an dich selber zu glauben und nicht so sehr deine Gedanken auf das konzentrierst, was sein könnte – es kommt doch meistens eh anders, als geplant.

Auch habe ich hier im Forum ein wirklich interessantes Buch entdeckt, über Nierenkrebs, geschrieben von einer Betroffenen. Dort findest du darüber alle Informationen und vielleicht hilft es dir ein wenig, dass Kopfkino anzuhalten und mal Luft zu holen.
Dies ist eine Mutmachgeschichte anderer Art
Es ist sehr interessant, wissenschaftlich erklärt.

In diesem Sinne alles Liebe für Alle und ein Kopfkino, dass man ausschalten kann.
Evelyn

Kerejon
25.08.2013, 01:45
Liebe Evelin,

Ein sehr schöner Beitrag, der mich zum Nachdenken angeregt hat. :remybussi

Kopfkino... Wow. Ein allgemein genutzter Begriff, aber für mich unglaublich passend, denn hier genau findet das Drama statt. Betroffene können es sicher nachvollziehen wie es ist, an einem Tag in Schreckensstarre vor dem eigenen Tod zu stehen, während am nächsten es erträglich scheint... meinetwegen auch Antidepressivabedingt... Kopfkino! Dein Geist, Deine Seele versucht sich zu schützen, was ihr erstaunlich gut gelingt je mehr die Tage Vergehen. Ein Freund fragte mich heute wie ich es überhaupt schaffe, des morgens aufzustehen und ich antwortete "keine Ahnung, aber morgens geht's mir immer ganz gut".

Kopfkino... Das ist ein feiner Gedanke, den ich so schnell nicht vergessen werde und in der kommenden Zeit in meinem Denken behalte.

Danke hierfür und ganz liebe Grüße.

Kolibri62
25.08.2013, 02:59
Liebe, liebe Evelyn!
Du sprichst mir aus der Seele!
Ein wunderbarer Beitrag!
Ich bin selbst nicht Betroffen, mein Mann ist es!
Aber auch wir Angehörigen leiden Höllenqualen!
Er ist Physiker und Informatiker! Sein Leben besteht nur aus Zahlen......und Sachen, von denen ich keine Ahnung habe! Für mich gab es schon immer Körper, Seele, Geist.....untrennbar verbunden! Statistik.....was ist das?
4 Wochen nach der Diagnosenstellung wußte er alles! Er wußte genau (statistisch gesehen) wie lange er noch hat! Trotz allem hat er erst einmal alle Behandlung abgelehnt.....er hatte einen genauen Plan und den hat er penibel verfolgt! Er hat den Ärzten seinen Plan vorgelegt......und siehe da, sie haben mitgemacht! Nach fast 1 1/2 Jahren geht es ihm hervorragend! Tumor ist geschrumpft, aber noch da. Metastasen im ganzen Körper, aber sie stören nicht!
Er macht Pläne für die Zukunft.........
Was seine Arbeit angeht, sie ist sehr wichtig....Hobby zum job gemacht!
Hilft ihm abzuschalten, bringt viel positive Energie......manchmal nicht so schön, da er selbständig ist und Mangel an Aufträgen Sorgen bereiten.

Kerejon, dir wünsche ich ganz viel Kraft.....und auch Gelassenheit zu akzeptieren, was du nicht ändern kannst!
Du bist bestimmt ein wunderbarer Arzt. Wenn auch die Patienten ihren Chirurg nicht immer zu Gesicht bekommen :D Kämpfe, damit sie ihn nicht verlieren!!

