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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Niertumor mit Metastasen in den Knochen


05.04.2004, 12:09
Bei meiner Schwester wurde ein Nierentumor mit starkem Metastasenbefall der Knochen festgestellt. Sie liegt in der Klinik. Bis jetzt wurde außer Untersuchungen nichts Unternommen. Der Oberschenkel, die Wirbelsäule, das Becken usw. - alles ist betroffen. Sie kann nicht mehr gehen. Jetzt wollen die Ärzte bei einer Operation die Knochen stärken, da ein Bruch befürchtet wird. Meine Schwester lehnt das ab - sie fühlt, dass ihr nicht mehr zu helfen ist. Was sollen wir tun? Wer von Euch hat hier einen Rat und wie sehr Ihr die Lebenserwartung (von den Ärzten maximal 12 Monate).

05.04.2004, 15:59
Hallo liebe Gabi,
zunächst möchte ich zum Ausdruck bringen, dass vermutlich alle hier im Nierenkrebs-Forum durch Deinen Hilferuf genauso betroffen sind wie ich. Trotzdem hast Du vermutlich deshalb immer noch keine Antwort erhalten, weil ich (wie vermutlich die anderen auch) nicht recht einschätzen kann, was da bei Deiner Schwester wirklich los ist. Wir kennen den Nierenkrebs eigentlich als sehr langsam wachsendes Gebilde, das meistens zunächst in der Lunge Metastasen bildet und in den Knochen erst sehr spät solch dramatiche Probleme macht, wie Du sie da schilderst. Jedenfalls wird man immer versuchen, zunächst die befallene Niere zu entfernen, bevor man sich um die Tochtergeschwulste kümmert. Kann es sein, dass der Ursprung der Erkrankung Deiner Schwester etwas anderes als der hier diskutierte Nierenkrebs ist? Ich glaube es ist ganz wichtig, dass Ihr (zusammen mit Deiner Schwester) das Gespräch mit den Ärzten sucht, damit Euch erklärt werden kann, was die Behandlungsstrategie sein soll. Die vorgesehene OP zur Stabilisierung der Knochen bedeutet für mich jedenfalls, dass man eben NICHT aufgegeben hat.
Vor Allem möchte ich Euch als "Langzeit-Überlebender" eine dringende Mahnung auf den Weg geben: Fragt nicht und rechnet nicht in Kategorien von "maximaler Lebenserwartung"! Die Aussagen dazu können nur Panik erzeugen und den Blick für das Wichtige verstellen: JETZT leben wir und das letzte, was wir uns nehmen lassen sollten ist die Hoffnung!

Ich wünsche Euch viel Kraft!
Herzliche Grüße
Heino

Rudolf
06.04.2004, 00:44
Liebe Gabi,
Heino hat leider allzu recht. Dein Hilferuf macht mich betroffen, und ich weiß nicht, was ich Dir Vernünftiges schreiben kann.
53 Jahre ist ja wirklich kein Alter, wo man sagen kann: ok, das war mein Leben, es war lang und schön, und es ist an der Zeit, daß ich meine Zelte hier abbreche, um in die ewige Heimat zurückzukehren.
Aber zum einen werden wir nicht nach einem Wunschdatum gefragt, zum anderen ist eine Heilung nicht absolut ausgeschlossen.

Ist der Tumor erst jetzt entdeckt worden? Aufgrund welcher Beschwerden? In der Tat ist es eher selten, daß sich Metastasen zuerst in den Knochen zeigen.
Welcher/welche Knochen soll/sollen durch eine Operation stabilisiert werden? Wäre es mit nur einer Operation getan?
Vermutlich ist Deine Schwester nicht fit genug, um eine Immun-Chemo-Therapie zu machen. Oder? Hat sie überhaupt ein Nierenzellkarzinom? Oder ist es ein Nierenbeckentumor, dann wohl Urothelkarzinom?

