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Alt 17.05.2010, 13:31
yagosaga yagosaga ist offline
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Standard AW: Kleinzeller mit Fernmetastasen

Hallo Verena,

vor einer Stunde bin ich nach Hause gekommen von den letzten Infusionen des dritten Zyklus (Cisplatin) und noch etwas benommen, da lese ich Deine Antwort.

Allein? Mit der Familie bin ich das sicher nicht. Ich bin auch heilfroh, dass es Ärzte und medizinische Fachangestellte gibt, die sich um uns bemühen, und uns soviel wie möglich an Leben noch ermöglichen wollen. Wenn es das nicht gäbe, sähe es in der Tat sehr finster aus, und ich wäre wohl jetzt nicht mehr am Leben.

Den dritten Zyklus habe ich bisher relativ gut vertragen, ich bin jeden Tag auf den Beinen gewesen, habe zum Teil lange Spaziergänge gemacht und bin sogar zweimal auf dem Ergometer gewesen. Manchmal zwinge ich mich auch dazu, auf den Beinen zu bleiben, weil ich Angst habe, sonst zu sehr "abzuklappen". Ansonsten spielt mein Appetit verrückt: ich kann z.B. kein Brot sehen oder riechen. Aber wenn's nur das ist!? Jetzt habe ich erstmal wieder zwei Wochen Pause und dann folgt die Zwischenauswertung.

Kleinzeller und Alien - toller schauerlicher Vergleich. Alien fand ich einfach nur widerlich. Aber das passt. Und das mit Deinen Metas und der Bestrahlung ist ja auch eine schauerliche Sache. Bei mir wird erstmal die Chemo zu Ende gemacht, und wenn die erfolgreich ist, wird über Kopfbestrahlung nachgedacht. Deutlich kritischer übrigens zur Kopfbestrahlung als der Handelsblatt-Artikel ist dieser Beitrag:

http://www.lungenaerzte-im-netz.de/l...=913&nodeid=18

Die Ängste sind bei mir immer im Hinterkopf, aber es ist auch eine ganze Menge Trotz bei mir: ich will mich nicht unterkriegen lassen. Und gelacht wird auch trotzdem viel. Ich brauche das. Sicher sage ich mir auch: ich muss mich mit dem Tod auseinandersetzen, und jeder, der ernsthaft mit seinem Tod rechnet, muss sich ihm stellen - früher oder später. Auf dem Grund jeder Angst vor Rezidiven, vor Metas etc.) liegt immer die Angst vor dem Tod.

Von Martin Luther King ist der schöne Satz überliefert, "in dem Moment, in dem ihr die Furcht vor dem Tod überwindet, seid ihr frei". Und das glaube ich auch. Ich hatte das Glück in meinem Leben, mehrfach mit Menschen reden zu dürfen, die eine tiefe Nahtoderfahrung hatten. Mehr als die inhaltlichen Schilderungen hatte mich vor allem berührt, wie diese Menschen über den eigenen Tod reden: völlig angstfrei, geradezu heiter. Wenn man so etwas einmal bei einem Gegenüber erlebt hat, vergisst man das nie. Schon der Gedanke, dass so etwas möglich ist, hat etwas Tröstendes und färbt vielleicht auch etwas ab. Wenn es klappt, möchte ich nächste Woche ein paar Tage ins Kloster, um mir einfach in der Abgeschiedenheit Zeit zu nehmen, mich innerlich zu präparieren. Ich will sozusagen den Stier bei den Hörnern packen.

Gottseidank scheint draußen die Sonne, und die Temperaturen hier in Braunschweig steigen auf über 15°C - ich freue mich ja schon über solche Lichtblicke.

Beste Grüße
Ecki