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Alt 21.01.2008, 13:11
julia07 julia07 ist offline
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Registriert seit: 21.01.2008
Beiträge: 4
Standard wenn die Mutter von uns geht....

Ich schreibe diese Zeilen, um meiner Traurigkeit freien Lauf zu lassen. Ich weiss, dass hier viele sind, die mich verstehen, die das gleiche Schicksal teilen...

Das Glück schien so perfekt...
Letztes Jahr geheiratet und im Oktober kam auch schon unser Wunschkind, ein kleines Mädchen. Meine Mutter hatte sich so sehr eine kleine Enkeltochter gewünscht und dieser Wunsch ist tatsächlich in Erfüllung gegangen.
Für meinen Mann, der vor 4 Jahren seine erste Frau an Krebs verloren hatte, ist sie die absolute Erfüllung seiner Träume. Mit 53 noch mal Papa zu werden und dazu ist die Kleine kern gesund und ein absoluter Sonnenschein.

Wir waren alle glücklich, leben zusammen mit meinen Eltern in einem Haus und wie gesagt, alles schien perfekt.
Dann am 2. Januar die schreckliche Diagnose bei meiner Mutter: Bauchspeicheldrüsenkrebs in fortgeschrittenen Stadium. Metastasen in Leber, Lymphdrüsen u. Zwölffingerdarm. Kurativ nicht mehr behandelbar - nur noch Misteltherapie. Zusätzlich bekommt sie eine homöopathische Behandlung von ihrem Heilpraktiker, zu dem sie schon sehr, sehr lange Jahre geht.

Die Aussage der Ärzte: weniger als ein Jahr. Die Aussage von befreundetem Arzt: 4 - 6 Monate...
Man sieht ihr noch überhaupt nichts an, sie ist super fit, macht alles im Haushalt, man kann und will es überhaupt nicht glauben.
Wenn nicht die Bauchschmerzen gewesen wäre, hätte sie kein Grund gehabt, zum Arzt zu gehen. Nur dadurch wurde es festgestellt...
Sie bekommt momentan ein morphiumhaltiges Schmerzpflaster + Novalgintropfen, damit kommt sie gut aus.
Einen Stent, um die Gallenflüssigkeit abzuleiten bekam sie auch noch gelegt, Gelbsucht oder andere Beschwerden hatte bisher noch überhaupt nicht.

Und trotzdem... - der Krebs ist in ihr und es macht mich so traurig, wenn ich daran denke, was ihr alles bevorsteht.
In ihrem Stadium gibt es keine Rettung mehr und das Unausweichliche wird kommen. Das zu akzeptieren und loszulassen fällt so unheimlich schwer.

Es macht mich so traurig, wenn ich daran denke, dass sie wahrscheinlich nicht mal den 1. Geburtstag meiner kleinen Tochter erleben wird, dass sie nicht sehen wird, wie die Kleine laufen lernt und durch den Garten tobt.

Eigentlich sollte ich mich freuen, dass es meiner Mutter so gut geht, dass ich nur ein paar Stufen nach unten gehen muss, um sie zu besuchen. Ich sollte mich freuen, dass die Krankheit noch nicht sichtbar ausgebrochen ist und wir noch viele schöne Stunden gemeinsam verbringen können.

Aber das ist nicht immer so einfach, der Gedanke, dass sie gehen wird ist häufig gegenwärtig, auch wenn er glücklicherweise mal durch den Alltag in den Hintergrund rückt. Aber dann sind wieder die Tage wie heute, wo sie zur Misteltherapie geht und ich mir überlege: "wie lange noch?"

Sie hat unglaublichen Kampfgeist und Lebenswillen. Meine Tochter gibt ihr unheimlich Kraft, sie will ihr Enkelchen unbedingt noch wachsen sehen.
Mama sagt immer: "denen zeig ichs!"
In ihrer Gegenwart bestärke ich sie und lasse mir nichts anmerken, aber sobald ich die Tür zumache, denke ich anders....

Da denke ich dann daran, dass wir letztes Jahr innerhalb von 11 Wochen nach Diagnosestellung einen guten Freund an Knochenkrebs verloren haben - dass es doch manchmal so verdammt schnell gehen kann.
Ich denke daran, wie sehr die erste Frau meines Mannes hat leiden müssen und wie schnell es auch dort ging....
Und dann denke ich auch wieder an all die Beiträge, die hier geschrieben wurden, wo die Prognose nicht eingetreten ist und die Betroffenen noch immer leben - das macht unheimlich Mut!

Die Gefühle sind einfach ein Auf und Ab. Meine Mutter ist zwar 73 und hatte ein erfülltes Leben, aber egal wie alt der Mensch ist, der von uns gehen wird, ein geliebter Mensch geht immer zu früh....

Danke fürs lange Durchhalten + lesen!

Julia
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