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Alt 18.03.2015, 17:30
DinahH DinahH ist offline
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Standard Erhaltungstherapie mit 5FU nach Folfox und Hipec?

Hallo,
im Auftrag meines Mannes (54) möchte ich hier um euren Rat bitten, da wir sehr unschlüssig sind und nichts falsch machen wollen.
Es steht die Entscheidung an, ob eine Erhaltungstherapie mit 5FU (vierzehntägig, an zwei aufeinander folgenden Tagen) gemacht werden soll oder ob eine Chemopause die bessere Alternative wäre.

Die Vorgeschichte:
Im Juli 2014 wurde aufgrund einer hartnäckigen Lungenentzündung im hiesigen Krankenhaus eine Lungenembolie, verursacht durch eine Thrombose, diagnostiziert. Im CT zeigte sich, dass die Thrombose durch eine verbackene Struktur um den Blinddarm herum ausgelöst wurde und das gesamte Bauchfell von Metastasen überzogen war. Das Ergebnis nach langwierigen Untersuchungen (Ultraschall, Magenspiegelung, abgebrochene Darmspiegelung) lautete: Peritonealkarzinose CUP, da der Primärtumor zu diesem Zeitpunkt nicht gefunden werden konnte. An einer Stelle konnte man eine Metastase CT-gestützt punktieren, das Untersuchungsergebnis lautete, dass es sich um einen Primärtumor der Verdauungsorgane handeln müsste, k-ras Wildtyp. Empfohlen wurde von der Tumorkonferenz eine palliative Chemotherapie nach dem Folfox-Schema, welche im August begonnen wurde. Aufgrund meiner Recherchen hier im Forum (besonders im Bauchfellkrebs-Unterforum) holten wir eine Zweitmeinung von Dr. M. im von uns knapp 300 km entfernten B.F. ein, dessen erste Frage im Gespräch lautete: „Haben Sie noch Ihren Blinddarm?“. Für ihn war es anscheinend sofort ersichtlich, dass es sich um ein Appendixkarzinom handelt. Er hat Anfang Dezember, nach 7 Folfox-Durchgängen, meinen Mann operiert. Dabei handelte es sich um eine HIPEC-Operation, bei der alle sichtbaren Krebsstellen entfernt wurden und der Colon Ascendens, das Ileum, das Bauchfell, die Gallenblase und das Zwerchfell entnommen wurden. Anschließend lief die erhitzte Chemolösung durch den Bauchraum, um mikroskopisch kleine Krebszellen, die eventuell noch vorhanden waren, abzutöten.
Im histologischen Bericht stand, dass das Material, welches sich um den Appendix herum befand, noch mit vitalen Krebszellen ausgestattet war, am restlichen Material waren keine vitalen Krebszellen nachweisbar. Der Primärtumor befand sich noch im Appendix, im Bericht hieß es: „Nenneswerte regressive, therapiebedingte Veränderungen liegen hier nicht vor.“, mit anderen Worten: Die Chemotherapie hat hier vorab anscheinend kaum Wirkung gezeigt. Der Tumor wurde als Tumorstadium (UICC 2010): ypT4a ypNl (1/24) ypMla. Ll. V0.klassifiziert, ist aber „gering differenziert“, was ebenfalls in die Richtung geht, dass die Chemotherapie wohl wenig gebracht hat.
Aufgrund der im Material noch nachgewiesenen Krebszellen (teils tubulär, teils siegelringzellig) wurde die Folfox-Chemo im Januar fortgesetzt. Der zwölfte Zyklus (vor einer Woche) wurde ohne Oxaliplatin gegeben, da mein Mann die Zehen am linken Fuß nicht mehr anheben kann. Das anschließend gemachte CT ergab, dass keine tumorösen Strukturen mehr sichtbar sind und nur noch eine sehr geringe Menge Ascites vorhanden ist, vermutlich durch das fehlende Bauchfell, welches normalerweise die Lymphflüssigkeit aufsaugt. Der Tumormarker ist im Normbereich (war zu Beginn der Chemo deutlich erhöht).

