Einzelnen Beitrag anzeigen
  #3  
Alt 13.10.2009, 09:24
babs12 babs12 ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 08.10.2009
Ort: schweiz
Beiträge: 118
Standard AW: wer wird nur noch palliativ behandelt?

Liebe Heike,

endlich kann ich wieder für kurze zeit schreiben. mein onkologe ist im moment an kongressen und sein stellvertreter, wartet leider mit bluttransfusionen und thrombos. da komme ich immer in zweifel, ob ich ihn anrufen soll, denn ich fühle mich sehr schwach. mittlerweile kenne ich meinen körper und das hb und die thrombos, sind wohl sehr nacht unten gesaust. mal sehen.

also ich bin 64, hatte ein gutes leben und so ist es nicht so schlimm, wie bei euch jungen leuten. meine grossen söhne sind 38, also in eurem alter.

nach dem WARUM habe ich nie gefragt, denn das sind so fragen, wo wir leider keine antwort finden. ich vermute einfach, dass wir geboren werden und der zeitpunkt unseres "gehens" schon da bekannt ist. wir sind ein teil eines grossesn rades, müssen hier unsere aufgaben erfüllen und haben wir sie erfüllt, "dürfen " wir gehen.

paliative behandlung heisst: mit chemo, ich nehme sie jeden tag in tablettenform, das leben etwas zu verlängern und vorallem für eine gute lebensqualität zu sorgen. bei mir heisst das eben transfusionen, damit ich wieder etwas besser mag. wie lange mein körper die verschiedenen spender "verdaut", das weiss ich nicht. auch könnte die leukämie zu jeder zeit in eine akkute wechseln und dann wäre nichts mehr zu machen. man lernt sich an eine total andere lebensqualität zu gewöhnen. lebensqualität bedeutet für mich heute, essen was ich mag, aufstehen wann ich mag, mit freunden zu telefonieren, wenig besuch empfangen, denn es macht mich zu müde und im haushalt etwas werkeln zu können. wäge für mich immer ab, was wichtig ist und mache so grössere und kleinere pausen, denn es ist mir wichtig, mit meinem sohn, der noch bei mir wohnt, gespräche führen zu können.

freunde habe ich nicht mehr so viel, doch die, die mir geblieben sind, sind echte freunde mit denen ich über alles reden kann.

für dich als angehörige, liebe Heike, ist es wichtig, dass du dir zwischendurch eine auszeit nimmst. es ist auch wichtig, dass wir kranken zwischendurch alleine sind. es gibt so viel nachzudenken! ob wir wollen oder nicht, wir müssen da durch. die diagnose hat unser leben total auf den kopf gestellt. nun müssen wir lernen mit der neuen situaiton fertig zu werden und nun wieder das beste für uns herauszunehmen. auch wenn man totkrank ist, gibt es jeden tag etwas, was uns unheimlich freude macht.

gut, ich muss dazu noch sagen, dass ich bis jetzt selten schmerzen hatte. dass ich durch meine einstellung, die ich mir ein leben lang erkämpft habe, im moment selten depressionen habe und dass ich die angst im moment im griff habe. wie das alles in der endphase aussieht, weiss ich nicht, doch mein onkologe versprach mir, mich nicht einfach mit morphium niederzuspritzen, sondern darauf achte, mich auch sedieren werde. meiner familie habe ich alles gesagt, also kann ich dann wirklich einwenig dösen.

nun wünsche ich euch beiden von herzen viel kraft und alles liebe

aes liebs grüessli
babs