Conquerer, auch ein dich ein dickes Kraftpaket! Egal ob gegen die Metas oder junge Schnösel! :augendreh

Liebe Grüße Kolibri

Kolibri62
25.08.2013, 03:00
PS
Statistisch gesehen ist mein Mann seit 4 Monaten tot! :twak:

evelyn-wieda
27.08.2013, 19:19
Ein ganz liebes Hallo in die Runde,

und lieber Kerejon schön, dass ich dich ein wenig zum Nachdenken angeregt habe. Manchmal hilft ja so ein kleiner Schupps.
Weißt du, all diese Angst, all diese Schreckensvisionen, die du beschreibst, kenne ich auch. Ich stand ebenso wie wohl viele, viele Betroffene davor. Auch stand ich vor der Frage – Antidepressiva zu nehmen, halt dieses Kopfkino in den Hintergrund zu drängen. Doch durch mein Umfeld und meine Therapeutin bin ich einen ganz anderen Weg gegangen und ich habe mich von den eventuell, vielleicht, es könnte sein Szenarien befreit.

Hier in den Beitrag über Angst habe ich mehr geschrieben, wenn es interessiert:
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=60283

Und weißt du, als ich das geschafft habe, begann ich mit dem meditieren und visualisieren und kam auch dadurch wieder oder überhaupt in mein Gleichgewicht, in meine Mitte.
Genau das wünsche ich dir herzlich, lieber Kerejon, dich wieder zu finden und zu leben.

Ach ja, im Übrigen habe ich die erwähnte Reportage im Internet gefunden. Hier der Link dazu:
http://www.youtube.com/watch?v=9bOSkuF7fZc&feature=youtu.be

Liebe Kolibri,

sei herzlich gegrüßt und oh ja, die Angehören haben auch ganz viel Angst und leiden wie verrückt. Ich weiß es von meiner Tochter. Sie ist manchmal einfach auch wütend auf mich, wenn es mir mal nicht gut geht, weil sie einfach Angst um mich hat. Mein Sohn nimmt all das anders wahr und mein Freund auch. Jeder auf seine Weise und jeder ist auch auf seine Weise irgendwie alleine damit.

Ganz toll finde ich es, dass dein Mann Zukunftspläne macht. Einfach klasse. Das mache ich auch. Ich habe mir z. B. eine Collage gemacht, in der all meine wichtigen Wünsche, was ich unbedingt erleben, erreichen will, eingemalt und eingeklebt sind. Dein Mann hat sich damit aus meiner bescheidenen Sichtweise für das Leben entschieden, für seine Zeit. Das ist einfach schön.

Und positive Energie, überhaupt, positives Denken ist für mich sehr wichtig. Manche können das nicht verstehen und das ist auch vollkommen ok so. Aber mir gibt es Kraft und Freude.

So wünsche ich Euch, dir und deinem Mann, ganz viel Lebenskraft und –freude und noch viele Monate und Jahre, die wider der Statistik lebenswert schön sind.

In diesem Sinne Allen alles Gute
Evelyn

Thusnelda
15.09.2013, 16:50
Hallo Con,
mir ging es ähnlich - nach den Behandlungen musste ich mich erst wieder in die Arbeit stürzen. Jetzt nach zwei befundfreien Jahren denke ich erst ernsthaft darüber nach, wie. lange ich mich noch für andere aufreiben will und gehe zunehmend in Abstand zu meiner Arbeit, arbeite aber immer noch gern. Wahrscheinlich brauchte ich erst die Freiheit, selbst eine Haltung dazu zu entwickeln und nicht durch die Krankheit gezwungen zu werden. Allerdings bin ich auch schon 54. Da sind die Jahre bis zum Ruhestand auch schon überschaubarer. Also, bis 66 mache ich definitiv nicht. Ob es auch weiterhin keine neuen Befunde gibt, weiß schließlich niemand! Carpe Diem!
Alles Gute für euch. Thusnelda

Norma
16.09.2013, 22:26
Antwort auf die obige Frage:

Gar nicht!

Als die Diagnose feststand, war ich 47 Jahre alt; hatte 33 Jahre gearbeitet; drei Kinder bekommen und großgezogen und noch eine pflegebedürftige Mutter.

Mein Alltag bestand Jahrzehnte aus einem ausgeklügelten Minuten-Fahrplan. Jeder Tätigkeit, ob zu Hause oder in der Arbeit, wurde ein genaues "Zeitmaß" zugeordnet.

