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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Du fehlst mir....


29.09.2004, 23:56
Hallo Mama,

wie kannst Du mir so fehlen?? Du bist schon seit mehr als einem Jahr tot und ich bin erwachsen. Dennoch, manchmal könnte ich schreien, weil Du nicht anrufst, weil mein Leben so durcheinander ist, seitdem Du nicht mehr da bist. Wir haben eine Menge zusammen durchgemacht und das hat uns zusammengeschweisst. Diese beschissene Krankheit hat uns, Dir, alles genommen, wofür wir so gekämpft haben! Du warst so mutig und bist über Dich hinausgewachsen, hast gekämpft wie eine Löwin und nun sitz ich hier und frage mich, wieso ich nicht so mutig sein kann wie Du. Ich kann die Sprüche nicht mehr hören, von Menschen, die noch nie dergleichen durchmachen mussten. Sie sagen "Es ist doch besser für sie gewesen" und "Du bist doch alt genug, kommst alleine klar". Nein, es war nicht besser für Dich, es war von Anfang an ein mieses Spiel und ich komme eben nicht alleine klar. Sicher, es läuft weiter, auch ohne Dich, aber es ist so leer und traurig.
Wir hatten kein sehr inniges Verhältnis vor Deiner Erkrankung, aber wir haben alles nachgeholt. Hatten Spass, haben geredet, haben Pläne gemacht. Haben verdrängt, dass sich dieser unfaire Gegner in Deinem Körper breit machte. Weisst Du noch, als wir zur Musik im Radio durch die Küche tanzten? Das war an dem Tag, als es hiess, die Chemo hätte alle Metastasen "weggemacht" Hat sie auch, es war der richtige Weg, da bin ich mir, da waren wir uns, sicher! Aber wir haben uns getäuscht...
Vielleicht war es falsch, dass wir uns so "anders" verhalten haben, als es alle wollten. Aber wie kann man denn von einer 45-jährigen Frau verlangen, dass sie den Krebs annimmt, dass sie mit dem Wissen "lebt" bald sterben zu müssen? Das wollte ich nicht, ich wollte nicht, dass Du damit "lebst", Du wolltest das auch nicht, Du wolltest diesen Feind nur loswerden. Wir haben uns abgekapselt von den alten "Freunden", haben neue gefunden, Freundschaften, die tiefer gingen, als die, die vorher da waren. Es tat so gut, mit Dir abends auf der Couch zu sitzen, mich an Dich anlehnen zu dürfen, Deinen mütterlichen Stolz spüren zu dürfen und gemeinsam mit Dir den ganzen Tag verbringen zu dürfen. Das fehlt mir heute so. So sehr, dass es mich innerlich fast zerreisst, wenn ich an die letzten Momente in Deinem Leben denke.
Drei Tage vor Deinem Tod warst Du nicht mehr ansprechbar, hast kaum noch reagiert und Deine Augen waren nur noch minutenweise geöffnet. Dich so sehen zu müssen, hat etwas in mir zerstört. Den kindlichen Glauben, dass Mama und Papa immer da sein werden und dass mein Leben duchr Eure Existenz immer diesen gewissen Rückhalt hat.
Deine letzten Worte waren "Ich Dich auch" und das hast Du mir, so unglaublich sich das anhören mag, zwei Stunden vor Deinem Tod gesagt. Ich habe Deine Hand gehalten und Dir immer wieder gesagt, wie sehr ich Dich liebe und dass ich Dir dankbar bin, für das Leben, das Du mir geschenkt hast.
Dann bist Du gestorben, hast einfach aufgehört zu atmen, und in meinen Armen lag meine junge Mutter, von der ich dachte, dass sie ewig lebt...

Ich liebe Dich, Mama und ich weiss, dass wir und wiedersehen!!!

Deine Tochter

ela68
30.09.2004, 08:23
Hallo liebe S.

ich weiß gar nicht genau was ich sagen möchte,nur das ich weiß wie du dich fühlst.....
Ich habe meinen Vater am 24.5.04 verloren,meine Geschwister,er und ich hatten ein sehr inniges Verhälnis nach dem Tod meiner Ma vor 14 Jahren,die nur 39 Jahre werden durfte.

Wir dachten auch er schafft es,er hatte soviele Komplikationen überstanden,wo man uns vorher schon sagte,er würde es nicht schaffen und dann kam im Jan. ein Rezidiv dagegen hatte seine Körper keine Chance.

Ich kann diese Sätze auch nicht mehr hören,wie für ihn war es das beste,nun muß er nicht mehr leiden und das Leben geht weiter.
Das weiß ich alles selber,ich wollte ja auch nicht das er leidet und das Leben geht natürlich weiter aber leider anders.
Am Tag als er starb,stand ich auf meinem Balkon und hab die Leute beobachtet,für sie ging alles ganz normal weiter,für mich ist die Welt stehen geblieben,ich dachte mir wieso können sie normal einkaufen gehen ,wenn mein Papa heut gestorben,es ist nicht zubegreifen.