Ein Beispiel, das ich von einem Onkologen hörte: Ein Mann kommt mit Atembeschwerden zum Arzt. Man entdeckt Lungen-Metastasen irgend eines Tumors. Nach einigem Suchen findet man als Primärtumor ein Nierenzellkarzinom. Wegen der Lungenmetastasen kann/soll zunächst keine Nierenoperation durchgeführt werden. Man beginnt sofort mit einer Immun-Chemo. Und siehe da, als nach einigen Zyklen die Metastasen weg sind, ist auch der Primärtumor in der Niere weg. Hoffnung gibt es also durchaus.

Es kann hilfreich sein, eine zweite Meinung einzuholen. Vielleicht von einem Onkologen, falls der erste Arzt ein Urologe ist. Oder umgekehrt.
Wenn denn schulmedizinisch keine Krebstherapie gemacht werden kann oder soll, ist auf jeden Fall die Mistel-Therapie einen Versuch wert. Ich selbst habe allein damit etwa 20 Lungenmetastasen entlassen, bis auf zur Zeit noch eine. Zumindest kann durch die Mistel die Lebensqualität verbessert werden.

Über die Lebenserwartung etwas zu sagen, wäre eine Art Roulette. Wobei die getroffenen Zahlen Monate oder Jahre sein könnten. Mir wurden auch 12 - 18 Monate zugebilligt, ohne Chemo. Das war vor 37 Monaten. Und ich habe mich nie richtig krank gefühlt, auch jetzt nicht.
Ich wünsche Euch allen viel Kraft, Geduld und auch Ehrlichkeit.
Liebe Grüße
Rudolf

06.04.2004, 07:24
Ich danke Euch ganz herzlich für die Antworten. Es handelt sich tatsächlich um ein Nierenzellkarzinom. Aber die Krankheit ist so weit fortgeschritten, dass die Entfernung der Niere nicht mehr durchgeführt wird. Heute mittag wird am Steißbein in einer Op eine Verstärkung angebracht. Moni darf sich nicht einmal im Bett mehr aufsetzen geschweige denn aufstehen, da die Ärzte ständig mit einem Bruch rechnen. Wir haben schon mehrere Gespräche mit den Ärzten geführt. Aber sie vermitteln mir das Gefühl, dass sie nicht wissen, wie es weitergehen soll.
Unsere Moni ist sehr gefaßt und wir sprechen auch viel über den Tod. Und doch ist eine unendliche Hoffnung vorhanden, dass es doch irgendwie weitergehen wird.
Drückt uns die Daumen für die Op.
Herzlichen Dank
Gabi

07.04.2004, 07:05
Lieber Rudolf, lieber Heino,
zuerst einmal herzlichen Dank für Eure Worte. Es tut ungeheuer gut, wenn man sich austauschen kann. Es ist so schwierig, ein Gespräch mit einem Arzt zu bekommen. Meine Schwester Moni wurde gestern am Lendenwirbel operiert. Er wurde verstärkt, da eine Querschnittslähmung bevorstand. Ansonsten wird vermutlich keine Operation mehr durchgeführt. Könnt ihr mir sagen, was es bedeutet, dass die Niere nicht entfernt wird?
Als ich gestern in der Klinik war, war jemand von der Sozialberatung anwesend (obwohl meine Schwester von der Narkose noch ganz benommen war). Wenn meine Schwester ihn richtig verstanden hat, solle sie sehr bald aus der Klinik entlassen werden, da sie dann wesentlich schneller in einem Hospiz aufgenommen würde.

Verstehe ich es wirklich richtig - Sterben???