Beispiele gefällig? ;)

Zu Hause:
Spülmaschine ausräumen: 3 Minuten
Spülmaschine einräumen: 4 Minuten
Wäschetrockner leeren und Wäsche zusammenfalten: 8 Minuten
Essen kochen und selbst essen: 30 Minuten
Körperpflege: morgens 15 Minuten, abends 10 Minuten

und so weiter und so fort...

Auf der Arbeit:
Kundengespräche pro Gespräch: 3 Minuten minimum, 10 Minuten maximum
1 volle Seite Din-A4 (keine pro-Forma-Briefe), selbst erarbeitet und geschrieben: 10, höchstens 15 Minuten
Telefongespräche: pro Gespräch höchstens 5 Minuten
Ablage, wenn sie voll war: 5 Minuten

Überstunden? Habe sie nicht mehr gezählt

Pause? So gut wie NIE!
Urlaub? Ja, dann wurde die Arbeit mit nach Hause genommen.

Kollegen-Gespräche: ausgeschlossen, da in weiter Ferne


Nur mit diesem peniblen Zeitplan war es möglich, den Überblick zu behalten und sogar 6 Stunden Schlaf zu bekommen.:rolleyes:

Etwa ein Jahr vor der Diagnose meldete sich mein Körper massivst. Es war klar: Irgendetwas stimmt nicht. Da ich 47 Jahre alt geworden war, beruhigte ich mich selbst: Wechseljahre. Passte ja auch alles: Schweißausbrüche, vor allem nachts
Überschnelle Erschöpfung bis zum Denken: "Ich kann einfach nicht mehr"
Ausbleiben der Periode
Magen- und Darmprobleme
Kopfschmerzen, erhöhte Temperatur
trockene Haut etc. ...


Dann ertastete ich den Knoten in der Brust; wartete aber noch Monate, weil Fibroadenome in der Familie schon zum automatischen "Brust-Mitbringsel" gehörten.

Im Moment der endgültigen Diagnose habe ich innerlich einen rigorosen Schnitt vollzogen. SO wie bisher wollte und konnte ich nicht mehr weiter machen. Ich sah mich plötzlich nur noch wie ein gut funktionierender Roboter, der nun kaputt gegangen war.

Kopfkino?

Ja sicher! Und wie!

Was dann folgte, waren neoadjuvante Chemo, die Op (Mamma-Ablatio) und noch einmal Chemo. 30 Bestrahlungen, 10 Jahre Anti-Hormon-Therapie.

Ich erinnere mich an Arztgespräche ("Frau, warum bloß sind Sie nicht früher gekommen?") und an viele mitleidvolle Krankenschwester-Blicke.
Ich erinnere mich an alle Nebenwirkungen der Therapien.
Ich erinnere mich an meinen früheren Zeitplan und manchmal schaue ich immer noch wie selbstverständlich auf die Uhr, ob das Einräumen der Spülmaschine auch nicht länger als 4 Minuten gedauert hat. :rolleyes:
Und im nächsten Moment fällt mir ein, dass das unwichtig geworden ist. :grin:

Nun ja, nach der 1. Reha habe ich sofort den Rentenantrag gestellt und wenn ich damals gewusst hätte, dass daraus ein 7jähriger "Rentenkampf" entstehen würde... mein Kopfkino hätte wohl völlig verrückt gespielt.

Richtig "befreit" fühlte ich mich erst, als die Dauerrente bewilligt wurde.

Ich bin kein funktionierender Roboter mehr; ich LEBE! :)
Trotz aller körperlichen Einschränkungen, die sich im Laufe der Zeit eingestellt haben: Die Erkrankung hat mir die Augen geöffnet und auch dafür bin ich dankbar.


Liebe Grüße an Alle
Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann

Flauschekoepfchen
18.07.2016, 21:17
Gerne möchte ich diesen Thread wieder zum Leben erwecken...

