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Alt 17.11.2004, 00:30
Gast
 
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Standard die Sache mit der Vergesslichkeit

Hallo,

da ich ein fotografisches Gedächtnis hatte, habe ich sehr darunter gelitten, daß ich nichts mehr behalten kann, nach der 2. Chemo.

Und dann kamen Sätze wie: Könntest Du mal das ... Dings da .... machen.

Mein Mann hat während der Chemo belustigt darauf reagiert, als die Chemo dann vorbei war, meinte er, kannst du nicht endlich mal einen korrekten Satz sprechen.

Na toll, die Chemo gerade einen Tag hinter mir und schon kommt er mit solchen Sachen.

Ich wurde furchbar wütend und es gab Streit. Bis ich dann merkte, je aufgeregter ich war, sei es aus Ärger oder Freude, desto schlimmer war es.

Also habe ich meinem Mann verboten, mich unter Druck zu setzen, sondern er habe abzuwarten, bis ich von alleine meinen Satz beendet habe. Das hat dann funktioniert. Nicht sofort komplett, aber es ging besser.

Dann meine ganzen Notizzettel, die mußte ich auch immer suchen und durchsuchen.

In der Reha gab mir eine Psychotherapeutin Gedächtnisübungen. Kreuzworträtsel taugen nichts, denn mein Langzeitgedächtnis funktionierte fast einwandfrei. Aber neue Sachen, also Kurzzeitgedächtnis waren katastrophal. Aber die Übungen haben mir ein wenig geholfen.

Bei meinen Freunden habe ich es so gelöst: Also, wenn ich manchmal "Dings" sage, komme ich nicht sofort auf das richtige Wort, gebt mir die Chance. Denn die Chemo ist immer noch in mir und vor allem in meinem Kopf. Ihr Könnt mir damit helfen.

Zwar wurde ich zwischendurch "veräppelt" in dem sie auch "Dings" sagten und frech grinsten, aber so habe ich die schlimmste Zeit hinbekommen.

Eins habe ich festgestellt, damit ich mich konzentrieren kann, muß ich ruhig sein.

Dann kam meine neue Arbeitsstelle. Ein neuer Job, ein neuer Chef.

Er wußte von meiner Erkrankung. Und bei meinem Vorstellungsgespräch habe ich ihm das auch mit der Vergesslichkeit und dem Konzentrationsmangel gesagt.

Ich habe, Gott sei es gedankt, einen Super-Super-Chef. Er meinte nur, nach so einer Krankheit und den Chemos sei es wohl kein Wunder, aber ich solle bitte ganz ruhig sein, das findet sich schon. Selbst heute passiert es mir, daß ich das richtige Wort nicht finde, dann wartet er ganz in Ruhe ab, bis ich meine Ruhe gefunden habe und es ihm dann sagen kann.

Heute arbeite ich bereits fast 2 Jahre in diesem Job.

Und eines kann ich allen sagen, es wird besser. Zwar werde ich vielleicht nicht mehr ein fotografisches Gedächtnis haben, aber so ich merke mir eigentlich wieder alles, oder wenn ich in Ruhe überlege, fällt es mir wieder ein.

Notizzettel brauche ich kaum noch.

Selbst für das Einkaufen mache ich mir keine Zettel mehr. Das war auch eine gute Übung, ich hatte mir alles aufgeschrieben und im Laden habe ich versucht, ohne Zettel alles in den Korb zu legen. Ganz zum Schluß habe ich erst den Zettel kontrolliert.

Bei mir war es so, daß ich durch viele Übungen meine grauen Zellen angeregt habe, zu arbeiten.

Sorry, so viel wollte ich gar nicht schreiben, aber ich war zu Anfang richtig verzweifelt und möchte denjenigen Hoffnung machen, die heute so verzweifelt sind.

Schöne Grüße

Lydia
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