Viele Grüße und Danke
Gabi

07.04.2004, 08:34
Hallo Gabi,
wenn die Ärzte die befallene Niere nicht entfernen können, liegt das womöglich an der Ausbreitung des Tumors über wichtige Blutgefäße und Nervenbahnen? Ich erinnere mich an meine Aufnahme-Untersuchung in der Urologie vor 11 Jahren: Es wurde sehr ausfühlich die Lage per Ultraschall untersucht, bevor entschieden wurde ob und mit welcher Methode operiert werden kann. Lasst Euch doch einmal erklären, warum man nicht operieren will.
Vielleicht gibt es ja für Deine Schwester die Möglichkeit, die Tumor-Masse zu reduzieren, indem man die Immun-Chemo-Therapie mit Interferon, Interleukin und 5FU anwendet? Sprecht mit den Ärzten, ob sie da eine Chance sehen, den Tumor soweit zu reduzieren, dass er operabel wird? Womöglich ist es aber auch nötig, eine Zweitmeinung einzuholen, kompetente Kliniken findet Ihr unter anderem unter http://www.nierenkrebs.de oder Euer Hausarzt nennt Euch da weitere Spezialisten.

Herzliche Grüße
Heino

13.04.2004, 07:23
Lieber Heino,
ich möchte mich bei Dir ganz herzlich für Deine Antwort danken. Leider haben wir jetzt die Gewissheit bekommen, dass leider nichts mehr zu machen ist. Das gesamte Skelett ist befallen, gestern wurde noch festgestellt, dass die Lunge auch befallen ist.
Sie wollten ja eigentlich diese Woche noch die Hüfte und den Oberschenkelknochen bei einer Operation stärken. Aber gestern fiel die Entscheidung, dass nichts mehr gemacht wird. Wir haben die Aufgabe, einen Platz zu suchen, wo sie ihre letzten Tage verbringen kann.
Ich verabschiede mich nun, da ich total verzweifelt bin und Euch nicht mit in den Abgrund ziehen möchte.

Euch allen ganz herzlichen Dank.

Viele Grüße
Gabi

13.04.2004, 08:11
Liebe Gabi,
Du ziehst uns nicht in den Abgrund (zumindest mich nach der Feier der Auferstehung Christi nicht). Ich denke an Euch und schließe Euch in mein Gebet ein.
Ich wünsche Euch, dass es gelingt, Schmerzfreiheit herzustellen. Nutzt die Zeit, beieinander zu sein und Deiner Schwester die Gewissheit Eurer Liebe zu geben.
Uns allen wird wieder bewusst, wie ernst diese Krankheit ist!
Hab' bitte keine Scheu, auch weiter hier um Rat zu fragen.

Liebe Grüße
Heino

Rudolf
13.04.2004, 14:49
Liebe Gabi,
wir alle, die wir Krebs haben oder hatten, da ist kein Unterschied, stehen vor der Frage: Wie lange noch? Wieviel Zeit habe ich noch? Sterben und Tod rücken ins Bewußtsein.
Ich wurde daran erinnert, daß "ein Ende mit mir haben wird" (Brahms, Requiem). Da spielt es keine Rolle, ob das in wenigen Wochen oder vielen Jahren sein wird.
Aus diesem Grunde kannst Du niemanden in den Abgrund ziehen. Denn der Tod ist kein Abgrund. Für mich nicht. (Ich kann ja nur für mich sprechen.)
Heino hat das sehr schön gesagt: Lebt ganz bewußt die Zeit, die Ihr mit Eurer Schwester noch habt.
Und laßt Euch trösten, von denen, die Krebs haben oder hatten. Und von Moni selbst. Ich denke an Euch.
Liebe Grüße
Rudolf

17.06.2004, 09:40
Hallo Ihr alle,
ich wollte mich heute - nach dieser langen Zeit - nochmals kurz melden. Wir haben fürchterliche 10 Wochen hinter uns. Damals wurde der Nierenkrebs bei meiner Schwester festgestellt. Am 11.06.04 ist sie gestorben.
Innerhalb dieser 10 Wochen hat dieser Krebs meine Schwester vollkommen zerstört. Und uns alle mit.
Vielleicht kennt ihr das Lied von Ludwig Hirsch: Komm, großer schwarzer Vogel.
Es ist im Moment alles, was übrig geblieben ist.
Ich wünsche Euch allen von ganzem Herzen viel, viel Glück
Macht's gut.
Gabi