Im Mai 2016 kam ich nach der Chemotherapie und Bestrahlung frisch gestärkt aus der Reha zurück. Ich fühlte mich gut und wollte unbedingt wieder arbeiten gehen. Auf die langsame Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell hatte ich eigentlich keine Lust, da ich direkt wieder zu 100% dabei sein wollte.

Wie ich allerdings schnell gemerkt habe, ist das Leben mit Krebs wohl doch ein anderes als zuvor. 5 Tage die Woche, jeweils 8-10 Stunden täglich im Büro sitzen und Leistung bringen das geht im Moment nicht. Nach der 4-wöchigen Wiedereingliederung habe ich 3 Wochen lang wieder Vollzeit gearbeitet. Ich habe allerdings gemerkt, wie ich von Tag zu Tag gestresster war. Ich war regelrecht fertig mit der Welt, wenn ich am späten Nachmittag nach Hause kam.

Da es so nicht weiter gehen konnte, habe ich das Gespräch mit meinem Chef gesucht und wir haben vereinbart, dass ich zunächst jeweils einen Tag pro Woche (Rest-)Urlaub nehme und zusätzlich einen Tag pro Woche von zu Hause arbeiten. So bin ich wöchentlich nur drei Tage im Büro und es bleibt zudem viel Zeit zum Erholen, Zeit für mich. Ich bin sehr glücklich, dass mein Chef an dieser Stelle so verständnisvoll und entgegenkommend ist.

Durch den vielen Resturlaub, der krankheitsbedingt die letzten zwei Jahre angefallen ist, kann ich das locker bis Ende des Jahres so weiter machen und ich habe mir auch eingestanden, dass ich diese Zeit brauche. Ich hoffe sehr, dass mir die Zeit gut tun wird. Es ist wichtig, dass ich mir diese Zeit nehme, das merke ich jeden Tag aufs Neue.

Ich würde mich freuen, wenn ihr auch von euren Erfahrungen bzgl. des Arbeitens nach der Therapie berichtet...

Frank Emm aus Weh
07.12.2016, 12:25
na dann flöße ich diesem Thread auch noch ein bisschen neues Leben ein :)

ich habe eine dreimonatige Wiedereingliederung hinter mir, begonnen mit 4 Stunden täglich, und gleichmäßig bis auf 7 Stunden gesteigert.
Schon die ersten 2 Wochen waren viel anstrengender als ich erwartet hatte, und ich bin nach dem "Halbtagsjob" jeden Tag vollkommen erledigt auf's Sofa gesunken und sofort eingeschlafen. Je länger die tägliche Arbeitszeit wurde, desto weniger war ich in der Lage, abends noch irgendwelche produktiven Dinge zu tun, die ich sonst immer sehr gerne mache, wie z.B. etwas kochen, Musik machen oder an dem Soundmix meiner Musikaufnahmen rumzuschrauben.
Mit zunehmender Arbeitszeit nahm auch die Arbeitsintensität zu, und dabei machten sich immer mehr meine Defizite in puncto Konzentrations- und Merkfähigkeit bemerkbar, die sich seit den Chemos leider kaum gebessert haben. Das macht die Sache noch anstrengender.
Zudem ging von Montag bis Freitag meine Erschöpfungskurve immer steil aufwärts, sodass ich das Wochenende immer komplett zur Erholung brauchte. Bestenfalls ein längerer Spaziergang oder eine kleine Fahrradtour war mal drin.
Ich war schon so weit, ernsthaft über eine Halbtagstätigkeit nachzudenken, weil ich ein Leben, welches zukünftig nur aus Arbeit und schlafen besteht, nicht besonders attraktiv finde.
Dann kam noch dazu, dass ich kurz nach Erreichen der vollen Arbeitszeit ganz langsam und vorsichtig wieder mein früheres Training im Sportstudio aufgenommen habe, zunächst zweimal pro Woche. Damit war ich dann vollkommen am Anschlag, und es ging mir nur noch darum, mal auszuprobieren, wie lange ich das so durchhalte.
Aber dann folgte eine Überraschung: ich merkte, dass die notwendigen Erholungszeiten (z.B. auf dem Sofa liegend oder schlafend) zunächst immer kürzer wurden, und manchmal fiel es mir sogar leicht, ganz darauf zu verzichten. Das liegt nun ein paar Wochen zurück, und inzwischen kehrt so etwas wie ein bisschen Lebensqualität auch nach Feierabend wieder zurück.

