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Alt 06.03.2011, 18:33
cypher61 cypher61 ist offline
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Standard AW: Erfahrungen mit Chemotherapie bei Stadium II?

Hallo Ingwertee,

es tut mir leid zu hören, dass es Dich mit so jungen Jahren erwischt hat. Ich war 39 als bei mir ein Rektumkarzinom diagnostiziert wurde. Jeder hat ja so seinen eigenen Ansatz, mit dieser lebensbedrohlichen Situation umzugehen. Ich habe sehr viel Zeit damit verbracht, Fachliteratur zu lesen, vor allem im Internet. Mein behandelnder Chirurg meinte damals zu mir, ich sollte das lassen, weil da natürlich auch viel Quatsch steht und man als Laie auch viel nicht richtig einzuordnen weiß. Im Endeffekt macht es einen nur verrückt. Er sagte aber EINE Quelle würde er mir erlauben zu lesen, und zwar die (S3-)Leitlinien zum kolorektalen Karzinom. Die lesen sich jetzt nicht gerade wie ein Buch von Rosamunde Pilcher, aber wenn man sich Zeit nimmt kann man da durchsteigen. Und es hat mir viel Sicherheit im Umgang mit den Ärzten gegeben, zu wissen, welche Behandlungsoptionen in meinem Fall indiziert sind. Da kann man selbstbewusster auftreten, auf Augenhöhe sozusagen.

Jetzt schreibst Du nicht, ob Du ein Kolon- oder Rektumkarzinom hattest, aber da eine Rekto-Sigmoid-Resektion durchgeführt wurde wird es wohl ein Karzinom im Übergang vom Dick- in den Mastdarm gewesen sein (ICD-10 Code "C19", mein Rektumkarzinom ist "C20"). Die Leitlinien lassen da offen, wann eine Chemo gemacht wird. Ich würde aber die vorgeschlagene Chemo an Deiner Stelle durchführen, und zwar weil Du G3 gegraded bist. Das ist ein gewisser Risikofaktor. Zudem ist die Chemo mit Xeloda relativ gut verträglich. Hätte ich damals gewussst, dass das eine Option ist, so hätte ich auch auf Xeloda bestanden. So haben sie mir noch 5-FU per Infusion gegeben, das ist natürlich viel umständlicher im Handling. Dennoch waren die Nebenwirkungen nicht der Rede wert. Etwas Müdigkeit und auch etwas Übelkeit, die aber relativ schnell wieder weg war. Haare fallen nicht aus.

Die Ergebnisse aktueller Studien zeichnen wohl kein eindeutiges Bild bzgl. des Nutzens einer adjuvanten Chemotherapie im Stadium II. Es gibt aber Hinweise auf leicht verbesserte Überlebensraten. Es hängt jetzt im Prinzip davon ab, wie Du gegenüber einer Chemo an sich eingestellt bist. Es gibt Leute, die eine Heidenangst davor haben. Ich für mich habe immer gesagt, ich mache alles, was meine Überlebenschancen irgendwie verbessert. Egal was. Und wenn es nur 1% ist. Denn die Wahrscheinlichkeit für Darmkrebs in unserem Alter ist noch viel kleiner. Das heisst, dass auch die kleinen Wahrscheinlichkeiten eintreten können. Und wenn es einen Rückfall gibt muss man sich nicht vorwerfen dass es eine Behandlungsoption gab, die man nicht gemacht hat.

Viele Grüsse
Frank.
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Adenokarzinom des Rektums, ED August 2009
Neoadjuvante Radiochemo, Oktober 2009
Operation Dezember 2009 (ypT2 pN0(0/12) G2 R0 L0 V0 cM0)
Adjuvante Chemo Januar - April 2010
Stoma RV Ende Mai 2010
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