Bei mir sind es jetzt 4 Monate her,es gibt Tage da geht es mir gut und dann wieder welche an denen geht gar nichts und es macht mir Angst wenn du nach einem Jahr sagst,das es nicht besser wird.

Du hast Recht wenn du sagst,es kann nur jemand nachempfindet der sowas schon durchlebt hat,diese Sprüche kommen nur von Leuten die zum Glück noch keinen verloren haben.

Mein Papa ist auch im Bei9sein von uns gestorben,er hat auch einfach aufgehört zu atmen,wenigstens,da mußte er nicht leiden.

Ich drück dich mal ganz doll...

Liebe Grüße
Daniela

01.10.2004, 08:34
Hallo Daniela,

doch, es wird besser. Es verändert sich. Das Gefühl von Taubheit und Leere legt sich nach und nach und irgendwann denkt man nicht mehr immer nur an die Zeit kurz vor dem Tod, sondern auch an die schönen Dinge, als der Krebs sich noch nicht zeigte. Es kommen aber trotzdem manchmal wieder die traurigen Momente und man fühlt sich so verzweifelt wie in der ersten Zeit nach dem Tod.

Liebe Grüsse

05.10.2004, 18:16
Liebe Mama,

wenn es jetzt so langsam Herbst wird und es abends früher dunkel wird, muss ich so oft an die stillen Abende zuhause denken. Die Abende, die wir gemeinsam verbrachten, an denen wir gemeinsam in der Stadt zum Einkaufen waren, zusammen einen Film anschauten oder lange über Gott und die Welt redeten. Wie wichtig diese Zeit mit Dir war, merke ich erst jetzt. Es war alles so selbstverständlich und Du warst einfach da. Du hast mich manchmal echt genervt mit Deiner Art, aber wir waren immer füreinander da. Wir haben uns gezofft und uns die Meinung gesagt, aber wenn mal was schief gegangen ist, waren wir für den anderen da. Wir haben zusammen gelacht und fast den gleichen Geschmack (naja, ich sagte ja, fast..;-)) Wir haben uns während Deiner Erkrankung an uns geklammert und nie über den Tod gesprochen, weil wir nicht daran denken wollten. Wir dachten beide, dass ein Schicksalsschlag für ein paar Jahre reichen sollte, aber dem war nicht so. Du hast mir versprochen, die beste Oma der Welt für meine Kinder zu werden, verdammt, jetzt werden sie weder Papa noch Dich kennenlernen. Es ist nicht schlimm, dass ich jetzt alleine bin, aber es tut weh, dass Dein junges Leben schon vorbei ist und dass Du so sehr gelitten hast. Das ist das, was nicht aus meinem Kopf will, was mich nachts wach hält und was mir die Kraft nimmt, endlich mit meinem Leben weiterzumachen. Du fehlst mir so! Mich freut es sehr, wenn ich sehe, wie viele an Krebs erkrankte Menschen, ihren Kampf gewinnen und ich bin nicht verbittert, weil wir es nicht schafften. Aber es tut trotzdem weh.

29.10.2004, 23:15
Hallo Mama,

das hier hab` ich gefunden, es ist ein Song von den Toten Hosen und ich finde, er passt sehr gut hier hin:
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Immer wenn ich dich besuch', fühl' ich mich grenzenlos.
Alles andere ist von hieraus so weit weg.
Ich mag die Ruhe hier zwischen all den Bäumen -
als ob es den Frieden auf Erden wirklich gibt.
Es ist ein schöner Weg, der unauffällig zu dir führt.
Ja, ich habe ihn gern, weil er so hell und freundlich wirkt.

Ich habe Blumen mit - weiß nicht, ob du sie magst.
Damals hättest du dich wahrscheinlich sehr gefreut.
Wenn sie dir nicht gefallen, störe dich nicht weiter dran.
Sie werden ganz bestimmt bald wieder weggeräumt.

Wie es mir geht, die Frage stellst du jedes Mal.
Ich bin O.K., will nicht, dass du dir Sorgen machst.
Und so red' ich mit dir wie immer, so als ob es wie früher wär, so als hätten wir jede Menge Zeit.

Ich spür' dich ganz nah hier bei mir, kann deine Stimme im Wind hören,
und wenn es regnet, weiß ich, dass du manchmal weinst - bis die Sonne scheint; bis sie wieder scheint.

Ich soll dich grüßen von den andern -
sie denken alle noch ganz oft an dich.
Und dein Garten, es geht ihm wirklich gut,
obwohl man merkt, dass du ihm doch sehr fehlst.
Und es kommt immer noch Post, ganz fett adressiert an dich, obwohl doch jeder weiß, dass du weggezogen bist.

Und so red' ich mit dir wie immer, und ich verspreche dir, wir haben irgendwann wieder jede Menge Zeit.
Dann werden wir uns wiedersehen -
du kannst dich ja kümmern, wenn du willst,
dass die Sonne an diesem Tag auch auf mein Grab scheint - dass die Sonne scheint, dass sie wieder scheint.

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Die Sonne scheint noch nicht, aber ich bin mir sicher, dass sie sich nur hinter den ganzen Wolken versteckt...