Mein Mann hat keinerlei Schmerzen (hatte er nur eine kurze Zeit lang nach der OP), ist in gutem Allgemeinzustand und fühlt sich fit, treibt jeden Tag Sport. Die Wundheilung ist prima verlaufen. Er möchte unbedingt im Mai wieder arbeiten gehen, auch um der Krankenkasse, die ihn über einen erzwungenen Rehaantrag in die Erwerbsminderungsrente treiben will, den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er hat aber auch genug von der häuslichen Langeweile und schmiedet eifrig Pläne, weil er auch gerne arbeiten geht.
Unser hiesiger Onkologe sagt nun, dass eigentlich alles gut aussieht, besser könne es derzeit gar nicht aussehen. Er empfiehlt nun aber eine Erhaltungstherapie mit 5FU, was durch die Pläne, wieder arbeiten zu gehen, in gewisser Weise einen Strich macht, wenn alle 14 Tage zwei Tage mit Chemositzungen belegt sind. Von Avastin-Tabletten statt 5FU-Infusionen rät er ab, weil das mit mehr Nebenwirkungen verbunden sein könnte. Er erkennt an, dass mein Mann eine „Chemopause“ haben möchte und will deshalb den Fall in der Tumorkonferenz des hiesigen Krankenhauses vorstellen. Ansonsten ist geplant, alle 3 Monate ein CT zu machen und einmal im Jahr eine Darmspiegelung. Von Pet-CTs hält unser Onkologe nichts.

Unsere Bedenken gegen die Weiterführung der Chemotherapie begründen sich auf folgenden Punkten: 1. Der Krebs ist gering differenziert, spricht also wenig auf Chemotherapie an. 2. Es könnte sein, dass es sich um eine erbliche Form von Darmkrebs handelt (Großvater mütterlicherseits an Darmkrebs verstorben, beide Eltern und jüngerer Bruder lassen sich regelmäßig Polypen bei Darmspiegelungen entfernen), bislang wurde aber noch nicht auf Microsatelliteninstabilität getestet, wohl deshalb, weil mein Mann die Altersgrenze von 50 Jahren zum Zeitpunkt der Erstdiagnose um 3 Jahre überschritten hatte. Sollte es sich trotzdem um HNPCC o.ä. handeln, wäre es aber wesentlich sinnvoller, das Immunsystem zu stärken (statt durch weitere Chemo zu schwächen) und häufiger zu spiegeln, um eventuelle Vorstadien schneller entfernen zu können, wenn ich die entsprechenden Forenbeiträge hier richtig verstanden habe.

Hat hier vielleicht jemand einen Tipp für uns, was wir tun könnten? Eigentlich hätten wir gerne eine Zweitmeinung, evtl. auch von einem Humangenetiker, wissen aber nicht, wie wir da vorgehen sollen, bzgl. einen geeigneten zu finden und die Frage einer Überweisung dorthin zu klären, falls uns unser Onkologe keine Überweisung ausstellt. Bei unserer Google-Suche sind wir nur auf Pränatalmediziner gestoßen, wo wir vermutlich mit unserem Problem an der falschen Adresse sind...
Gibt es hier noch andere HIPEC-Operierte, die nach dem Ende der regulären Chemotherapie auf unbestimmte Zeit weiter eine Chemotherapie gemacht haben?
Für Erfahrungsberichte sind wir sehr dankbar...

Sorry für den langen Text und lieben Dank vorab für’s Lesen!

Herzliche Grüße
DinahH
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  #2  
Alt 20.03.2015, 22:28
PantaRei PantaRei ist offline
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Registriert seit: 24.08.2005
Beiträge: 470
Standard AW: Erhaltungstherapie mit 5FU nach Folfox und Hipec?

Hallo,

willkommen hier - auch wenn es kein schöner Anlass ist, Euch hier kennen zu lernen.

Ganz verstehe ich nicht, was mit "Erhaltungstherpie" in Euren Fall gemeint ist. Adjuvant, d.h. zum Beispiel noch 12 Zyklen oder "lebenslänglich"?

