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Alt 21.02.2009, 23:35
Reinhard Reinhard ist offline
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Registriert seit: 03.02.2009
Beiträge: 834
Standard AW: Hallo Ihr unheilbar Krebskranken

Hallo ihr Lieben,

habt herzlichen Dank für Eure Zuschriften. Besonders natürlich für die aufmunternden.
Ich habe überlegt, warum mir das Forum eigentlich so wichtig ist.
Zum Einen brachen krankheitsbedingt plötzlich alle berufsbedingten sozialen Kontakte ab und die privaten wurden auch sehr eingeschränkt.
Zum Anderen wuchs das Bedürfnis nach Informationen, wie ich mit dieser unverhofften Situation umgehen soll, ins Unermessliche.
Die Familie will ich nicht mehr als notwendig belasten. Das führt nur dazu, daß die Angehörigen noch mehr leiden als ich.
Bei der Chemo haben wir uns etwas ausgetauscht. Wir saßen da über Stunden am Tropf in unseren Sesseln. Das hat mir schon viel geholfen, obwohl ich der einzige Lungenkrebspatient war.

Austausch auch über schlimme Erfahrungen finde ich ganz wichtig. Wenn ich weiß, was mich erwarten kann, habe ich die Möglichkeit mich darauf einzustellen und dementsprechend zu reagieren.
Wenn ich zum Beispiel gewußt hätte, zu welch schrecklichen Nebenwirkungen die Fentanylpflaster fähig sind, hätte ich mir nicht gleich 3 aufgeklebt.

Vielleicht zum Schluß noch was Erheiterndes.
Ich habe immer gerne engekauft. Als es bei Aldi wieder mal schöne Socken gab, wollte ich genügend in den Eikaufswagen packen. Bis mir einfiel, daß ich bei meiner zu erwartenden "Restlaufzeit" es nicht mal mehr schaffen werde, die alten aufzutragen. Das hat mich erst mal deprimiert.
Auf dem Nachhauseweg suchte ich der neuen Lage etwas Positives abzugewinnen und kam auf die Idee, daß ich ja für die Justiz nicht mehr zu fassen sei.
ich könnte ja jede Straftat begehen. Sollte ich den Prozeßbeginn widererwarten noch erleben, würde ich den Richter ermuntern, mit dem Strafmaß nicht so zimperlich zu sein. Lebenslänglich wäre durchaus angemessen.
Ich ging damals fälschlicherweise davon aus, den Rest meiner Tage im Krankenhaus oder Pflegeheim zu verbringen. So schien mir die Unterkunft hinter Gittern zudem auch noch äußerst kapitalschonend.

Zum Glück viel mir keine geeignete Straftat ein. Stattdessen meinte ich, mir aufgrund der gesunkenen Lebenserwartung keine Gedanken mehr über die Altersversorgung machen zu müssen. Warum soll ich also alte Socken auftragen, wenn es auch schöne neue gibt!

in diesem Sinne

LG Reinhard