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30.04.2004, 18:47
Über Risiken und Nebenwirkungen mit dem Patienten reden

Arznei-Aufklärung ist Ärztepflicht
von Diana Niedernhöfer

Gespräch, Untersuchung, Diagnose und dann noch schnell das Rezept ausgestellt. Doch Vorsicht!
Wer bei der Medikation nicht gründlich aufklärt, macht sich regresspflichtig, wenn der Patient zu
Schaden kommt.
„Die Aufklärung über zu verordnende Medikamente wird bei den Ärzten oft vernachlässigt“, weiß
Rechtsanwalt Dr. Karl-Otto Bergmann aus Erfahrung. Viel zu oft drücken Ärzte ihren Patienten einfach ein
Rezept in die Hand, ohne wesentliche Dinge abgeklärt zu haben.
„Es genügt nicht, den Patienten bei der Medikation über Wirkung und Dosierung des Mittels aufzuklären“,
sagt der auf Arzthaftungsrecht spezialisierte Jurist. Vielmehr müsse der Arzt selbst und eigenverantwortlich
über Nebenwirkungen informieren und – ganz wichtig – eventuelle Unverträglichkeiten gegen die
eingesetzten Wirkstoffe beim Patienten abklären.

Selbst und eigenverantwortlich bedeutet zum einen, dass der Arzt nicht mit der Eigenverantwortung des
Patienten rechnen darf. Er darf also nicht darauf vertrauen, dass der Patient ihn ungefragt über Allergien,
Unverträglichkeiten und Krankheiten informieren wird oder den Beipackzettel liest.

Aber auch auf die Angaben im Beipackzettel darf sich der Mediziner nicht verlassen. „Der Arzt darf diese
nicht ungeprüft übernehmen, sondern muss den Patienten auf Übertreibungen oder Verharmlosungen im
Beipackzettel hinweisen“, erklärt Bergmann. Bei Unsicherheiten müsse er sich sogar selbst beim Hersteller
informieren.
Denn der Beipackzettel soll in erster Linie den Hersteller entlasten. Er dient weniger dazu, Arzt, Patient
oder Apotheker aufzuklären. Vielmehr erfüllt der Pharmazeut damit die gesetzliche Pflicht, dem
Medikament Warnhinweise beizufügen.

Nur wenn der Apotheker den Kunden persönlich kennt, muss er nachfragen

Auch auf den Apotheker darf sich der niedergelassene Arzt nicht verlassen. „Dieser muss seinen Kunden
im Regelfall eines normalen Verkaufs nicht über Nebenwirkungen informieren oder Unverträglichkeiten
abklären“, erklärt Bergmann. Nur wenn er den Kunden kennt oder in einem Gespräch nähere Informationen
erhält, die ihn aufhorchen lassen, muss er beispielsweise nachfragen, ob der Käufer vielleicht gegen einen
Wirkstoff allergisch ist.

Die Aufklärungspflicht bei der Medikamentengabe gehört laut Bergmann unmittelbar zum
Behandlungsauftrag des Arztes. Klärt dieser nur unzureichend auf, macht er sich daher regresspflichtig,
wenn sein Patient im denkbar schlimmsten Fall ein Mittel einnimmt und zu Schaden kommt.
Doch auch in weniger dramatischen Fällen ist der Arzt schadenersatzpflichtig: Der Patient bemerkt vor
Einnahme des Medikaments, dass sich dieses für ihn gar nicht eignet. „Nimmt die Apotheke das Mittel
nicht zurück, könnte der Patient verlangen, dass sein Arzt die Zuzahlungen erstattet“, sagt Bergmann.
Diese Forderung ist keineswegs abwegig. Denn der Patient muss schließlich immer mehr zuzahlen.

2004-04-29
Quelle: www.aerztlichepraxis.de
http://www.aerztlichepraxis.de/aktuell/artikel/1083241169/homepage/aktuell