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Alt 26.12.2006, 17:51
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sunnypunkie sunnypunkie ist offline
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Standard ich fasse jetzt Mut ...

... mich an Euch zu wenden mit meiner/unserer Geschichte.

Hallo zusammen!

Im Mai 2005 erhielt mein Freund die niederschmetternde Diagnose "Anal Carzinom".

Es folgte eine kombinierte Radiochemotherapie, welche insgesamt 5 Wochen dauerte. Im August 2005 wurde er operiert und erhielt ein Stoma.

Die endgültige Diagnose war erschütternd und schockierend. Der Tumor hatte teilweise die Darmwand durchbrochen und benachbartes Gewebe befallen (T3-4). Zudem waren viele Lymphknoten infiziert, welche nicht alle operativ entfernt werden konnten. Ein Abszess an der Operationsstelle bildete sich, welcher im Krankenhaus nicht erkannt wurde (Blutbild nicht regelmässig kontrolliert !!!). Er wurde aus dem KH entlassen mit grausamen Schmerzen, ich wusste mir nicht anders zu helfen als den Notarzt kommen zu lassen, welcher ihn sofort wieder mit Verdacht auf Blutvergiftung ins KH einwies - gerade noch rechtzeitig.

Nun, er erholte sich langsam und im Oktober 2005 konnte die neoadjuvante Chemotherapie (FOLFOX-Schema) beginnen. Die 12 Zyklen mit Port hat er relativ gut überstanden, wenn auch mit heftigen Nebenwirkungen. Dreimal konnten sie die Therapie nicht durchführen, weil die Blutwerte einfach zu schlecht waren. Zudem litt er sehr unter dem "Kribbel-Syndrom" in Händen und Füssen. Im April dieses Jahres hatte er das Ende der Chemo erreicht und eine anschliessende Darmspiegelung und CT ergaben keine auffälligen Resultate, also alles im grünen Bereich. Welch eine Erleichterung!

Im Juni 1006 wurde das Stoma rückverlegt - OP ohne Komplikationen. Ein Besuch bei einem Neurologen ergab, dass verschiedene Nervenstränge in Händen und Füssen geschädigt oder sogar schon abgestorben sind. Heute noch plagen ihn oft wahnsinnige Schmerzen. Medikamente wollte er aber keine nehmen!

Die nächste Nachsorgeuntersuchung in November ergab, dass Lymphknoten "auf Höhe der Niere" mit Tumorzellen befallen sind. Das einzig Positive ist, dass bisher kein Rezidiv gewachsen ist. Mein Freund ist sehr enttäuscht und rechnet fest damit, dass der Krebs nun fortschreitet. Die Aerzte reden auch nicht mehr von einer Heilung sondern "Lebensverlängerung". Am letzten Freitag wurde eine PET-Untersuchung durchgeführt, die Ergebniss haben wir natürlich noch nicht. Er wird wieder Chemo und zusätzlich Antikörper bekommen, das haben uns die Aerzte schon vorweg gesagt.

Leider hat er sich seit Beginn der Erkrankung sehr verändert, psychisch. Ist agressiv geworden, wird oft sehr böse und ich kann ihm fast nichts mehr recht machen. So ist unser Zusammenleben sehr schwierig und für mich sehr schmerzhaft geworden. Er rechnet mit dem schlimmsten, ich musste ihm z.B. eine Adressliste für Todesanzeigen zusammenstellen! Hab es natürlich gemacht, aber mit dem Hinweis, wir könnten diese Liste auch für Weihnachtskarten benutzen. Natürlich verstehe ich ihn, möchte ihm helfen, möchte ihn lieben, aber es fällt mir manchmal so schwer, er sieht alles nur noch negativ.

Ach, es gäbe noch so viel zu schreiben. Kann ich ja später noch. Bin erst mal froh, den Mut gefunden zu haben, hier zu schreiben

Wünsche Euch allen noch schöne Feiertage und denen viel Kraft, die es brauchen können. Danke, dass Ihr mir zugehört habt!

Herzliche Grüsse
sunnypunkie-Eva
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