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Alt 02.01.2013, 21:23
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst... Jetzt, wo fast alle weg sind...

Danke, es tut gut, diesen Ort hier zu haben.

Und die Menschen, die hier unterstützend wirken.

Es ist traurig, dass wir uns ausgerechnet über den Verlust, den wir erlitten haben, begegnet sind. Wäre anders schöner gewesen.

Ich hab das Gefühl, dass mein Leben noch nicht ganz meins ist. Obwohl es eigentlich gar nicht so schlecht läuft. Mein Freund ist hier, um mich zu unterstützen. Er bleibt auch noch ein bisschen, also bin ich nicht alleine. Er war auch bei der Beerdigung von meinem Bruder dabei, und hat in meiner Verwandtschaft nun einen Fanclub par excellence.

Es war ein schönes Wochenende, trotz bescheidenem Anlass. Wir waren diesmal ja schon mit dem Ablauf vertraut. Mein Bruder wurde wie ein Kind in einem weißen Sarg beerdigt. Irgendwie unpassend-passend. Die Blumen in den Kränzen und Gebinden waren am nächsten morgen vom Raureif bedeckt, ein schöner Anblick. Und ich hab mir vorgestellt, dass die beiden, mein Dad und mein bruder, sich durch die Särge hindurch Geschichten erzählen. Das fand ich dann aber ziemlich beengend und hab sie also spazieren geschickt. Ich finde die Vorstellung, dass sie gemeinsam durch die Straßen unserer Stadt laufen, sehr schön. Es gibt ja auch viel zu sehen.

Ich hab das unglückliche Blümchen, das mein Bruder war, sehr geliebt. Aber gerade an dem Wochenende, mit all den Kids um mich herum, die seine Generation sind, habe ich mich oft gefragt, wie er wohl gewesen wäre, wenn der Unfall nicht passiert wäre. Müßig, ich weiß, aber ich konnte nicht anders.

Die Erinnerung an meinen Dad ist etwas weniger schmerzhaft. Das klingt jetzt blöd, weniger schmerzhaft bedeutet, es wird mir grad nur ein Arm abgerissen statt beide - ich bin kein guter Metaphoriker des Schmerzes. Es war lustig in Kroatien. Wir haben uns an viele Sachen erinnert. Und allein unser Haus dort ist ein Symbol für meinen Dad. Er hat es mit viel Liebe und absolutem Dilettantismus, was die Inneneinrichtung betrifft, gebaut. Und wenn darin dann Anekdoten erzählt werden, gibt es ein gutes Gefühl.

Selbst meine Mom, sonst ein Bild des Leidens, hatte ihre lustigen Momente. Ihr geht es gar nicht mal so schlecht. Ich hoffe, ich übersehe nichts wichtiges. Sie findet sich gerade mit der Situation ab. Löst weiterhin fleißig die Wohnung auf. Schmiedet zaghafte Pläne für ein Pendlerdasein. Hustet nicht mehr, geht aber trotzdem zum Lungencheckup, was mich in absolute Panik versetzt. Ich hoffe, ich überwinde das mal. Ich kann ja nicht bei jedem Jahrescheck, jeder Mammographie oder ähnlichem in panische Paralyse verfallen...

Naja, auf jeden Fall klingt alles soweit ganz okay. Abgesehen vom gelegentliche. Irre werden. Aber ich fühle mich manchmal so wenig eins mit mir wie noch nie zuvor. Und immer noch so, als würde ich die Luft anhalten. Als dürfte ich immer noch nicht ausatmen. Und ich wünsche mir so sehr, endlich auszuatmen...
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