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Alt 28.01.2006, 20:42
Bettina K. Bettina K. ist offline
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Ausrufezeichen AW: Meine Geschichte: Warum ich hier bin

Liebe Melanie,

was Du hier ansprichst, ist ungemein wichtig: Wenn es dazu kommt, daß man einen Sterbenden begleitet, dann geht es hauptsächlich einfach nur darum, da zu sein. Ich habe das lange nicht begriffen, als meine Mutter im Sterben lag, dachte immer, man müsse doch dieses oder jenes tun, sie müsse doch kämpfen. Aber das Sterben des anderen anzunehmen (und es ihm damit auch zu erleichtern), das ist es wohl, worauf es wirklich ankommt, wenn es es schon sein muß. Das ist, glaube ich, eine der schwersten Aufgaben überhaupt, wenn man jemanden loslassen muß, den man liebt. Aber macht das vielleicht auch das Wesen der Liebe aus? Das loslassen-Können?
Das soll natürlich nicht heißen, daß man nicht um diesen geliebten Menschen trauern darf - mehr noch: Man soll es sogar! Es gehört zur Verarbeitung dazu - und Du wirst selber sehen, es wird irgendwann leichter, auch wenn Du Dir das nach einem halben Jahr sicher noch nicht vorstellen kannst. Du wirst Deinen Vater bestimmt immer vermissen - auch ich werde wohl nie damit aufhören, um meine Mutter zu weinen, und wenn es nur stille Tränen sind -, aber Du wirst irgendwann all Deine Kraft aus den positiven Erinnerungen mit Deinem Vater schöpfen können. Dieser Spruch, daß das Leben weitergeht, den ich zunächst gar nicht hören konnte, hatte für mich nach einer gewissen Zeit sogar irgend etwas Tröstliches. Das ist vielleicht schwer zu verstehen, aber ich hatte irgendwann das Bedürfnis danach, einfach nur mein Leben weiterzuführen, ohne ständig von Trauerwellen überfallen zu werden. Und das geht - Gott sei Dank. Ich wünsche Dir weiterhin die Kraft, die Du auf diesem schmerzlichen Weg brauchst.

Liebe Grüße
Bettina
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"Ich glaub, es zählt im Leben / nur, daß du in der Tat / Wie es auch mit dir umspringt / Vor dir selbst gradesteh'n kannst." (Reinhard Mey)
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