Mir ist aber klar, dass ich das nicht für ewig so weitermachen kann. Mir hilft die Aussicht, dass ich wegen der Schwerbehinderung in vier Jahren sowieso in Rente gehen kann, und dass ich diese Zeit je nach Fitnesszustand und Arbeitssituation ggf. auch noch etwas verkürzen kann. Eine Reduzierung der tägl. Arbeitszeit wäre ggf. ja ebenfalls noch möglich. Das versuche ich aber zu vermeiden, weil es das Verhältnis Aufwand/Nutzen wegen weiter Anfahrt, nötiger Zweitwagen u.s.w. doch sehr verschlechtert.
Das interessante ist, dass sich die Kosten-Nutzen-Rechnung, die im Moment noch ganz klar für's arbeiten spricht, alle paar Wochen ein winziges Stückchen in Richtung zu Hause bleiben verschiebt.
Falls ich das unfassbare Glück haben sollte, weiterhin gesund zu bleiben, wird irgendwann in diesem Leben mal ein Tag kommen, von dem an es finanziell nicht mehr ganz so wichtig ist, ob ich arbeite oder nicht, und an dem der Freizeitwert überwiegt. Und an dem Tag bleibe ich einfach im Bett und denke darüber nach, was ich an allen folgenden Tagen mit meiner vielen Freizeit anstellen werde ;)
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Diagnose Kardia-Karzinom Juli 2015 T3 N1 M0
Neoadjuvant Bestrahlung/Chemo Sept - Nov 2015
OP Magenhochzug Dez 2015
Reha Jan 2016
seitdem geht's .... :)

mate
28.12.2016, 08:40
Hallo,

ich bin 58 Jahre alt und bei mir ist im Frühjahr 2014 ein mittelaggressiver Prostatakrebs gefunden worden und im Sommer wurde die Prostata mit einer DaVinci OP heraus operiert. Nach der OP machte ich eine Reha und arbeitete nach insgesamt 6 Wochen wieder 100% als Gruppenleiter in einer Behindertenwerkstatt. Nach Monaten stieg mein auf 0 reduzierter PSA Wert wieder langsam an und Herbst 2015 ließ ich die Prostata bestrahlen mit anschließender 2. Reha. Bei den Bestrahlungen legte ich diese in meine Mittagspause und arbeitete anschließen wieder weiter.

Die Bestrahlung half nur kurzfristig und dieses Jahr stiegen die PSA Werte wieder langsam an, die letzten 3 Monate verdreifachten sie sich dann und meine PSA Werte sind nun wieder bei 2,1.
Nun bekomme ich weibliche Hormone, 3 Monatsspritze une mit einer genauen PET/CT Untersuchung wurden 3 auffällige Punkte um fehlende Prostata gefunden, ein Punkt im Bauchbereich.

Zudem ein 2x2,2 cm großer Kopftumor, der sich als gutartig herausgestellt hat, erst einmal 6 Monate beobachtet wird.

Und nun zum obrigen Tema. 2.5 Jahre war mir bei meiner Erkrankung wichtig gewesen, möglichst schnell wieder in die Arbeit voll integriert zu werden, ich wurde auch am Arbeitsplatz gelobt dafür, wie fleißig ich dort auf einmal wurde.

Dieses Jahr im Sommerurlaub, nach Wieder Anstieg der PSA Werte, nach neuen Mehrbelastungen am Arbeitsplatz, nach Erschöpfungszuständen Nachmittags dort überlegte ich mir, die Arbeitsbelastungen tun meiner Erkrankung nicht mehr gut, beschleunigen vielleicht sogar diese.