Eine Zweitmeinung ist sicherlich wichtig in Eurem Fall. Der niedergelassene (?) Onkologe sieht bestimmt nicht genug Fälle wie Euren. Also am ehesten irgendwo fragen, wo häufiger das HIPEC-Verfahren gemacht wird. Die Kliniken sollten auch Pläne für das weitere kurative oder adjuvante Vorgehen haben. Warum fragt Ihr nicht bei Dr. H. nach seiner Meinung, der hat bestimmt auch eine. Wenn ich es richtig verstehe, ist ja nach der Operation keine neue Situation eingetreten.

Eine Überweisung zum Humangenetiker solltet Ihr bekommen von Eurem Arzt, bei der familiären Vorgeschichte und bei der Häufung ist es für die Familie (Kinder, Neffen, Geschwister etc.) nicht unwichtig, zu wissen ob auch sie genetisch belastet sein könnten. Eine Überweisung zum Humangenetiker kann sicherlich auch der Hausarzt ausstellen. (Pränatalmediziner hat eher was mit Kindern zu tun).

Was man tut bei HNPCC ist wohl insgesamt umstritten und auch hier wird darüber diskutiert. Ich hätte meine Chemo auch bei HNPCC gemacht, es sei denn mir hätten alle Onkologen und Humangenetiker abgeraten. Andere sehen das hier anders.

Ich wünsche Euch auf jeden Fall alles Gute. Der Wunsch und der Wille wieder in den Beruf einzusteigen und aktiv zu sein ist sicherlich auch wichtig ....

Liebe Grüße

PantaRei
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  #3  
Alt 21.03.2015, 17:12
DinahH DinahH ist offline
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Registriert seit: 12.01.2015
Beiträge: 5
Standard AW: Erhaltungstherapie mit 5FU nach Folfox und Hipec?

Vielen lieben Dank, Kai Hamburg und PantaRei für eure hilfreichen Antworten!
Sie bestärken uns in unserer Einschätzung.

@PantaRei: Ja, die Chemo als "Erhaltungstherapie" ist quasi lebenslänglich angesetzt, wie eine palliative Chemo. Eine solche palliative Chemo hatte die Tumorkonferenz nach der Erstdiagnose empfohlen. Sie wurde beim örtlichen Onkologen (Tagesklinik) begonnen, der auch die Operabilität verneint hatte. Hätten wir nicht selbst recherchiert, würden Tumor und Metastasen noch heute ihr Unwesen treiben... Dass mein Mann sich hat operieren lassen, fanden die Ärzte hier auch nicht gut.
Wir haben mittlerweile auch Kontakt zum Operateur aufgenommen, der ebenfalls von einer weiteren Chemo zum derzeitigen Zeitpunkt abrät.

@Kai Hamburg: Ich bin dir sehr dankbar für deine Einschätzung und die Informationen! Ich nehme an, dass deine Frage nach dem "Wo" wir in Behandlung sind, rhetorisch gemeint war, denn wir haben uns in den letzten Monaten auch oft gefragt, wo wir hier eigentlich gelandet sind... Es ist ja nicht so, dass wir unsere HNPCC-Befürchtung nicht angesprochen hätten, aber alles, was von unserer Seite her kam, wurde milde belächelt und mit zum Teil seltsamen Begründungen vom Tisch gewischt. Das größte Unding ist unseres Erachtens, dass es sich bei unserer Klinik hier vor Ort um ein zertifiziertes Darmkrebszentrum handelt... da fehlen einem wirklich die Worte.
Auf der hnpcc.de Seite sind Kontaktadressen genannt. Ich werde die nächsten Tage mal bei einem anrufen und nachfragen, wie wir eine Untersuchung des Materials auf HNPCC anstoßen können. Wir glauben nicht, dass wir hier vor Ort vom Onkologen eine Überweisung erhalten werden. Vielleicht können wir unseren Hausarzt überreden.

Liebe Grüße
D. und A.

Geändert von gitti2002 (12.04.2015 um 23:33 Uhr) Grund: NB
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Stichworte
appendixkarzinom, bauchfellkrebs, folfox, hnpcc, peritonealkarzinose


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