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Alt 23.07.2011, 11:39
Alpenveilchen Alpenveilchen ist offline
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Standard AW: Trauer und neue Beziehung/en?!

Liebe Georgie und alle anderen,

ich verstehe diese Angst, wieder so brutal verletzt und traurig gemacht zu werden sehr gut. Gibt es doch keinerlei Gerechtigkeit bei diesem Krebs. Überall sonst in der Gesellschaft versuchen wir, das Gute und gute Menschen zu belohnen und das Böse zu bestrafen. An liebsten hätten wir ein Leben, das uns garantieren würde, vom Schicksal immer gut behandelt zu werden, wenn wir nur selber gut sind.

Leider ist das nicht so in der Wirklichkeit. Der Krebs ist eine brutale Krankheit, die sich nicht darum schert, wie gut jemand gewesen ist. Ähnlich ist es auch bei Autounfällen, Opfer für Verbrechen usw. Das Schicksal straft ohne Rücksicht darauf, wie gutherzig jemand gewesen ist.

Wenn uns so ein Schlag trifft, wird uns auch bewusst, wie wenig wir eigentlich unser Schicksal beeinflussen können. Das ist auch ein Schock in einer Gesellschaft, in der wir uns sonst im Prinzip jede Änderung unseres Lebens kaufen oder bestellen können. Passt das Wetter nicht, bucht man einen Flug dorthin, wo das Wetter besser ist. Tut es irgenwo weh, gibt es immer eine Tablette dagegen, usw. Wir können heutzutage so vieles beeinflussen, nicht jedoch Schicksalsschläge wie den Krebs. Das ist sehr hart zu akzeptieren. Wir alle, die wir hier im Forum nach Ärzten, Krankenhäusern, Therapien, Medikamenten und anderen Tipps und Hilfen gesucht haben oder suchen, haben versucht oder versuchen, das Steuer noch einmal rumzureissen und das Schicksal zu beeinflussen. Wenn der Krebs dann siegt, haben wir es trotz allem nicht geschafft.

Ich glaube, wenn man nach so einem Schicksalsschlag neue Beziehungen aufbauen will, muss man vor allem Umdenken. Wir dürfen nicht darüber nachdenken, was wir (bei der Kontrolle unseres Schicksals) falsch gemacht haben, das uns so etwas passieren konnte. Denn dann wäre eine perfekte Lösung, keine Beziehungen zu anderen Menschen mehr einzugehen, die perfekte Garantie, nie wieder gefühlsmässig so tief verletzt zu werden. Nein, wie müssen lernen, das was gewesen ist, als einen Teil des Lebens zu akzeptieren. Wir müssen sehen, das wir eine wunderbare Zeit mit dem nun verlorenen Menschen gehabt haben und das wir in der letzten schweren Zeit unheimlich viel für ihn getan haben. Das alles müssen wir als etwas "gutes" akzeptieren, als etwas, was zum Leben dazugehört und immer dazu gehören wird und das wir phantastisch gemeistert haben. Denkt daran, wie viel wir in dieser Zeit dazugelernt haben, über uns selbst, über den kranken Menschen und über das Leben.

Erst, wenn wir das alles als etwas gutes und zum Leben gehörendes akzeptieren können, sind wir auch bereit, so etwas noch einmal zu ertragen, denn es kann jedem immer irgendwann wieder passieren. Nur die einsamen Menschen ohne jegliche Beziehungen bleiben davon verschont. Wir müssen tief durchatmen und das akzeptieren. Das Leben besteht nicht nur aus Trauer, aber sie kann uns immer wieder treffen. Nur mir dieser bewussten Einstellung und der dazugehörigen inneren Stärke, kann man beherzt eine neue Beziehung eingehen, denn eine neue Beziehung kann man auf Dauer nicht auf Sparflamme fahren. Man kann nicht "sicherheitshalber" die Hälfte seiner Gefühle kaltstellen, damit die Verletzung bei einem eventuellen Schiffbruch nicht so gross ist, sondern man muss bereit sein, wenn man liebt, auch wirklich seine ganzen Gefühle zu geben. Der neue Mensch in unserem Leben, mit dem wir eine Beziehung eingehen wollen, hat alle unsere Gefühle verdient. Sind wir uns da nicht so sicher, müssen wir den neuen Menschen erst einmal besser kennenlernen. Aber auf Dauer müssen wir bereit sein, gefühlsmässig alles zu geben, wenn wir wieder eine richtige Beziehung haben wollen.

Liebe Grüsse
vom Alpenveilchen
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