Am Tag meiner Kopftumor Diagnose entschied ich mich wie im Affekt, mich jetzt länger krank schreiben zu lassen und mich nun wirklich meiner wieder Erkrankung ganz zu stellen. Mittlerweile nach 6 Wochen krank denke ich, ich möchte gar nicht mehr weiter arbeiten. Ich mache Gymnastik, gehe jeden Tag in die Natur, pflege nun mehr soziale private Beziehungen und Freundschaften, aktiviere alte Freundschaften wieder und interessiere mich auch neben der traditionellen Medizin für alternative Behandlungsmethoden.
Dafür hatte ich beim Arbeiten gehen nie richtig Zeit gehabt.

Seit über einem Jahr habe ich mir auch psychologische Hilfe von einem Psychologen geholt und verlängere diese Hilfe zum Ende dieses Jahres.

Interessanter Weise muss ich privat mit meiner Frau kämpfen, das sie akzeptiert, das ich fortgeschritten an Krebs erkrankt bin. Anfangs in der Familie auch. Auch die behinderten Menschen, meine Kollegen am Arbeitsplatz, wollen, das ich schnell wieder arbeite.

Es haben, hatten eben viele Menschen einen Vorteil davon, wenn ich gearbeitet habe. Finanziell und auch einfach, weil ich einen helfenden Beruf gehabt habe. Das hat es mir auch so schwer gemacht, in einem sozialen Beruf anzufangen, an mich selber zu denken, weil das zuerst einmal auch bedeutet, das andere Menschen dadurch auch Nachteile haben.

Gut, das ist meine Geschichte und mir geht es trotz verschiedener medizinischer Baustellen recht gut körperlich und ich arbeite daran, auch meine Kopf zunehmend zur Ruhe zu bringen jeden Tag mit positiven Wort-Gedanken Denkübungen, Meditationen und auch mit einer täglichen Dankbarkeit, was ich täglich trotz Erkrankung positiv machen und auch erleben darf.

Freundliche Grüße an alle Leser,

MT.:-)

Flauschekoepfchen
30.01.2017, 20:55
Einen schönen guten Abend. Ich hoffe, ihr genießt alle euren Feierabend.

@Frank: Wie war denn dein Feierabend die letzten Wochen so? Konntest du weiterhin Fortschritte erkennen oder hast du noch immer viele Tage, an denen du nach der Arbeit einfach nur platt bist? Ich wünsche dir sehr, dass du wieder mehr Energie gewonnen hast und du den Tag und auch den Abend genießen kannst. Du wirst die für dich richtige Entscheidung treffen und vielleicht kannst du wirklich schon bald deutlich kürzer treten bei der Arbeit und deine Lebensqualität steigern.

@mate: Puh... das klingt verdammt heftig, was du die letzten Jahre geleistet hast. Wahnsinn! Ich kann sehr gut verstehen, dass du schnell wieder arbeiten und in deinen Alltag wolltest. Auch ich wollte das. Ich habe auch erst ganz naiv gedacht, dass ich zwischen den Chemo-Zyklen und nach der Bestrahlung arbeiten kann... aber ich wurde schnell eines besseren gelehrt. Und dafür bin ich dankbar. Die Krebstherapie ist unbeschreiblich anstrengend für den Körper... aber wem sage ich das... da muss man sich wohl einfach die Zeit und Ruhe gönnen, die der Körper braucht. Er braucht viel Kraft und ich finde es erstaunlich, dass du das alles geschafft hast. Aber jetzt ist es vielleicht wirklich an der Zeit, dass du etwas kürzer trittst und dir Zeit für Dinge nimmst, die dir gut tun. Dass deine Familie und deine Freunde Schwierigkeiten haben das zu akzeptieren, das sollte dich aber nicht daran hindern. Höre auf dein Bauchgefühl, du wirst das Richtige tun.

