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Alt 15.02.2015, 18:01
caterina68 caterina68 ist offline
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Standard AW: Königinnenweg beim 2. Rezidiv

Liebes trauriges Engelchen,

Die Krankheit hat mir die Perspektive auf die Zukunft im Leben geraubt.

So fühlt sich mein Leben an wichtigen Bestandteilen jetzt schon beendet an.

Diese depressiven Betrachtungsweisen entsprechen so wenig Deiner sonst so lebensbejahenden Einstellung. Bitte mache Dir Gedanken darüber, ob nicht die Medikamentenumstellung, insbesondere die Einnahme von Tamoxifen, damit zusammenhängen könnte. Ich kenne aus meiner ehemaligen Chemogruppe eine Frau, die unter Tamoxifen seelisch total zusammengeklappt ist, nur noch ein Schatten ihrer selbst. Und gerade sie war eine von denen, die immer nur gute Stimmung und Optimismus und Lebensmut vermittelt haben. Es war wirklich traurig zuzusehen, was Tam aus ihr gemacht hat. Eine andere Frau aus meinem Bekanntenkreis hat die AHT sogar abgebrochen. Hast Du gecheckt, ob nicht ein Aromatasehemmer (nehme ich) für Dich infrage kommen könnte? Der macht bei vielen, auch bei mir, viel weniger Nebenwirkungen und ist vor allem viel, viel besser mit Antidepressiva kombinierbar... Wusstest Du, dass Du bei der Apothekenumschau online einen Wechselwirkungscheck von Medikamtenen vornehmen kannst?

Deine beiden Erkenntnisse, die Dich so traurig machen, scheinen mir, nicht wirklich neu. Nur hast Du sie vorher nicht durch eine so dunkle Brille gesehen.

Jobtechnisch glaube ich nicht, dass sich für Dich keine Perspektiven mehr bieten können. Es gibt doch auch Arbeitskonzepte, die nicht auf die Sicht vieler Jahre entwickelt werden müssen. Wenn bei mir die Todesangst aufkommt und mich an zukunftsweisenden Entscheidungen hindert, versuche ich auch immer daran zu denken, was meine Mutter mir über das Leben in Berlin zu Ende des Krieges erzählt hat. Nämlich, dass sie nie wussten, ob sie am nächsten Tag noch leben, noch eine Wohnung oder eine Existenz haben. Und trotzdem fand das Leben statt, jeden Tag, jede Stunde.

Viel schwieriger fände ich die Entscheidung, das häusliche Umfeld Deiner Kinder zu verändern. Ich kenne deine Ehe nicht und weiß daher auch nicht, ob Deine Kinder unter der abgekühlten Beziehung zwischen Dir und Deinem Mann so leiden, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Falls das nicht der Fall ist, würde ich die Lebensumstände Deiner Kinder nicht verändern und versuchen, einen Modus Vivendi mit dem Monsieur zu finden, eine Paartherapie finde ich eine super Idee. Und quäle Dich nicht mit dem Gedanken, dass die Krankheit dich so abhängig von einem Partner macht. Es gibt so viele gesunde Frauen, die sich auch in Abhängigkeiten bewegen, die Trennungen nur schwer realisierbar machen. Das ist kein wirklicher Trost, knackt aber vielleicht das Konstrukt Krankheit= Abhängigkeit von einer unbefriedigenden Beziehung ein bisschen auf.

Ich drücke Dich aus Charlottenburg und hoffe, dass Du den Tag gut rumbekommen hast. Ich selber habe trotz des schönen Wetters nur zuhause rumgehangen, war irgendwie zu platt, um rauszugehen. Meine Chemo ist gerade ein gutes halbes Jahr her und immer noch lässt meine Form sehr zu wünschen übrig.

Ganz liebe Grüße,

Petra