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Alt 16.05.2013, 21:18
Kati71 Kati71 ist offline
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Standard AW: Zum Thema "Angst"

Hallo miteinander, hallo liebe Christel ,

mit diesem Thema hab ich mich sehr intensiv auseinandergesetzt. Ich hab ne Weile gebraucht um die richtigen Worte zu finden. Hoffentlich verstehen die Leserinnen meine Worte auch richtig!

Nach meiner Diagnose begann ich mein Leben komplett umzukrempeln. Alles was nur schädlich für mich sein könnte wollte ich ausschließen. Gedanken über Ernährung, Bewegung (Sicherlich auch bis dahin gut!), Stress bzw. Stressbewältigung, Ruhe, Lebensgestaltung, Haarfarbe, Möbelkauf, Putzmittel, usw. usw. bestimmten meinen Tagesablauf.
Und eben auch den meiner Mitmenschen!
Mein Mann sagte damals: "Du bist von der Angst behrrscht!"

Irgendwann kam ich an einen Punkt an dem ich selbst merkte, dass ich als grauhaarige, 42jährige, ständig Vorträge haltende Dame nicht enden möchte. Meine Lebensqualität war gleich null! (Wohl gemerkt MEINE Lebensqualität! Für andere kann dieser Weg der richtige sein.....)
Ich begab mich in Psychotherapie und das war gut so. Meine "Psychotante" wie ich sie nenne kennt mich gut und kann vieles wieder ausrichten, was bei mir aus der Bahn gerät.

Was ich für mich herausfand ist, dass wir Menschen viele Gefühle in grobe Schubladen packen, dabei sind diese Gefühle es Wert, dass man sie genauer anschaut und hinterfrägt. So habe ich nach meiner Erkrankung (Wie du ja auch weißt ) eine psychologische Reha und keine onkologische gemacht.
Das war für mich extrem wichtig. Ich dachte immer ich hab Angst - aber das ist nicht wirklich wahr.
Eigentlich habe ich in vielen Bereichen dieselbe Angst, die Menschen ohne Krebserkrankung haben.

Aber die Krebserkrankung brachte zwei Gefühle verstärkt zum Vorschein, und das waren:
1. Schuld
Nicht die "Was hab ich falsch gemacht, dass ich an Krebs erkrankt bin" Schuld. Sondern die Schuld die ich empfinde, wenn ich eben so lebe wie ich möchte, ohne Rücksicht auf die Krebsdiagnose. Wenn ich Stress habe (Beruflich? Immer!), keinen Ausgleich finden kann (Mein Mann der Blitzableiter! Hihi!), der Sport mal zu kurz kommt, ich ausgiebig feiere (Mach ich gerne!), es irgendwo tolle Hamburger gibt (Dann vergess ich die Karotten...), das heißt wenn ich nicht so lebe, wie mir die Literatur (Und davon hab ich, wie ihr wahrscheinlich alle, gute wir schlechte gelesen!) sagt, dass ich soll!
2. Wut
Das ist mein Hauptproblem! Ich hab eine Sch....wut! Worauf? Warum? Wegen der Krebserkrankung, wegen Einschränkungen im Leben, weil es meine Familie und meine Freunde geprägt hat und das nicht immer zum Guten! Ganz platt: Weil ich mich in meinem Leben nicht mit Krebs auseinandersetzen möchte. Und weil ich auch meine nahen Angehörigen und Freunde nicht leiden sehen möchte!
Weil ich den Satz hasse: Sie sind soooo eine mutige Frau! Puh!
Ich habe Wut weil ich mich mit diesem allem auseinandersetzen muss! Man muss ja! Da bleibt ja nix!

Das war jetzt viel, aber was ich hier sagen wollte: Ich habe Angst, klar. Vor einem Rezidiv, vor einer erneuten Chemo, vorm Sterben, vorm Tod. Aber was die Angst betrifft muss ich sagen, dass die vorherrschenden Ängste die sind, die auch alle anderen haben (Natürlich vielleicht nicht so intensiv, denn das Endliche unseres Lebens haben wohl eher wir Krebserkranten erfahren!)
z.B. meinem Kind nicht das Westentliche mitgegeben zu haben, meinem Mann nicht deutlich genug gesagt zu haben wie sehr ich ihn liebe.....

Die Gefühle um die ich mich kümmern muss (Für mein "Seelenheil"!) sind die oben genannten.
Und deshalb treffe ich mich sehr gerne mit sympathischen Damen die guten Erdbeerkuchen backen können! Genieße ein Stück in vollen Zügen und hab Spaß dabei!

Abschließend hat mir eine Freundin diese Woche einen tollen Spruch geschickt:
"Das Leben ist auch für mich nicht immer meine Party,
aber wenn ich schon eingeladen bin,
dann tanz ich auch!"

Liebe Grüße an alle,
Kati
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