Frank Emm aus Weh
31.01.2017, 11:41
@ Flauscheköpfchen
das Arbeiten ist nicht wirklich leichter geworden, aber man lernt, mit den Kräften immer besser hauszuhalten. Der Sport nach der Arbeit macht tatsächlich wieder richtig Spaß, und ich freu mich schon wie Bolle, im Frühjahr wieder mit dem Mountainbike durch den Wald zu semmeln.
Insgesamt fühlt sich Arbeiten und Freizeit für mich derzeit noch einigermaßen gut an, aber ich habe mich inzwischen dazu entschieden, den frühesten Ausstieg zu nehmen, der mir allzu große finanzielle Verluste gerade noch erspart. Das wäre schon in etwas mehr als einem Jahr. Yeey! :)
Dafür gibt es für mich mehrere Gründe:
1. während des zurückliegenden Jahres, welches ich ja größtenteils noch krankgeschrieben war, habe ich ein paar wirklich tolle Hobbys (wieder-)entdeckt, und erst jetzt , wo ich keine Zeit mehr dafür habe, merke ich, wie sehr ich sie vermisse und mich darauf freue, diesen für mich sehr wichtigen Dingen mehr Zeit widmen zu können.
2. Ich beginne gerade damit, meine "Krankheitskarriere" dazu zu nutzen, anderen Betroffenen in Ihrer Situation zu helfen. Nicht nur im Internet, sondern vor allem auch durch persönliche Gespräche im Krankenhaus kann ich als selbst Betroffener anderen Patienten und Angehörigen glaubhaft Mut machen, den bevorstehenden ärztlichen Maßnahmen zu vertrauen und den Kampf gegen die Krankheit optimistisch aufzunehmen. Gespräche mit den betr. Kliniken führe ich gerade.
Das wird wahrscheinlich zunehmend zeitintensiv, und ich kann das erst dann voll umsetzen, wenn ich auch die erforderliche Zeit dafür habe.

@mate
ich finde es wirklich bewundernswert, dass du trotz deiner sehr schweren Zeit und widrigster Umstände immer im Blick hattest, was deine nächsten Mitmenschen von dir erwarten, dass sie dich brauchen, und dass sie ebenfalls davon profitieren, wenn du arbeitest. Und ganz bestimmt ist es auch - in einem gewissen Maß - für dich selbst wichtig und ein gutes Gefühl, dadurch helfen zu können, gebraucht zu werden u.s.w..
Ich kann dir aus meiner etwas ähnlichen Situation heraus nur sagen, dass es gut ist, dabei immer mal wieder in sich selbst hineinzuhorchen, um herauszufinden, ob sich das ganze für dich selbst wirklich noch gut anfühlt. Es ist sicher nicht falsch, dabei eine gesunde und angemessene Portion "Egoismus" zu entwickeln. In unserer Situation sollte es nicht immer nur darum gehen, was andere (und sei es der eigene Partner) von uns erwarten, was sie brauchen oder was ihne gut tut. Bei der weiteren Lebensplanung dürfen wir uns ruhig etwas mehr selbst in den Mittelpunkt stellen und z.B. unsere zukünftige Lebenszeit mehr den Dingen widmen, die uns wirklich wichtig sind. Wenn das die Arbeit (z.B. in einem Sozialberuf) ist, dann ist das eben der richtige Weg. Wenn man aber meint, seine Zeit anders sinnvoller einsetzen zu können, dann sollte man vielleicht tatsächlich daran denken, seinen eigenen Vorstellungen zu folgen.

Hört sich einfach an, ist nur manchmal gar nicht so leicht, überhaupt klar zu erkennen, was uns wirklich wichtig wäre. Und wenn man es erstmal erkannt hat, dann auch den Mut und die Entschlossenheit zu finden, es konsequent umzusetzen.
Wie Flauscheköpfchen schon sagt: mehr auf den Bauch hören :)

Alles Gute weiterhin euch beiden !
LG,
Frank