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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Psychologische Begleitung? Einbezug des Partners?


13.01.2002, 17:15
Hallo! Ich bin Psychologische Psychotherapeutin und Leiterin einer großen Verhaltenstherapie-Ambulanz, die nicht nur psychologische Therapien anbietet, sondern auch Forschung betreibt. Wir planen, ein Therapieangebot für Patientinnen mit Brustkrebs, das in Australien entwickelt wurde und wissenschaftlich überprüft wurde, hier in Deutschland, genauer Braunschweig, einzuführen. Dieses psychologische Programm besteht hauptsächlich im Einbezug von Beziehungspersonen der Erkrankten. Von der Diagnoseverkündung bis zu einem halben Jahr nach der letzten Behandlung wurden die Patientinnen und ihre Angehörigen begleitet. Dabei ging es hauptsächlich um die Vermittlung von den am besten geeigneten Strategien für eine gemeinschaftliche Bewältigung der Diagnose und der Therapie (Wie kann ich mit meinem Partner/mit meiner erkrankten Partnerin über die Diagnose/Ängste/Aufgaben reden; Erarbeitung von individuell (evtl. von Woche zu Woche wechselnden) hilfreichen Unterstützungsmaßnahmen durch den Partner; Umgang mit dem veränderten Körper; Sexualität). Dieses Programm kann entweder durch persönliche Kontakte mit der Therapeutin (die auch ins Haus kommt) durchgeführt werden oder als angeleitete Selbsthilfe (Arbeitsbücher und regelmäßige Telefonkontakte). Die Studie ergab, daß die Teilnehmerinnen weniger depressiv waren, sich weniger belastet fühlten, sich leistungsfähiger fühlten, höhere Partnerschaftliche (Ehe-)zufriedenheit aufwiesen und positiver zu ihrem Körper eingestellt waren am Ende des Programms im Vergleich zu vorher und im Vergleich zu Patientinnen, die dieses Programm nicht durchliefen.
Meine große Frage an alle Betroffenen: Was meinen Sie? Wäre so ein Programm auch hier in Deutschland nützlich? Hätten/würden Sie es u.U. angenommen haben/annehmen? Oder sagen Sie, auch psychologische Hilfestellung ist bereits genügend vorhanden, bzw. nicht nötig? Ich wäre sehr an Ihren Antworten interessiert und bedanke mich schon jetzt für Ihre Bemühungen. Dr. Brigitte Schröder, Dipl.-Psych.

13.01.2002, 20:02
Hallo Frau Dr. Schröder,
ich bin seit April 01 an Brustkrebs erkrankt. Gleich nach Diagnosestellung war mir klar, dass ich psychotherapeutische Hilfe benötige, um mit meinen Ängsten besser umgehen zu können. Das Problem war, dass ich 6 Monate gebraucht habe, um einen Therapeuten in der Nähe meines Wohnortes zu finden, mit dem ich arbeiten kann. Die Praxen der "guten" Therapeuten sind total überfüllt - das heisst - Wartenzeiten bis zu einem Jahr sind die Regel!
Ich habe nun einen Therapeuten gefunden, der erst vor kurzem seine Praxis eröffnete und somit auch noch zeitliche Kapazität frei hatte. Auch finde ich die Einbindung des Partners sehr wichtig. Ich denke, dass ein Programm, wie Sie es sich vorstellen, sehr sinnvoll und nach meinen Erfahrungen sehr wichtig ist.
Liebe Grüße - Gerda

14.01.2002, 13:48
Liebe Frau Dr. Schröder,
ich bin selbst erkrankt und halte dieses Programm für sehr sinnvoll. Nicht alle Frauen leben aber in einer
Partnerschaft. Gibt es für diese Gruppe auch spezielle psychologische Programme?
Liebe Grüsse, Ilona

14.01.2002, 17:38
Liebe Gerda, liebe Ilona,
vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Liebe Ilona, in dem Programm wird immer eine nahe Bezugsperson mit einbezogen. Dies muß nicht unbedingt der Partner sein. Es kann auch ein Familienangehöriger (erwachsenes Kind, Mutter, Schwester..) sein oder ein nahestehender (örtlich und zeitlich erreichbarer) Freund oder Freundin.
Liebe Gerda, es ist leider eine bekannte Tatsache, daß es aufgrund der mangelhaften Versorgungssiuation in Deutschland häufig nicht möglich ist, ohne lange Wartezeiten eine Psychologische Psychotherapie zu bekommen. Helfen können aber oftmals (schneller) die Ambulanzen der Psychologischen Institute der örtlichen Universitäten (wenn man in einer Universitätsstadt lebt) oder aber auch die Ambulanzen von staatlich anerkannten Weiterbildungsinstituten für Psychlogische Psychotherapeuten. Solche Ambulanzen findet man u.a. auch über die örtliche Kassenärztlichen Vereinigungen (sog. KVen, zu finden in den Telefonbüchern). Diese Ambulanzen sind von den KVen ermächtigt, d.h. man kann dort seine psychologische Therapie über die Krankenkassen-Chipkarte abrechnen lassen.
Herlichen Gruß, von Brigitte Schröder