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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schon lange gesund, doch jetzt kommt vieles hoch.


Kleine73
01.04.2017, 23:59
Hallo an all die wundervollen Menschen hier!

Ich, mitte 40, hatte als Kind Krebs im Endstadium. Die Ärzte gaben mir nur wenige Monate (was ich zum Glück damals nicht wusste). Meine eine Beckenhälfte, zwei Lendenwirbel und die Hüfte waren durchzogen vom Tumor. Ich hatte Metastasen in der Wirbelsäule und wahnsinnige Nervenschmerzen.
Kurz gesagt, eine nicht sehr positive Aussicht.
Kein Arzt gab mir eine Überlebenschance. Chemotherapie und Bestrahlung wurden nur empfohlen damit niemand sagen konnte man hat es nicht versucht.

Doch wie ihr seht, lebe ich noch immer! Und bin jetzt seit 30 Jahren "gesund".

Warum ich das schreibe? Weil ich euch Mut machen möchte. Es passieren Wunder! Mein Überleben war eins.
Ich kann nicht behaupten dass es leicht war oder ist. Es blieb ein Handicap zurück welches mich mein Leben lang begleiten wird. Und trotzdem. Mein Leben ist lebenswert und meist bin ich sehr dankbar dafür dass ich die letzten 30 Jahre habe erleben dürfen.
:rotier:


Ich habe noch nie in so einem Form geschrieben.
Warum tu ich es jetzt?

Durch einen lieben Menschen in meinem Umfeld bin ich akut mit dem Thema Krebs konfrontiert. Durch die Mitgliedschaft in einem Verein ebenso. Dort verstarben in letzter Zeit mehrere Menschen ganz plötzlich oder bekamen ein Rezidiv.
Dadurch, denke ich, kommen alte Themen hoch. Ängste, traumatische Erinnerungen an Untersuchungen und schwere Zeiten. Depressive Gefühle.

Gibt es hier jemanden der schon lange wieder gesund ist (länger als 10 Jahre) und ähnliches durchlebt oder durchlebt hat?
Wird mich das denn nie verlassen? Flammt diese "Angst" auch bei euch immer mal wieder hoch wenn ihr irgendwie "getriggert" werdet?

Mich beschäftigt das alles und ich möchte mit niemandem aus meinem Umfeld darüber reden.

Ich Danke euch und wünsche euch ein Wunder!

Kleine

Wangi
18.04.2017, 21:19
Hallo Kleine,

mein Krebs im Hals ist jetzt "erst" knapp 9 Jahre her, aber mir geht es wie dir. Man freut sich dass man es geschafft hat, aber die Erinnerung an den Kampf und die Angst dass es wieder kommen kann ist immer da, meist unterschwellig, aber vor den Kontrollen auch heftiger. Oder auch wenn mal wieder jemand den man kennt dem Krebs erliegt oder neu erkrankt. Ich glaube auch nicht dass das jemand der noch keinen Krebs hatte das richtig nachvollziehen kann. Angehörige natürlich ausgenommen. Ich höre immer Ja, auch nicht Erkrankte haben Angst davor, aber das ist anders finde ich.
Meine Prognose war auch nicht gut und gerade deshalb bin ich froh über die 9 Jahre und trotz Einschränkungen waren die TOLL!!! Denn der Krebs hat mich auch stärker gemacht und ich achte mehr auf mich. Ich traue mir mehr zu und unternehme auch mehr. Und ich bin offener für neue Erfahrungen, gucke anders in die welt, achte mehr auf Kleinigkeiten. Ich finde mein "neues" Leben sehr schön, auch wenn ich sehnsüchtig auf den Erdbeerkuchen auf dem Nebentisch gucke ;). Na und, dann gibts für mich eben eine andere Torte :).

Ich freue mich sehr für dich dass die Ärzte nicht Recht behalten haben und wünsche dir weiterhin Alles Gute

Liebe Grüße

Wangi

Safra
02.05.2017, 21:27
Hallo,

geht mir geht es exakt genauso. Psychisch hat man schon einen ordentlichen Schlag weg. Die einen verdrängen die Gefahr, die anderen lesen hier :sad: Jeder muss so seinen Weg finden. Ich habe im August den letzten US. Und dann? Fünf Jahre überstanden :) Aber wie händle ich meine Sorgen, dass da wieder was kommt, was ich vielleicht zu spät mitbekomme? Bringt das Messen der Tumormarker aller halben oder Jahre etwas? Die Fragen bleiben...

Safra

Stuggi
27.05.2017, 14:15
Wird mich das denn nie verlassen? Flammt diese "Angst" auch bei euch immer mal wieder hoch wenn ihr irgendwie "getriggert" werdet?

Mich beschäftigt das alles und ich möchte mit niemandem aus meinem Umfeld darüber reden.


Hallo Kleine,

erstmal herzlichen Glückwunsch, dass Du es geschafft hast :)
Ich bin jetzt auch 27 Jahre "sauber" und hab halt noch meine Endoprothese als Erinnerungsstück ...

Also das mit der aufflammenden Angst durch Triggern ... hmm ... also ich hab das nicht mehr in Bezug auf mich. Ich hab eher mehr Angst um andere, die irgendwelche eigentartigen Diagnosen gestellt kriegen. Ich drück das erfolgreich von mir weg.
Warum? Ich hätte da ne Theorie:
Ich hab mir schon damals (ich war 17) vorgestellt, wie es wäre zu sterben und wieder: es ging nicht nur um mich! Ich hätte abtreten können - dann wär´s das halt (leider) gewesen.
Aber ich konnte es meinen Eltern, Verwandten und Freunden irgendwie nicht antun. Ich hab natürlich nicht sterben wollen, aber gesehen, dass es passieren kann.
Endeffekt: ich hab gekämpft bis zum Umfallen und danach sicher noch ne Zeit ziemlichen Respekt vor Krebs gehabt. Aber irgendwann stand ich mal da, eines schönen Frühlingstages, und habe verstanden, dass ICH es geschafft habe :)

Das Gefühl mit Kampf und Glück den Krebs zu überleben, lässt mich jetzt einen genügenden Abstand zu Bekannten mit der Diagnose zu haben. Das lässt mich auch besser helfen, da mir alle glauben, dass ich den Tod schon gesehen hab. Ich bin da ne Respektsperson.
Denk mal drüber nach. Denn DU hast es auch geschafft ;)

Allen einen schönen Samstag und Sonntag!
Sebastian